Dirk Vincken
· 22.02.2023
235/35 R 19 lautet die sportlichste Serien-Reifengröße für VW Golf GTI und Cupra Leon. Acht Kandidaten haben wir auf die Teststrecke geschickt – und uns an bewegte Zeiten erinnert
Wir haben es wieder getan. Jedes Jahr lädt GUTE FAHRT zum großen Sommerreifentest, führt die Testkandidaten an ihre Grenzen, stellt Stärken und Schwächen ungefiltert heraus: Gummi, zeig was du kannst.
Wenn das Auto zum Verdränger wird: Bei 7 mm Wassertiefe schwimmen die Testreifen bei knapp 80 km/h auf
Doch lassen Sie uns zunächst etwas abschweifen. Erinnern Sie sich noch an das Jahr 1976? An das, was uns damals interessierte, was aufwühlte, was begeisterte? Nein? Damals wird Helmut Schmidt zum zweiten Mal deutscher Bundeskanzler und der Erdnussfarmer Jimmy Carter zum 39. US-Präsidenten gewählt.
Abba schmettern ihren Welthit „Dancing Queen“ in den Äther, Franz Beckenbauer wird Fußballer des Jahres und die Anschnallpflicht unter deutlichem Protest eingeführt. Der Autor dieses Artikels besteht im zweiten Anlauf seinen Führerschein und der DDR-Liedermacher Wolf Biermann wird zwangsausgebürgert. Man nahm das alles zur Kenntnis vor knapp 50 Jahren, wie vieles andere auch. Die Autowelt aber, die war 1976 völlig aus dem Häuschen. Denn ausgerechnet der damals biedere VW-Konzern, dem Käfer-Muff kaum zwei Jahre entwachsen, krempelte sich selbst und die Vorstellungskraft selbst der autoverrücktesten Deutschen um. Da stand er plötzlich, der VW Golf GTI, im Juni 1976. 13.850 Deutsche Mark kostete er. Ein heißer Frühsommer war es, das Thermometer kletterte regelmäßig über dreißig Grad. Wirklich heiß aber war dieses Auto. Schamlose 110 PS stark, schallmauerverdächtige 182 km/h schnell, brachte federleichte 850 kg auf die Waage. Fortschrittlichste Einspritztechnik, in knapp über neun Sekunden zur Prestigemarke Tempo 100 – wow, das faszinierte uns. Damals.
Unser aktueller Versuchsträger war neben einem Cupra Leon nun ebenfalls ein Golf GTI, allerdings aus dessen inzwischen achter Generation. 245 PS stark und in 6,2 Sekunden bereits 100 km/h schnell.
Was einst als Breitreifen galt
Da stellt sich doch die Frage: Womit war eigentlich der „Godfather of GTI“ damals bereift? War es eine ähnliche Dimension wie unsere opulente Testgröße 235/35 R 19, die wir im italienischen Vizzola im Herbst 2022 auf Herz und Nieren abklopften? Nun, nicht ganz: 175/70 HR 13 lautete die damalige Dimension der Alltime-Auto-Ikone. Aus heutiger Sicht sind das eher schmalbrüstige Noträder, auch wenn sie damals Breitreifen genannt wurden. Sehr niedlich.
Und damit konnte man sportlich die Kurve kratzen und in vertretbaren Grenzen zum Stillstand kommen? Ja, das war tatsächlich möglich. Auch wenn die Pneus damals ohne die heutigen Grip-Booster in der Lauffläche und viele andere Finessen aus- kommen mussten. 1976 kamen Autos vom Schlag eines GTI aus Tempo Hundert auf trockener Straße nach bestenfalls 45, weniger sportliche Fahrzeuge gar erst nach fünfzig oder mehr Metern zum Stillstand. Ein heutiger Golf GTI oder auch sein Bruder Cupra Leon, bestückt mit unserer Testdimension 235/35 R 19 91Y XL, stoppen aus 100 km/h hingegen schon nach rund 34 Metern. Wir haben nachgerechnet und stellen erschüttert fest: Während der gut 1,4 Tonnen schwere GTI von heute gerade eben steht, bremst der 550 kg leichtere Alt-GTI mit rund 50 km/h an ihm vorbei und steht erst elf Meter weiter. ABS oder ESP? Waren damals noch nicht erfunden.
