Test Golf Variant 2.0 TDI SCR DSGPerfekte(r) Kombi

Joshua Hildebrand

 · 01.09.2021

Golf Variant 2.0 TDI SCR DSG | H. Mutschler

Der aktuelle Golf Variant ist nicht nur größer und praktischer als der Vorgänger, sondern auch deutlich komfortabler. Doch wie passt der 2.0 TDI mit DSG und 150 PS zum Kompakt- Kombi?

Eigentlich war gar nicht klar, dass der hier mal gebaut würde. Beziehungsweise sein Urahn. Weil die VW-Führungsebene den Entwurf zu einem kompakten Kombi auf Basis des Golf Mitte der 1980er-Jahre zunächst als zu starke Konkurrenz zum damals noch nicht so großen Passat Variant sah. Erst der im Jahr 1988 erschienene Passat B3 wies eine derart ausgezeichnete Raumausnutzung auf, dass sich dann doch noch eine zusätzliche Lücke für ein kleineres, günstigeres Kombi-Modell ergab. Tadaaa: … die Geburtsstunde des Golf III Variant. „Golf mit Happy-End“ titelte VW damals in der Werbung – er avancierte zum (Dauer-)Renner im Golf-Programm.

Mit Maßband und Notizblock bewaffnet erfreuen wir uns heute – fünf Generationen später – an einer stärker konturierten und (wieder mal) moderneren Optik als beim Vorgänger, die auch mit gewachsenen Maßen einhergeht. So bedeutet der Sprung von Generation sieben auf acht ein Längenzuwachs von rund sieben Zentimetern auf 4,36 Meter, 6,6 sind es beim Radstand (2,67 Meter). Mit ziemlich genau 1,80 Meter Breite sowie 1,46 Metern Höhe fällt der jüngste Golf Kombi etwas schmaler und niedriger aus. Die gewonnene Länge macht sich in einem Kofferraum mit 611 statt 605 Liter Volumen sowie großzügigen Platzverhältnissen in zweiter Sitzreihe bemerkbar. Das Gepäckabteil kann, dank zweiteilig klappbarer Rückbank, per Fernentriegelung auf bis zu 1.642 Liter erweitert werden. Und mit zweistufigem Ladeboden ist sogar die Ladefläche ebenerdig.

Der beste Motor für Vielfahrer

In Ausgabe GF 04/21 haben wir den 1.5-TSI-Benziner getestet, nun folgt der Selbstzünder-Test mit ordentlichem 2.0 TDI Evo der neuesten und saubersten Generation samt 150 PS, 7-Gang-DSG und Frontantrieb. Somit kommen zu den ohnehin praktischen Tugenden nun noch sehr effiziente hinzu. Das Diesel-Topaggregat der R-Line ist ab der Life-Ausstattung konfigurierbar, mehr Diesel-PS bietet nur der Alltrack.

Die gezeigte R-Line-Version zeigt sich hübsch und athletisch. Mit sportlich gestylten Schürzen, Vier-Rohr-Optik am Heck, schwarz-glänzenden Applikationen und serienmäßigen 17-Zoll-Rädern namens Valencia bietet er – bis auf das „echte“ R-Modell – die wohl sportlichsten Akzente der gesamten Variant-Palette. Doch nicht nur optisch ist die R-Line eine Empfehlung, denn auch ausstattungstechnisch gibt es ab 30.690 Euro jede Menge angenehmer, hilfreicher und auch sicherheitsrelvanter Extras. In Kombination mit dem genannten 2.0 TDI werden mindestens 37.115 Euro fällig, Extra-Aufwendungen brauchen genügsame Autofahrer nicht. Technikverliebte sollten jedoch die adaptive Fahrwerksregelung zu 1.045 Euro, IQ.Light­-LED-Matrix­schein­werfer für 2.110 Euro sowie das 1.950 Euro teure Navigationssystem Discover Pro mit einkalkulieren. Dann hat auch der Kombi alles an Bord, was man heutzutage und auch in Zukunft so braucht – vor allem eine Smartphone-Anbindung über CarPlay. Die folgende Sicherheitsausstattung ist dafür Serie: erweiterte Abbiegebremsfunktion und Ausweichunterstützung, Einparkhilfe, Geschwindigkeitsbegrenzer, Müdigkeitserkennung, Notbremsassistent „Front Assist“ mit Fußgänger- und Radfahrererkennung sowie Spurhalteassistent „Lane Assist“. So lässt der Golf Variant R-Line auch bei der Sicherheitsausstattung kaum Wünsche offen – höchstens den nach dem teilautonomen Fahrassistenten Travel Assist. Den gibt‘s aber auch optional.

Ach so … bevor wir es vergessen: Er fährt sich auch gut! Wissen Sie was? Der 2.0 TDI ist der perfekte Motor für den Variant! Er hat eine kleine Anfahrschwäche, dreht dann aber umso vehementer gen der Vier-Fünf, bis der rote Bereich anfängt. 360 spritzige Newtonmeter werden bereits ab 1.600 Umdrehungen auf die Kurbelwelle gehoben und liegen bis 2.750 Touren an. Das bewirkt auch eine subjektive Spritzigkeit, da das 7-Gang-DSG keinen Schaltvorgang verpennt und vor allem in den Fahrmodi Eco, Comfort und Normal der Effizienz wegen recht früh schaltet. Etwas mehr Auslauf bekommen die Gänge im Sport-Modus, wobei ihn das laut Messgerät nicht wirklich schneller macht. Die Werksangabe von 8,9 Sekunden auf 100 Stundenkilometer bestätigt er auf jeden Fall mehrmals – routiniert. Schluss mit lustig ist erst bei rund 220 Stundenkilometern.

Die Akustik des Aggregats ist stets angenehm und hintergründig. Am stärksten brilliert der Golf Variant aber beim Fahrverhalten: So fuhr der Testwagen mit sehr ausgewogen agierendem DCC-Fahrwerk und damit auch dem Fahrdynamik-
Manager, Ventura-Optionsfelgen (ebenfalls in 17 Zoll) samt Performance-Reifen für mehr Fahrdynamik, serienmäßiger Progressiv-Lenkung und elektronischer Differenzialsperre XDS vor. Diese Kombination sorgt vor allem auf kurvigen Straßen für eine hohe Agilität.

Wandlungsfähiger Charakter

So richtig komfortabel mag das Abrollverhalten im „Ich-mag‘s-härter“-Modus (Sport) zwar nicht mehr sein, dafür steigen hier aber auch die querdynamischen Fähigkeiten. Überzeugend: die mustergültig arbeitende Lenkung.

Langstreckenpiloten verstellen das DCC-Fahrwerk auf die komfortabelste der 16 Stufen und lassen sich vom jetzt wirklich hohen Fahr- und Geräuschkomfort verwöhnen. Dazu tragen auch die absolut Fernreise- tauglichen Integralsitze in erster Reihe sowie die angenehme Sitzposition im Fond bei.

Die enorme Sparsamkeit des Diesel-Triebwerks lässt die teils etwas verzwackte Bedienung vergessen: Ein Verbrauch von durchschnittlich nur fünf Litern auf 100 km/h machen den TDI zum absoluten Dauerläufer. Mit nur einer Tankfüllung von München nach Berlin zu fahren, ist somit nicht nur „ein Geschwätz“, sondern absolut machbar. Jawohl, der 2.0 TDI und der Golf Variant sind die perfekte Kombination.