Heiko P. Wacker
· 04.06.2023
Bereits dem Caddy der vierten Generation brachte Reimo das Campen bei, darauf kann man aufbauen! Gleich zwei Varianten haben die Hessen am Start, getauft auf die Namen „Weekender 2“ und „Camp 2“ überraschen die beiden Reisemobile mit pfiffigen Detaillösungen. Der Partner fürs „Weekend“ betritt die Bühne als modularer Stadtflitzer mit Kühlbox, der Camp hingegen punktet mit seinem fest verbauten Küchenblock samt Kühlschrank und Wasseranlage. Na, das schauen wir uns doch mal an, oder? Schon bei der Präsentation des Caddy 5 dachte man beim Anblick des nun erhältlichen Glasdachs, und das ist ja nun ein wahrlich feines Feature, dass dies doch den geeigneten Ausschnitt böte, um den Weg in ein Aufstelldach zu ebnen. Gute Idee? Nö! „Vergiss es, das passt schon von den Dimensionen her nicht“, meint Jan Schelper schelmisch, er hat sich die Dachstrukturen natürlich auch genau angeschaut. Der Reimo-Verkaufsleiter kennt seine Produkte und auch deren Basisfahrzeuge. Wie kein anderer? Ja nun, nicht zwingend, denn bei der Entwicklung des Fernweh-Caddy war Frank Bornkessel noch tiefer involviert. Er weiß denn auch, warum die Neuheit auf dem Fünfsitzer basiert.
„Der Siebensitzer scheidet als Basis ganz klar aus, hier sind die längeren Airbagvorhänge und die Gurte in der dritten Sitzreihe zwei echte Killerargumente“, erklärt der Reimo-Designer. „Zudem wäre auch die dritte Sitzreihe dem Campingausbau im Weg, das macht also keinen Sinn.“ Trotzdem ist der aktuelle Reimo Camp generell für fünf Leute zugelassen, wobei man ehrlicherweise zugeben muss, dass selten mehr als zwei und vielleicht noch eine halbe Person auf Reisen gehen dürften. Für den Alltag zu Hause indes ist der Fünfsitzer eine Bank, ein weiteres Auto braucht man nicht. Denn der linke Möbelblock, und das ist neu, ist trotz der hier verbauten Bordelektrik herausnehmbar ge- staltet. Und auch die Bauhöhe ist mit 193 Zentimetern tiefgaragentauglich.
Wir aber sind draußen, also machen wir erst einmal den Deckel auf: Erst vorne die Sicherung öffnen, dann hinten, schon schwingt die GFK-Haube nach oben, luftig wird es im Inneren. Frank öffnet derweil die Heckklappe, um die weiteren Feinheiten der Konstruktion zu erläutern: „Links ist die Aufbauelektrik verstaut“, erklärt er, um weiland die vordere Truhe zu öffnen, unter der sich vor allem die 60 Amperestunden fassende AGM-Batterie verbirgt. Das zweite Fach bietet Stauraum, und zwei Schrauben sind es auch, die den Block fest mit dem Fahrzeug verbinden. Im Serienzustand übernehmen zwei Maschinenschrauben die Aufgabe, zwei Rändelschrauben für die Demontage des Möbelstücks ohne Werkzeug wären denkbar. Links sind zudem die stabilen Platten verankert, die für den Bau des unteren Betts heruntergefaltet werden, die Schlafstatt misst 195 mal 70 bis 77 Zentimeter, seitlich bleibt noch eine ordentliche Lücke, um zur rechten Schiebetür hinausgehen oder sich stehend anziehen zu können. Stehhöhe? Ach ja, das Aufstelldach ist ja oben, das nehmen wir aber später unter die Lupe. Will man das untere Bett seitlich maximieren, dann helfen zwei zusätzliche Bretter, die auf speziellen Schwerlastknöpfen am Küchenkorpus aufgelegt werden. „Keine Sorge, das ist eine wirklich stabile Konstruktion“, meint Frank. (Ob Jan zwecks Prüfung darauf steppen musste, das möchte er weder bestätigen noch kommentieren.) Das Bett wächst nun auf die Maximalbreite von 95 bis 123 Zentimeter. Im Schulterbereich ist die Matratze 80 Millimeter stark, im Bereich der Füße sind es derer 60, gebaut wird das Bett aus sechs Kaltschaumelementen. Doch selbst im maximal ausladenden Zustand steht die Liegefläche weder dem Kocher noch dem Kühlschrank im Weg: Wer je an einem kalt-diesigen Morgen den Luxus genoss, den Kaffee im Bett sitzend zubereiten zu können, der wird es genießen. Freunde der Heckküche oder Besitzer des Weekenders müssen hierfür zumeist unter die Heckklappe ins Freie, ätsch! (Hab ich das gerade tatsächlich getippt?)
