VW T1 Samba »Schulbus«School Bus

Heiko P. Wacker

 · 24.10.2022

VW T1 Samba »Schulbus«: School BusFoto: Stephan Repke
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Einst brachte er Kinder zur Schule – heute bringt er die Menschen zum Träumen. Denn trotz deutlich sichtbarer Narben ist dieser gelbe Samba von 1953 etwas ganz Besonderes. Nicht nur wegen der markanten Aufschriften auf den Flanken.

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Foto: Stephan Repke

Anno 1953 prunkte dieser Bulli im klassischen Look der frühen Wirtschaftswunderjahre: Rot und braun glänzte der Lack, als der Wagen am 2. März zunächst nach Reutlingen ausgeliefert wurde. Es dürfte sich um die Farbtöne »Kastanienbraun« und »Siegellackrot« gehandelt haben, die dem Samba sehr gut zu Gesicht stehen. Doch auch der knallige Gelbton, den der Bulli vermutlich schon in den 1950er-Jahren erhielt, hat Charme. Zumal wegen der griechischen Schriftzeichen.

Die berichten vom einstigen Einsatzort und -zweck des noch in Wolfsburg gebauten Volkswagen: Die oberen beiden Worte kann man mit »Schulzusammenschluss« übersetzen, darunter steht »Fortschritt«. Der Bulli war also als Schulbus eingesetzt, und zwar in »Ampelokipoi«, wie als Adresse auf den Bus gepinselt ist. Dies ist nicht nur einer der am dichtesten besiedelten Stadtteile von Athen und Heimat von Panathinaikos, dem erfolgreichsten Sportverein Griechenlands – nein, er grenzt auch an den Lykabettus, den Stadtberg Athens. Ein durchaus nobler Arbeitsplatz also.

Doch viel mehr weiß man nicht über die frühe Geschichte des Busses: Es gibt Gerüchte, er sei nicht unbedingt auf offiziellen Wegen nach Griechenland gekommen, wo er wohl nur wenige Jahre im Schuldienst eingesetzt wurde. Direkt im Anschluss, so viel scheint zumindest sicher, wurde er jedoch im Untergeschoss einer Kirche abgestellt und zum Teil ausgeschlachtet. Dort vergaß man den Wagen für Jahrzehnte. »Warum das Auto ausgerechnet in einer Kirche Unterschlupf fand, das kann ich mir auch nicht erklären«, meint Dan Seelig. Ihm gehört der Wagen, auf dem noch die Nummer »2« klebt, inzwischen. Zuvor war der Samba einige Jahre bei den niederländischen VW-Experten von Kieft en Klok geparkt.

Dort wurde auch eine recht tief greifende, aber doch kaum sichtbare Wiederbelebung durchgeführt, auf die Maurice Klok durchaus stolz ist. »Zunächst wurde das Auto mit Trockeneis gestrahlt, bevor die komplette Technik überholt wurde«, blickt der Bulli-Experte auf die Arbeiten zurück. Dabei wurde auch das Getriebe überholt, ein neuer Kabelbaum eingezogen und die Vorderachse überarbeitet. Auch mussten beide Kniestücke erneuert und der Rahmen mit Stahlträgern verstärkt werden. Damit man das aber nicht sieht, »wurden die erneuerten Blechbereiche nicht nur mit vier Schichten gelbem Lack versehen, sondern auch optisch auf alt getrimmt«, meint der stolze Besitzer, während er zum Rundgang um das Auto bittet. Es steht technisch perfekt auf seinen voluminösen, doch schmalen Pneus im 16-Zoll-Format.

Die Elektrik ist immer noch auf sechs Volt ausgelegt, wobei die hinteren Blinker in die Rücklichter integriert wurden. »Auch das Faltdach ist zum Teil noch original. Nur die obere Schicht musste erneuert werden«, meint Dan. »Und auch an den Scheiben musste was getan werden, die waren zum Teil gar nicht mehr vorhanden. Heute sind auch die Dachfenster wieder so, wie sie sein sollen – im Sambadach und aus Plexiglas.« Das Heckfenster wiederum sitzt auch heute noch im originalen Dichtungsgummi.

Eher unter die Rubrik »Zubehör« muss man das halbe Dutzend an Stiften verbuchen, die sich überall in den Heizkanälen fanden – noch komplett mit griechischen Aufdrucken: »Das dürften die Hinterlassenschaften der diversen Schulkinder sein, die im Bus saßen«, sinniert Dan, der den Bus mäßig aber regelmäßig einsetzt.

Gewaltritte erspart er dem Prachtstück allerdings, auch wenn der Motor kerngesund vor sich hin schnattert. »Die originale Maschine dürfte wohl schon vor einem halben Jahrhundert ausgebaut worden sein«, bedauert der smarte Niederländer. »Immerhin fand ich aber einen zeitlich passenden Boxer, der neu aufgebaut wurde. Einzig die Benzinpumpe ist noch nicht perfekt, daran arbeite ich noch.«

Dass der Antrieb nicht getunt, sondern bei serienmäßigen 24,5 PS belassen wurde, unterstreicht den Charme des Wagens ebenso wie die Details im Cockpit, in dem ein wieder funktionsfähig gemachtes Radio für Unterhaltung sorgt. »Das hat ein Spezialist aus Portugal überholt«, erklärt Dan. Freilich verzichtete er auf einen versteckten USB-Anschluss, wollte er den Schulbus doch so weit wie möglich in seiner besonderen Historie belassen. Dass unter der mittleren Sitzbank noch der originale, dereinst in Athen montierte Feuerlöscher liegt, war deshalb selbstverständlich.

Dan hat noch diverse andere Volkswagen-Busse der ersten Generation. Am Schulbus, den er schlicht und einfach den »Griechen« nennt, schätzt er vor allem die Patina, die von der Geschichte des Wagens erzählt. Von seinen Jahren im Dienst, von seinen Jahren des Stillstands. Deshalb gehört eine offene Polsternaht ebenso zum Auto wie eine leicht klaffende Verkleidung im Bereich der seitlichen Klapptür. Und natürlich gehört der originale Schriftzug zum Auto, das dereinst als »Nummer 2« seine Arbeit verrichtete. Mit Stiften in der Lüftung und Steppkes im Fond. Wie schön, dass es noch solche Zeitzeugen gibt.


VW T1 Samba »Schulbus«

  • Baujahr 1953
  • Karosserie VW Sondermodell Typ 24, Neunsitzer, originales Interieur, Neulackierung für den Schuldienst in gelb, Beschriftung mit Bezug auf die Schule und den Athener Ortsteil, Bleche zum Teil erneuert.
  • Motor nicht original, aber zeittypisch, Vierzylinder-Boxer, 1.131 ccm, 24,5 PS bei 3.300 U/min, 66 Nm bei 1.800 U/min, Vergaser Solex 28 PCI, Originalgetriebe.
  • Fahrwerk Originalfahrwerk, Stahlfelgen 3,5 D 16, Reifen 5,50 x 16.