Hazet-Rallye-Käfer... brillant in schaffender Hand

Klaus Morhammer

 · 06.10.2022

Hazet-Rallye-Käfer: ... brillant in schaffender HandFoto: Jan Bürgermeister
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Herbie war beileibe nicht der erste Rallye-Käfer! Erst recht nicht waren es die Porsche-Salzburg-Renner. Nein, nein, schon in den Fünfzigerjahren ließ Wolfsburgs schottertauglicher Dauerrenner bei der Mille Miglia, der Carrera Panamericana oder der Rallye Monte-Carlo aufhorchen.

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Foto: Jan Bürgermeister

Ein Mal beim Petermax-Müller-Gedächtnisrennen dabei sein. Das wär‘s! Doch da ist es nicht so, wie bei anderen Veranstaltungen: Nenngeld blechen und ab geht’s. Nein, nein. Zu Petermaxens Renngaudi muss man amtlich eingeladen sein. Das geht nicht mit jeder Kiste. Darin sind die eigen.

Ein VW soll es sein, auch ein Porsche geht in Ordnung – doch längst nicht jeder. Käfer müssen bis 1957 auf die Räder gestellt worden sein, Bullis gar nur bis 55, allein Porsches dürfen ein klein wenig jünger sein, müssen aber doch auch spätestens 1959 über die Ladentheke gerollt sein. Tuning ist gern gesehen, aber damit wir uns recht verstehen: Typ 4 oder 48er IDAs sind damit nicht gemeint. 40er Solex heißt das Zauberwort, kurz: es geht hier um »period correctness«.

Der Rest ist vogelwild, angefangen bei den teils reichlich patinierten Karossen bis hin zu den oft enorm authentischen Piloten – nicht auf die feine englische Art, eher grobschlächtige skandinavische Originale, wie man sie sich in einer Rockband gut vorstellen kann – in einer harten, lauten Rockband. Ist ja auch kein Wunder. Die Urväter des Rennens kommen aus dem ganz hohen Norden. Ziel sind jeweils die deutschen Kultstätten der uralten Käfer: Bad Camberg und Hessisch Oldendorf. Es geht um die Petermax-Müller-Trophy, aber eigentlich geht’s nur um den ganz großen Spaß.

Für die Jüngeren unter uns: Petermax Müller war ein Tausendsassa auf allen Rennstrecken und in der Geschäftswelt. Ein paar Schlaglichter: 1948 und 49 Deutscher Meister in der gerade erst wiederbelebten Deutschen Rennsportmeisterschaft auf seinen legendären VW-Eigenbauten. Teilnahme am 24-Stunden-Rennen in Le Mans und an der Rallye Monte-Carlo. 8-facher Weltrekordhalter auf diversen Distanzen auf VW und Porsche. Gründer großer VW- und Porsche-Autohäuser in Hannover. Ihm zum Gedenken wird im Zweijahres-Rhythmus die Trophy ausgefahren.

Jetzt wird’s Zeit, die Biege zu kriegen, hin zu Thomas Schuster und seinem Hazet-Rallye-Käfer. Freilich, der Exkurs zu Petermax hat hierzu deutlichen Bezug. Auch Thomas hat schon lange auf seiner To-do-Liste die Teilnahme an der mittlerweile kultigen Alt-Käfer-Sause stehen. Aber: Ausnahmen gibt’s leider keine, auch Thomas muss die Regeln beachten. Will sagen, einen astreinen PMM-Käfer auf die Räder stellen. Das ging so: Ein 57er Ovali stand schon bald 30 Jahre bei seinem Kumpel Markus Zoll, in erbärmlichem Zustand. Und damit doch eigentlich die perfekte Basis für einen Rennkübel – falls der auf der Hatz mal Schaden nehmen sollte.

Aber, wie es manchmal so kommt: Am Ende ist er doch beinahe zu gut geworden zum Verheizen. Doch keine Chance: Da muss der Käfer jetzt durch. Wozu hätte er auch sonst eine derartige Generalsanierung über sich ergehen lassen sollen? Die berüchtigten unteren dreißig Zentimeter der Hütte, Schweller, Querträger, Spritzwand, Endspitzen und die ganze Front, weil da ja auch noch ein Unfallschaden auszubügeln war, waren fällig. Wo immer sich Ersatz fand, wurde mit Original-Käfer-Schlachtteilen gearbeitet.

Cooles Gimmick ist der Mittelscheinwerfer in der Kofferraumhaube, der in einem originalen Lampentopf sitzt. Gut, das ist Thomas nicht von selbst eingefallen, die Lektüre der 1962er März-Ausgabe der GUTEN FAHRT hat ihm da auf die Sprünge geholfen. Darin wird ein Käfer von der Rallye Monte-Carlo behandelt, der eine ebensolche Zusatzlampe installiert hatte. Mit dem dritten sieht man eben mehr. Weiter oben in der linken Hälfte der Haube gibt ein runder Blechausschnitt den Tankdeckel frei, ganz im Stil klassischer Rennwagen wie der Porsche Spyder 550. Dazu musste freilich auch der Tank entsprechend umgestrickt werden. Die Motorhaube bekam ebenfalls ein Schmankerl ab: die Luftschlitze des kleinen Renault 4 CV mit dem drolligen Spitznamen »Cremeschnittchen«. Das wurde früher gerne so gemacht.

Oberhalb davon sind links und rechts neben den Luftschlitzen zwei Käfer-Kofferraumgriffe montiert. Daran kann sich der Schmiermaxe festhalten, wenn er zur Steigerung der Traktion die Heckstoßstange entern müsste. Funktioniert auch heute noch. Daran werden die PMM-Kollegen ihre Freude haben! Zwischen den Bügeln steckt eine dritte Bremsleuchte.

