BS Camperwerk - Servier vorschlag aus dem Norden

Heiko P. Wacker

 · 09.03.2023

BS Camperwerk - Servier vorschlag aus dem NordenFoto: Stephan Lindloff

Bei BS Camperwerk entsteht genau ein einziges Modell – und jedes mal anders. So individuell die Kundschaft, so individuell die Reisemobile. An einem VW Crafter zeigen wir mal, wie das ausschauen kann

Der VW Bulli ist nach wie vor das Maß der Dinge in der Fernwehbranche, und wird auch bei BS Camperwerk geschätzt. Wer jedoch ein wenig mehr Raum zum Leben haben möchte, der kommt um den Crafter nicht herum. So war es auch im vorliegenden Fall, einem nach den speziellen Wünschen eines Ehepaars gestalteten Reisemobils auf Basis des großen VW. Also wurde in Bad Bramstedt die durchaus ungewöhnliche Konfiguration im Detail geplant, und dann in Absprache mit den zukünftigen Besitzern realisiert, die auf eine Gasanlage verzichten wollten. Auch die Bettkonfiguration im Heck ist durchaus, sagen wir mal, außergewöhnlich.

Dennoch verdient dieses Reisemobil mehr als nur einen zweiten Blick. Es ist spannend, was auf knapp sechs Metern realisiert werden kann, und damit ist nicht nur die durchgehende Stehhöhe im gesamten Wohnbereich gemeint. Gehen wir das Ganze einmal systematisch von vorne nach hinten durch, beginnend bei den drehbaren Vordersitzen. Das bequeme Gestühl erlaubt lässiges Reisen, gedreht entsteht eine gemütliche Vierersitzgruppe an der Dinette. Der verschiebbare Tisch misst 78 auf 55 Zentimeter. Die 89 Zentimeter breite Zweiersitzbank ist als reiner Stauraum ausgelegt, unter der Sitzfläche findet sich die Bordelektronik mit einer im-merhin 195 Amperestunden fassenden AGM-Batterie, zudem ist hier die Ladeelektronik untergebracht. Und wie wird geladen?

Nun, während der Fahrt vom Generator, vom Solarmodul auf dem Dach, oder über einen pfiffigen Landstromanschluss, der sich fast unsichtbar in der Frontschürze verbirgt. Hierbei handelt es sich um einen Defa-Plug, einen dreipoligen, verdrehsicheren Ministecker, wie er beispielsweise auch im Yachtbau oder bei Behörden zum Einsatz kommt. Der Stecker hat viele Vorteile: Zum einen ist er sehr kompakt, er fällt also an der Karosserie kaum auf, und kann deshalb leicht in Schürzen oder auch in einer Kunststoffstoßstange verbaut werden. Zudem ist sein Innenleben geradezu winzig im Vergleich zu einem regulären CEE-Stecker. Ein weiterer Vorteil wird auf engen Campingplätzen deutlich: Stolpert ein Dödel übers Kabel, dann zieht er den Stecker einfach heraus – und keinen Blechhügel in die Flanke.

Die Aufbauelektrik ist sauber untergebracht, im rechten Staufach ist Raum für Werkzeug, das wegen der Trennwand nicht am Akku schrabbert
Foto: Stephan Lindloff

Ist der Strom erst einmal im Auto, wird er verwendet, um die Schuko-Steckdose am Küchenblock zu befeuern, wie auch die restliche Bordelektrik. Zudem sind USB-Steckdosen und die bekannten „Zigarettenanzünder“ an Bord. (Darf man noch schreiben, oder?) Benötigt wird der Landstrom jedoch speziell, um das zwei„flammige“ Induktionskochfeld zu befeuern. Die Kunden planten keinen Camper für autarke Freisteher, sondern ein Reisemobil für das Pilgern von Campingplatz zu Campingplatz, wo es eben grundsätzlich Landstrom gibt. Der Entfall einer Gasanlage mag ungewöhnlich wirken, hat aber auch Vorteile, spart man sich doch die alle zwei Jahre fällige Gasprüfung ebenso wie das Mitschleppen einer Gasflasche oder eines ebenfalls zu prüfenden Gastanks. Was indes nicht geht, das ist der spontane Kaffee am Straßenrand, hierfür müsste zusätzlich ein kleiner Gaskartuschenkocher mit. Das wiederum böte die charmante Möglichkeit, Gerichte mit einer gewissen olfaktorischen Herausforderung draußen zu brutzeln. Nicht jeder mag seine heulende Seezunge im Camper zubereiten, und das Kochfeld ist eben fest eingebaut.

Überraschend wenig, vom Kunden indes genau so gewünscht: zwölf Liter FrischwasserFoto: Stephan Lindloff
Überraschend wenig, vom Kunden indes genau so gewünscht: zwölf Liter Frischwasser

Konsequentes Landstromcamping

Neben diesem findet sich die Edelstahlspüle, diese ist ebenso von Dometic bezogen wie der 50 Liter messende Kompressorkühlschrank. Er wohnt rechts im Küchenblock, in dem auch das überraschend geringe Frischwasserkanisterchen mit seinen zwölf Litern Volumen untergebracht ist, das Grauwasserdepot hat ein identisches Volumen. Immerhin ist eine deutlich größer dimensionierte Wasseranlage vorgesehen, auch der Einbau eines Boilers ist denkbar.

