Florian Neher
· 27.02.2023
Der Traum nicht nur unzähliger Außendienstler – ein Audi A6 vor der Tür zeigt, dass man es zu etwas gebracht hat. Bildet der Avant mit 204-PS-TDI und Quattro-Antrieb die silberne Mitte zwischen 163-PS-Basis und (R)S-Modell?
Ihn erschwinglich zu nennen, wäre vermessen: Für einen A6 Avant 40 TDI Quattro sind mindestens 59.750 Euro anzulegen, in der hier gezeigten Design-Ausstattung gar 62.050 Euro, der prall ausstaffierte Testwagen kam auf saftige 85.310 Euro. Man kann allerdings noch wesentlich mehr Geld für einen Kombi dieser Baureihe ausgeben: Ein 344 PS starker S6 Avant TDI etwa startet schon ohne Extras bei 84.200 Euro und der mächtige RS6 Avant mit 600 PS ist nicht unter 128.000 Euro zu haben. Die Sportmodelle sind zweifelsohne sehr, sehr schnell, in Sachen Nutzwert – und vor allem Komfort – bieten sie jedoch eher weniger als unser braver 204-PS-Diesel-Quattro. Den wir jetzt in Betrieb nehmen. Wir plumpsen auf tief montiertes optionales Sportgestühl (635 Euro Aufpreis), das hervorragenden Sitzkomfort bei sehr gutem Seitenhalt offeriert.
Auch das Raumgefühl ist erstklassig – kein Wunder bei einer fast fünf Meter langen und 1,90 breiten Karosserie. Die Übersichtlichkeit nach schräg hinten leidet zwar etwas unter den breiten D-Säulen, geht aber insgesamt in Ordnung. Die massive Mittelkonsole sorgt dafür, dass sich die Vornesitzenden nicht zu nahe kommen, auch der Fond bietet zwei Erwachsenen genügend Ellenbogen- und Beinfreiheit; zu dritt wird es auf der Rückbank allerdings eng. Die tief absenkbaren Vordersitze sorgen für eine stattliche Kopffreiheit, und auch hinten müssen Großgewachsene nicht den Kopf einziehen. Ablagen für Krimskrams sind in der Mittelkonsole, den Türen und der hinteren Mittelarmlehne ausreichend vorhanden.
Der Traum nicht nur unzähliger Außendienstler – ein Audi A6 vor der Tür zeigt, dass man es zu etwas gebracht hat. Bildet der Avant mit 204-PS-TDI und Quattro-Antrieb die silberne Mitte zwischen 163-PS-Basis und (R)S-Modell?
Gut zugängliches, großes Ladeabteil
Die serienmäßig elektrische Kofferraumklappe gibt den Laderaum praktisch in voller Breite frei. Die Ladekante liegt nur rund 60 Zentimeter hoch und geht fast ohne Stufe in die Ladefläche über. Die serienmäßig dreigeteilt umklappbare Rückbanklehne lässt sich auch vom Kofferraum aus umlegen, die Lehnen fallen dank Federvorspannung von alleine nach vorn. Ab Werk helfen Nettigkeiten wie das seitliche Fach mit Haltenetz sowie das Schienensystem mit verschiebbaren Verzurrösen beim
Fixieren von Transportgut. Für 175 Euro Aufpreis gibt es zusätzlich eine Teleskopstange zum individuellen Aufteilen des Ladeabteils. Unter dem Kofferraumboden lassen sich Kleinigkeiten wie etwa die Teleskopstange bei Nichtbedarf verstauen. Davon abgesehen kann die Dachreling stattliche 100 Kilo stemmen, und an die optionale Anhängerkupplung dürfen gebremste Anhänger mit bis zu zwei Tonnen Gewicht. Auch die Stützlast fällt mit 95 kg ordentlich aus, das reicht locker für zwei Pedelecs, die per Fahrradträger auf der Anhängerkupplung transportiert werden können. Das serienmäßige Bediensystem „MMI Touch Response“ wird über zwei übereinander angeordnete Touch-Bildschirme gesteuert, wovon der obere für das Infotainment und der untere für die Klimatisierung zuständig ist. Unterhalb davon wiederum gibt es eine Leiste mit Sensorflächen für weitere Funktionen wie etwa die Fahrmoduswahl „Drive Select“. Die Touchflächen sind gefedert gelagert und geben ein haptisches sowie akustisches Feedback. Damit funktioniert die die Bedienung über die Touchflächen meist einwandfrei. Dennoch lenkt die Touchbedienung stärker vom Verkehr ab als eine tastengestützte.