Und damit sind wir mittendrin in unserem aktuellen Test. Bleiben wir gleich bei der punkteträchtigsten Disziplin eines jeden GUTE FAHRT-Reifentests, dem Bremsweg auf trockener und nasser Piste. Beide Disziplinen betreffen unmittelbar das Kapitel Fahrsicherheit. Die Reifen, die hier Bestwerte hinlegen, können ihr Punktekonto schon mal ordentlich vorbefüllen.
Rollwiderstand – das Dilemma der Zielkonflikte
Mit jeder Umdrehung des Rades (bei Tempo 100 etwa 15-mal pro Sekunde ) verformt sich der Reifen beim Abrollen und erwärmt sich dabei. Das kostet Energie. Und die kommt letztlich aus dem Treibstoff! Ungefähr jede fünfte Tankfüllung geht auf das Konto des Rollwiderstands (R R: rolling resistance).
Nichts liegt also näher, als Reifen zu bauen, die einen möglichst geringen Rollwiderstand haben. Denn die immer strengeren Verbrauchs- und Abgasvorschriften lassen die Fahrzeughersteller nach jedem Strohhalm greifen. Schon eine zehnprozentige R R-Reduzierung würde allein in Deutschland (ca. 47 Millionen Fahrzeuge) zu einer CO2-Reduktion von rund 1,4 Millionen Tonnen führen. Das Problem: Ein Reifen ist ein Kompromiss-Produkt, er steckt voller Zielkonflikte. Optimieren die Konstrukteure den Reifen zu sehr in Richtung Rollwiderstand, geht das physikalisch bedingt und unvermeidlich auf Kosten der Nässehaftung und damit zu Lasten der Verkehrssicherheit.
Reifen verantworten Bodendruckverteilung, Seitenkraftaufbau, Haftvermittlung und Wärmeabfuhr – doch oberflächlich betrachtet sind sie einfach nur schwarz
Das Dilemma lässt sich durch einen tiefen Griff in die chemische Trickkiste allerdings abmildern: Silika und insbesondere hochmoderne Silane, beides Kieselsäure-Ableger, führen in der Lauffläche zu deutlich geringeren RR-Werten, ohne den Nassgriff negativ zu beeinflussen. Positiv auf den RR wirken sich aber auch eine moderate Luftdruckerhöhung sowie eine geringere Profiltiefe aus. Letztere führt aber wiederum zu Nachteilen bei der Nasshaftung. Wie gesagt – ein echter Zielkonflikt.
Von Flop zu top: Bremswege
Alle acht Kandidaten, die diesmal von Bridgestone, Continental, Falken, Dunlop, Goodyear, Maxxis und Pirelli gestellt wurden, kommen aus dem Ultra-High-Performance-Sportreifen-Lager. Diese Gummis wären schlecht beraten, wenn sie das Bremsen nicht vorbildlich beherrschen würden. Zudem haben wir uns dieses Mal ein Kuckucksei ins Test-Nest gelegt: den Pirelli Trofeo R. Der läuft nur nebenbei mit und soll zeigen, was ein für den Straßenverkehr zugelassener Semislick-Superpneu kann – und was eben nicht. Zu den Fakten: Der Bridgestone, der gleichzeitig Referenzreifen dieses Tests war, bringt den GTI aus 100 km/h nach 34,25 Metern zum Stillstand – ein sehr guter Wert. Damit liegt er nahezu gleichauf mit Maxxis (34,29), Goodyear (34,33) und Dunlop (34,65). Pirelli (33,39) und Falken (33,95) setzen sich nach vorne ab – Punktvorteil. Es geht aber noch besser, deutlich besser sogar. Wie erwartet, katapultiert sich – pardon: verzögert – der profilreduzierte und damit in den Gummiblöcken steifere Pirelli Trofeo R mit 32,70 Metern überragend gut. Kapitelsieg also für den Extremsportler aus Mailand? Nein, denn einer kann es noch besser, verbeißt sich noch gnadenloser in den wehrlosen Asphalt: Der Conti SportContact 7 zwingt den Golf nach kurzen 32,54 Metern zum Stillstand – rekordverdächtig!
