Audi A4 Avant 40 TFSI Quattro vs. Audi A5 SB 40 TFSI Quattro - Schlüsselerlebnisse

Florian Neher

 · 28.07.2023

Audi A4 Avant 40 TFSI Quattro vs. Audi A5 SB 40 TFSI Quattro - SchlüsselerlebnisseFoto: Jan Bürgermeister
Audi A4 Avant 40 TFSI Quattro vs. Audi A5 SB 40 TFSI Quattro
Dieser Vergleichstest ist wirklich unmöglich: Coupé gegen Kombi, Herz gegen Hirn, Apfel gegen Birne – nicht vergleichbar! Oder sind die Beiden einfach nur unvergleichlich?

Am Stammtisch wäre das Thema schnell erledigt: Praktischer Kombi oder fünftüriges Coupé? Vernunft oder Leidenschaft? Muss doch jeder selbst wissen, Schulterzucken, noch eine Lage Bier und Korn, Ende der Geschichte. Doch es ist komplizierter. Denn der A4 Avant ist weder hässlich noch unsportlich. Und der A5 Sportback gar nicht mal so unpraktisch. Wir schauen also etwas genauer hin.

Dank niedrigerem Dach und Fließheck hat der A5 Sportback eine deutlich bessere Aerodynamik als der A4 AvantFoto: Jan BürgermeisterDank niedrigerem Dach und Fließheck hat der A5 Sportback eine deutlich bessere Aerodynamik als der A4 Avant

Um uns voll auf die unterschiedlichen Karosserie-Philosophien konzentrieren zu können, wählten wir die beiden Testwagen mit identischem Antrieb und gleicher Ausstattungslinie: Zweiliter-Turbobenziner mit 204 PS und Quattro-Antrieb in der Advanced-Ausstattung zu Grundpreisen um 50.000 Euro, wobei der A5 Sportback 1.250 Euro teurer ist als der A4 Avant. Eigentlich müsste es umgekehrt sein, denn mit dem Kombi bekommt man faktisch mehr Auto: Seine Karosserie baut sechs Zentimeter höher, trägt mehr Blech auf dem Heck und bietet daher ein größeres Kofferraumvolumen: 495 bis 1.495 Liter finden jenseits der nur 63 Zentimeter hohen Ladekante Platz. Für einen Kombi sind das allerdings keine Rekordwerte, der A4 Avant gibt lieber den Edeltransporter als den Lastesel. Wer also wirklich viel Stauraum benötigt, sollte gleich eine Klasse höher beim A6 Avant einsteigen.

So fällt der Unterschied zum A5 Sportback auf dem Papier gar nicht mal riesig aus: Hinter dessen vier Zentimeter höher verlaufender Ladekante öffnet sich ein Gepäckabteil mit regulär 465 Liter Volumen, das bei (ebenfalls dreiteilig) umgelegter Rückbanklehne und dachhoher Beladung stufenweise auf bis zu 1.280 Liter erweitert werden kann. Die Lehnen lassen sich von der Rückbank aus entriegeln und umklappen, separate Entriegelungshebel im Gepäckraum wie beim A4 Avant gibt es beim Sportback leider nicht. Im Kofferraum sind Verzurrösen und ein Seitenfach serienmäßig, praktische Spannbänder sowie ein Netz am Boden gibt es gegen Aufpreis.

Bewertung
Zentraler Touch-Monitor mit bestechender Auflösung, aber blickgeführter, vom Verkehr ablenkender Bedienung
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Sportback mit durchaus praktischen Anlagen

Die Kofferraumklappe öffnet und schließt wie beim A4 Avant ab Werk elektrisch, mit der Option Komfortschlüssel samt sensorgesteuerter Gepäckraumentriegelung öffnet und schließt die Heckklappe automatisch durch einen berührungslosen Schwenk mit dem Fuß unter der Heckschürze. Das einigermaßen variable Fließheck schlägt sich beim normalen Wocheneinkauf also kaum schlechter als das Kombiheck. Freilich nur bis zu einem gewissen Punkt: Bei allzu würfelförmigem Sperrgut, wie etwa der in solchen Fällen gern herbeizitierten Waschmaschine, muss der A5 Sportback mit seiner früh abfallenden Dachlinie passen. Nur: Wie oft kaufen Sie eigentlich eine neue Waschmaschine?

