Gute Fahrt
· 30.07.2025
Porsche setzt beim ersten Evo-Paket für den 911 GT3 R der Baureihe 992 seit 2013 auf eine klare Philosophie: Konstanz vor kurzfristiger Höchstleistung. Das Update, das 2026 an die Kunden ausgeliefert werden soll, hatte bereits Mitte April 2024 seinen ersten Renneinsatz bei der 24h-Series in Spa-Francorchamps durch das Herberth-Team absolviert. Sebastian Golz, Leiter des GT3-Programms bei Porsche, erläutert im Gespräch mit Motorsport-Total.com die Grundidee hinter den Verbesserungen: "Es ist und bleibt ein Porsche, was die Gene angeht - und das ist auch gut so. Wir versuchen, das Auto an den Kleinigkeiten, die wir ändern, noch weiter zu optimieren, damit wir das Auto für den Fahrer über einen Stint konstanter hinbekommen, weil dann bist du am Ende schneller."
Diese Herangehensweise erscheint im GT3-Umfeld besonders sinnvoll, da die Leistung der Fahrzeuge ohnehin durch die Balance of Performance (BoP) angeglichen wird. Entscheidend ist daher nicht die absolute Spitzenleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern die Fähigkeit, diese Leistung über einen längeren Zeitraum konstant abrufen zu können. Golz fasst diese Philosophie prägnant zusammen: "Wer länger schnell fährt, ist am Ende schneller."
Das Evo-Paket für den 911 GT3 R markiert eine Rückkehr zu einer Strategie, die Porsche zuletzt 2013 verfolgt hatte. Damals erhielt der 911 GT3 R der Baureihe 997 ein Update mit breit ausgestellten Kotflügeln. In der Zwischenzeit hatte der Hersteller aus Weissach bei seinen GT3-Rennfahrzeugen stets auf komplett neue Baureihen gesetzt, anstatt bestehende Modelle zu aktualisieren. Mit dem nun angekündigten Evo-Paket kehrt Porsche zu einem kundenfreundlicheren Ansatz zurück.
Im Zentrum der technischen Verbesserungen steht die Aerodynamik an der Vorderachse des 911 GT3 R. "Es wird sich aerodynamisch etwas am Fahrzeug ändern", erklärt Golz. "Da ist eine Kleinigkeit passiert, um ein bisschen Konstanz ins Verhalten an der Vorderachse zu bekommen. Ansonsten haben wir in Bezug auf Haltbarkeit und Kühlung von gewissen Systemen etwas an der Luftführung angepasst."
Branchenkenner vermuten, dass diese Änderungen besonders mit Blick auf den US-amerikanischen Markt vorgenommen wurden. Auf den dortigen Rennstrecken, die in der IMSA-Serie befahren werden, gibt es häufig mehr Bodenwellen als auf europäischen Kursen. In der offiziellen Pressemitteilung spricht Porsche von einer Verbesserung der sogenannten Pitch-Sensitivität. Darunter versteht man das Verhalten des Fahrzeugs beim Nicken, also bei Gewichtsverlagerungen nach vorne beim Bremsen oder nach hinten beim Beschleunigen. Das Auto soll an der Front in diesen Situationen berechenbarer werden und damit dem Fahrer mehr Vertrauen vermitteln.
Die aerodynamischen Anpassungen zielen darauf ab, die Luftströmung über und um das Fahrzeug so zu optimieren, dass der Anpressdruck an der Vorderachse konstanter bleibt – unabhängig von den Bewegungen des Fahrzeugs auf unebener Strecke. Dies ist besonders wichtig für die Einlenkphase in Kurven, wo der Fahrer auf einen verlässlichen Grip angewiesen ist. Durch die verbesserte Aerodynamik soll der 911 GT3 R auch bei wechselnden Streckenbedingungen ein konsistenteres Fahrverhalten zeigen.
Neben den aerodynamischen Verbesserungen hat Porsche auch an der Lenkung des 911 GT3 R gearbeitet. Sebastian Golz erklärt die Notwendigkeit dieser Anpassungen mit veränderten Rahmenbedingungen im GT3-Sport: "Als Hersteller bin ich ein Getriebener, wenn Änderungen beim Reifen kommen. Du fährst mittlerweile viel mehr Gewicht als früher." Diese Veränderungen wirken sich direkt auf die "komplette Erstauslegung von so einem Auto" aus.
Die gestiegene Masse der GT3-Fahrzeuge, kombiniert mit höherer Leistung und verbessertem Grip durch moderne Reifen, führt zu "höheren Lenkkräften", wie Golz erläutert. "Die muss ich abbilden können. Und wir hatten in der Vergangenheit schon mal hier und dort leichte Tendenzen in der Lenkung, wo wir gesagt haben: Okay, da können wir was tun." Die optimierte Lenkung soll dem Fahrer ein präziseres Feedback geben und gleichzeitig die körperliche Belastung während eines langen Rennens reduzieren.
Zusätzlich hat Porsche "Handlingsthemen für den Fahrer im Cockpit" verbessert, was auf eine ergonomische Optimierung der Bedienelemente hindeutet. Ein wichtiger Bestandteil des Evo-Pakets ist zudem ein umfangreiches Software-Update. In modernen Rennfahrzeugen spielt die elektronische Steuerung eine immer größere Rolle – von der Motorleistung über die Traktionskontrolle bis hin zu komplexen Systemen wie ABS. Die aktualisierte Software soll diese Systeme noch besser aufeinander abstimmen und dem Fahrer ein harmonischeres Gesamtpaket bieten.
Ein zentraler Aspekt des Evo-Pakets ist seine Nachrüstbarkeit für bestehende Fahrzeuge. "Wir haben Wert daraufgelegt, ein effizientes Paket zu liefern, um auch den Kunden nicht zu groß zu belasten", erklärt Golz die Herangehensweise. "Man wird es am Ende nachrüsten können und muss kein neues Auto kaufen."
Diese Strategie kommt besonders den Kundenteams entgegen, die bereits in den aktuellen 911 GT3 R investiert haben. Zwar wird Porsche auch neue Fahrzeuge anbieten, "wo das Paket gleich montiert ist", doch Golz betont, dass das Update "erschwinglich" sein werde. "Das ist wichtig, um Teams, die drei Jahre ein Auto eingesetzt haben, nicht dazu zu zwingen, nochmal massive Investitionen zu machen."
Diese kundenorientierte Herangehensweise unterstreicht Porsches langfristiges Engagement im GT3-Sport. Statt Teams zu zwingen, in komplett neue Fahrzeuge zu investieren, ermöglicht das Evo-Paket eine kosteneffiziente Weiterentwicklung der bestehenden Flotte. Dies ist besonders für kleinere Privatteams von Bedeutung, die oft mit begrenzten Budgets arbeiten müssen.
Der erste Testeinsatz des aktualisierten 911 GT3 R durch das Herberth-Team in Spa-Francorchamps diente nicht nur der technischen Erprobung, sondern auch der Sammlung von Daten unter realen Rennbedingungen. Diese Erkenntnisse fließen nun in die Feinabstimmung des Pakets ein, bevor es 2026 offiziell an die Kunden ausgeliefert wird. Bis dahin werden weitere Tests folgen, um die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Verbesserungen unter verschiedensten Bedingungen zu validieren.