VW Passat Variant 1.5 TSI DSGFür alles zu haben

Joshua Hildebrand

 · 30.03.2023

VW Passat Variant 1.5 TSI DSG: Für alles zu habenFoto: Tino Pauli

Maximal ausgereift: Der VW Passat Variant in achter Generation ist vielseitig, komfortabel und macht nahezu alles mit – von Geschäftsreise bis Familienalltag. Gilt das auch für den Einstiegs-Benziner 1.5 TSI mit 150 PS?

Es gibt Dinge, die haben sich über viele Jahrzehnte bewährt. Was allerdings nicht bedeuten soll, verschlossen gegenüber Neuem zu sein. Der Trend zu SUVs, der Elektromobilität oder gleich beidem in Kombination mag beim einen oder anderen für erhöhten Blutdruck sorgen. Neue Karosserieformen und Antriebe hin oder her – je nach Bedarfsfall mögen sie sogar sehr sinnvoll sein – es gibt aber Anwendungsbereiche, da machen sie nur wenig Sinn. Und deshalb zählen Kombis wie der VW Passat Variant nach wie vor zu den Stars der Mittelklasse; auch wenn klassische Kombi in den vergangenen Jahren sicherlich an Strahlkraft einbüßen mussten. Schade eigentlich, denn ohne sie gäbe es gar einen ganzen Berufszweig gar nicht – nämlich die des Vertreters. Spaß beiseite: Nicht nur Außendienstler lieben den VW Passat Variant, auch Familien schwören auf seine Qualitäten als komfortables, praktisches und überaus vielseitiges Werkzeug für jeden Tag. Der Volkswagen Passat war und ist schließlich für alle gedacht und gemacht. Und das übrigens seit 1974 (Variant).

Mit dem aktuellen Passat B8, den es in seiner Grundfassung schon seit 2014 gibt, konnten die Verkaufszahlen des Lieblingskombis auf inzwischen insgesamt rund 30 Millionen Stück gesteigert werden! Die nunmehr achte Generation des Volkswagen Passat gilt als vollkommen ausgereift, dazu ist er übrigens der erste Passat, der auf dem Modularen Querbaukasten (MQB) der Wolfsburger basiert. Das bringt im Vergleich zum Vorgänger einige Vorteile mit sich: beispielsweise das vergrößerte Platzangebot bei nahezu gleich gebliebenen Außenmaßen. Mit der im Juni 2019 präsentierten Modellpflege wurde der Alleskönner schließlich zu dem, was er heute ist. Und noch viel mehr: Einige Assistenzsysteme, die heute in vielen Volkswagen-Modellen zu finden sind, wurden vor knapp vier Jahren mit dem Passat-Facelift eingeführt: der Emergency Assist, der Trailer Assist und schließlich auch der teilautonome Travel Assist. Eine Limousine gibt es seit Ende 2021 übrigens nicht mehr, die Kombi- Version wurde ohnehin viel besser verkauft. Für traurige Limousinen- Fans stellt nun der Arteon eine hübsche Alternative dar.

Sehr gute Bedienung trotz des hohen Touch-Anteils. Klasse: haptische Lenkradtasten und ein richtiger DSG-Wahlhebel
Foto: Tino Pauli

Vieles ist Serie, einiges nicht

Seine technologische Fortschrittlichkeit gesellt sich zu den traditionellen Passat-Tugenden wie dem fast unschlagbaren Reisekomfort in der Kombi-Mittelklasse (auch im großzügigen Fond), einem großen variablen Gepäckraumvolumen (650 bis 1.780 Liter) und absolut vielseitiger Praktikabilität. Interessenten, die stets viel transportieren, empfehlen wir das Gepäckmanagement-Paket zu 380 Euro. Das beinhaltet ein Fixierband sowie vier auf Schienen fixierbare Verzurrösen, einen verschiebbaren Gepäckraumboden sowie einen Ladekantenschutz in Edelstahl. Zudem bietet sich der Passat Variant als Zugfahrzeug mit mindestens 1.600 Kilo Anhängelast gerade zu an. Wer die Anhängevorrichtung (990 Euro) im Konfigurator nicht ankreuzt, ist selbst Schuld. Vor allem in der hier getesteten Vollfett-Ausstattung „Elegance“ (ab 46.905 Euro) des aktuellen Jahrgangs präsentiert sich der Alleskönner ziemlich gut ausgestattet – im Vergleich zu den anderen Ausführungen „Conceptline“, „Passat Variant“, „Business“ zusätzlich mit serienmäßigen 17-Zöllern, IQ.Light- LED-Matrixscheinwerfern samt dunkelroter Rückleuchten, 3-Zonen- Klimaanlage, einer Rückfahrkamera sowie beheizten Scheibenwaschdüsen. Optisch unterscheidet sich die Elegance-Ausstattung über seitliche Chromleisten von den darunterliegenden Ausführungen – das wirkt in diesem Fall mit der optionalen Lackierung in „Mangangrau Metallic“ (755 Euro) sowie den abgedunkelten hinteren Scheiben besonders edel.

