Joachim Fischer
· 04.08.2023
Sag‘ zum Abschied leise Servus“, sang für unsere Eltern und Großeltern einst Peter Alexander und verband mit dem österreichisch/bayerischen Ausdruck ein wenig Hoffnung auf ein Wiedersehen. Dass wir schon zum Einstieg über einen Ausstieg reden müssen, können wir Ihnen leider nicht ersparen. Aller Voraussicht nach wird Audi den TT nach rund 25 Jahren spätestens zum Ende 2023 auslaufen lassen – zumindest in seiner aktuellen Form und mit den noch bestellbaren Motorisierungen. Die Zukunft ist eben elektrisch. Vorstellbar wäre hier ein komplett neuer TT auf einer gemeinsamen Plattform mit einem künftigen E-Porsche 718.
Doch noch ist das Zukunftsmusik. Momentan sind TT Coupé und TT Roadster in einigen Motorisierungs-Varianten orderbar. Bereits aus dem Konfigurator verschwunden waren – zumindest zu Redaktionsschluss – die TTS- und TT RS-Modelle. Ersatzweise wird auf bereits gebaute Neu- oder Gebrauchtwagen bei den Händlern verwiesen.
Allenfalls dort, auf den großen Auto-Plattformen oder in Sammlerkreisen wird man mit viel Glück noch auf ein Exemplar unseres aktuellen Testwagens stoßen: Ein TT RS Coupé Iconic Edition. Streng limitiert auf 100 Exemplare für ganz Europa, wurde der Supersportler Ende letzten Jahres bestellbar (GF berichtete in Ausgabe 11/22) und ist inzwischen natürlich vergriffen. Dennoch wollen wir Sie teilhaben lassen an dem Spaß, der uns mit dem „Iconic“ noch einmal gegönnt war.
113.050 Euro kostete die Sonderserie in Deutschland. Alle Fahrzeuge hatten die identische Farbe und Ausstattung. Trendiges „Nardograu“ – benannt nach dem italienischen Rennkurs, auf dem Audi RS-Modelle gern erste Testkilometer sammeln –, und Schwarz bilden das Farbkonzept der Iconic Edition. Letzteres findet sich in Hochglanz auf den editionsspezifischen 20-Zoll-Alu-Rädern im 7-Arm-Design mit 255/30er Sportreifen und den Bremssätteln sowie an Grill, Modellbezeichnungen, Audi-Ringen und den Außenspiegeln. Matt getüncht sind der Singleframe mit dem titanfarbenen Quattro-Schriftzug.
Mehr kontrastiges Schwarz bringt zudem das umfangreiche Aerokit des „Iconic“, das bei Audi Sport im Windkanal entwickelt wurde. Es umfasst vorne seitliche Flics, Frontsplitter und Blades in den Lufteinlässen. Seitlich kommen Schwelleraufsätze hinzu, am Heck ein RSspezifischer Diffusor, der die zwei armdicken, ovalen Endrohre der RS-Sportabgasanlage beherbergt. Auf dem Heckdeckel sorgt ein feststehender Carbon-Flügel mit seitlichen Winglets für echtes „Fast and Furious“-Gefühl sowie natürlich mehr Anpressdruck bei hohen Tempi.
Auch im Innnenraum ist alles auf Grau/Schwarz getrimmt. Feines Nappaleder in Jetgrau und schwarzes Alcantara mit Kontrastnähten in Calendulagelb dominieren. Die Verarbeitung durch Audi Exclusive ist wie gewohnt piekfein, der haptische Eindruck bis hin zum Alcantara-bezogenen Lenkrad mit 12-Uhr-Markierung einfach sensationell. Das Tüpfelchen auf dem i ist schließlich die im S-Tronic-Wählhebel eingelassene Plakette mit der individuellen Nummer des limitierten Sondermodells. Darüber hinaus ist der TT RS Iconic Edition ganz simpel vollausgestattet. Von den vollelektrischen RS-Sportsitzen über das Virtual Cockpit bis hin zum Bang & Olufsen Premium Soundsystem.
