VW T-Roc RRock around the Clock

Joachim Fischer

 · 18.09.2022

VW T-Roc R: Rock around the ClockFoto: Jan Bürgermeister

Von der Überarbeitung des VW T-Roc profitiert auch das sportliche R-Modell. Mit nach wie vor 300 PS und maximal 400 Newtonmetern Drehmoment bietet es jede Menge Fahrspaß im Gewand des angesagten SUVs

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Foto: Jan Bürgermeister

Kennen Sie eine eierlegende Wollmilchsau? Nein? Wir auch nicht, denn die gibt es nicht. Auf das Gebiet der Auto­mobile übertragen wäre die Wollmilchsau in etwa ein Sportwagen-SUV – das gibt es auch nicht wirklich, denn diese zwei Fahrzeug­gattungen schließen sich im Prinzip physikalisch aus. Die Geländegänger haben einen zu hohen Schwerpunkt und oft zu viel Gewicht, um wirklich sportlich unterwegs zu sein. Ein reinrassiger Sportwagen lässt die für SUVs typische Bodenfreiheit und damit Geländetauglichkeit vermissen, ebenso meist das komfortable Platz­angebot für Passagiere und Gepäck.

Schwerpunkt als Gretchenfrage

Bei Kompakt-SUV wie dem sehr erfolgreichen Volkswagen T-Roc, der unlängst umfangreich überarbeitet wurde, fallen die gattungstypischen Unterschiede wie etwa das Gewicht etwas geringer aus. Dennoch gilt: Ein erhöhter Schwerpunkt ist Gift für die Fahrdynamik. Trotzdem wagt sich Volkswagen wie schon beim Vorgängermodell an den Spagat. Das Topmodell T-Roc R soll die Pole Sport und SUV möglichst elegant vereinen.

R wie Racing, ein vollmundiges Versprechen. Mal sehen, ob der sportlichste T-Roc das auch wirklich einlösen kann.

Mitgegeben wurde ihm von den Wolfsburger Ingenieuren der potente Zweiliter-TSI, ein turboaufgeladener 16V-Vierzylinder-Direkteinspritzer mit feinsten Zutaten wie Nockenwellen- und Ventilhubverstellung. OPF und aktuellste Abgasnorm sind selbstverständlich.

Stramme 300 PS bei 5.300 bis 6.500 Kurbel-wel­lenrotationen pro Minute und bärige 400 Nm maximales Drehmoment von 2.000 bis 5.200/min bietet das Triebwerk auf. Das ist stattlich und entspricht den Daten des Vorgängers. Die Portionierung der Kräfte übernimmt ab Werk das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG. Weiter­geleitet werden sie an den ebenfalls serienmäßigen, elektronisch geregelten 4Motion-Allradantrieb nach Haldex-Prinzip, der die Momente je nach Traktion und Leistungsan­forderung fein dosiert an alle vier Räder transferiert. Das klingt schon mal vielverspre­chend.

Und das Gewicht? Das liegt mit 1.578 Kilogramm nur 25 über dem eines Golf R – sitzt Obelix am Steuer, sind die schnell ausgeglichen. Nur der verflixte Schwer­punkt bleibt erhöht. Aber auch hier hat Volkswagen etwas gegengesteuert: Der T-Roc R steht serienmäßig auf einem um zwei Zentimeter tiefer­gelegten Sportfahrwerk oder optio­nal – wie unser Testwagen – auf dem feinen, verstellbaren DCC-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern (1.045 Euro). Ein SUV tieferlegen? Klingt paradox, doch wenn es wie beim R vorrangig um die Fahrdynamik und weniger um Böschungswinkel oder Wat-
tiefe geht, sind alle Mittel erlaubt.

Jetzt aber los auf die GF-Messstrecke. Wir sind gespannt, was der T-Roc R dort für eine Performance abliefert.