Darüber hinaus rollt der Testwagen auf größeren 18-Zöllern vom Typ „Monterey“. Optional gäbe es auch ein R-Line-Paket für das Exterieur für knapp 1.300 Euro, welches den Passat noch ein bisschen sportiver aussehen lassen würde. Mit dem letzten Facelift zog auch das MIB3-Infotainment in den Passat, das kaum Wünsche offenlassen dürfte. Obwohl Volkswagen sich vieles trotz der guten Elegance-Ausstattung extra bezahlen lässt. So kostet ein Navigationssystem immer Aufpreis, obwohl es gerade beim „Workaholic“ zu einer unverzichtbaren Ausstattung gehören dürfte.

Hier sitz man gerne: ErgoComfort- Sitz mit elektrischer 14-Wege-Einstellung, Memory- und Massagefunktion (Fahrerseite)

Dafür aber ist eine Telefonschnittstelle, DAB+-Radio und App Connect serienmäßig an Bord. Letzteres erlaubt die kabelgebundene Anbindung des Smartphones und bettet es via Android Auto oder AppleCarPlay ins Infotainment ein. Kabelfreies App Connect gibt es genauso optional wie die induktive Ladefunktion fürs Handy. Wer beides schon einmal hatte, wird jedenfalls nicht mehr darauf verzichten wollen.

Standesgemäß rollte WOB-DC-699 als Testwagen üppig bestückt auf den Redaktionshof. Mit teils etwas flimmrigem Head-up-Display (565 Euro) – nach wie vor als ausfahrende Scheibe ausgeführt –, beheiztem Lenkrad (170 Euro), Ambientebeleuchtung Plus (500 Euro), beheizter Frontscheibe (385 Euro), Harman- Kardon-Soundsystem (1.370 Euro) und dank IQ.Drive- Paket (950 Euro) mit vollumfänglicher Assistenz – um nur ein paar Dinge zu nennen. Dass ein digitaler Tacho, Digital Cockpit Pro genannt, ebenfalls (für 510 Euro) dazu bestellt werden muss, ist nicht weiter tragisch. Unser Wagen hat jenes zwar, aber die klassischen Rundinstrumente erfüllen bestens ihren Zweck. In Summe katapultieren all jene Optionen den Preis des Rucksack-Passats auf über 65.000 Euro! Fangen Sie erst gar nicht damit an, den Preis in D-Mark umzurechnen. Das würde Ihnen ganz sicher nicht guttun …

Ein Kombi wie der Passat Variant lebt von seinem Platz im Fond: Hier reisen nicht nur Kinder auf der Langstrecke bequem
Foto: Tino Pauli

Komfort-Ass dank Adaptivfahrwerk

Nun, setzen Sie sich erst einmal. Und zwar auf die überaus sesseligen ErgoComfort-Sitze mit Memoryund Massagefunktion, die einfach nach wie vor zu den besten Sitzen gehören, auf denen wir je saßen. Ihren Komfort merkt man erst so richtig, wenn man mit ihm mal in den Urlaub gefahren ist. Wer nach langer Fahrt aussteigt, braucht sich über Rückenschmerzen kaum Gedanken zu machen – erstklassig! Auch ein Verdienst des hervorragenden DCC-Fahrwerks (1.200 Euro), das dem Passat so einen derart wandlungsfähigen Charakter verleiht. Beim Adaptivfahrwerk der neuen Generation können die Dämpfer nämlich parallel zu den bereits bekannten Einstellungen via Fahrprofilauswahl („Comfort“, „Normal“ und „Sport)“ auch stufenlos über einen erweiterten Bereich konfiguriert werden. Unterhalb von „Comfort“ wird die Karosserie maximal entkoppelt und der Fahrkomfort nochmals spürbar gesteigert. Auf der anderen Seite bietet der Verstellbereich oberhalb von „Sport“ eine minimierte Bewegung der Karosserie und direktere Fahrzeugreaktionen. Ob man das braucht, sei dahingestellt. Allerdings sind die Unterschiede vor allem bei den sportiven 18- oder 19-Zöllern deutlich spürbar.

Passat-Fahren, das war schon immer eine vertraute Angelegenheit. Und das ist auch bei Generation B8 so – einsteigen, wohl, gut aufgehoben und sicher fühlen. Weil es kaum ein anderes Mittelklasse-Auto so gut hinbekommt, den Spagat zwischen direkter und verbindlicher Gangart mit dem Komfort eines höherklassigen Fahrzeugs zu vereinen. Dabei lässt er sich ganz unabhängig von der Motorisierung auch ganz keck ums Eck fahren. Erst recht, wenn die Option des R-Line-Sportpakets für die adaptive Fahrwerksregelung ihren Weg ins Fahrzeug findet. Denn es beinhaltet nebst der optionalen Progressivlenkung auch die

Da passt ordentlich was rein: 650 bis 1.780 Liter, um genau zu sein. Stark!Foto: Tino Pauli
Da passt ordentlich was rein: 650 bis 1.780 Liter, um genau zu sein. Stark!