Wechseln wir zur Nassbrems-Piste und betrachten die Bremswege aus 100 km/h, wie wir sie „draußen“ bei Regenfahrten zu erwarten hätten. Es ist abermals der Conti, der den Vogel abschießt. Mit sensationell kurzen 34,39 Metern – auf Nässe, wohlgemerkt – demonstriert der SportContact 7, was Reifen heute zu leisten imstande sind. Doch auch die Konkurrenten zeigen durch die Bank erfreuliche Resultate: Mit gut 36 Metern kann der Bridgestone dem Conti nicht ganz das Wasser reichen. Gefolgt wird er von einem breiten Mittelfeld (siehe Grafik auf S. 45), das sich um die 36,5 m einpendelt. Schlusslicht bildet der Dunlop, der mit knapp 38 rund 3,4 Meter weiter bremst als der Conti. Das ist ein dann doch nicht unerheblicher Unterschied, denn die Restgeschwindigkeit des Dunlop gegenüber dem Conti im Moment des Stillstands beträgt rund 30 km/h. Bleibt noch der Blick auf unseren Exoten, den Pirelli Trofeo R: Die deutlich geringere Profiltiefe bereits im Neuzustand ließ uns natürlich „nichts Gutes“ erahnen. Denn auf nasser Piste sind zwar grundsätzlich alle Reifen benachteiligt (weil die Haftmechanismen durch das trennende Medium Wasser gestört sind), doch machen sich ein paar Millimeter weniger Profiltiefe auch durch das sogenannte Mikro-Aquaplaning bemerkbar. Und tatsächlich: Der Trofeo R markiert mit 44,04 Metern (und in Relation zum Conti mit einer Restgeschwindigkeit von betrüblichen 46,8 km/h) alles andere als das Maß der Dinge. Reifen dieser Spezies gibt es von einigen Anbietern, sie richten sich an ein Publikum, das diese Reifen eher auf der Rennstrecke oder beim Slalom am Wochenende, tunlichst aber nicht bei Nässe einsetzt – also ein klassischer Zweitreifen für Enthusiasten.
Doch noch einmal kurz zurück zu den Nassbremswerten der sieben anderen Teilnehmer, die mit deutlich unter 40 Metern schon eine kleine Sensation markieren. Denn noch in Heft 03/2021 bremste ein mit 245/40 R 18 alles andere als unterbereifter Audi A4 Avant nass aus Tempo 100 zwischen 46 und 50 Meter weit – ein enormer Unterschied zum Golf GTI! Eine nässeoptimierte Gummimischung oder noch ausgeklügeltere Kraftverteilungs-Mechanismen in der Aufstandsfläche können diese riesigen Differenzen aber nicht mehr allein erklären.
Fahrwerk auf höchstem technischen Niveau
Hier schlägt die Stunde des GTI: breite Spur, ein fein abgestimmtes Fahrwerk mit eigenem Fahrdynamik-Management, Vorderachsquersperre – es ist das Gesamtpaket, das hier so fulminant durchschlägt. Die Hinterachse wird beim Bremsen nicht so stark entlastet und kann deutlich effektiver zur Gesamtbremsleistung beitragen.