Rennstart via Launch Control

Zuerst die Sprintdisziplinen: Über einen Langdruck auf die R-Taste am neuen MF-Lenkrad das Fahrprofil Race und damit die serienmäßige Launch-Control aktivieren, das ESC komplett abschalten – ja, das geht beim T-Roc R wirklich! –, den linken Fuß auf die Bremse, den Rechten voll aufs Gas. Die Drehzahl pendelt sich bei 4.000/min ein, Bremse loslassen und ab geht die wilde Fahrt! Der R-Roc schießt nach vorne, die 235er-Gummis auf den op­tionalen 19-Zoll-Alurädern „Estoril“ (825 Euro) ringen um Grip, tatkräftig unterstützt vom 4Motion-Allradantrieb. Das DSG feuert ansatzlos die Gänge ab, die optionale R-Per­formance-Titan-Abgasanlage (3.975 Euro) von Akrapovic röhrt dazu das Lied der Rennstrecke. Nach 4,9 Sekunden stehen 100 km/h an, nach 11,2 Sekunden 160 km/h, nach 18,9 Sekunden 200 km/h, gedreht wird bis 6.500/min. Prächtig! Schluss ist erst bei satten 250 km/h. Der Über­holsprint von 80 auf 120 km/h ist in rasanten 3,1 Sekunden erledigt. In Sachen Längsdynamik überzeugt der T-Roc R wirklich in allen Belangen.

Doch wie sieht es mit der Quer-Dynamik aus? Erwartungsgemäß kann er hier bauartbedingt nicht ganz mit einem Golf R mithalten, doch er nutzt seine sportlichen Talente wirklich extrem gut. Durch seine straffe Fahrwerks­auslegung, die uns trotz DCC auch etwas strammer als beim Vorgängermodell vorkam, kennt er insbesondere im Race-Modus kaum Nick- oder Wankbewegungen der Karosserie beim harten Anbremsen oder zügigen Durcheilen von engen Kehren.

Die Hochleistungsbremsanlage mit serienmäßig größeren Scheiben an Vorder- und Hinterachse hält den Vortrieb wirkungsvoll im Zaum. Traktion ist Dank des in Millisekun­den regelnden 4Motion-Antriebs auch hier immer vor­handen. So katapultiert man sich etwa auf Bergstücken freudvoll von Kurve zu Kurve, erst bei Annäherung an den Grenzbereich macht sich dann der erhöhte Schwerpunkt durch leichtes Schieben aus dem Kurvenradius bemerkbar. Könner dürfen – etwa auf abgesperrter Strecke – das ESC auch ganz ausschalten. Dann erlaubt der T-Roc R sogar kecke Hüftschwenks durch seinen deutlich hecklastig ausgelegten Allradantrieb. Da kommt echte Fahrfreude auf!

Sogar kecke Heckschwenks sind drin

Wirkungsvoll unterstützt wird die Kurvenhatz von der serienmäßigen Progressivlenkung, die angenehm straff ausgelegt ist und höchst präzise Richtungsänderungen umsetzt. Dazu verlangt sie – speziell im Race-Modus – nur kleine Lenkwinkel. Auch das DSG agiert in diesem Profil angenehm sensibel, schaltet frühzeitig herunter, damit immer genug Motorpower am Gaspedal zur Verfügung steht.

Doch man ist ja nicht immer im Renntempo unterwegs. In den Serien-Fahrprogrammen Comfort oder Normal benimmt sich der T-Roc R deutlich zahmer, federt komfortabler an und das DSG schaltet aus Effizienzgründen zur Drehzahlsenkung früher hoch sowie später herunter. Das macht aber prinzipiell nicht viel aus, denn dank seines hohen Drehmoments von 400 Nm schon ab 2.000/min hängt der TSI auch aus dem Drehzahlkeller heraus druckvoll am Gas. Das fördert entspanntes Fahren.

Im Profil „Individual“ kann man sich je nach Vorliebe sein eigenes Setup zusammenstellen – inklusive Dämpfer- einstellung und Sound der Klap­pen- Auspuffanlage. Die kam uns übrigens subjektiv weniger stimmge­waltig vor als die des Vorgängermodells – wohl eine Folge der immer strenger werdenden Geräuschvorschriften.