Doch das Wichtigste an jedem TT RS steckt unter der vorderen Haube. Dort arbeitet Audis legendärer Fünfzylinder. Hier kurz die Meilensteine seiner Benziner-Entwicklung (es gab auch zahlreiche Diesel, darunter 1989 den ersten Direkteinspritzer-TDI): 1976 Debüt im Audi 100 5E mit 2,1 Liter Hubraum, ab 1980 im Audi Urquattro, ab 1983 im unvergessenen, kurzen Sport Quattro, 1987 Sieg im Sport Quattro S1 mit knapp 600 PS am Pikes Peak mit Walter Röhrl am Steuer, 1989 Erfolge in der US-amerikanischen IMSA-GTO-Serie mit zirka 720 PS oder auch ab 1994 im Audi RS2, dem ersten, klassenbildenden Sport-Kombi. Absoluten Kultstatus erreichte das Aggregat aber durch Audis Rallye-Monster der 1980er-Jahre – etwa in der seligen Gruppe B – und hat sich wohl für immer ins kollektive Gedächtnis aller Motorsport-Fans gebrannt. Sein Comeback feierte das Triebwerk 2009 im Audi TT RS, nun mit 2,5 Litern Hubraum. Ab 2010 wurde der Motor neun Mal in Folge mit dem „International Engine of the Year“-Preis seiner Klasse ausgezeichnet – was für eine Karriere und Vielseitigkeit!
Audi TT RS Iconic Edition 2.5 TFSI Quattro S-Tr.
In Sachen Fahrdynamik macht dem TT RS keiner etwas vor. Er liegt wie das sprichwörtliche „Brett“ auf der Straße, bietet dank Quattro-Antrieb XXL-Traktion
Heute haben wir nun das Vergnügen, die letzte Entwicklungsstufe des Fünfenders noch einmal zu testen – im TT RS Iconic Edition.
Rein technisch hat Audi an seinem Parade-Motor gegenüber der normalen TT RS-Serie nichts verändert. Es bleibt also bei fünf Töpfen, 20 Ventilen, VTG-Turboaufladung, Ladeluftkühlung, kontinuierlicher Ein- und Auslassnockenwellen-Verstellung,
Valvelift-Ventilhubumschaltung und Benzin-Direkteinspritzung. Um den heißen Atem des Sportmotors zeitgemäß nach Euro 6d-EVAP-ISC zu reinigen, gibt‘s noch einen Vor- zum Haupt-Katalysator sowie den obligatorischen Partikelfilter. Unterm Strich resultieren daraus 400 PS bei 5.850 bis 7.000 Kurbelwellen-Rotationen pro Minute und maximal 480 Nm Drehmoment bei 1.950 bis 5.850/ min – also kein PS- oder Drehmoment-Zuschlag. Nur die Vmax wird erst bei 280 km/h und nicht schon bei 250 elektronisch abgeregelt. Die Kraftübertragung übernehmen ein 7-Gang S-Tronic-Doppelkupplungsgetriebe und der elektronisch geregelte Allradantrieb mit Lamellenkupplung nach Haldex-Prinzip. Das ist der komplette Antriebsstrang des kompakten Sportlers.
Sowohl auf der Rennstrecke als auch auf der Landstraße hinterlässt der TT RS Iconic Edition einen supersportlichen Eindruck
Wir starten – stilvoll mit dem Knopf am MF-Sportlenkrad. Braam! Da ist er, der charakteristische Fünfzylinder-Klang mit dem einzigartigen Rhythmus, erzeugt durch die Zündfolge 1-2-4-5-3. Aufregend, ihn wieder einmal zu hören. Es kribbelt im Nacken – Vorfreude ... Los geht‘s in Fahrstufe D. Absolut alltagstauglich rollt der TT RS Iconic Edition los, gibt sich in der Stadt lammfromm. Das serienmäßige Magnetic-Ride-Fahrwerk steht auf Komfort-Stellung, die Abstimmung ist straff, aber nicht unkomfortabel. Maschine und Öl sind vorgewärmt, da kann man links am Lenkrad den Fahrmodus auch auf Sport stellen. Das Setup wird knackiger, der Motorsound etwas voller, die S-Tronic schaltet herunter – bereit für einen kleinen Zwischenspurt auf der Landstraße. Gas! Augenblicklich setzt gewaltiger Schub ein. Der Blick auf Tempo und den zentralen Drehzahlmesser mit Schalt-Anzeige im RS-Mode des Virtual Cockpit gebietet Einhalt. Uff, Beherrschung, bis ich auf der Autobahn bin.
Endlich! Einfädelspur auf das vierspurige Asphaltband, Blinker setzen, alles frei, Vollgas! Die S-Tronic schaltet zwei Stufen herunter, die Klappen im Sportauspuff werden aufgerissen,
die Drehzahlmessernadel tanzt zwischen fünf- und siebentausend Touren Pogo. Der TT stürmt wie vom Katapult geschossen voran. Laut unseren Messungen benötigt er 3,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, 13,3 Sekunden bis Tempo 200 und stürmt bis zur Topspeed weiter. Immer wieder beeindruckend, wie leichtfüßig und drehzahlgierig der Fünfzylinder das mindestens 1.475 Kilo schwere Coupé durch die Landschaft scheucht.