elektronische Differenzialsperre XDS. Auch hier gilt: In Verbindung mit sportiver Rad-Reifen-Kombination beweist der Kombi gar sportliche Talente – Tzzz, da sage noch einer, Passat-Fahren sei spießig! Natürlich spielt dabei auch die Motorisierung eine Rolle. Der 1.5 TSI mit 150 PS leistet bereits ab 1.500 und bis 3.500 Umdrehungen 250 Nm an die Vorderräder weiter, was zwar nicht für sportliche Beschleunigungsorgien sorgt, jedoch aber für souveränes Vorankommen. Die Beschleunigung gelingt mit Winterrädern (Pirelli Sottozero 3 in 235/45 R18) in 8,9 Sekunden, die Werksangabe von 8,7 dürfte mit Sommerpneus also kein Problem darstellen.

Das Gepäckmanagement-Paket (380 Euro) sorgt für eine vielseitigere Nutzung dank Fixierband, Verzurrösen und verschiebbarem Boden
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Ja, das Passat-Heck ist schick. Sportlicher wird’s mit dem optionalen R-Line PaketFoto: Tino Pauli
Ja, das Passat-Heck ist schick. Sportlicher wird’s mit dem optionalen R-Line Paket

Unaufgeregt, aber effizient

Angenehm sanft verwaltet das 7-Gang-DSG die Gänge, sorgt für ein entspanntes und effizientes Vorankommen. Bei spontanen Kickdowns aus dem Stand oder nach längerem Cruisen zeigt sich der Doppelkuppler hin und wieder überfordert, ringt eine kurze Gedenksekunde mit dem Gang, bevor es in Richtung der Höchstgeschwindigkeit von 214 km/h gehen kann. Groß störend ist dies aber nicht. Der Eins-Fünfer bevorzugt ohnehin die unaufgeregte Fahrweise – und das ist im Alltag perfekt. Auch, wenn die Geräuschdämmung des Variants in allen Geschwindigkeitslagen richtig gut ist, brummt sich der TSI gerade bei höheren Drehzahlen ein bisschen angestrengt in den Innenraum. Ein bisschen souveräner (aber auch teurer) wäre da die Zweiliter-Alternative mit scheiben kosten 115 Euro extra i Ja, das Passat-Heck ist schick. Sportlicher wird’s mit dem optionalen R-Line Paket 190 PS oder gar die 280-PS-Topversion samt Allrad, die es auch nur in der Elegance-Ausstattung gibt. Ja, der 1.5 TSI Evo ist ein richtiger „Pfennigfuchser“ – und das kommt gut an. Er ist ein Musterschüler in Sachen Effizienz, weil er über Kraftstoff-sparende Maßnahmen wie Zylinderabschaltung (ACT), Thermomanagement und etliche Technikgoodies mehr verfügt. Heraus kommt ein genügsamer Durchschnittsverbrauch von nur etwas über sieben Litern – Respekt! Zusammen mit dem großen 66-Liter-Tank ist der Variant ein wahrer Dauerbrenner, der Elektroautos mit knapp 900 Kilometer Aktionsradius alt aussehen lässt. Sauber ist er zudem; nicht zuletzt dank des Ottopartikelfilters und der Emissionsklasse Euro 6 AP. Mögen Vertreter sicherlich dennoch zum noch sparsameren TDI (je nach Ausführung 122 bis 200 PS) greifen, ist der Einstiegsbenziner eine durchaus clevere Wahl – der im Passat Variant mit DSG bereits ab 38.850 Euro zu haben ist. Weniger PS wären sogar möglich, da die Wolfsburger unterhalb der Elegance-Ausführung sogar einen noch schwächeren Zweiliter-Diesel mit 122 PS anbieten – das ist jedoch eine andere.

Tschüss, ich bin dann mal weg! Abschied fällt mit dem komfortablen Passat Variant nicht schwer. Die nächste Anreise nimmt man mit ihm nämlich gerne in Kauf
Foto: Tino Pauli

Geschichte. Nun eine Einordnung: Der Passat Variant ist eigentlich für jeden etwas und hält mit dem GTE gar einen sportiven Plug-in-Hybrid für Elektro- Fans parat – zumindest teilweise. Der kleinste Benziner ist allerdings vor allem etwas für preissensible Familien, die auch mit etwas weniger Dyna reissensible Familien, die auch mit etwas weniger Dynamikanspruch zufrieden sind.


Test kompakt

Der Passat Variant (B8) kann seinen guten Ruf wieder einmal bestätigen. Er ist ein richtig guter Kombi in bester VW-Qualität – mit super Verarbeitung, klasse Bedienung und natürlich einer ungeschlagenen Praktikabilität. Dabei zeigt sich der Kombi dank letztem Facelift auch technisch auf Höhe der Zeit. Dazu kommen herausragende Komforteigenschaften dank DCC-Fahrwerk. Der 1.5 TSI gibt sich unaufgeregt, souverän und sehr sparsam. Ein Fall für preisbewusste Familien mit Qualitätsanspruch.