Martin Santoro
· 08.09.2022
Der Cupra Formentor VZ 2.0 TSI 4Drive rockt bereits ordentlich. Jetzt schärft Tuner Abt das 310-PS-SUV nach. Dringt der Spanier damit gar in das Revier des Topmodells VZ5 vor?
Wir, die technikbegeisterten Auto-Journalisten, feiern den Cupra Formentor VZ5 mit Audis Fünfzylinder als Sensation. Die feine Technik-Ikone aus Ingolstadt adelt das spanische SUV-Coupé auf magische Weise mit einem jahrzehntelang gereiften Mythos, was der Sport-Marke aus Martorell sicherlich zugutekommt. Jedoch sind rund 65.000 Euro Grundpreis für ein kompaktes 390-PS-CUV kein Pappenstiel, auch wenn der VZ5 mit ausgeprägten Dynamiktalenten sowie einer nahezu vollumfänglichen Serienausstattung prahlen kann.
Geht ein solches Fahrspaß-Gerät auch unterhalb dieser Preisschwelle? Die Marketing-Strategen und Ingenieure beim Traditions-Veredler Abt sagen: Ja! Klar, das Team dort ist bestens mit den MQB-Triebwerken des Volkswagen-Konzerns vertraut und fand rasch eine attraktive Alternative. Optimale Voraussetzungen für ein Power-Upgrade bietet der unter dem Topmodell positionierte Cupra Formentor 2.0 TSI VZ 4Drive zum Basispreis von knapp unter 50.000 Euro, dessen Dynamikpaket ebenfalls viel Beifall erntet (GUTE FAHRT 1/2021). 310 PS trommelt sein Zweiliter-Vierzylinder zusammen – ein guter Bekannter, der auch die allradgetriebenen Konzern-Kollegen Audi S3 und VW Golf R mit 400 Nm Drehmoment freudvoll unter Druck setzt.
Ein vertrauensvoll gepflegter Umgang mit der VAG-Hardware führte in der Vergangenheit bereits zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Abt und Cupra, zuletzt beim Cupra Ateca. An dieser Bande wird nun weiter geknüpft. Ein Allgäuer Ableger des Formentor soll mit einem Leistungsplus von 60 PS ähnlich sexy sein wie das VZ5-Topmodell, versprechen die Kemptener. Ein frischer Energie-Drink also, den wir gerne kosten wollen.
Nach dem Start per Knopfdruck wummert der Direkt- einspritzer kurz auf, fällt aber rasch in einen stabilen Leerlauf, blubbert verheißungsvoll. An der Ampel mit der verhaltenen Vehemenz eines Spritspar-Autos anfahren, über Land sich hinter Sonntags-Ausflügler einreihen und auf der Autobahn bei Richtgeschwindigkeit den Tempomat auf 130 km/h einstellen, um den WLTP-Normverbrauch von 8,5 Liter nicht zu überbieten? Geht alles. Derart bewegt, macht der drehfreudige Turbo-Benziner wenig Aufhebens um seine Potenz. Lustvoll aber geht anders, weshalb wir zum anderen Extrem wechseln und das ganze Temperament des erstarkten Spaniers fordern. Der Einsatz führte im Testschnitt zu einem moderaten Verbrauch von 10,3 Litern Super Plus.
Bereits ab 1.400/min setzt der Abt-Cupra jeden Leistungswunsch spontan, linear und kultiviert um. Forsches Lospreschen macht in den Modi Sport und Cupra erst richtig Laune. Dann tönt der Zweiliter intensiver, feuert bei Gaslupfen sprotzende Salven ab und knallt herrlich bei jedem Gangwechsel aus allen vier Auspuffend-rohren. Verantwortlich für die hinreißende Klangkulisse ist eine eigens entwickelte Edelstahl-Abgasanlage (2.890 Euro). Die muss dann schon sein, um dem Fünfender akustisch etwas Paroli bieten zu können.
Rundstrecke oder Alltag – hier geht beides
Jetzt der Rennstart im Fahrmodus Cupra mit Launch Control: Der Vierzylinder brüllt auf, während die digitale Drehzahlnadel an der 4.000er Marke nagt. Dann weg vom Bremspedal! 450 Nm fallen über Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb her! Der Abt-Formentor stürmt voran, blitzschnell legt das DSG die nächste der sieben Gangstufen ein. Auch die elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung des 4Drive Allradantriebs hat gut damit zu tun, die Kraft optimal portioniert auf alle vier Räder zu verteilen. Die 100er-Marke fällt nach 4,7 Sekunden – zwei Zehntel schneller als der Serien-Cupra. Gut gemacht! Aber ein Respektabstand von sechs Zehnteln zum VZ5 bleibt erhalten. Druckvoll geht es weiter: Nach 18,3 Sekunden steht Tempo 200 auf der Uhr. Hier knöpft er dem Serien-Pendant anderthalb Sekunden ab. Doch der Führungsanspruch des VZ5 bleibt mit 15 Sekunden erhalten. Was alle drei wieder eint, ist eine elektronisch abgeregelte Topspeed von 250 km/h.
Zum Kemptener Feuerwerk passt das Fahrwerk. Selbst auf engen, kurvigen Landstraßen lässt sich der Abt so punktgenau wie ein heißer Leon auf Kurs halten. Allerdings hat der gedopte Testwagen neben den serienmäßigen Adaptivdämpfern noch einige Extras an Bord: Mit 20-Zoll-Reifen der Dimension 245/35 sowie Sportfedern (370 Euro), welche die Karosserie um 35 Millimeter senken, schafft der Abt-Formentor einen überzeugenden Spagat zwischen verblüffender Dynamik und fein austariertem Federungskomfort. Das Cupra-DCC harmoniert klasse mit den Abt-Federn. Sogar im Cupra-Modus bleibt die Brille wackelfrei auf der Nase sitzen.
Keckes SUV-Coupé ohne brutale Härte
Dabei lenkt der Allgäuer Katalane ultrazackig und kurvengierig ein, die Reifen verbeißen sich unterstützt vom kraftverteilenden Allradsystem nachhaltig in den Asphalt. Die zuweilen leichten Wankbewegungen des Serien-Cupra reduziert der Abt-Ableger etwas. Den Piloten stört der verbleibende Rest aber kaum. Schließlich sitzt er nicht in einem Kart, sondern im tiefsten SUV des Volkswagen-Konzerns. Genau das ist die Stärke des Cupra Formentor. Die Allgäuer haben sie erhalten, spitzen seine Dynamiktugenden aber weiter an.
Der Abt-Cupra bietet in Sachen Fahrerlebnis spürbar mehr als das Serienmodell. Und das zu attraktiven Preisen: 2.750 Euro nimmt der Tuner für die Extra-Leistung inklusive Montage und TÜV, 9.510 Euro für das Komplettpaket. Das sind in Summe knapp 5.800 Euro weniger, als Cupra für den VZ5 verlangt. Der kann einen Dynamikvorsprung wahren, bietet zudem einen einmaligen Soundtrack sowie einen speziellen Driftmode. Wer das aber nicht braucht, der greife zum Abt.
Test kompakt:
Der Formentor VZ mit 310 PS ist zu unspektakulär, der VZ5 zu teuer? Abt bietet eine prima Alternative, ertüchtigt die Dynamiktalente des VZ nachhaltig. Und kostet unterm Strich bald 6.000 Euro weniger als der VZ5. Der kontert mit famosem Fünfender-Klang sowie dem fulminanten Torque Vectoring-Differenzial.