Bleiben wir noch etwas bei den Wasserspielen und checken, was diese GTI-Gummis denn so auf der Aquaplaning-Piste leisten. Können sie mit akzeptablen Werten überzeugen oder entsprechen sie dem gängigen Klischee, dass Breitreifen auf nasser Straße mit Vorsicht zu genießen sind? Nun, mit Klischees ist das so eine Sache. Was früher mal Volksweisheit war, kann heute überholt, ja falsch sein. Vor nicht allzu langer Zeit galt die simple Formel: Schmale Reifenformate schwimmen später auf, Breitreifen früher. Diese Aussage ist so pauschal nicht mehr haltbar. Denn wir wissen heute, dass eine gleichmäßige Bodendruckverteilung in der Aufstandsfläche sowie eine möglichst geringe Flächenpressung die entscheidenden Faktoren sind – neben der stets dominanten Profilgestaltung aus wasserabführenden Kanälen und Querrillen. Und so kann unser sportliches Breitreifenformat 235/35 R 19 durchaus überzeugen: Mit Aufschwimmgeschwindigkeiten im Wasserbecken von 75,1 (Maxxis) bis 76,4 km/h (Conti) können unsere Probanden mit zahmeren Formaten durchaus konkurrieren. Unser „Alibi-Loser“ Pirelli Trofeo R ist mit 71,6 km/h noch nicht einmal wirklich schlecht.
Deutlich mehr spreizen die Ergebnisse beim Quer-Aquaplaning, welches das gefürchtete Aufschwimmen in zu schnell angepeilten, nassen Autobahnausfahrten oder auf überfluteten Landstraßenkurven simuliert. Mit einer gemessenen Abreiß-Geschwindigkeit von 106,2 km/h kann sich der Altstar Dunlop Sport Maxx klar an die Spitze setzen, gefolgt von Pirelli P Zero, Goodyear, Maxxis und Bridgestone. Bremsmeister Conti zeigt hier mit 89,7 km/h erstmals eine kleine Schwäche, Falken bildet in dieser Disziplin das Schlusslicht. Überhaupt nicht klar mit dem Befahren von regennassen Kurven kommt außer Konkurrenz der Trofeo R: Er streicht bereits bei 70,1 km/h die Segel. Nein, das ist nicht sein Metier, überhaupt nicht.
Geben wir dem Geschundenen eine Chance und entlassen den Semi-Slick auf die Trockenhandlingstrecke. Breit in der Schulter, knapp in der Profiltiefe, dazu eine renntaugliche Gummimischung, die erst nach ein paar Aufwärmrunden so richtig aufdreht, das sollte die Standard-Wettbewerber doch alt aussehen lassen, oder? So ist es auch, hier ist der Trofeo R in seinem Element. Seine Kurvenshow präsentiert sich wie im Bilderbuch: Er lenkt präzise ein, baut schnell und gleichmäßig Seitenkräfte auf, gibt sich im Grenzbereich klar definiert, nervt nicht mit Wechselhaftigkeit zwischen Unter- und Übersteuern, zirkelt zuverlässig und vorhersehbar durch Kurven aller Art. Die Vorderachse gibt die Befehle, die Hinterachse folgt willig. So muss das sein, so gesellt sich gehöriger Fahrspaß zur beeindruckenden Stabilität. Hohes Suchtpotenzial.
Reifengewichte
Der Trofeo R als Dominator bei Trockenheit
Und um das Ganze auch in Zahlen auszudrücken, haben wir dem Trofeo für seine Trocken-Handling-Performance eine 9 (von 10 möglichen Punkten) verpasst. Das ist im Vergleich aller Handlingtests bei G UTE FAH RT ein sehr, sehr guter Wert – wissend, dass die 9 eher eine schwer erzielbare fahrdynamische Messlatte und eine 10 als absolute Topbewertung („besser geht es nicht“) nahezu unerreichbar ist. Umgekehrt ist alles unter 7 eher abzuwerten, weil der Reifen offensichtlich nicht mit dem Auto harmoniert. Sprächen wir gar von 6 oder schlechter, hätten wir es eher mit Felgenschutzbandagen als mit ernstzunehmenden Reifen zu tun. Und unter 4 wird’s allmählich unfahrbar bis verkehrsgefährdend (3 und schlechter).
