VW T7 Multivan - Der Mix macht’s!

Arne Olerth

 · 12.03.2023

VW T7 Multivan - Der Mix macht’s!Foto: Jan Bürgermeister

Mit Dieselmotor und langem Aufbau entfaltet der T7 Multivan neue Talente, avanciert zum Reichweitenkönig und Stauraummeister

Revolution statt Evolution – der Multivan-Modellwechsel zur neuen Generation T7 glich einem Paukenschlag. Zuvor setzten T5, T6 und T6.1 knapp zwei Jahrzehnte lang auf den selben Unterbau, mit entsprechend geringen Änderungen bei den Modellwechseln. Dem behutsamen Innovationslüftchen folgte jetzt eine steife Brise: Der komplett neu konzipierte T7 kommt mit schnittiger Van-Front, bricht radikal mit der lieb gewonnenen Knubbeligkeit des Vorgängers. Kürzere Strecken fährt er als eHybrid auf Wunsch voll elektrisch, lässt mit seinem aufgeweckt-präzisen Fahrverhalten den Vorgänger T6.1 fast schon museal wirken.

Dazu gibt es die ganze Bandbreite der top-modernen Assistenzsysteme aus dem Hause Volkswagen, gekrönt von einem fantastisch umgesetzten, hoch variablen Innenraumkonzept. Der beste Bulli aller Zeiten also? Nicht uneingeschränkt: Das Fremdeln manches gusseisernen Traditionalisten mit dem neuen, stärker in Richtung Van getrimmten Styling mag man noch übergehen, doch in Sachen Universalität gibt es gewichtige Abstriche zu verkraften: Das T7-Konzept beschneidet achtern den Laderaum, rückt den Fahrer deutlich nach hinten. Mit seinem 3,3 Quadratmeter großen Fahrgastraum unterliegt der neue Bulli seinem Vorgänger zudem um exakt einen Quadratmeter. Die Bulli-verwöhnten Gespannfahrer registrierten zudem, dass der T7 mit dem Launchmotor eHybrid nur 1,6 Tonnen an den Haken nehmen darf – beim rustikalen Vorgänger waren satte 2,2 bis 2,5 Tonnen Standard.

Schließlich verlangt der 45-Liter-Tank des T7 Multivan eHybrid auf langen Strecken häufiger nach Tank-Stopps, als man es vom Diesel-Vorgänger mit seinem 70, optional gar 80 Liter fassenden Tank gewohnt war. Auch die beiden TSI (136/204 PS) mit ihren 60-Liter-Reservoirs sind keine Reichweitenmeister. Am verbrauchsarmen Diesel führt in dieser Fahrzeugklasse offensichtlich nur schwer ein Weg vorbei, will man souveräne Fahrleistungen und seltene Tankstopps unter einen Hut bringen. Nicht umsonst wurde der T6.1 ausschließlich mit Selbstzündern angeboten, Reichweiten von 1.000 Kilometern und mehr waren keine Seltenheit. Zwar bietet der T7 mit beachtlichen 200 Kilo Gewichtsvorteil und einer klasse Aerodynamik – alleine der cW-Wert sank von 0,35 auf 0,30 – beste Voraussetzungen für einen spürbaren Effizienzsprung, doch linderte das anfängliche Fehlen eines Dieselmotors im T7-Aggregate-Portfolio die Universalität des neuen Multivan doch empfindlich.

Mit Dieselmotor und langem Aufbau entfaltet der T7 Multivan neue Talente, avanciert zum Reichweitenkönig und Stauraummeister
Abgedunkelte LED-Rückleuchten gibt’s beim T7 Multivan Edition in Serie
Foto: Jan Bürgermeister

Das ist jetzt vorbei: Mit dem neuen 150-PS-TDI stärkt VW Nutzfahrzeuge die Langstreckenkompetenz des neuen Multivan, der mit zwei Tonnen Anhängelast auch viele Gespann-Piloten versöhnen dürfte. Und: Dank des 20 Zentimeter größeren Überhangs hinten verwöhnt der T7-TDI-Testwagen als optionale Langversion mit spürbar mehr Platz im Innern. Macht man mit diesem Bulli alles richtig?

Fesche Edition-Ausstattung mit Preisvorteilen

Selbstzünder hin, Langversion her – etwas ganz anderes prägt den ersten Eindruck dieses Multivan: Der Test-Bulli rollt als fescher „Edition“ auf den Hof. Neben den Standard-Ausstattungslinien „Multivan“, „Life“ und „Style“ bereichert diese Ausstattungslinie das T7-Portfolio aktuell um eine ausgesprochen gutaussehende Variante. Eine Zweifarb-Lackierung mit dunkel abgesetztem Dach, getönten Scheiben im Fond sowie schwarz lackierten 18-Zöllern mit 235er Breitreifen stehen dem Multivan gut, sorgen für einen deutlich selbstbewussteren Auftritt als die Life-Ausstattung, auf der der Edition aufbaut, mit ihren 16-Zoll-Alus in Silber mit 215 Millimeter breiten Pneus. Zusätzlich spendiert Volkswagen eine Umfeldbeleuchtung, schneidige Flanken-Dekore und das famose IQ.Light-System mit Matrix-LE D-Scheinwerfern und abgedunkelten LE D-Leuchten am Heck. Mit verschiedenen Lichtszenarien inklusive maskiertem Dauerfernlicht sowie Abbiege- und Schlechtwetterlicht sorgt IQ.Light stets für die bestmögliche Ausleuchtung. 

