W. Hoffmann
· 21.01.2023
Zu Skodas Markenkern gehört das Kürzel RS. Es steht seit 1974 für eine Erfolgsstory vom Skoda 200 RS und dem Monte-Carlo-Siegertyp 130 RS bis zum brandneuen Skoda Fabia RS Rally 2
In der automobilen Welt verbindet sich besondere Sportlichkeit gern mit einprägsamen Kürzeln. Volkswagens Klassiker Golf GTI gehört seit 1976 natürlich dazu. Audi packte in Kooperation mit Porsche 1994 auf Basis des Audi 80 Avant fast dreimal soviel Leistung in den 315 PS starken RS2 und begründete damit seine Linie der ultra-sportlichen RS-Topmodelle.
Das Kürzel RS für „Racing Sport“ verwendete im heutigen Volkswagen-Konzern allerdings ein ganz anderer Hersteller schon 20 Jahre vorher. Bereits 1974 gab ein Skoda RS sein Debüt, 17 Jahre vor der Eingliederung Skodas als vierte Konzernmarke. Skoda nahm die Bezeichnung RS dabei zunächst ziemlich wörtlich, denn als erste RS starteten in nur wenigen Wettbewerben drei ausschließlich für den Rennsport konstruierte Prototypen: ein 180 RS mit einem 154 PS starken 1,8-Liter-Motor und zwei 200 RS mit zwei Liter Hubraum und 163 PS. Die ersten RS schlugen sich mit kaum mehr als 800 Kilo Leergewicht und Spitzengeschwindigkeiten bis zu Tempo 240 in mehreren Wettbewerben beachtlich. Dennoch kam ihr frühes Aus, als für die Homologation von Rennsportwagen nur noch Fahrzeuge auf Basis von Serienmodellen zugelassen wurden.
Schon 1975 bauten die Skoda-Ingenieure deshalb den Nachfolger 130 RS auf, der sich vom so genannten Typ 110 R ableitete. Doch auch der 130 RS war ein reines Rennkaliber, gut für Tempo 220. Mit 720 Kilogramm war der 130 RS nochmals leichter als die Prototypen 180/200 RS und mit einem 140 PS starken 1,3-Liter-Motor so abgestimmt, dass er sich auch international spektakulär in Szene setzen konnte. Seinem Spitznamen „Porsche des Ostens“ wurde er allemal gerecht, beispielsweise mit einem Doppelsieg bei der Rallye Monte Carlo im Jahr 1977 in der Klasse bis 1,3 Liter Hubraum. Auch auf der Rundstrecke war der Skoda 130 RS sehr erfolgreich und holte 1981 sogar den Markentitel in der Tourenwagen-Europameisterschaft.
1983 war erst mal Schluss mit der sportlichen Karriere der Skoda RS. Das Jahr 2000 aber markiert den Wendepunkt. Seit Ende Mai 2000 hält Volkswagen nicht nur 100 Prozent der Unternehmensanteile,sondern gab auch der sportlichen Positionierung der Marke Skoda mit RS-Varianten von Serienmodellen neuerlichen Schub. Den Anfang machte der Octavia RS mit einem 132 kW (180 PS) starken 1,8-Liter-Turbo. Die zweite Generation des Octavia RS verfügt ab 2005 über einen 2.0 TSI mit 147 kW (200 PS), zudem ergänzt erstmals ein 2.0 TDI mit 125 kW (170 PS) das Angebot. Der dritte Octavia RS ab 2013 ist zum ersten Mal auch mit Allradantrieb verfügbar. In der vierten Generation ist ab 2020 auch ein Octavia RS iV mit Plug-in-Hybridantrieb und einer Systemleistung von 180 kW (245 PS) bestellbar.