Beim Thema Verbrauch liegt der T-Roc R dagegen auf Augenhöhe mit seinem Urvater: Wir ermittelten im Testschnitt 9,8 Liter Super Plus pro 100 Kilometer, bei zahmer Gangart können es auch mal nur 8,5 Liter sein. Wer allerdings die „Kuh fliegen lässt“, sollte mit rund 12 Litern pro 100 Kilometer rechnen – von nichts kommt auch nichts.

Die große Produktaufwertung hat dem Volkswagen T-Roc indes ausgesprochen gutgetan. Er sieht außen wie innen nun erwachsener aus, gereifter. Speziell das R-Modell hat kräftig profitiert. Die neuen, beim R-Modell serienmäßigen IQ.Light Matrix-LED-Scheinwerfer sind deutlich flacher gezeichnet und werden nun auch durch die inzwischen für Volkswagen typische Lichtleiste ver­bunden. Das verleiht der Front zusammen mit der R-spezifischen Schürze einen neuen, dynamischeren Look. Am Heck erhielten die LED-Rücklichter mit dynamischen Blinkern eine neue Leuchtgrafik.

Attraktiver „Black Style“

Am Testwagen war zudem das optionale „Black-Style“-Paket (275 Euro) verbaut, das mit der Zweifarb- Lackierung in Lapizblau-Metallic nebst schwarzem Dach ausgezeichnet harmoniert.

Der Innenraum wirkt seit der Überar­beitung deutlich wertiger, liebevoller gestaltet. Auffälligste Neuerung ist der nun auf der Armaturentafel platzierte und dadurch stärker ins Blickfeld gerückte, große Touchscreen. Der T-Roc R hat zudem auf Volkswagens neuem MIB3 basierend das Infotainment-System „Discover Media“ in Serie an Bord. Es enthält das Navi, Streaming & Internet, App-Connect für Apple CarPlay/Android Auto (auch kabellos), DAB+ und eine Telefonschnittstelle. Zudem gibt’s ab Werk das Digital-Cockpit Pro – und der Roc ist natürlich immer online. Die Klimaanlage wird nun über beleuchtete Slider bedient, das neue, beheizbare MF-Lenkrad mit R-Taste verfügt jetzt auch über Touch-Funktionen, die allerdings bei der Lenk­arbeit zuweilen zu ungewollten Fehlbedienungen führen können. Goodies wie die automatische Dis­tanzregelung ACC Stop&Go, der Park-Lenk-Assistent, die Rückfahrka­mera, die Verkehrszeichenerkennung, die elektrische Heckklappe mit Sen­sor- steuerung, das schlüssellose Schließ- und Startsystem „Kessy“ oder auch die abgedunkelten Heck- und Seitenscheiben: Alles Serie beim Volkswagen T-Roc R!

Da bleiben zur sinnvollen Ergänzung in der Aufpreisliste nur noch wenige Positionen wie etwa das Assistenzpaket IQ.Drive (625 Euro) mit dem „Travel Assist“, die Sprachbedienung (225 Euro) oder die Telefonschnittstelle „Comfort“ (465 Euro) mit induktiver Ladefunktion.

Fast eine „eierlegende Wollmilchsau“

Ab 49.455 Euro kostet der neue VW T-Roc R – eine ganze Menge Geld! Doch als Gegenwert gibt es ein extrem gut ausgestattetes Kompakt-SUV mit rassiger Optik, souveräner Motorleistung und überraschend dynamischen Fahreigenschaften. Also – fast – eine „eierlegende Wollmilchsau“.


Test kompakt

Das im Zuge der Produktaufwertung des VW T-Roc ebenfalls geliftete R-Modell begeistert auf ganzer Linie: Ausgezeichnete Fahrleistungen dank 300 PS und
400 Nm sowie eine im Rahmen der bauartbedingten Möglichkeiten höchst sportliche Fahrdynamik treffen hier auf eine nahezu komplette Serienausstattung sowie einen optisch, haptisch sowie Infotainment-technisch stark aufgewerteten Innenraum.