Mit 2.875 Euro Aufpreis ist der Edition ausgesprochen fair eingepreist, entspricht dies doch gerade einmal in etwa dem Aufpreis für Matrix-Scheinwerfer und den größeren Radsatz für den Multivan Life. Damit stehen 57.805 Euro auf dem Zettel, 1.880 Euro entfallen davon auf den 20 Zentimeter längeren Überhang hinten. Im Vergleich zum 204-PS-TSI spart der TDI-Käufer etwa 200 Euro, der kleine TSI ist in der Anschaffung hingegen rund 3.700 Euro günstiger. Der Plug-in-Antrieb kostet knapp 7.600 Euro mehr.

VW T7 Multivan
TDI DSG langFoto: Jan Bürgermeister
VW T7 Multivan TDI DSG lang
Fünf Fondsessel und ein Tisch, leicht orchestrierbar. Gleich- oder gegensinnige Sitzanordnung, oder auch ganz ohne? Das Möbel-Arrangement gelingt blitzschnell
Memory, Massage und die prima 4-Wege-Kopfstützen gibt’s mit den ErgoComfort-Sitzen. Heizung, Lüftung und Leder sind ebenfalls verfügbar
Foto: Jan Bürgermeister

Damit ist klar: Bulli-Fahren ist auch im Zeitalter des T7 kein billiges Vergnügen. Doch bringt der Edition schon von Hause aus eine prima Ausstattung mit: sieben Sitze, teilweise mit Armlehnen, Parkpiepser, Alufelgen, Zuziehhilfen für die Schiebetüren und das Heckportal, Regensensor und automatischer Innenspiegel, vier zusätzliche USB-C-Dosen im Fond und vieles mehr. Die Aufpreisliste hält zudem eine pralle Fülle an verführerischen Extras bereit. Mit Optionen wie Soundsystem, großem Navi, Standheizung, Panorama-Glasdach, 3Z-Climatronic, Mikrofaserbezüge, Assistenzsysteme, Head-up-Display und vielem mehr kokettiert der Test-Bulli klar mit der Luxusklasse, was sich auch im Gesamtpreis von mehr als 75.000 Euro widerspiegelt. Dafür lässt der Multivan kaum einen Wunsch offen.

TDI – der perfekte Allrounder

Und der Antrieb? Der TDI-Motor gehört zu Volkswagens moderner Diesel-Baureihe EA288evo – in Sachen Abgase also ein echter Streber. Dank seines Twin-Dosing-Systems wird der Ausstoß der besonders schädlichen Stickstoffoxide NOx radikal reduziert. Und das bei allen Betriebspunkten – ganz gleich ob beim Cruisen über Land oder unter Vollast auf großer Fahrt mit Kind und Kegel über den Brenner. Dazu nutzt der T7 Multivan TDI gleich zwei SCR-Systeme. Die bestehen aus je einem SCR-Katalysator nebst Harnstoffeinspritzung und sind einmal ganz nah dran am Motor und einmal motorfern am Unterboden platziert. Der Clou: Bei geringer Last arbeitet das erste System im perfekten Temperaturfenster, bei Volllast übernimmt das zweite. Im Realbetrieb glänzt Twindosing mit klasse Abgaswerten – nachgewiesen etwa bei RDE (Real Driving Emissions)-Testfahrten.

Im Fahrbetrieb agiert der neue TDI laufruhig und souverän. Bereits knapp über Leerlaufdrehzahl spannt der Vierzylinder ein Drehmomentplateau von satten 360 Newtonmetern auf. Hellwach schiebt er damit auf Pedalbefehl lässig den großen Bus an. Der wiegt mit all seinen Extras etwa 2,2 Tonnen, was einer überbordenden Sportlichkeit natürlich im Wege steht. Souveränes Mitschwimmen aber ist jederzeit gesichert, der Antrieb passt ganz hervorragend zum Peoplemover Multivan. 11,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 untermauern den guten Eindruck, mit Anlauf erreicht der Bulli 190 km/h. Auf der Langstrecke aber pendelt sich die Reisegeschwindigkeit in etwa bei Tempo 160 ein, was zudem die Nerven der Mitreisenden schont. Wer es flotter liebt, der greife zum eHybrid, der aber deutlich teurer ist und seine 218 PS nur temporär bereitstellen kann, oder zum 2.0 TSI (204 PS).

