VW MI MinihomeMy Beetle is my castle

Thomas Fuths

 · 06.10.2022

VW MI Minihome: My Beetle is my castleFoto: Andreas Lindlahr
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Dies ist ein MI Minihome. Ein Käfer als Campervan. Entwickelt und gebaut in den USA. Dort nennen sie ihn Super Bugger. Ein Exemplar des vielleicht coolsten Reisemobils aller Zeiten hat es jetzt nach Deutschland geschafft: dieses hier. Der VW-Camper zieht Menschen an wie Motten das Licht.

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Foto: Andreas Lindlahr

Dieser Camper ist crazy. Kein Wunder – sein Besitzer ist es ja auch. Zumindest ein wenig. Jan Adams, Norddeutscher, Oldtimer-Sammler und -Spezialist, Händler historischer Volkswagen und Porsche. Sein automobiles Leben ist eine einzige Aneinanderreihung exotischer Luft- und Wassergekühlter. Doch dieser MI Minihome, so die offizielle Bezeichnung des einst in den USA entwickelten und gebauten Käfer-Campers, ist das schrägste und auffälligste Auto, das Jan je unter die schrauberkundigen Finger gekommen ist. »Auf dem Fototrip für VW CLASSIC aus dem Bremer Raum nach St. Peter-Ording gab es Tumulte«, skizziert er. Der Kfz-Meister weiter: »Ich habe noch nie erlebt, dass ein Auto derart für Aufmerksamkeit sorgt.« 2021 kam der Super Bugger, wie sie ihn in den Staaten nennen, zu ihm. Bugger als Ableitung von Bug – neben Beetle bekanntlich der zweite oft verwendete US-Name für einen VW Käfer.

Entdeckt hatte Jan Adams den Camper mit Boxermotor Jahre zuvor auf Facebook. Nur zu verkaufen war er nicht. Das änderte sich, als der erste Besitzer 2020 starb: Lloyd G. Smith aus Freeport bei Chicago. Seine Erben wussten offensichtlich nicht sonderlich viel mit dem damals schon rund fünf Jahrzehnte alten Motorhome (Gattungsbezeichnung für Camper in den USA) anzufangen und gaben ihn an einen Händler ab. Und da schlug der bestens vernetzte Jan aus Deutschland online zu. Allerdings verstrich durch die Corona-Misere noch einmal ein Jahr, bis der Super Bugger nach vielen gezahlten Dollars über New York seinen Weg nach Bremerhaven fand.

Los ging die Geschichte des Super Bugger Anfang der 70er im kalifornischen Irvine. Dort hatten ein paar Jungs die coole Idee, den Beetle zum Camper umzurüsten. Ein paar Jahre später kaufte Quincy-Lynn Enterprises die Lizenzen. Hinter der auf Um- und Eigenbauten spezialisierten Firma aus Phoenix, Arizona, steckte der findige Konstrukteur Robert Q. Riley. Der stellte den Umbau 1977 im US-Magazin »Mechanix Illustrated« vor und bot direkt die Umbaupläne für nur 15 US-Dollar mit an. Und hier schließt sich der Kreis zum Super Bugger von Lloyd G. Smith. Der hatte sich das Magazin druckfrisch gekauft und die Baupläne bestellt, wie in einer Reportage des Freeport Journal-Standard aus dem Jahr 1981 berichtet wurde. Woher wir das wissen? Die vier Jahrzehnte alte Tageszeitung lag 2021 vergilbt irgendwo im Wagen, als Jan Adams den Camper in Bremerhaven im Hafen abholte! Daher wissen wir auch, dass Smith die Bausatzteile über diverse Quellen zusammenkaufte, sie aber zwei Jahre lang liegen ließ. Ihm fehlte schlicht der Mut und ein geeignetes Basisfahrzeug, um zu starten. Das änderte sich 1979, als er einen 1969er Käfer fand. 300 Dollar kostete der gelbe Beetle. Weitere 2.600 Dollar investierte Lloyd in den Ausbau. Der dauerte 13 Monate. Danach hat er den Wagen und das Leben offensichtlich genossen. Der Journal-Standard schloss seine Story am 16. April 1981 wie folgt: After working 10-hour days for 30 years, the 51-year-old Smith appreciates the chance to travel. »I like the idea I can leave and not worry about a hotel reservation«, he says. »For the first time in my life, I´ve been able to say, ›I want to get away for a few days.‹«

Unser Blick in diese Zeitkapsel zeigt, dass sich die Sehnsüchte der Menschen über die Jahrzehnte kaum verändern. 2022 reist Jan Adams mit dem Super Bugger durch Deutschland – nur zu gerne würden wir Lloyd davon erzählen. Denn 41 Jahre nach der Story in der US-Tageszeitung boomen im weit von Freeport entfernten Germany die Camper wie nie zuvor. Und auch heute liegt das vor allem daran, dass dieses spontane Losfahren eine Art von Freiheit ist, die nur ein Reisemobil ermöglicht.

