Test Golf GTI ClubsportHimmel und Hölle

Joshua Hildebrand

 · 11.07.2021

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Foto: Jan Bürgermeister

VW filtriert die GTI-DNA und nennt das Konzentrat erneut Clubsport: schneller, sportlicher, präziser – zudem mit einem Nord­schleifen-Fahr­modus gesegnet. Ist er der fahrtechnische Himmel auf Erden?

Wahnsinn, warum schickst du mich in die Hööölle? Hölle, Hölle, Hölle … Nein, wir sind nicht im „Skistadl“, sondern in der Fahrprofilauswahl des neuen Golf 8 GTI Clubsport. So viel Zeit muss sein: Der erste GTI Clubsport kam im Jahr 2016 auf den Markt und leistete 265 PS, im kurzzeitigen Overboost sogar bis zu 290 PS. Noch im selben Jahr folgte der auf 400 Stück limitierte Clubsport S mit permanent abrufbaren 310 PS – der bis heute stärkste Serien-GTI und bei eingefleischten Golf-Fans längst legendär. Besonders auch deshalb, weil er einen Nordschleifen-Rundenrekord für frontgetriebene Fahrzeuge aufstellte. Schwierig, zu toppen? Abwarten … Denn der neue GTI Clubsport hat sich bereits in Position gebracht: Mit jeder Menge technischer Überarbeitung, bringt er es auf 300 PS und 400 Nm! Über Parameter wie Motorsteuerung, Ladedruck und Kraftstoff-Injektoren mit höherem Einspritzdruck (350 statt 200 bar) wurde der reibungsoptimierte EA-888-Motor (evo4) mit zwei Litern Hubraum, Conti- statt Garrett-Turbolader sowie größerem Ladeluftkühler optimiert. Im Vergleich zum Einstiegs-GTI steht hier unter dem Strich ein Leistungsplus von 55 PS (+30 Nm). Damit ist er ganz nah dran am legendären Vorgänger, wuppt sogar 20 Newtonmeter mehr auf die Kurbelwelle und besteht die aktuelle Abgasnorm Euro 6d-ISC-FCM – Sport mit gutem Gewissen sozusagen.

Willkommen im Club

Nicht der Nürburgring, sondern ein weitläufiger Flugplatz dient uns heute als Testgelände. Der perfekte Rahmen für unseren Clubsportler, der sich mit ein paar Details als extra scharfer GTI zu erkennen gibt: keine 5-Punkt-Nebelscheinwerfer-Sigantur in der Frontschürze, dafür aber ein stylisches LED-Leuchtband im Kühlergrill. Die IQ.Light-LED-Matrixscheinwerfer mit Kurvenfahrlicht und dynamischer Blinkleuchte kosten extra (1.125 Euro), ebenso die 19-Zoll-
Felgen „Adelaide“ (825 Euro). Serienmäßig sorgt der offene Stoßfänger und der neu gestaltete Frontsplitter für mehr Abtrieb an der Vorderachse. Ferner besitzt der Clubsport breitere Seitenschweller und wieder einen zweiteiligen Dachkantenspoiler, welcher den Auftrieb an der Hinterachse reduziert. Flankiert wird das ganze Schauspiel von einem mächtigen Diffusor und – ganz wichtig – einer größeren, klangstärkeren Abgasanlage mit ovalen Endrohren. Fertig ist das Clubsport-Outfit! Das „i-Tüpfelchen sind sportlich abgemischte 235-35er-Pneus vom Typ Bridgestone Potenza S005, 460 mm große, gelochte Bremsscheiben und ein um nochmals zehn Millimeter tiefergelegtes Fahrwerk.

Etwas weniger Eigenständigkeit zeigt der Innenraum: Bis auf eine Clubsport-spezifische Polsterung der gut stützenden Sportsitze finden Insassen das Cockpit des Standard-GTI vor. Das Sport-Lederlenkrad liegt griffig in der Hand, was vor allem auch am Lochleder auf 3 und 9 Uhr liegt. Dafür ist die berührungssensitive Lenkradbedienung etwas suboptimal, wir aktivierten im Eifer des Kurven-Gefechtes mehrfach ungewollt die Lenkradheizung. Ansonsten bietet auch der Clubsport alle digitalen Annehmlichkeiten, wie ein volldigitales, individualisierbares Cockpit samt mittigem GTI-Drehzahlmesser, unterschiedliche Zusatzanzeigen für Ladedruck oder G-Meter, zudem einen Laptimer für den gelegentlichen Ausflug auf die Rennstrecke.