Wir starten jetzt den Vierzylinder-TDI, der leise brummelnd seine Arbeit aufnimmt. Dass man ihn im Innenraum – außer bei Vollgas – kaum wahrnimmt, mag neben der grundsätzlich guten Dämmung auch der optionalen Akustikverglasung zu verdanken sein. Sie bringt zwar etwas Gewicht und kostet 500 Euro extra, sorgt jedoch für entspannteres Reisen. Und dafür, dass sich das Bang&Olufsen-Soundsystem mit 3D-Klang (1.150 Euro) noch besser in Szene setzen kann. Auf den ersten Metern im Fahrmodus „Comfort“ gibt sich der immerhin 400 Nm starke Diesel überraschend zäh, dabei liegt das Maximaldrehmoment doch schon ab 1.750 Touren an. Schaltet die Ampel auf Grün und man gibt Gas, bleibt der Wagen zuerst rund zwei Sekunden stehen, bis der Motor gestartet ist und sich die Fuhre in Bewegung setzt. Wir deaktivieren also erst einmal die Start-Stopp-Automatik. Doch auch in Fahrt geben sich Motor und Getriebe eher spröde, wollen lieber in Ruhe gelassen werden und ruhig dahinbummeln.
Liegt’s am mit 1,9 Tonnen recht hohen Gewicht des Testwagens? Der Wechsel in den Fahrmodus „Dynamic“ gibt Aufschluss: Der Motor spricht nun deutlich spontaner aufs Gas an und das Siebenstufen-Doppelkupplungsgetriebe arbeitet gewohnt reaktionsschnell – geht doch! Die Lethargie in den Fahrmodi „Comfort“ und „Efficiency“ ist also beabsichtigt und soll zu einem besonders niedrigen Verbrauch führen. Wer lieber selbst entscheidet, ob er flott oder gemütlich anfährt, wählt also entweder „Dynamic“ oder den lernfähigen Modus „Auto“, der sich dem Fahrstil anpasst. Oder gleich „Individual“, der sich frei konfigurieren lässt – was beim Testwagen den Vorteil hat, dass man das spritzige Motor/Getriebe-Setup mit der weichen Kennlinie der Adaptivdämpfung (1.130 Euro Aufpreis) kombinieren kann. Denn im „Dynamic“-Modus strafft sich mit dem Antrieb auch die Dämpfung, was den sonst so geschmeidigen Federungskomfort kompromittiert. Der tatsächlich so geschmeidig ist, dass man sich die alternativ erhältliche Luftfederung zu 2.000 Euro Aufpreis sparen kann.
Der Effizienzassistent ist dem Fahrer voraus
Der zum „Assistenzpaket Tour“ zählende Effizienzassistent ist anfangs gewöhnungsbedürftig, unterstützt aber beim sparsamen Fahren: Dank GPS-Informationen und Verkehrszeichenerkennung weiß das Auto frühzeitig, wann das Tempo reduziert werden kann und kommuniziert das mit einem zuckenden Gaspedal. Auch im Tempomatbetrieb ist der Effizienz-assistent aktiv und passt die Geschwindigkeit recht betulich dem Streckenverlauf an. Das sorgt beim Hinterherfahrenden schon mal für Unverständnis. Noch etwas anderes fällt schon in den ersten Minuten Fahrt auf: die überraschende Handlichkeit des dicken Brummers. Schneller Blick in die Ausstattungsliste: Tatsächlich hat der Testwagen die Allradlenkung zu 1.130 Euro Aufpreis an Bord. Bei niedrigen Geschwindigkeiten lenken die Hinterräder entgegengesetzt zu den Vorderrädern, womit sich der Wendekreis deutlich verkleinert. Bei hohem Tempo hingegen lenken alle Räder gleichsinnig, was die Hinterachse – etwa bei einem Ausweichmanöver – stabilisiert. Die Lenkung an sich ist direkt übersetzt, gut zentriert und arbeitet sehr präzise. Auch die Bremse gibt sich unauffällig perfekt: tadellose Dosierbarkeit, klarer Druckpunkt, hohe Wirksam- und Standfestigkeit.
