Vanlife im ID.BuzzAusbau-fähig

Martin Wittler

 · 19.06.2024

Vanlife im ID.Buzz: Ausbau-fähig
Bis VW einen Elektro-Campervan auf ID.Buzz-Basis auf den Markt bringt, wird es noch etwas dauern. Doch was einige Ausbauer jetzt schon aus dem coolen E-Bus machen, kann sich sehen lassen. Wir waren mit der Version von Nordvan unterwegs

Ein VW-Transporter, in dem man auch wohnen kann – mit diesem Wunsch trat ein in Deutschland stationierter britischer Offizier im Jahr 1951 an Westfalia heran. Die Firma aus Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen machte sich ans Werk. Das Ergebnis: die „Camping Box“. Sie bestand darin, dass Westfalia in den VW T1 eine Schlafcouch, einen Klapptisch, eine Sitzbank, einen Jalousieschrank und ein Sideboard einbaute. Es war die Keimzelle des Campervans. Seit 1988 übernahm VW Nutzfahrzeuge ab Werk die Serienfertigung des VW T3 California in Hannover. Heute, 73 Jahre nach dem Ur-California von Westfalia, wiederholt sich die Geschichte. Denn den VW ID.Buzz, den kompakten Elektro-Bulli, der optisch an das Kultmobil T1 aus den Fünfzigerjahren erinnern soll, gibt es wohl frühestens ab 2026 als California. Doch Ausbauer wie die Firma Nordvan aus dem schleswig-holsteinischen Neumünster haben die Idee längst aufgegriffen – für GUTE FAHRT natürlich ein guter Grund, sich gleich mal einen Eindruck vom Ergebnis zu verschaffen.

Klappe auf: Beim ID.Tree befindet sich links die Sitzbank und rechts die KüchenzeileFoto: Matthias HaslauerKlappe auf: Beim ID.Tree befindet sich links die Sitzbank und rechts die Küchenzeile
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HUBDACH IN PLANUNG

Was erst mal auffällt: Ein Aufstelldach hat der umgebaute ID.Buzz von Nordvan nicht – noch nicht. Gründer und Geschäftsführer Patric Helk, der die Firma 2013 aus der Taufe hob, sagt, er sei „an einem Modell mit Hubdach dran“. Bis dahin muss der ID.Tree, wie unser Testmodell wegen seines Walddesigns heißt, ohne Aufstelldach auskommen. Das bedeutet vor allem: Die Kopffreiheit im Wohnraum ist merklich eingeschränkt. Doch das mindert die Bequemlichkeit nicht grundlegend. Wenn man sich erst mal ein wenig zurechtgelümmelt hat, lässt es sich auf der angenehm gepolsterten Sitzbank durchaus aushalten.

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Die Bank erstreckt sich über die gesamte Länge des Fonds an der linken Fahrzeugseite. Rechts hinter der Schiebetüröffnung ist die Küchenzeile platziert. In die Arbeitsplatte aus Leichtbauholz ist ein Induktionskochfeld eingelassen, darunter gibt es reichlich Stauraum für Küchenutensilien und Lebensmittel sowie eine Schublade mit einem Faltwaschbecken, das als Spüle genutzt werden kann. Gegenüber an der Seitenwand über der Sitzbank ist ein flaches Wandregal angebracht. Auch unter der Bank ist Platz zum Verstauen, etwa für eine Kompressorkühlbox, ein Camping-WC, Kleidung oder weitere Campingausrüstung.

gutefahrt/camper-35137_73d4b105512fe637d21f71fec4e7a1c7Foto: Matthias Haslauer

TISCHLERMEISTER AM WERK

Eine Schlafgelegenheit ist im Handumdrehen geschaffen: Dazu kann aus der Sitzbank eine Verbreiterung ausgezogen werden. So entsteht eine Liegefläche mit 1,26 Metern Breite und 2,00 Metern Länge. Kein riesiges Doppelbett also, aber doch ausreichend für zwei, die sich mögen. Mehr Personen dürften in dem Fahrzeug ohnehin nicht auf Campingtour gehen. Denn im ID.Buzz von Nordvan finden sich lediglich zwei Sitzplätze, die in dem von uns getesteten Modell zudem fest in der Schiene verankert sind. Allerdings, so versichert Nordvan-Chef Helk, sei es inzwischen auch möglich, den Wagen mit drehbaren Sitzen zu bestellen. Der Mann ist ein Tischlermeister, und das merkt man an zahlreichen Details des Ausbaus – etwa dem hübschen Regal, den solide gebauten Möbeln sowie den Passungen der Bauteile und ihrer Verarbeitung. Nichts klappert oder knarzt, wenn man mit dem ID.Tree über raue Straßen fährt.

