Heiko P. Wacker
· 15.12.2023
Zwei Ausstattungsvarianten bilden das Grundgerüst der „Signature-Linie“ bei Multicamper: Medium und Large legen den Fokus entweder auf ein möglichst breites Bett – oder auf mehr Stauraum, wie der Beiname „Large“ schon sagt. Zudem sind der robust gestrickte „Adventure“ und der auf den Namen „Nature“ getaufte Ausbau mit Erlenholzmöbeln und der Innenverkleidung aus Schurwolle am Start, wobei der Allrad-Anteil über alle drei Linien Nature, Signature und Adventure betrachtet bei satten 80 Prozent liegt. Die Fans der Marke fühlen sich eben auch jenseits des Asphalts wohl.
Unser frontgetriebener Testkandidat ist somit schon fast ein Exot, könnte man sagen. Dabei ist sein Large- Ausbau in Kombination mit dem formidablen Aufstelldach ein schönes Beispiel für einen Camper, der pfiffige Ideen mit solidem Möbelbau kombiniert. Hier ragt die sich an den Fahrersitz anschließende Möbelzeile nur 34 Zentimeter in den Innenraum, der somit erfreulich offen wirkt. Die Küche bietet einen zweiflammigen Primus-Kocher, der dank Gaskartusche auch im Freien betrieben werden kann: Eventuell landet ja mal Frischfisch direkt vom Kutter an, den Duft der Zubereitung möchte man aber nicht im Auto haben.
Großer Urlaubsspaß mit 114 PS
Alternativ lässt sich auch auf eine fünf Kilo wiegende Propangasflasche zurückgreifen, was dann aber auf Kosten des Stauraums geht. Der stählerne Grauling hat sein Revier hinten links, ein Außengasanschluss – Stichwort „Fisch“ – ist für 399 Euro zu haben. Aber auch ein einflammiger Kartuschenkocher für drinnen und draußen, ein fest verbauter Gasherd oder ein Induktionsfeld sind am Start. Zudem lässt sich der Möbelkorpus in vier verschiedenen Farben ordern, alle harmonieren bestens mit der silbernen Front des 39 Liter fassenden Dometic-Kompressorkühlschranks. Der für die Schiene gedachte Einhängetisch reist gut gesichert hinterm Fahrersitz mit.
Unten links im Möbelgebäude sind schließlich noch die Wasserdepots zu finden: Je zwölf Liter Frisch- und Abwasser lagern in Kanistern, ein 40 Liter fassendes Frischwasserdepot, fest verbaut dann freilich, lässt sich auch realisieren, frostsicher ist die hydrologische Abteilung in jedem Fall. Oberhalb findet sich in der Variante „Large“ ein beleuchteter Schrank für die Klamotten. Drei offene, mit Gummischnüren gesicherte Gruben und ein Klappenfach bieten ordentlich Stauraum und definieren vor allem den Unterschied zum „Medium“, der das Oberteil des Kleiderschranks zugunsten einer deutlich breiteren Liegefläche dreingibt.
Genächtigt wird auf der Multidream Schlafbank: Im Normalfall bietet sie drei etwas knappe Sitzplätze, zwei davon mit Isofix. Für die Nacht jedoch zeigt die Bank ihre Kehrseite, geschlafen wird nämlich nicht auf der Sitzfläche. Denn die bleibt an Ort und Stelle, lediglich die Lehne wird entriegelt und nach vorne geklappt, ohne dass die Kopfstützen entfernt werden müssten. Das für die Fahrt aufrecht stehende Mittelteil schließt nun die Lücke zur Auflage im Heck, 1,9 auf 1,2 Meter misst die Schlafstatt, während ein Stockwerk tiefer der elend lang ausziehbare Heckbutler Stauraum für Kisten, Kabel oder Gummistiefel bietet. Der Butler erträgt 150 Kilo, kostet aber auch 1.990 Euro. Dank des klappbaren Mittelteils der Liegefläche kommt man übrigens auch vom Fahrzeuginneren an den Heckbutler – für den Fall, dass dringend eine gute Flasche aus dem Weinkeller geborgen werden muss, es draußen aber zu nass oder stürmisch ist für einen Außenausflug zur Heckklappe. Ohne Butler wiederum kann man die Lücke unter der nicht verschiebbaren SchlafBank auf einer Breite von 110 Zentimetern als Durchlademöglichkeit nutzen.
Vier Kocher sind am Start
Die Schlafsitzbank lässt sich natürlich ausbauen, wobei man für die robuste, rund 70 Kilo wiegende Konstruktion sinnigerweise zu zweit sein sollte. Werkzeug braucht es nur, will man final auch noch die beiden Tragarme der Bank demontieren, um die gesamte Ladebreite von 125 Zentimetern zu nutzen. Übrigens: Die Bank passt auch in den VW T5, die Bezüge sind sowohl für die Schlaf- wie auch für die Sitzfläche frei wählbar.
Freie Sicht wiederum bietet das formidable Aufstelldach „Grand View“ mit seinen drei gewaltigen Öffnungen zur Seite und nach vorne. In der Früh auf dem Bett sitzen, den Ausblick genießen, dazu einen Kaffee – warum nicht? In „lauen Nächten, die zum Himmel wehen“, wie einst Konstantin Wecker sang, halten Moskitonetze ungeliebte Plagegeister draußen, der Lattenrost und die rund 35 Millimeter messende Matratze bieten genügend Schlafkomfort im von SCA bezogenen Schlafdach des Typs 194, das freilich einen hauseigenen, in acht Farben bestellbaren Stoffbalg erhält.
Ausgebaut werden bei Multicamper stets VW Transporter: Kastenwagen oder verglaste Kombi wie unser Fotomodell sind das Auto der Wahl. Auch wird der Möbelausbau nicht für privat angelieferte Autos offeriert, umgebaut werden lediglich Neuwagen oder via Multicamper bezogene, dann aber auch auf Herz und Nieren geprüfte Gebrauchtfahrzeuge. Geduld braucht man in jedem Fall, aktuell liegt die Lieferzeit bei knapp einem Jahr.
Schneller geht es natürlich, greift man sich einen der am Saisonende zum Verkauf stehenden Camper aus dem Vermietgeschäft, auch unser Fotomodel wird hier in den kommenden Wochen im Angebot sein. Allerdings wohl kaum für lange, dafür macht das Reisen mit dem „Large“-Ausbau und das Übernachten im raumgreifenden SCA-Dach viel zu viel Spaß. Und warum nicht schon jetzt für die Saison 2021 planen?
Test kompakt
Gerade mal zehn Jahr nach dem Start ist Multicamper eine feste Größe in der Camperwelt. Zumeist mit Allrad versehene Kastenwagen oder Transporter werden ganz nach individuellen Wünschen zum Reisemobil verfeinert, diverse Spielarten in Sachen Möbel, Bett oder Design machen jedes Auto zum Einzelstück.