Mit „Pre Sense Front“ ist bei allen A6 serienmäßig ein automatisches Notbremssystem an Bord, das die Daten der Frontkamera nutzt und ab 5 km/h Radfahrer, bis zirka 85 km/h Fußgänger und bis 250 km/h Fahrzeuge erkennt und vor einer drohenden Frontalkollision warnt. Die Warnung erfolgt optisch, akustisch und haptisch, im Ernstfall erfolgt eine Bremskraftunterstützung oder gar Vollbremsung. Darüber hinaus bereitet das System bei einem erwarteten Unfall den Wagen und die Insassen darauf vor, indem die Gurte gestrafft, die Fenster weitgehend geschlossen und der Warnblinker aktiviert werden.
Auch ein Tempomat mit Begrenzerfunktion sowie ein Spurhalteassistent sind serienmäßig an Bord. Jede Menge weitere Assistenzsysteme kommen gegen Aufpreis und zum Teil in Paketen gebündelt. Darunter etwa der Abbiegeassistent, der eine Kollision mit dem Gegenverkehr durch einen Bremseingriff verhindern kann. Oder der Notfallassistent, der ähnlich einer „Totmannschaltung“ in Zügen erkennt, wenn der Fahrer nicht mehr reagiert. Sodann wird optisch, akustisch und haptisch gewarnt, danach die Steuerung des Wagens übernommen und dieser automatisch in der Fahrspur bis zum Stillstand abgebremst. Im Anschluss wird ein Notruf abgesetzt.
Man braucht im Grunde nicht viele Extras
LED-Scheinwerfer sind bei allen A6 Serie, der empfehlenswerte Fernlichtassistent, der durch „Ausschneiden“ des Gegenverkehrs aus dem Lichtkegel dessen Blendung vermeidet, kostet schlanke 140 Euro Aufpreis. Was wir ferner empfehlen, sind etwa der 73 statt 63 Liter fassende Kraftstofftank, der auf Basis unseres Testverbrauchs die Reichweite um gut 150 auf über 1.100 Kilometer erhöht. Außerdem lässt sich kostenlos ein 22 Liter großer AdBlue-Tank anstelle des nur 12 Liter fassenden Reservoirs ordern. Und das Notrad für 180 Euro, das im Gegensatz zum serienmäßigen Reifenreparaturset tatsächlich eine Weiterfahrt garantiert. Zur Kostensenkung würden wir andererseits auf einige Annehmlichkeiten des Testwagens verzichten: Auf die komplexe Allradlenkung für 1.900 Euro etwa, ebenso auf die großen Räder, die den Abrollkomfort verschlechtern. Und ja, auch auf den Quattro-Antrieb, was 2.750 Euro und 65 Kilogramm spart. Denn so wild ist der 204-PS-TDI nicht, dass er ohne Allrad nicht laufen könnte ...
Motor
Karosserie
Assistenten
Serie:
Optional (Auswahl, teils nur in Paketen):
Konnektivität
S Serie / Ooptional / – nicht verfügbar
Preise (in Euro)
Mit dem 204-PS-Diesel ist der A6 Avant ein sehr komfortables und sparsames Reiseauto
Test kompakt
Für den einen oder anderen finanziell gerade noch erreichbar, stellt der 40 TDI Quattro im Portfolio des A6 Avant tatsächlich einen sehr guten Kompromiss dar. Geräumige Karosserie und komfortables Chassis treffen auf ausreichend flotten und sehr sparsamen Motor– ein Top-Reiseauto. Unser Tipp: Der frontgetriebene 40 TDI spart 2.750 Euro und 65 Kilo!