Zimmer mit Aussicht: Die Sitzgruppe profitiert ungemein von der weit öffnenden Schiebetür. Sinnvoll, und mittlerweile wohl längst nachgerüstet, sind Klappfenster in beiden Flanken zwecks Querlüften
Foto: Stephan Lindloff

Auffällig am Küchenblock sind die vielen Fächer und Schubladen. Man hat beinahe das Gefühl, sich in einer regulären Wohnung zu befinden. Staufächer finden sich über der Dinette, über dem Eingang sowie in den drei Klappen fahrerseitig im Heck. Steht man vor diesen, dann behält man generell ein kühles Köpfchen, denn ins Dach ist eine Klimaanlage integriert. Dafür fehlt dem Auto jedoch ein Ausstellfenster. Dieses ließe sich nachrüsten, sinnvoll wäre es definitiv, um Luft ins Auto zu bekommen, ohne immer die Klimaanlage betreiben zu müssen. Apropos Dach: Hier wurde eine automatische Satellitenschüssel installiert, um unterwegs die Lieblings-TV-Serien nicht missen zu müssen, der Colibri-Flachbildfernseher ist über der Dinette montiert. Leider ragt die Ecke des Bildschirms ein wenig scharfkantig in den Durchgang. Neben dem Flachbildschirm fällt der Brüllwürfel der Marke Fusion auf. Gegenüber ist das Bedienpaneel eingelassen, um den beachtlichen Schalldruck der Soundanlage zu verwalten, den Radioempfang oder den Musikgenuss via Speichermedium.

Neustart? Jetzt! In neuen Hallen!

Schlendern wir nun ins Dormitorium des Crafter, hierbei hatten wir die ungewöhnliche Konfiguration ja bereits erwähnt. Beide Betten verfügen über zehn Zentimeter dicke Kaltschaummatratzen in einer Breite von

Gemütliche Vorhänge gehören einfach dazu, alternativ könnte man mit Falt-Plissees verdunkeln
Foto: Stephan Lindloff
Ganz nach Kundenwunsch gebaut, willkommen im Kreuzund Quercamper! Und einen ordentlichen Kofferraum gibt es obendrein, für Strohhut und Gitarre
Foto: Stephan Lindloff

85 Zentimetern, wobei das obere, quer eingebaute Bett 1,65 Meter lang ist, das untere, fahrerseitig längs verbaute, derer 1,9. Die Bettkonfiguration mag ein wenig seltsam anmuten, erlaubt jedoch ein großes Schubfach ganz unten, zudem ist hier Raum für eine Toilette vorgesehen. Außerdem findet sich im Heck eine opulente Garage mit einer Höhe von 96 und einer Breite von 92 Zentimetern. Die Tiefe ins Fahrzeug liegt bei 80 Zentimetern. Hier lässt sich eine Menge an Reisegepäck unterbringen, oder auch lässig ein Klapprad oder derer zwei. Gefertigt sind die Möbel aus 15 Millimeter dickem Pappelsperrholz, das dank HPL-Beschichtung sehr solide geriet, das Kirsch-Dekor gibt dem Innenraum eine behagliche Atmosphäre.

Mit diesem Auto möchte man gerne reisen, hier möchte man gerne wohnen. Natürlich fallen dem kundigen Betrachter auch einige Dinge auf, die diesem Auto fehlen. Doch ließe sich eine Gasanlage ebenso nachrüsten wie Ausstellfenster, für eine Dusche müsste man tiefer in die Struktur eingreifen. Machbar ist grundsätzlich alles, wobei für einen Sanitärbereich auf Kunststoffe oder Aluminium zurückgegriffen würde. Nicht vergessen: Wir haben es im vorliegenden Fall mit einer Art Serviervorschlag zu tun – wobei dieses Kundenfahrzeug kürzlich aus familiären Gründen zurückgegeben und uns freundlicherweise für diese Geschichte zur Verfügung gestellt wurde.

Das Induktionskochfeld kommt auf rund 160 Euro und lässt sich besser sauber halten als die gasflammigen KumpelsFoto: Stephan Lindloff
Das Induktionskochfeld kommt auf rund 160 Euro und lässt sich besser sauber halten als die gasflammigen Kumpels

Nicht vergessen sei, dass die Marke BS Camperwerk, hier wurden vor Kurzem rund 200 Reisemobile im Jahr gefertigt, nach einem Großbrand im Jahr 2021 wieder bei Null anfangen musste. Zur Saison 2023 will man jedoch in den neuen Hallen und mit einer dann wieder stark angewachsenen Belegschaft voll durchstarten. Dieser Crafter zeigt eindrucksvoll, was machbar ist, auch wenn manches hier noch nicht realisiert wurde. Doch der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, Kundenwünsche werden in Bad Bramstedt als Herzensangelegenheit betrachtet. Wir drücken deshalb jetzt schon die Daumen für den Neustart im Norden!


Test kompakt

Durch einen Brand von 200 auf Null gebremst zu werden, das ist hart. Doch konnten die Flammen der Zuversicht im Hause nichts anhaben. Exakt jetzt, zum Anfang Februar, will man in Bad Bramstedt wieder voll durchstarten. Ganz individuell mit maßgeschneiderter Fernweh-Ware für Bulli oder Crafter. Der Name „BS Camperwerk“ ist ohnedies identisch – und wie es drinnen ausschaut, das bestimmt der, der damit auf Reisen geht. So einfach ist das.