Ahaaaa … Das ist doch ein gutes Stichwort! Für den sportlichen Einsatz haben die Wolfsburger nämlich Bauteile wie Querlenkerlager, Radträger, Federn, Dämpferlager und Dämpferhydrauliken entweder erneuert oder überarbeitet. So verfügt der CS über eine äußerst straffe Abstimmung, das optionale DCC- Fahrwerk (1.045 Euro) zeigt vor allem im Sport-Modus Härte, dämpft aber selbst auf welligem Untergrund nicht gefühllos.

Dazu gesellt sich die serienmäßige Progressivlenkung, die über eine höhere Linearität der Gier-Reaktion verfügt und schlussendlich mehr Feedback vermittelt. Kurzum: Mit dem GTI CS Kurven zu sezieren, sorgt für wahre Freudensprünge! Vorausgesetzt, man wühlt sich durch das Fahrzeugmenü und schaltet das ESC auf Sport oder gleich ganz aus.

Geschärftes Fahrwerkslayout

Auf 100 km/h sind wir schnell: in genau 5,6 Sekunden. Wenig später knacken wir die 200. Noch immer schiebt der zwangsbeatmete „Zwoliter“ mit über 2 bar Ladedruck vehement voran und fährt erst bei 250 km/h gegen eine elektronische Wand.

Wir brettern über die Flugbahn, unzählige Fliegen prasseln gegen die Windschutzscheibe (Sorry!). Der GTI CS liegt auch bei Hochgeschwindigkeiten wie das sprichwörtliche Brett auf der Straße.

Der rechte Fuß wechselt blitzschnell das Pedal, wir werfen den „Anker“ und sind erstaunt, wie vehement die Sportbremsen zupacken. Über die Schaltwippen tippen wir drei Gänge des 7-Gang-DSG blitzschnell herunter – im Übrigen ist das Getriebe im Clubsport etwas kürzer übersetzt, der siebte Gang eher ein Spritspar-Gang für die Autobahn. 3. Gang, gleichzeitig folgt der Lenkeinschlag, 90 Grad links. Bereits nach kürzester Zeit hat der CS unser Vertrauen, wir fahren Runde um Runde, treffen immer und immer wieder punktgenau den Scheitel. Das nennen wir Perfektion! Scharrende Vorderräder zeigen sich dabei höchstens beim Herausbeschleunigen aus engen Kurven.

Ein negativerer Sturz (–1° 20‘) an der Vorderachse sowie die performance- orientierte Applikation des Fahrdynamikmanagers zeigen Wirkung: Nicht nur die elektronische Differenzialsperre XDS und die Querdynamikanteile der optional geregelten Dämpfer werden in das seperate Steuergerät eingebunden, sondern erstmals auch die serienmäßige, elektromechanische Vorderachsquersperre, kurz VAQ. Diese hat auch der GTI, sie befindet sich hier jedoch nicht im Verbund des Fahrdynamikmanagers. Dank vollvariabler und erhöhter Sperrwirkung der VAQ in Abhängigkeit der ESC-, EDS- und XDS+-Funktionen werden negative Einflüsse auf die Lenkpräzision weiter verringert, die Kurvengeschwindigkeiten erhöht. Darüber hinaus ergeben sich beim CS-Modell mit DCC noch weniger Wankbewegungen, weniger Untersteuern und eine höhere Kurvenperformance.

Wem der Sport-Modus zu hart ist, der kann sich den GTI im Individual-Modus auch einfach selbst „set­uppen“. Eine ganz eigene Abstimmung der Systeme bietet das exklusive Sport-Unterprogramm „Special“ mit softeren Parametern für die Grüne Hölle. Jedenfalls ist dies hilfreich, wenn man es VW-Werks- und Rennfahrer Benjamin Leuchter gleichtun und die Eifel-Achterbahn in unter acht Minuten glattbügeln mag. Zudem macht sich der CS dann mit herzhaften Fehlzündungen beim Gaslupfen oder Herunterschalten bemerkbar – richtig lustig!

Ja, dieser Fronttriebler-Sportler ist fahrtechnisch der Himmel auf Erden. Noch dazu bietet er auch abseits der Piste allerhand Annehmlichkeiten, wie ein modernes Touch-Infotainment (Serie: Discover Media, optional: Discover Pro) mit serienmäßiger Navigation, auf Wunsch auch eine Lenkradheizung (135 Euro), ein Head-up-Display (700 Euro) und jede Menge Assistenz. Den Clubsport kann man bereits ab knapp 42.000 Euro konfigurieren.

Außerdem gibt es jüngst noch ein Sondermodell vom Sondermodell: den Clubsport 45 (47.790 Euro). Er ist für alle, die nicht genug bekommen können, bietet noch mehr Ausstattung und sogar eine Akrapovic-Abgasanlage.