VW GolfKonnektivität & Assistenz - Digital, vernetzt, intelligent

Joshua Hildebrand

 · 16.01.2023

VW Golf: Konnektivität & Assistenz - Digital, vernetzt, intelligent

Kein Golf zuvor war so durch-digitalisiert wie in der aktuellen, achten Generation. Er bietet nicht nur eine intuitive Bedienung, sondern auch eine ausgeprägte Konnektivität, viele Onlinefunktionen und moderne Assistenten. GF hat sein Können unter die Lupe genommen

Die Sprachbedienung ist clever, weil sie umgangssprachliche Formulierungen versteht und auch erkennt, wer Befehle erteilt
Foto: Jan Bürgermeister, VW (6)

Der Golf hatte schon immer einen besonderenStellenwert im VW-Konzern, gilt er doch seit dem Debüt der Baureihe als zeitlos modern. Selbstredend, dass dies vor allem auch für die Golf-8-Familie zutrifft. Kenner wissen: Mit dem Golf wurden schon immer neue Technologien und Innovationen demokratisiert. Kaum verwunderlich also, dass sich die achte Generation des Bestsellers stärker als je zuvor mit seinen Besitzern vernetzt. Gewiss hat die achte Generation den bisher wohl größten Technik-Sprung in Sachen Bedienung gemacht. Die Basis hierfür ist das serienmäßige „Innovision Cockpit“, das sich aus einem 10 Zoll großen Digital Cockpit und einem Zentraldisplay, dem Infotainment-System, zusammensetzt. Je nach Ausstattung ist es zwischen 8,2 (Composition) oder 10 Zoll groß (Discover Media und Pro) und bietet unterschiedliche Auflösungen von 1.083 x 480 Pixeln bis zu 1.560 x 700 Pixeln. Obendrein steht bei allen Golf-8-Modellen ein Head-up-Display zur Verfügung – mal serienmäßig, mal optional. So oder so gehören alle für den Golf angebotenen Systeme zur dritten Generation des Modularen Infotainment-Baukastens namens MIB3.

Der Golf ist das digitale Tor zur Welt

Sie sind alle an eine Online-Connectivity-Unit (OCU) gekoppelt, die mit einer eSIM ausgestattet ist. Beides zusammen ermöglicht den Zugriff auf ein permanent wachsendes Spektrum von online-basierten Funktionen und Dienstleistungen, die über das markeneigene System „Volkswagen We“ bereitgestellt werden. So lassen sich über das Infotainment verschiedene Apps aus dem Online-Shop ins Fahrzeug laden – etwa Amazon Alexa, die Fußball-Liveticker-App „We Score“ oder die Freischaltung von Fahrzeugfunktionen, wie dem mobilen Autoschlüssel, der die Fahrzeugentriegelung via Smartphone erlaubt. Bei der Golf-8-Familie serienmäßig nutzbar: das Spektrum von „We Connect“ (zeitlich unbegrenzt) und „We Connect Plus“ (je nach Ausstattung für ein bis drei Jahre inklusive). Für Unternehmen wurde darüber hinaus der optionale Service „We Connect Fleet“ entwickelt – ein digitales Fuhrparkmanagement mit Fahrtenbuch und Co. Selbstverständ-lich bietet der Golf auch die volle Smartphone-Kompatibilität: Mit „Wireless App Connect“ lassen sich mobile Endgeräte via AppleCarPlay, Android Auto und Mirror Link kabellos in das Golf-Infotainment integrieren. So können Apps wie Spotify genutzt werden, um die persönliche Lieblingsmusik zu streamen.