Die finale Lackierung wurde dann auch in der heimischen Garage vollbracht. In seidenmatt patiniertem L331 Horizontblau – eine Volkswagen- Originalfarbe von 1957. Insgesamt trägt der Ovali jetzt elf verschiedene Farben! Denn alles, was auf diesem Käfer zu sehen und zu lesen ist, hat Thomas höchstselbst frei Hand mit dem Pinsel aufgebracht.

Wie aber kam’s zur Hazet-Werbung? Das war tatsächlich schon in den Fünfzigern populär. Eine frühe Form von Sponsoring. Seinen Ursprung hatte das wohl in der spektakulären Carrera Panamericana, einer Wildwest-Rallye über Tausende von Meilen durch die Wüsten Südamerikas, bei der bunt bemalte, rasende Litfaßsäulen für’s Bekanntwerden ihrer Unterstützer sorgten. Zwar konnte Thomas mit Hazet keinen echten Sponsordeal klar machen, da er aber immer schon auch altes Hazet-Werkzeug gesammelt hat, kam die Idee zustande. Und: Einen Hazet-Käfer gab es bis dato nicht – ein weiteres Alleinstellungsmerkmal.

Unter der rückwärtigen Haube steckt ein klassischer Power-Boxer. Basis natürlich der 30-PS-Motor, hier mit dem sensationellen Okrasa-Kit auf Touren gebracht – Wolfsburg West sei Dank, die die Doppelkanal-Zylinderköpfe nebst Ansaugrohren und weiterem Zubehör aus Oettingers Frühzeit neu aufgelegt haben. Mit im Paket: stramme Nockenwelle, 32er Solex PICB-Vergaser, Fliehkraft-Zündverteiler aus dem Porsche 356. Motorblock und alles drumrum erhielt Ahnendorps Spezialbehandlung mit Hauptlager- und Nockenwellengasse spindeln, Gehäusehälften planen, Zylinderköpfe optimieren und was sonst noch so anfällt. Zudem steuerte Ahnendorp seinen Customsport-Auspuff im Sebring-Style bei. Das Teilsynchrongetriebe des 60er Käfer-Jahrgangs, das letzte mit längs geteiltem Gehäuse, musste am vorderen Lager zur Aufnahme an der Ovali-Plattform modifiziert werden, weil sich das just in dem Jahr geändert hatte.

Gesteigerter Leistung muss die Bremsanlage etwas entgegensetzen. Das passiert durch die breiteren Trommelbremsen, die der Käfer seit 1958 eingebaut hatte, mit Covern im 356-Stil. Nun sieht das so aus, als seien Porsches Alu-Bremstrommeln montiert. Durch den großen 205er Lochkreis der Stahlräder kann man es gut sehen. Vorne sind auf viereinhalber Lemmerz-Felgen grobstollige 155er Vredestein-Classic-Reifen aufgezogen, hinten sitzen 165er auf 5,5x15er Mangels- Rädern. Bilstein-Dämpfer rundum sorgen für gute Straßenlage.

Die Pilotenkanzel dominieren die vorwitzigen Sitze aus Fiats 850er Sport Coupé und der stählerne Überrollbügel. Am Armaturenbrett ersetzt ein Motometer-Panel zur Aufnahme von Zusatzinstrumenten für Drehzahl, Ladestrom und Öltemperatur das originale Chrom-Lautsprechergitter des Ovali. Auf den Handschuhfachdeckel sind zwei Hanhart-Stoppuhren geclipst. Die rechte Türverkleidung trägt eine Leseleuchte, die das Entziffern der Chinesenzeichen des Roadbooks bei düsterer Abendstimmung erleichtern soll. Die Fensterscheiben werden spartanisch mit einem Lederriemen geschlossen gehalten. Hinten auf dem ehemaligen Kofferraumboden des Käfers lagert eine Hazet-Werkzeugkiste. Wenn schon, denn schon.

Was macht da wohl mehr Spaß? Schrauben oder Fahren? Wenn zur Petermax-Müller-Trophy geblasen wird, dann ist das keine Frage! Thomas, hol dir den Pott!


Hazet-Rallye-Käfer

  • Baujahr: 1957
  • Karosserie: Restauriert, Mittelscheinwerfer mit VW-Lampentopf, Marcha-
    Nebelscheinwerfer, alle Leuchten mit Porsche-356-Schutzgitter, Tankstutzenöffnung verlegt, Haube mit Cremeschnittchen-Luft­schlitzen, dritte Bremsleuchte, Überrollbügel, Fiat-850-Sport-Coupé-Sitze, Motometer-Zusatzinstrumentenboard, Stoppuhren, Leselampe.
  • Motor: 30-PS-1.200er, Okrasa-Köpfe und Saugrohre (Wolfsburg West, bearbeitet von Ahnendorp), Mahle-Kolben/Zylinder, Kurbelwelle 8fach verstiftet, Okrasa-NW (WW), Solex-32-PICB-Vergaser, Knecht-Luftfilter (WW), Bosch-Fliehkraftverteiler, Schwungrad erleichtert, Typ-3-Kupplung, Ahnendorp-Customsport-Sebring.
  • Fahrwerk: VA -20 mm, Stabi, Abstützung; HA -12 mm, Ausgl.feder, Begrenzer; Bilstein-Dämpfer, Tommelbremsen, 4,5x15 ET25 &155-15/ 5,5x15 ET15 & 165-15 (v/h).