Hohe Leistungsdichte
Zur Beruhigung: Keiner der Kandidaten sackte beim Trockenhandling unter 7,5 – ein schönes Ergebnis, was abermals die hohe Leistungsdichte des Teilnehmerfelds verdeutlicht, die sich schon jetzt abzeichnet. Ein paar konkrete Zahlen zur besseren Einordnung? Aber gerne: Wir hatten es neben dem schon beschriebenen Pirelli Trofeo R mit einem dicht gepackten Mittelfeld zu tun, die Unterschiede waren eher gering und nuanciert. Bridgestone (Note 8), Maxxis (7,5 bis 8), Falken (7,5), Pirelli P Zero (7,5 bis 8) und auch Dunlop (8) und Goodyear (8) vermittelten allesamt ein rundes, sportlich-alltagstaugliches Handling. Und der Conti, der doch beim Bremsen so überragend abschnitt? Der kann im Grunde alles noch etwas präziser, noch pointierter, noch fahrfreudiger. Etwa bei der Spezialdisziplin Bremsstabilität in hängenden, ungleichmäßigen Kurven, bei der alle vier Räder sehr schnell unterschiedlich belastet werden, glänzt er sogar mit einer glatten 9, was sonst nur noch dem Pirelli Trofeo R gelingt. Zusammengefasst: Trocken lassen sich alle Testreifen auf dem Golf GTI sehr schön handeln, bereiten viel Fahrspaß, bieten hohe Fahrsicherheit.
Was uns zur letzten hochdynamischen Disziplin weiterleitet, dem Nasshandling. Der Charakter eines Reifens, seine Tugenden und seine Schwächen, die Kunstfertigkeit der Entwickler – auf Nässe offenbart sich alles, kumuliert zu einem fahrdynamischen Hochseiltanz. Denn anders als auf trockener Piste erfolgt der Haftungsabriss meist spontaner, schwerer vorhersehbar, fordernder. Und nochmals deutlicher als beim Trockenhandling kommt die Fahrwerksgüte des Autos zum Tragen. Machen wir es nicht zu spannend und lüften das Geheimnis. Ja, der Conti spielt seinen Nässe-Joker auch hier aus. Die Hannoveraner haben offensichtlich eine der momentan weltbesten Gummimischungen am Start, denn so spielerisch, fast surreal leicht auf Nässe sind wir schon längere Zeit nicht mehr gefahren. Alles ist im Fluss, Fahrzeug und Reifen verschmelzen zu einer fahraktiven Einheit.
Der Conti ist der Regenkönig
Die Linie über den Kurs ist wie in den Asphalt gemeißelt: sauber, schnell und präzise. Einlenken, anbremsen, herausbeschleunigen, Rückmeldung im Lenkrad und im Sitz – hier stimmt einfach alles. Ohne zu zögern geben wir dem Conti die Note 8,5 mit Tendenz nach oben. Eine solche Bewertung ist aber immer als Gesamtnote aus Reifen und Auto zu verstehen, erst beim Pneu-Wechsel treten die Unterschiede deutlich zu Tage. Doch zur Klarstellung sei gesagt: Auch die anderen Hersteller der Generation Grip wissen sehr wohl, wie man Premium-Reifen baut. Goodyear, Maxxis, Bridgestone und Pirelli P Zero reichen mit Bewertungen um die 7,5 (in Einzeldisziplinen bis 8,0) zwar nicht an den überlegenen Conti heran. Doch wertet sie dies keineswegs ab. Wir fahren unsere Testreifen immer im absoluten Grenzbereich – im „Normalmodus“ und im gewöhnlichen Straßenverkehr lassen sich alle Testkan- didaten jederzeit ausgewogen fahren. Lediglich der Falken fällt mit eher 7,0 Punkten etwas aus dem Rahmen. Grund für die Abwertung: Im Scheitelpunkt der Kurve kann er sich zwischen Unter- und Übersteuern nicht recht entscheiden. In der Praxis außerhalb der Teststrecke bügelt diese Unart das ESP zwar elegant weg, doch intuitiv spüren sensiblere Fahrernaturen solche Schwächen noch vor dem Elektronikeingriff.
Geräusch und Komfort?
Damit verlassen wir die – von außen betrachtet – hochdynamischen Fahrdisziplinen und wenden uns der zahmeren Sparte Komfort & Geräusch zu. „Das spielt bei Sportreifen doch nur eine untergeordnete Rolle“, mag mancher Enthusiast nun einwenden. Wirklich?