Die Bedienung des Golf 8 erfolgt weitgehend ohne klassische Tasten – bis auf jene am Lenkrad. Unterstützt wird sie optional durch eine natürliche Sprachsteuerung, die mit der Ansprache „Hallo Volkswagen“ oder per Voice-Button am Lenkrad gestartet wird. Besonders stolz ist Volkswagen auf die intuitive Bedienbarkeit des Systems. Kommandos wie „Bring mich nach Hause“ oder „Mir ist kalt“ steuert zum Beispiel die Navigation, respektive die Klimaautomatik. Selbst undeutlich gesprochene Befehle erkennt das System zuverlässig. Für diese Art der Bedienung verfügt der Golf über digitale Mikrofone, die nicht nur die Spracherkennung und die Sprachqualität bei Telefonaten verbessern, sondern auch lokalisieren können, wer von wo gesprochen hat. Das hilft dann, wenn der Beifahrer die Klimatisierung seines Bereichs per Sprachsteuerung ändern möchte. Die Digitalisierung bietet zudem die Möglichkeit, den Golf auf den ganz eigenen Geschmack abzustimmen. Die personalisierten Einstellungen können sowohl im Wagen als auch via Cloud gespeichert werden, um sie nach einem Fahrer- bzw. Fahrzeugwechsel wieder abzurufen. Dazu gehören, je nach Ausstattung, die Anzeigen des digitalen Cockpits, die Sitzposition, die Einstellungen der Außenspiegel und der Klimaanlage, die praktisch stufenlose Regelung des Ambientelichts (bis zu 30 Farben) sowie die Lichtfunktionen Coming- und Leaving-Home.

Kann viel, hilft viel

Der Golf 8 feierte vor drei Jahren Weltpremiere. Er war eines der ersten Fahrzeuge überhaupt, das mit dem Nahfeld-Kommunikationsstandard „Car2X“ ausgestattet wurde. Mit dieser neuen Technologie kann der Kompakte verkehrsrelevante Informationen mit anderen Fahrzeugen und sogar der Verkehrsinfrastruktur im lokalen Umfeld (bis zu 800 Meter) binnen Millisekunden austauschen. Durch die Verwendung eines innerhalb der Europäischen Union harmonisierten und herstellerübergreifenden Car2X-Standards (WLANp/ ITS G5) ist der Informationstransfer zwischen Autos aller Marken und der Infrastruktur aller EU-Staaten möglich. Diese „gemeinsame Sprache“ ist dabei eine wesentliche Voraussetzung, um länderübergreifend die Zahl der Verkehrsunfälle zu reduzieren. Denn dank Car2X wird der Fahrer über lokale Gefahrenstellen informiert und gewarnt. Dazu gesellt sich ein Gros weiterer hilfreicher Assistenten: aktive Abstandsregelung ACC mit vorausschauender Geschwindigkeitserkennung, Verkehrszeichenerkennung, Toter-Winkel-Assistent „Side Assist“, „Lane Assist“, Notbremsassistent, „Travel Assist“, Rückfahrkamera, Müdigkeitserkennung, Parklenkassistent sowie Einparkhilfe im Front- und Heckbereich. Je nach Ausführung hat der Golf vieles davon serienmäßig an Bord, manche Assistenten kosten extra.

Die automatische Distanzregelung ACC arbeitet im Golf übrigens prädiktiv – vorausschauend. Dabei errechnet das System über die Strecken- und GPS-Daten des Navigationssystems die Position des Golf und vermindert so vorausschauend die Geschwindigkeit vor Kurven, Kreisverkehren, Kreuzungen, Tempolimits und Ortschaften. Parallel greift das „ACC“ auf die Verkehrszeichenerkennung via Frontkamera zu und reguliert das Tempo. Der mit einem Radarsensor in Verbindung mit der Frontkamera arbeitende Notbremsassistent „Front Assist“ warnt und bremst in Notsituationen bei einem zu geringen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug – mittels City-Notbremsfunktion und Fußgängererkennung auch bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten in der Stadt. Dieses Spektrum wurde beim Golf um eine Radfahrererkennung, eine Ausweichunterstützung und um einen Abbiegeassistenten erweitert. Jener sorgt dafür, dass der Golf bei Linksabbiegemanövern mit dem Abbiegeassistenten automatisch bis zum Stillstand abgebremst wird – mit einer zeitgleichen akustischen und optischen Warnung, sollte auf der zu kreuzenden Fahrbahn ein Fahrzeug entgegenkommen. Je nach Geschwindigkeit beider Fahrzeuge kann dieses hilfreiche System im Rahmen der Systemgrenzen den Unfall verhindern oder dessen Folgen mindern.