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Der steile Heckabschluss bringt neben dem Plus an Volumen natürlich auch Vorteile beim Transport sperriger Güter
Foto: Jan Bürgermeister

Dann ist da aber noch die Kopffreiheit im Fond: Während im Avant auch 1,90 Meter große Personen problemlos unterkommen, nimmt der Scheitel im Sportback-Fond ab 1,80 Meter Körpergröße schon Kontakt zum Innenhimmel auf. Auch das seitlich stärker eingezogene Dach sorgt dafür, dass sich Menschen im Fond beengter vorkommen als auf der Rückbank des Avant. Nicht ohne Grund ist der Sportback grundsätzlich ein Viersitzer und die dreisitzige Rückbank aufpreispflichtig (380 Euro). Vorn hingegen herrscht annähernd Gleichstand: A4 Avant und A5 Sportback bieten auch Zwei-Meter-Riesen genügend Bewegungsfreiheit – trotz des niedrigeren A5-Dachs auch in Sachen Kopffreiheit, denn die Sitzposition fällt entsprechend tiefer aus – was nicht nur Vorteile hat: Die Fahrzeugenden des A5 entziehen sich dem Auge, vor allem hinten ist der Karosserieabschluss nur zu erraten, auch weil breite Dachsäulen und schmale Heckscheibe die Sicht im viertürigen Coupé verbauen. Das Einund Aussteigen ist durch die niedrige Sitzhöhe ab einem gewissen Alter beschwerlich, insbesondere hinten, wo zudem die Türausschnitte wirklich knapp ausfallen. Und die schmalen Fensterflächen lassen den A5 subjektiv noch enger wirken. Hinzu kommt bei den hinteren Plätzen der eingeschränkte Platz im Fußbereich, der durch die voluminösen Schweller und die Lehnen der Vordersitze beschnitten wird.

Ergonomisch sehr gelungenes A4-Cockpit, dessen Bedienung keine Rätsel aufgibt. Das Infotainment mit seinen zahlreichen Untermenüs ist durchaus erlernbar
Foto: Jan Bürgermeister
Mit einem A4 oder A5 steht man auf der Sonnenseite des Lebens ...

Der A5 Sportback kann aber auch anpacken: Als Zugfahrzeug darf er gebremste Anhänger bis immerhin 1,7 Tonnen ziehen. Als Stützlast sind bis zu 80 kg auf der Anhängerkupplung erlaubt, was auch für einen Fahrradträger samt zweier Pedelecs reichen sollte. Auf dem Dach sind Lasten bis zu 90 kg möglich, eine Dachreling gibt es allerdings nicht. Insgesamt beträgt die Zuladung inklusive Fahrer ordentliche 575 Kilo.

Maßvoll: Mit optionalen 18-Zöllern bleibt dem A4 Avant ein guter Abrollkomfort erhalten
Foto: Jan Bürgermeister
Große Klappen haben sie beide: Der Avant bietet den üppigeren Laderaum, der Sportback transportiert mehr Lifestyle
Auch die Heckleuchten sind komplett LED-bestückt
Foto: Jan Bürgermeister

Der A4 Avant schluckt nicht soviel mehr: 600 Kilogramm Zuladung, wovon 90 auf das Dach und 80 auf die Anhängerkupplung verteilt werden können. Gebremste Anhänger dürfen auch bei ihm bis zu 1,7 Tonnen schwer sein. Die Rundumsicht ist im Avant allerdings deutlich besser, die nicht ganz versenkbaren Kopfstützen der Rücksitzbank und die hinteren Dachsäulen schränken die Sicht nach hinten in noch erträglicher Weise ein.

A4 Avant weniger sportlich?

Und fährt denn nun der Avant mit seinem Pummelheck tatsächlich weniger sportlich als sein flacher Fließheck-Bruder, der die Dynamik schon im Beinamen trägt? Nun, um das tatsächlich herauszufahren, bräuchte es eine Rennstrecke. Denn im Leergewicht unterscheiden sie sich nur um vernachlässigbare 15 Kilogramm, die der Avant zusätzlich hinten draufpackt. Freilich hat der Sportback aufgrund seiner flachen Dachlinie einen niedrigeren Schwerpunkt als der Kombi. Da beide Testwagen jedoch mit optionaler Adaptivdämpfung (1.030 Euro) antraten, die im Rahmen des vorgewählten Setups ständig für die optimale Dämpferkennlinie sorgt, lassen sich auf öffentlicher Straße kaum Handling-Unterschiede herausfahren. In einfachen Worten: Weder nervt der höher bauende Avant mit Schaukelbewegungen, noch martert der Sportback seine Insassen mit falsch verstandener Sportlichkeit. Vielmehr verwöhnen beide im Comfort-Modus mit einer sehr geschmeidig ansprechenden Federung, was auch der maßvollen 18-Zoll-Bereifung zu verdanken ist, deren 40er-Querschnitt für einen akzeptablen Abrollkomfort sorgt.