Nach dem Erfolg der ersten RS-Octavia erweiterte Skoda die RS-Familie im Jahr 2003 um einen Fabia RS mit 1,9 l TDI und einer Leistung von 96 kW (130 PS). 2010 bringt das Unternehmen die RS-Variante der zweiten Fabia-Generation auf den Markt. Der 132 kW (180 PS) starke 1,4-Liter-Benziner verfügt über eine kombinierte Turbo-Kompressor-Aufladung. Für den Kraftschluss sorgt ein 7-Gang-DSG. Im Jahr 2018 erscheint als erstes SUV der Skoda RS-Familie dann der Kodiaq RS. Der verfügt zunächst über einen 2.0 TDI mit Biturbo-Aufladung und 176 kW (240 PS). Seit der Überarbeitung des Modells im Jahr 2021 treibt den Kodiaq RS ein 2.0 TSI mit 180 kW (245 PS) an. Skodas RS-Philosophie ist dabei keineswegs Selbstzweck, sondern offenkundig ein starkes Verkaufsargument mit wachsenden Zulassungszahlen. Am deutlichsten wird das beim Octavia RS. In den fünf Jahren der ersten Generation von 2000 bis 2005 waren es noch 17.600 Stück, im Schnitt also gut 3.500 pro Jahr. In den folgenden acht Jahren kam die zweite Generation bereits auf 87.800 Auslieferungen, was mit knapp 11.000 RS pro Jahr einer Verdreifachung der Stückzahlen entspricht. Mit der dritten Generation des Octavia RS lieferte Skoda von 2013 bis 2020 172.000 Exemplare aus. Das bedeutet mit gut 24.000 Stück nochmal mehr als eine Verdoppelung der jährlichen Verkaufszahlen. Auch die vierte Version des Octavia RS verkauft sich seit 2021 besser als alle seine Vorläufer. Bis zu diesem Jahresende ist die Zahl von 30.000 Stück zumindest in Reichweite.
Mit dem Enyaq Coupé RS iV ergänzt seit 2022 das erste rein batterieelektrische RS-Modell das Angebot der sportlichen Topmodelle von Skoda. Mit einer Systemleistung bis zu 300 PS ist es auch das aktuell stärkste Skoda-Serienmodell. Zugleich liefert es den Beweis, dass Sportsgeist und Klimafreundlichkeit harmonieren können. Beim Enyaq Coupé RS iV treiben zwei E-Motoren alle vier Räder an. Damit beschleunigt der erste rein elektrische RS von Skoda in nur 6,5 Sekunden auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei für Elektroautos beachtlichen 180 Stundenkilometern. Der SUV-Bruder Enyaq RS iV wurde jetzt vorgestellt.
Im Jahr 2022 gibt Skoda auch den Startschuss, auf der RS-Schiene endlich zweigleisig zu fahren. Neben den RS-Serienmodellen schlägt Skoda nun mit dem brandneuen Fabia RS Rally2 die Brücke zum legendären Monte-Sieger 130 RS aus den 70er-Jahren und betreibt so Motorsport wieder unter dem ruhmreichen RS-Label.
Der RS Rally2 basiert dabei auf dem aktuellen Fabia der vierten Modellgeneration. Allerdings hat Skoda Motorsport das Rallyefahrzeug von Grund auf neu entwickelt. Insbesondere erhielt der RS Rally2 einen neu entwickelten Motor auf Grundlage des 2.0 TSI aus der Konzern-Motorenreihe EA 888. In der Rallye-Version hat der Vierzylinder einen Hubraum von 1.620 Kubik und bringt 214 kW (289 PS) auf die Straße. Clou des neuen Kraftpakets ist dabei seine Auslegung auf den Betrieb mit hundertprozentig nachhaltigem Benzin ohne fossile Bestandteile gemäß den aktuellen FIA-Vorgaben. Michal Hrabanek, Leiter Skoda Motorsport, sagt dazu: „Bei der Entwicklung des Fabia RS Rally2 haben wir jedes Detail optimiert und dabei auch die Aspekte der Nachhaltigkeit beachtet. Und wir haben unsere Erfahrung mit dem erfolgreichen Vorgänger eingebracht.“
Das waren in den letzten sieben Jahren die Rally2 und Rally2 evo auf Basis der dritten Fabia-Generation – ohne die Zusatzbezeichnung RS. Dieser Fabia entwi-ckelt sich zum weltweit erfolgreichsten Rallye-Fahrzeug seiner Klasse. Bis Oktober 2022 kommen die insgesamt mehr als 470 von Skoda Motorsport gefertigten Exemplare des Fabia Rally 2 bei 14.440 Einsätzen weltweit auf mehr als 1.900 Siege, darunter vier Triumphe bei der Rallye Monte Carlo. Skoda Motorsport und seine Kundenteams feiern mit ihm unter anderem zwölf Weltmeister-Titel in Fahrer- oder Teamkategorien. Das also ist der Maßstab, an dem sich der jüngste aller Skoda RS messen lassen muss. Er scheint bestens darauf vorbereitet zu sein.