Der Golf 8 trägt zur Verkehrssicherheit bei und kann helfen, Unfälle zu vermeiden – dank seiner Car2X-Technologie, die ihn per Funk mit anderen Autos und der Infrastruktur vernetzt

Absolutes Highlight ist aber definitiv der teilautonome Travel Assist, der das assistierte Fahren bis 210 km/h ermöglicht. Dabei greift das System unter anderem auf die automatische Distanzkontrolle „ACC“ (Längsführung) und den Spurhalteassistenten „Lane Assist“ (Querführung) zu. Über das Multifunktionslenkrad wird der „Travel Assist“ aktiviert. Aus rechtlichen und sicherheitsrelevanten Gründen soll der Fahrer das System permanent überwachen – dazu muss er mindestens eine Hand am Lenkrad haben. Dank einer neuen kapazitiven Sensorik des Lenkrads reicht es, dass der Fahrer das Volant lediglich berührt. Löst er indes länger als 15 Sekunden die Hände vom Lenkrad, wird er durch optische und akustische Warnsignale sowie durch einen Bremsruck darauf aufmerksam gemacht. Spätestens jetzt muss der Fahrer reagieren und das Lenkrad anfassen, da ansonsten der „Emergency Assist“ (Notfallassistent) aktiv wird und den Golf zum Stehen bringt. Nicht zu vergessen sind auch die intelligenten IQ.Light-Matrixscheinwerfer, die nicht einfach nur leuchten:

Sie bieten viele Funktionen und unterstützen bei Fahrt im Dunkeln. Sie bieten unter anderem Stadt-, Landstraßen- und Autobahnlicht (aktiviert durch GPS und Geschwindigkeit), eine Schilderentblendung, Teilfernlicht sowie einen Reisemodus (Linksverkehr).

Seit dem Update noch besser

Erst kürzlich hat Volkswagen ein wirkungsvolles Update für die Multimedia-Systeme Discover Media und Discover Pro des Golf herausgebracht hat (nicht für das Standard-Radio Composition). Die Software-Optimierungen zielen verstärkt auf typische Kunden-Anwendungen ab, das ursprüngliche System wurde dafür stark komprimiert. Das Ergebnis ist eine Reduzierung der Grundlast und damit mehr Performance für Programme und Funktionen. Zum einen gibt es das Softwareupdate (Software 1896; Stand Mai 2022) – auch für Bestandskunden. Zum anderen erhalten Golf-Modelle, die seit Dezember 2021 vom Band laufen, zusätzlich auch eine neue Hardware mit höherer Rechenleistung (H58) sowie ein verbessertes Touchdisplay (ABT Hardware H42) samt neuer Software (3080). Schließlich zieht ein leistungsfähigerer Prozessor in den MIB3-Baukasten ein. Sein Zentralprozessor besteht aus vier Kernen, dazu kommen die Grafikkarte und der digitale Signalprozessor für den Audio-Bereich. Die neue Chip-Einheit bietet etwa 25 Prozent mehr Rechenkapazität, bei der Grafikkarte verdreifacht sich die Leistung laut Volkswagen.

Für den Kunden bedeutet dies in beiden Fällen (Hardware- und/oder Software-Update) vor allem mehr Speed, wie wir im Test erleben konnten: Das System fährt nach dem Start schneller hoch, reagiert noch flotter und erfreut mit kürzeren Ladezeiten. Das gilt ebenso für den Umgang mit der Navi-Karte und für das angenehmere Scrollen in Listen, das nun noch näher an die Bedienung eines Smartphones rückt. Auch der Sprachassistent ist nach der Aussprache „Hallo Volkswagen!“ schneller bereit. Super: Man muss nicht mehr warten, bis das System die Gegenfrage stellt, sondern kann ihm sofort ins Wort fallen. Antworten und Vorschläge stammen dann aus zwei Quellen – der Cloud und den offline im Fahrzeug abgelegten Informationen. Diese treffen jetzt bis zu viermal schneller ein als bisher. Und: Der vor dem Display platzierte Slider zur Lautstärkenregulierung wird gesperrt, sobald ein Finger das Display berührt, Fehlbedienungen so wirkungsvoll unterdrückt. Das Update ist ein großer Fortschritt und deshalb ein absolutes Muss.

Achten Sie daher auf den Softwarestand Ihres Golf. Ihr Händler kann die Daten in vier bis fünf Stunden via OBD-Anschluss aufspielen. Over-the-air-Updates per Internetverbindung sind nur für Verzeichnisse wie Navigationsdaten möglich – schließlich sind im Golf teilweise über 70 Steuergeräte im Einsatz. Ganz sicher Krümel-Pickerei, wenn man an die ersten Golf zurückdenkt. Damals hätte man noch gedacht: Update? Was für ein Update? Tja, so ändern sich die Zeiten …