Das MI Minihome bietet auf den kurzen und langen Reisen des Lebens erstaunlich viel Platz. Zwei Leute können hinten im Aufbau übernachten; dabei werden der Fahrer- und Beifahrersitz um knapp 180 Grad gedreht – diese Sessel mit Armlehnen stammen aus einem ausgewachsenen US-Motorhome. Ein weiterer Globetrotter kann im Alkoven über dem Fahrerhaus übernachten. Als amtliche Standheizung versorgt übrigens ein gasbetriebener Katalytofen den Innenraum mit Wärme. Praktische Aufstellfenster bringen indes frische Luft in den Innenraum.

Von innen erinnern ansonsten allein das Zweispeichenlenkrad, der ewig lange Schalthebel und die Armaturentafel daran, dass der Camper ein Käfer ist und irgendwo hinten im Heck ein 60 PS starker Boxer versucht, das Gefährt mit dem cw-Wert eines Garagentores durch den Wind zu drücken. Doch auch das klappt erstaunlich gut. Smith verbuchte 1981 in den USA einen Verbrauch von 27 Meilen per Gallone – umgerechnet etwa 9 Liter auf 100 Kilometer. Für ein Reisemobil ist das auch heute noch ein guter Wert. Die Maschine ist übrigens ein frisierter 1600er. Die Fuhre steht auf 15-Zoll-Rädern, vorn mit 205er-Reifen und hinten mit 285ern bestückt. Das Ganze fährt sich wunderbar souverän. 105 km/h hat Jan Adams schon geschafft.

Wer schnell und weit reist, will sich am Abend mit gutem Essen und einem kalten Bier oder Rosé belohnen. Und auch das ist an Bord des MI Minihomes eine leichte Übung. Zur Bordküche gehört ein ausgewachsener Kühlschrank (samt Eisbox), der mit Gas betrieben wird. Untergebracht ist die Gasflasche in einem eigenen Fach, perfekt zugänglich über eine kleine Klappe rechts neben der Tür auf der Fahrerseite. Per Gas betrieben wird selbstverständlich auch der Kocher. Und der ist – samt Edelstahlspülbecken – konstruktiv der Knaller. Kocher und Waschbecken bilden eine Einheit, die hinten rechts im Innenraum angeordnet ist. Genial wird diese Konstruktion durch die Tatsache, dass sie von außen ins Freie gezogen werden kann: seitliche Karosserieklappe öffnen, rausziehen, fertig. Damit verwandelt sich die Onboard-Küche in eine Open-Air-Kitchen. Jan und sein Reise- kumpel Maik (Bild rechte Seite) haben das natürlich in St. Peter-Ording direkt genutzt und gebrutzelt, was der Camperkühlschrank hergab.

Wie viele MI Minihomes in den USA entstanden, lässt sich kaum mehr klären. Offensichtlich ist der Super Bugger auf diesen Seiten aber das einzige Exemplar, das es über den Atlantik bis nach Germany schaffte. Auf jeden Fall ist das sympathische Reisemobil der Star auf jedem Campingplatz zwischen Flensburg und Gibraltar. Unterwegs wird Jan Adams permanent gefragt, was sein Käfermobil denn gekostet hat? Fakt ist, dass er in den USA von »GR auto gallery« für 26.900 Dollar angeboten wurde. Doch über den tatsächlichen Kaufpreis und die Kosten für den Transport aus den USA nach Deutschland schweigt Jan Adams sich aus. Wert sein dürfte er – so Jan – um die 35.000 Euro. Ordentlich Geld für einen 69er Käfer, wenig indes für das coolste Reisemobil des Kontinents. Ob Jan ihn verkaufen würde? Weiß er noch nicht. Aber wer jetzt ins Grübeln kommt ist, kann ihm ja eine Mail schicken: adams@retrotec-
online.de. Nur eines sollte man bedenken: Mit diesem Käfer nagelt dich jeder, wirklich jeder, auf ein Gespräch fest. 1977 schrieb Robert Q. Riley am Ende seiner Story in der Mechanix Illustrated: When we went out to take photos, which should have taken maybe three hours, it turned into an all-day affair. The added time was spent answering questions from practically every passerby. Genauso war es 2022 auch beim Foto-Shooting in St. Peter-Ording!


VW MI Minihome

  • Baujahr Basisfahrzeug 1969, Umbau 1979
  • Karosserie Käfer-Chassis. Die Original-Karosse wurde auf Höhe der vorderen Tür­anschläge entfernt und durch einen Camper-Aufbau ersetzt. Die Außenhaut besteht aus Aluminium. Innen kommen Holzpaneele zum Einsatz. Zwischen der Außenhaut und den Paneelen befindet sich eine 2,5 cm dicke Isolierschicht. Das MI Minihome ist 199,39 cm breit. Der reine Camperaufbau (Heckwand bis Vorderkante Alkoven) ist 305 cm lang und 184,15 cm hoch.
  • Motor 1973er Vierzylinder-Boxer mit 1.584 cm³. Die Leistung wurde auf 60 PS gesteigert.
  • Fahrwerk Käfer-Fahrwerk mit 15-Zoll-Rädern. Reifen: vorn 205er, hinten 285er.