Heiko P. Wacker
· 20.10.2022
Manche in der VW-Szene widmen sich seit Jahrzehnten der Rettung geliebter Vehikel – und stellen fest, dass die Teileversorgung in Quantität und vor allem Qualität stetig besser wird. Zu verdanken ist dies Menschen wie Bob van Heyst: 1986 gründete er gemeinsam mit Arlette van Dijck die Firma BBT.
Was damals auf bescheidenen 20 Quadratmetern begann, anfangs war der Handel mit Restaurierungs- oder Tuning-Teilen aus Kalifornien reines Hobby, das hat sich zu einer der weltweit führenden Adressen für Fans klassischer Volkswagen gemausert. Mehr als 300 Zulieferer sind im BBT-Netzwerk zu finden, zudem werden permanent Teile selbst entwickelt und produziert. Dabei stellt Bob im Bezug auf »seine« Bleche grundsätzlich klar: »Wir liefern Restaurierungsteile – und keine Reparaturteile!«
An die zweite Gruppe erinnern sich vor allem jene, die das rostigste Hobby der Welt zu Zeiten für sich entdeckten, in denen es den T2 noch beim Fähnchenhändler gab und diverse Käfer in Erstbesitz. Oder als klassische Wintergurken, günstig erworben und lässig weiterverscherbelt, bis das Schlachten lohnender war als die Reparatur. Originale VW-Teile kamen eher nicht zum Einsatz, günstige Nachfertigungen mit ungünstiger Qualität oder Reste von Spenderfahrzeugen waren das höchste der Gefühle: Wir waren jung – und hatten kein Geld! Übergefrickelte und drübergebrutzelte Blechlein mit einer großen Menge an Unterbodenschutz als Camouflage verhalfen zur bestanden HU, die Gipsbinden der hübschen Krankenschwester von Nebenan sicherten dem Endtopf notdürftig das Überleben.
Inzwischen sieht man luftgekühlte VW nur mehr höchst selten im Streusalz. Alleine die gestiegenen Preise machten aus schnöden Verbrauchswagen gesuchte Sammlerstücke, die wertige Instandsetzungen mit hochwertigen Teilen rechtfertigen, wie sie BBT seit einigen Jahren in Taiwan bei einem Spezialisten herstellen lässt. »Begonnen hat die Zusammenarbeit mit ›Muscle Car GT‹ 2014«, erinnert sich Bob.
»Wir suchten tatsächlich einen Profi für große Blechteile, so kam ich nach Taiwan. Dass in Hsinchu, das ist rund eine Stunde südöstlich von Taipeh, bereits Karosserieteile für 85 verschiedene US-Autos in der Fertigung waren, erleichterte die Sache. Denen musste ich nicht erklären, wie der Klassikermarkt funktioniert.« Reisekoffertaugliche Kleinteile wie Lampentöpfe machten den Anfang, rasch wurde auch eine Palette mit gebrauchten Originalteilen auf die Reise geschickt. »In der ersten Lieferung war auch ein Kotflügel für einen 1950er-Käfer dabei, auf das gelungene Endergebnis bin ich heute noch stolz!« Bald darauf wurden schließlich drei VW Bulli als Vorlagen aus den USA nach Taiwan verschifft, wobei Bob dem Westfalia von 1958 heute noch eine Träne nachweint. »Ich wusste ja, dass der in Stücke zerteilt werden musste, um exakte Nachfertigungen realisieren zu können.«
Hierbei kommt das so genannte »Reverse Engineering« zum Einsatz. Es werden also originale Teile gescannt, um über Zwischenschritte wie Polystyrolformen die passenden Werkzeuge, beispielsweise für das Tiefziehen der Blechtafeln, zu konstruieren. »Wenn nach all der langwierigen Entwicklungszeit deine eigenen Teile aus der Presse kommen, dann ist das schon ein spektakulärer Prozess«, betont Bob. Die ersten Teile wurden 2015 gefertigt, inzwischen landen jeden Monat drei Überseecontainer aus Taiwan an. »Das sind eine Menge Teile, glaub‘s mir, in so eine Blechbüchse würden auch drei Käfer hintereinander passen«, feixt Bob.
»Und wir bauen das Programm stetig weiter aus: In diesem Jahr werden wir die Bestellungen auf einen Container pro Woche hochfahren.“ Je nun, schon jetzt listet BBT mehr als 7.500 VW-Teile, stetig kommen neue hinzu – und die müssen auch irgendwo herkommen. Achtung: BBT liefert nicht direkt an Privatkunden, sondern an lokale Händler. Das Programm findet sich unter www.bbt4vw.com, den hochwertigen »SWT-Produkten« ist ein eigener Bereich der Homepage gewidmet. Die unter dem Label »Silver Weld Through« geführten Edel-Blechteile haben längst die Marke von 300 Posten überschritten. Aktuell sind mehr als 100 weitere in der Entwicklung, der allergrößte Anteil entfällt auf den T1.
Ob Motorklappe, Fensterrahmen, Kniestück, Rad- und Sitzkästen, Seitenwände oder Dächer – auch für den Samba, Teilenummer 0890-802: Hier hat der geneigte Schrauber schon beim Blick in den Katalog seine Freude. Denn auch die Qualität stimmt, kommen doch Laserschneider, deren Toleranzen im Bereich von hundertstel Millimetern liegen, ebenso zum Einsatz wie Metallpressen, die sehr ähnlich arbeiten wie die Originale dies einst in Wolfsburg oder Hannover taten. »Für alle SWT-Teile aus Metall wird in drei Schritten gearbeitet. Vor dem finalen Formen bringt ein ›Tension‹ genanntes Werkzeug den Großteil des Drucks auf das Blech. Unter Spannung stehender Stahl kann zu 200 Prozent besser verformt werden.« Rein theoretisch könnte BBT einen kompletten Bulli aus Neuteilen liefern, »doch die Volkswagen AG untersagt uns das. Bus und Käfer sind dreidimensional geschützt – und daran halten wir uns auch.«
Es gibt aber auch so genug zu tun: »Der T2 ist aktuell ein heißes Thema: Momentan erarbeiten wir Formen für Kabinenbleche und Schiebetüren. Außerdem entstehen Käferhauben oder Bleche für den Karmann Ghia. Es werden noch so viele interessante Teile kommen«, frohlockt Bob. Angesprochen auf das Bild eines T3 aus Taiwan wehrt er jedoch ab: »Für uns ist der noch zu jung.« Er hält dann aber kurz inne – und fügt leise lächelnd hinzu: »Also im Moment zumindest.«
Wie schön: Die Reise der Restauratoren und jener, die Restaurierungen mit hochwertigen Blechen ermöglichen, die geht munter weiter!
Adresse
BBT
Telefon: 0032-3633-2222