Bleiben wir realistisch und überlegen, ob wir jenseits sportlich durcheilter Streckenabschnitte nicht doch die Vorzüge eines eher zurückhaltenden Grundrauschens und einer gut gedämpften Rad-/ Reifenkombination genießen wollen. Lärm und Poltern waren früher akzeptiert, weil unvermeidliche Übel. Nebenbei: Auch die Autos waren ab Werk regelrechte Radaubrüder – auch nach 1976 noch.
Heute können, ja müssen Sportreifen durchaus gute Manieren an den Tag legen. Schauen, nein hören wir mal rein: Der Pirelli P Zero und erstaunlicherweise auch sein potenter Bruder Trofeo R gefallen auf den verschiedenen Fahrbahnbelägen – Asphalt, Kopfsteinpflaster, Teerflecken, Querfugen und andere Schweinereien – mit einem sonor hellen, nie aufdringlichen Rauschen, unterbrochen nur von leicht platschenden Soundspitzen.
Das perfekte Paar
Dieses hohe Niveau für einen Sportreifen erreichen die übrigen sechs nicht ganz. Mal knistert es aus dem Cockpit, mal vibriert es aus undefinierter Ecke. Beim Bridgestone schlägt gelegentlich die Hinterachse akustisch durch, der Goodyear neigt fallweise zum Dröhnen. Dies alles auf Pisten zweiter Ordnung. Auf topfebenem Asphalt halten sich alle acht Reifen-Musikanten angenehm zurück. Am Ende der Testtage und im Bewusstsein der langen Vorgeschichte von Fahrzeug und Reifen, hin zu dem Level, wie wir es hier und jetzt kennengelernt haben, stellen wir begeistert fest: Wenn ein überaus talentiertes Auto auf den richtigen Reifen trifft, zaubert das nicht nur dem sportlichen Fahrer ein Grinsen ins Gesicht. Denn er weiß: Jetzt passt alles!
Gute Fahrt Info
Testfelge: Ronal R62 JB / JBM
Kein Reifentest ohne eine wirklich gute Testfelge. Dieses Jahr wurden uns die Alus vom renommierten Felgenhersteller Ronal zur Verfügung gestellt. Die superschicken, besonders gut für sportliche Automobile geeigneten Aluräder des verwendeten Formats 8Jx19 Zoll der Designreihe R62 JB weisen dabei einige Besonderheiten auf. Sie sind nicht nur perfekt verarbeitet und hochglänzend in „Jetblack“ lackiert, sondern auch winterfest und verfügen – neben anderen – auch für die aktuellen VW Golf GTI sowie Cupra Leon (ohne Brembo-Bremsanlage) über eine eintragungsfreie ABE/EU-Zulassung. Zudem gibt es für die Felgen der R62-Reihe zur Individualisierung optional selbstklebende Kunststoff-Einleger in den Farben Rot, Blau, Grün und Chrom, die auch nachträglich ganz einfach selbst angebracht werden können. Die R62 JB steht im Lochkreis 5x112 mm in den Dimensionen 7,5Jx17, 7,5Jx18, 8Jx19 und 8,5Jx20 Zoll ab etwa 220 Euro pro Rad zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es die R62 auch im sensationellen Design JBM/FC Jetblack matt frontkopiert. Hier werden Felgenhorn und -speichen zusätzlich mit einem Diamantwerkzeug glanzgedreht. Diese filigran wirkende Version ist in identischen Dimensionen wie die R62 JB ab etwa 240 Euro pro Rad erhältlich – optional ebenfalls mit bunten Einlegern. Infos zum kompletten Ronal-Felgenprogramm unter www. ronal-wheels.com
Test kompakt
Würde es hierzulande nie regnen, hätte der nässescheue Pirelli Trofeo R klar die Nase vorn. So aber dominiert der Conti die Konkurrenz – fast nach Belieben. Der Pirelli P Zero beweist, dass Ausgewogenheit sich auszahlt. Dunlop, Goodyear und Falken bilden das gute Mittelfeld. Der neue Maxxis muss sich dem Referenzreifen von Bridgestone nur knapp geschlagen geben, ist aber klar der Preis-Sieger.