Dazu singt, faucht und röhrt das Sport-Triebwerk das Lied der Rennstrecke, dass es einem sofort die Nackenhaare aufstellt. Zugegeben, ältere TT RS-Generationen konnten dies noch stimmgewaltiger, doch OPF und Lärmvorschriften fordern ihren Tribut, dem auch das Auspuff-Patschen beim Gaswegnehmen zum Opfer fiel.
Trotzdem lässt der TT auch so keinen Zweifel aufkommen, dass man in einem echten Sportwagen sitzt. Alles passt perfekt, ist auf den Fahrer ausgerichtet. Die Sitzposition liegt ultratief, die RS-Sportsitze schmiegen sich um einen, bieten vorzüglichen Seitenhalt. Die Bedienung kommt ohne ablenkenden Touchscreen aus. Der gute, alte Dreh-/ Drücksteller reicht völlig aus. Der Rest lässt sich über das Lenkrad oder Taster erledigen. Gut! So kann man das Erlebnis TT RS Iconic Edition wirklich genießen und sich auf das Wesentliche konzentrieren: das Fahren. Das macht wiederum saumäßig viel Spaß. Kurvige Landstraßen sind dabei vielleicht am beeindruckendsten.
Der TT liegt wie das sprichwörtliche Brett auf der Straße, folgt Richtungsanweisungen der straff ausgelegten Progressivlenkung ohne jegliche Verzögerung und ultraexakt. Der Abrollkomfort ist trotz 20-Zöllern auch im Sportmodus noch kommod, die Bandscheiben spielen nicht „Domino-Day“.
Anbremsen, Einlenken und am Scheitelpunkt der Kurve gnadenlos aufs Gas – der TT baut dank des Quattro-Antriebs unerschütterliche Traktion auf und folgt der vorgegeben Choreografie super-neutral. Die erzielbaren Kurvengeschwindigkeiten sind atemberaubend und sollten nur auf der Rennstrecke ausgelotet werden.
Dort und bei Highspeed auf der Autobahn kann man auch die Wirkung des Aerokits erspüren. Es vermittelt deutlich mehr Anpressdruck, lässt den TT förmlich mit dem Asphalt verschmelzen. Lenkbefehle werden gerade bei hohen Tempi fast wie in einem „echten“ Rennwagen umgesetzt. Die TT RS-Bremsen sind passend dazu ungeheuer zupackend und standfest. Der Druckpunkt im Pedal ist schön straff und dennoch fein dosierbar.
Noch eine Vorbemerkung zum Verbrauch: Von Nichts kommt nichts! Im Testschnitt konsumierte unser „Iconic“ 9,9 Liter Super Plus pro 100 Kilometer. Bei artgerechter Haltung können es auch mal knapp 15 Liter werden. Wer nur herumrollt, kann auch mit rund 8 Litern auskommen. Das gilt im übrigen nicht nur für den TT RS Iconic Edition, sondern auch für einen TT RS von der Stange. Der kann fahrdynamisch – abgesehen von den Vorteilen des Aerokits – alles genauso gut wie ein Exemplar aus der Sonder-Edition. Wer also auf einen TT RS mit dem fantastischen Fünfzylinder steht und auf den Luxus sowie die Exklusivität des „Iconic“ verzichten kann, wird mit einem Serien-TT RS ebenso gut und viel günstiger bedient. Zudem sind die noch leichter zu finden. Servus, TT RS, es war wunderschön mit dir.
Test kompakt
Der Audi TT RS Iconic Edition ist faszinierend – wegen seiner Exklusivität aufgrund der auf nur 100 Exemplare limitierten Kleinserie, seinem individuellen, supersportlichen Aerokit und seiner Vollausstattung, die noch durch ein allein diesem Sondermodell vorbehaltenes Innen-Design ergänzt wird. Technisch und fahrdynamisch unterscheidet er sich dagegen nur minimal von „normalen“ TT RS Coupés der aktuellen Serie, die ihre Faszination insbesondere dem legendären Turbo-Fünfzylinder mit 400 PS und 480 Nm verdanken.
Technische Daten
Motor
Karosserie
Fahrwerk
Assistenten
Serie:
Optional (Auswahl):