Basisfahrzeug
VW Caddy Maxi Life LR 1.5 TSI,
Serienausstattung:
Preise (in Euro)
VW Reimo Caddy Maxi Life Camp 2 49.990€
Kontakt:
Reimo, Boschring 27, 63329 Egelsbach
www.reimo.com
Heißes Wasser wird im Caddy auf dem serienmäßig mitgelieferten Induktionskochfeld bereitet, der auf diesen Seiten zu sehende Gaskartuschenkocher ist als Option gedacht. Warum? Nun, manche Behörden stellen sich bei einer Kartuschenlösung quer, wenn es um die Einstufung als Wohnmobil geht. Dass das Induktionsfeld freilich nur mit 230-Volt-Landstrom funktioniert, das ist zumindest Campern klar, in den allermeisten Fällen wird deshalb der Gasflammer gleich mit geordert. Man will ja auch unterwegs mal die bevorzugte Koffeinade brauen. Die zugehörige Milch reist im Waeco-Kühlschrank mit, er fasst 39 Liter. Unterhalb finden sich die beiden frostsicher verstauten Kanister für je 13 Liter Frischund Grauwasser, eine elektrische Tauchpumpe befördert das Nass ins Edelstahlspülbecken oder via Auszugschlauch auch vor die Schiebetür. Nach einer Wanderung durch Watt oder Sand ist das ideal, um die Stiefel oder
Kühlschrank, Kocher, Spüle – der Klappdach-Caddy kann alles, was ein Camper können muss. Nur wiegt der gesamte Ausbau gerade mal knapp zwei Zentner
Füße abzubrausen. Ideal fügt sich auch das GFK-Aufstelldach auf den Caddy, die Eigenentwicklung greift schön den Schwung der Dachlinie auf. Ein Spoiler sorgt für Aerodynamik. Die neue Baugröße des aktuellen VW-Modells erlaubte eine um sieben auf jetzt einhundert Zentimeter gewachsene Bettbreite bei einer Länge von 1,92 Metern, die ebenfalls aus Kaltschaum gefertigte Matratze misst bis zu 40 Millimeter in der Dicke. Entsprechend kann man unten wie auch oben zu zweit liegen, so man sich mag. Oder man wählt eben getrennte Schlafzimmer, geht ja auch. Man sollte sich aber vor dem Kauf einmal die Mühe machen, das Procedere zu üben, mit dem man ins obere Gemach kommt. Denn die Klappe, die den Durchstieg verschließt, ist Teil des Betts, man muss also samt Bettzeug in den niederen Teil des Dachs kriechen, um die Luke schließen zu können. Aber Reimo baut ja auch Bulli & Crafter aus.
Dennoch ist man in den hessischen Landen mächtig stolz auf das Caddy-Schlafdach, „das gibt es nur bei uns“, freuen sich Jan und Frank im Duett, eingebaut wird es in Egelsbach oder allenfalls von autorisierten Fachhändlern. Klar, wer das Dach aufschneidet, der greift in die Strukturen, die für die Crashsicherheit relevant sind, ein. Und damit ist nicht zu spaßen. „Die Möbelblöcke allerdings, oder auch die Stauboxen, die den Raum hinter den Vordersitzen nutzen, wenn mal die Rückbank ausgebaut wird, die kann man ganz normal im Shop bestellen.“ Gefertigt sind die Möbel aus 15 Millimeter messendem Pappel-Sperrholz, die helle Oberfläche besteht aus einer Melaminbeschichtung. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal neben dem optionalen Schlafdach sind die Schiebefenster in der zweiten Reihe, die kann man ebenfalls bei Reimo zur Nachrüstung ordern. Das Minicamper-Gesamtpaket allerdings, also das mit Vermöbelung und Aufstellbedachung, das gibt es nur bei Reimo selbst. Los geht es ab 41.290 Euro, und ein zweites Auto braucht es dann auch nicht mehr. So sieht wahre Größe aus!
Test kompakt
Reimo hat mit den aufstellbedachten Minicampern echte Trendsetter am Start, nicht nur für das urbane Publikum. Der Camp 2 passt in jede Tiefgarage, und bietet trotz Campingbemöbelung fünf Sitzplätze. Dass man den linken Möbelblock samt Elektrik komplett demontieren kann, verbessert die Transporttalente des Allzweckcampers deutlich. So viel Platz in so einer kleinen Hütte, irre!