Die Einrichtung mit Leichtbau-Möbeln ist in einem Elektro-Camper besonders wichtig, denn jedes eingesparte Kilo verbessert die Reichweite des Fahrzeugs Im Basisauto, dem ID.Buzz Cargo, steckt ein 77-kWh-Akku. Die WLTP-Reichweite wird von VW mit 425 Kilometern angegeben. Laut Helk sind mit dem ID.Tree rund 300 Kilometer problemlos möglich. Das Auto ist also ideal für Reisende, die ihre Tour ohnehin immer wieder unterbrechen – etwa um sich zu stärken, um eine Sehenswürdigkeit anzuschauen oder die Gegend zu genießen. Und ein Trip von Berlin an die Ostsee, von München in die Berge oder von Hamburg in die Niederlande ist ebenfalls jederzeit drin.

Der 77-kWh-Akku ist übrigens tabu für die Ausbauer. Im ID.Tree werden alle elektrischen Funktionen im Wohnraum von einem zusätzlichen Akku versorgt. Das Induktionskochfeld allerdings funktioniert nur dann, wenn der Wagen an Landstrom angeschlossen ist. Die elektrische Ausstattung umfasst nicht nur ein dimmbares Wohnraumlicht, sondern auch diverse USB-Anschlüsse und Steckdosen.

Weil der Platz im Innenraum begrenzt ist, kann der ID.Tree auch nach draußen erweitert werden. Etwa durch eine ausziehbare Tischplatte am Heck, an der sich bei geöffneter Heckklappe beispielsweise das Essen vorbereiten lässt. Als Verlängerung der Küchenzeile kann, vor der Schiebetüröffnung, ein weiteres Tischchen ausgeklappt werden. All das ist recht minimalistisch konzipiert, zugleich aber überaus praktisch gedacht und vor allem sorgfältig und schick umgesetzt. Während der Fahrt ist der ID.Tree dann die Ruhe selbst – nicht nur wegen des soliden Ausbaus, sondern auch wegen des Elektroantriebs. Die E-Maschine im Heck leistet 150 kW (204 PS) und arbeitet kaum hörbar. Und die gegenüber einem Pkw höhere Sitzposition erleichtert die Übersicht, das Handling des Autos klappt dadurch problemlos.

Verdiente Pause: Autor Martin Wittler, 1,92 Meter groß, macht es sich im ID.Buzz bequem. Sein Fazit: „Das funktioniert gut“Foto: Matthias HaslauerVerdiente Pause: Autor Martin Wittler, 1,92 Meter groß, macht es sich im ID.Buzz bequem. Sein Fazit: „Das funktioniert gut“

KOMPLETTPAKET ODER UMBAU

Nordvan bietet zwei Möglichkeiten an, den Wunsch nach einem ID.Buzz-Camper zu verwirklichen. Entweder man kauft ein komplett ausgebautes Fahrzeug, das Nordvan ganz nach den individuellen Vorstellungen des Kunden gestaltet und einrichtet. Oder aber man lässt einen bereits vorhandenen ID.Buzz Cargo von Patric Helk und seinen 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Campingmobil umrüsten. Der Umbau dauert – bei entsprechender Planung und Vorbereitung – etwa eine Woche, sagt Helk. Auf einen Komplett-Camper müssen Interessenten indes länger warten. Der Grund sind die Lieferzeiten von derzeit drei bis sechs Monaten für einen fabrikfrischen ID.Buzz Cargo. Ein fertiger Elektro-Campervan im Stil des ID.Tree kostet bei Nordvan ab 68.000 Euro. Damit zählt das Fahrzeug zu den eher günstigen ID.Buzz Ausbauten, die derzeit auf dem Markt sind.

Gut versorgt: Der Landstromanschluss befindet sich hinten links. Wenn hier Energie fließt, kann das Kochfeld betrieben werden.Foto: Matthias HaslauerGut versorgt: Der Landstromanschluss befindet sich hinten links. Wenn hier Energie fließt, kann das Kochfeld betrieben werden.