TestWohnmodul Plugvan im VW Crafter - Living in a Box

Heiko P. Wacker

 · 19.12.2020

Test: Wohnmodul Plugvan im VW Crafter - Living in a BoxFoto: Jan Bürgermeister
Berliner Plug-and-Play-Camper
Rein die Kiste – und ab in den Urlaub! Mit einem Wohnmodul von Plugvan wird aus dem VW Crafter binnen Minuten ein VW Camper. Wir haben das mal ausprobiert.
Wer die Kabine als Vollausstatter wählt, der hat die Wassersteckdose samt Schlauch und Duschkopf serienmäßig an Bord
Foto: J. Bürgermeister

anche Reisemobile werden dauerhaft mit einem Ausbau versehen, manche mit flexiblen Koch- und Schlafmodulen nur auf Zeit. Und dann gibt es Plugvan: Das Wohnmodul wird als komplette Wohneinheit ins Heck des VW Crafter geschoben, und bietet alles, was man so zum Reisen braucht. Und am Sonntagabend wird die Box rausgezogen wie der Korken aus der Rotweinflasche, damit der große Hannoveraner am Montag seine üblichen Transportaufgaben bewältigen kann: Was die Absetzkabine für einen gewerblich genutzten Amarok ist, das kann die Berliner Wohnkabine für den Crafter sein.

Ein gewisses Ladevolumen ist natürlich Voraussetzung, um die Kabine, sie misst 172 auf 128 auf 209 Zentimeter, in den Crafter zu bugsieren, zumindest ein Hochdach ist Voraussetzung. Ansonsten braucht es nur eine ebene Fläche, gerne aus Asphalt, auf der das auf vier Roll-Stelzen parkende Wohnmodul ans Heck geschoben wird. Zwei Tragarme, ebenfalls mit Rollen versehen, nehmen zuerst Kontakt mit der Ladefläche auf. Während das Modul nun ins Innere gleitet, werden zunächst die beiden vorderen, dann die beiden hinteren Stelzen eingezogen, ein Akkuschrauber leistet hier wertvolle Dienste.

Bewertung

Anschließend sollte mit vier Spanngurten ordentlich Ladungssicherung betrieben werden, um schließlich den Clou des Moduls kennenzulernen. Denn die Stahlblech-Seitenwände lassen sich um bis zu 30 Zentimeter an die Innenwand des Laderaums schmiegen, je vier Rasten sichern die Extensionen während der Fahrt. Das Hubdach wiederum spannt sich von selbst in die maximal mögliche Position, der Zeltbalg fährt um bis zu 26 Zentimeter nach oben, das sorgt für Stehhöhe. Leer bleibt hingegen der durch die Schiebetür erreichbare Raum zwischen Box und Fahrerhaus: Hier lagert sperriges Campingequipment, mittelfristig ist eine Nasszelle geplant.

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Aktuell ist das Areal ein perfekter Vorraum, um die Regenjacke oder schmutzige Wanderstiefel auszuziehen, der Wohnbereich ist mit einer Reißverschlusstrennwand verschlossen. Alternativ steigt man durch die Hecktüren ein, der hintere Teil ist großzügig verglast. In lauen Nächten lässt man denn auch die Türflügel des Crafter offen, die Klappscheibe ist verriegelbar, die Aussicht auf den Sonnenaufgang also gesichert. Das Bett ist übrigens mit einer Länge von 200 und einer Breite von bis zu 175 Zentimetern sehr üppig bemessen, ein bisschen Spaß an Puzzlearbeiten sollte man indes mitbringen, wenn es an den Bau der Schlafstatt geht.

Am besten räumt man alle Kissen auf die Fahrerseite der Kabine, um an die drei gelochten Elemente des Unterbaus zu gelangen, die im Normalfall als Rückenlehne der Sitzbank dienen. Die Platten werden in passende Rasten gesteckt, anschließend wird aus den Polstern die Liegefläche gestaltet. Allerdings, und das sei nicht verschwiegen, kommt man nun nicht mehr an die 35 Liter fassende Kompressorkühlbox, die seitlich aus der Sitzbank gezogen wird, und in der Früh somit nicht an die Milch für den Kaffee im Bett. Sehr pfiffig ist hingegen der in der Höhe verstellbare Küchenblock, der für die Nacht nach oben gleitet, so dass man die volle Liegefläche nutzen kann.