Dessen Mehrverbrauch sollte aber einkalkuliert werden – gerade auf flotten Fernfahrten. Gerade hier kann der Diesel auf ganzer Linie punkten. Mit 7,4 Liter Testverbrauch unterbietet er seinen gleich starken Vorgänger um fast einen Liter (8,3 Liter; GF 12/21), kommt fast 800 Kilometer weit. Beim entspannten Cruisen über Land nähert sich der Verbrauch gar der Sechs-Liter-Marke. Wohl gemerkt: Wir reden hier von einem 5,17-Meter-Bus mit Platz für sieben! Maßgeblichen Anteil an diesen Verbrauchswerten hat das toll applizierte DSG mit sieben Gängen, das im T7 alternativlos ist. Gerade im Ecomodus hält es die Drehzahl niedrig, erlaubt ein Surfen auf der Drehmomentwelle. Zudem öffnet das ruckfrei schaltende Automatikgetriebe im Schiebebetrieb oft die Kupplungen – der Multivan segelt dann bei Leerlaufdrehzahl.

Bild NaN
Foto: Jan Bürgermeister

Zum entspannten Ankommen tragen auch der tolle Akustikkomfort sowie das grandiose adaptive DCC-Fahrwerk (Aufpreis) bei. Weit gespreizt lässt sich die Dämpfung annähernd stufenlos abstimmen, bleibt aber tendenziell eher auf der komfortablen Seite. Recht so, werden Fahrbelagsunbillen vom gewichtsoptimierten Alu-Fahrwerk dabei doch gekonnt verflauscht, ohne die Präzision zu kasteien. Hier macht sich bezahlt, dass der T7 ganz auf den Personentransport ausgerichtet wurde und nicht auch die Bedürfnisse von Gewerbetreibenden erfüllen muss, etwa nach einer extragroßen Zuladung. Mit der mitteilsamen Lenkung setzt der T7 Befehle präzise um, durcheilt Kurven ohne störendes Eigenlenkverhalten oder übermäßiges Wanken, kurz: Der T7 fährt sich so entspannt und gelassen wie ein großes SUV.

Und noch einen Vorteil gibt es im Vergleich zum Vorgänger: Der lange Aufbau wirkt sich keineswegs auf die Handlichkeit aus, bleibt der Radstand doch unverändert. Der wahre Trumpf des T7 Multivan aber ist sein raumgewaltiger Fond mit variabler Möblierung. Fünf Einzelsitze (Serie) lassen sich auf einem genialen Schienensystem blitzschnell verschieben, oder auch ausbauen und umgedreht wieder einklipsen. Langem Aufbau sei Dank gibt es selbst bei voller Besetzung zudem ausreichend Stauraum für das Gepäck. Multivan-Passagiere genießen einen fürstlichen Sitzkomfort, erstmals ist sogar eine Sitzheizung im Fond möglich.

Foto: Jan Bürgermeister
Moderne Zeiten: Der T7 serviert ein fast schon leichtfüßiges Fahrverhalten – mit deutlich reduziertem Wankverhalten, kommt nahe ran an den superben ID. Buzz
23 bis 29 Kilo wiegen die Fondsitze – damit sind sie im Vergleich zum Vorgänger fast schon spielerisch händelbar
Foto: Jan Bürgermeister

Blitzschnell möbliert

Für den Fahrer gibt es optional zudem eine rudimentäre Massage. Seine Sitzposition wurde mehr in Richtung Pkw getrimmt, die tolle Übersicht durch eine hohe Sitzposition und herrlich entspannende Armlehnsessel gibt’s natürlich auch im T7. Seine hochwertige Armaturentafel verströmt einen Hauch von Oberklasse, Digital Cockpit, Touchscreen und Slider sorgen für ein digitales Bedienerlebnis, wie man es vom Golf kennt. Das gilt auch für die Unterstützung: Auf Knopfdruck etwa übernimmt der T7 nicht nur die Lenkarbeit, sondern beschleunigt und bremst auch selbstständig (Travel Assist, Aufpreis). Und Einparken kann er selbstverständlich automatisiert (309 Euro).

Besinnt man sich aber auf die wahren Tugenden, ist der Basis-Bulli „Multivan“ Trumpf. Der verzichtet auf Alu und Schnörkel, bietet mit fünf Sitzen, Schienensystem und Klimaanlage Bulli-Feeling pur. Und ist für 49.325 Euro als kurzer T7 Multivan TDI für mehr Familien erreichbar. Schließlich gibt es kaum ein besseres Familienauto als den Multivan.


Test kompakt

Der TDI ist der universellste Antrieb im T7-Portfolio – nicht umsonst wurde der Vorgänger nur als Diesel angeboten. Der war mit 150 PS dabei längst nicht so unterhaltsam, der T7 profitiert von seinem Leichtbau. Reichweitenstark, souverän und laufruhig ist der Multivan TDI ein echter Partner auf der Langstrecke, bietet ein prima Fahrverhalten und einen höchst variablen Innenraum. Als Langversion passt auch der Kofferraum. Was fehlt? Vielleicht ein 200-PS-Powerdiesel.