Berliner Plug-and-Play-Camper

Tagsüber bietet der Küchenblock eine ausziehbare Besteckschublade und eine integrierte, faltbare Arbeitsfläche, gekocht wird auf einem nicht fest verbauten Gas-Kartuschenkocher. Weiterhin sind 43 Liter Frischwasser an Bord, die von einer elektrischen Pumpe bereitgestellt werden, der Abwassertank fasst das identische Volumen. Allerdings sollte man den Wasserhahn stets weit aufdrehen! Bei zu wenig Druck rinnt das Wasser am Hahn entlang und nässt das schöne Holz. Allerdings, und das sei an dieser Stelle eigens betont, waren wir in einem der Prototypen unterwegs. Solche Details wie auch hoffentlich die scharfkantigen Innenriegel der Schuber werden für die kommende Saison noch verbessert, im Jahr 2021 plant das Berliner Start-up satte hundert Einheiten.

Flexible Box, adaptive Außenmaße

Kaum verbesserungsfähig sind die verschiebbaren Schrankboxen links der Küche. Die wunderschön gearbeiteten Elemente lassen sich einzeln auf der Stahlschiene bewegen. Freunde italienischer Kleinwagen erinnern sich an den Fiat Panda, der ein ähnliches Konzept und beispielsweise den verschiebbaren Aschenbecher hatte. Übrigens wog der von Giorgio Giugiaro – ja, ihm haben wir auch die kantigen Erst-Generationen des Golf, Passat & Scirocco zu verdanken – gezeichnete Kleinstwagen nur rund drei Zentner mehr als unsere Wohnkabine. Doch Leichtbau ist kein Thema bei Plugvan, ein kerniger Kastenwagen hat mit den 550 Kilo der Wohnkabine keine Probleme.

Probleme wird man hingegen in dunklen oder kalten Nächten haben: Wer keine Scheibe in der Trennwand zum Laderaum, in der Schiebetür oder in den Türen hat, oder wenigstens eine Dachluke, der muss die Hecktüren offen lassen, will er nicht im dusteren Laderaum sitzen. Immerhin sind zwei „LED-Nachtlichter“ vorhanden. Eine Gasheizung indes ist nicht vorgesehen, und wäre auch wegen Entlüftung und Abgasführung nicht ins Konzept passend. Statt dessen findet im Normalfall ein Heizlüfter Verwendung, wobei der an der Vorderseite der Box montierte Landstromanschluss dank Flachbaukabel auch bei geschlossener Schiebetür funktioniert. Die Gummilippe des Crafter ist soft genug, um das Kabel sanft ein- aber nicht abzuklemmen. Das Modul kommt eben komplett ohne Veränderungen am Auto aus, damit ist auch ein Urlaub im Miettransporter machbar. Für Autarkie sorgen übrigens gleich zwei Batterien mit je 80 Amperestunden.

An den Start geht das innovative Modul ab 13.900 Euro, für die hier gezeigte Vollausstattung werden 18.990 Euro aufgerufen, auf Kundenwünsche kann bei Plugvan natürlich leicht eingegangen werden. So besaß unser Testmodell gleich zwei Anschlüsse für die Außendusche. Darüber hinaus sind auch Bausätze oder Werkstattlösungen am Start, die Weiterentwicklung läuft auf vollen Touren. Wir sind gespannt, was sich das Berliner Start-up noch so ausdenkt.


Test kompakt

Ein Wohnmodul, das sich in jeden Kastenwagen schieben lässt?
Die Idee ist ebenso einfach wie genial. Alles, was man in einem Camper braucht, hat die Box an Bord, flexible Wände und das Hubdach nutzen den Laderaum maximal aus. So wird selbst aus einem Mietlaster noch ein Reisemobil