Und geht´s einmal engagiert ums Eck, hält sich die Seitenneigung hier wie da in Grenzen, sogar im Comfort-Modus. Der Sport-Modus reduziert die Aufbaubewegungen nochmal deutlich, wobei die Dämpfer hier zwar spürbar straffer, nicht aber unnachgiebig agieren – die Spreizung der Kennlinien ist über die verschiedenen Fahrmodi nicht riesig. Für den Alltag sind freilich der Comfort- oder der universelle Auto-Modus die richtige Wahl.

Von vorn sehen sie nur auf den ersten Blick gleich aus: Der A5 Sportback baut sechs Zentimeter flacher und auch die Front unterscheidet sich deutlich
Foto: Jan Bürgermeister
Man kann sich die Navigation auch ins Fahrerdisplay, hier Virtual Cockpit Plus, einspiegeln lassen
Foto: Jan Bürgermeister

Beide sehr komfortabel mit Adaptivdämpfung

Das Fahrverhalten an sich ist bei beiden grundsätzlich neutral und wird von der vorbildlich präzisen, direkt übersetzten und fein rückmeldenden Lenkung dirigiert. Dank der haftstarken Michelin Pilot Sport 4 und des Allradantriebs ist Untersteuern ein Fremdwort, wohingegen sich bei beiden per provoziertem Lastwechsel vor einer Kurve das Heck zu sanftem Eindrehen überreden lässt, bevor die Stabilitätskontrolle den Übermut einbremst. Beim Avant mit seinem massigeren Hinterteil gelingt dieses leichte Anstellen gar eine Spur besser.

Auch hinsichtlich der Bremsen muss man ein Lob aussprechen: sauberes Pedalgefühl, satte Verzögerung, auch bei flotter Fahrweise kein Fading. Beide bereiten mit ihrem ebenso sportlichen wie sicheren Fahrverhalten auf der Landstraße viel Freude. Man könnte resümieren, dass der A5 Sportback genau so dynamisch fährt, wie man es aufgrund seiner Optik erwartet hat. Und der A4 Avant die große Überraschung ist, weil man ihm seine Handling-Talente auf den ersten Blick gar nicht zutraut.

LED-Scheinwerfer sind Serienstandard, der A5-Testwagen fuhr mit schlauen LED-Matrix-Scheinwerfern zu 1.150 Euro Aufpreis vorFoto: Jan BürgermeisterLED-Scheinwerfer sind Serienstandard, der A5-Testwagen fuhr mit schlauen LED-Matrix-Scheinwerfern zu 1.150 Euro Aufpreis vor

Interessanter Nebenaspekt an der verbauten Quattro-Ultra-Technik: A4 und A5 verfügen ja über den mittlerweile rar gewordenen Längsmotor-Antriebsstrang nach „echtem“ Quattro-Prinzip, sprich: mit drei Differenzialen.

Wer unter 1,80 Meter groß ist, hat im Fond des A5 Sportback gut lachen. Größere Menschen nehmen jedoch Kontakt zum Innenhimmel aufFoto: Jan BürgermeisterWer unter 1,80 Meter groß ist, hat im Fond des A5 Sportback gut lachen. Größere Menschen nehmen jedoch Kontakt zum Innenhimmel auf

„Echter“ Quattro-Allrad mit drei Differenzialen

Im Gegensatz zu einem Hang-on-Allrad kann hier dank Mittendifferenzial die Antriebskraft grundsätzlich frei zwischen den Achsen verteilt werden. Der Zusatz „Ultra“ steht für die jüngste Entwicklungsstufe, bei der eine zusätzliche Kupplung die Hinterachse vom Antriebsstrang trennen kann, was die Fahrwiderstände senkt und, etwa bei Konstantfahrt, Sprit spart. Davon spürt der Fahrer rein gar nichts, unter Last stehen immer alle vier Räder unter Dampf und sorgen für eine tadellose Traktion.

Auch der A4 Avant hatte die LED-Matrix-Scheinwerfer an Bord, bei ihm kosten sie 1.590 Euro extra
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Dass sich die beiden Technik-Brüder auch längsdynamisch kaum etwas schenken, war schon zu erwarten: vergleichbares Leistungsgewicht, identisches Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe mit im Ölbad laufenden Kupplungen (was für ein besonders weiches Anfahren und ruckfreies Kriechen sorgt) – macht knapp unter sieben Sekunden für den Sprint auf Landstraßentempo und gut 22 Sekunden bis 180 km/h. Mit 241 gegenüber 232 km/h Spitze beweist der A5 dann aber doch noch, dass ein Fließheck aerodynamisch eben unschlagbar ist. Die in den technischen Daten angegebenen cW-Werte von 0,27 zu 0,30 hatten es ja bereits angedeutet.

Die Tasten und Röllchen an den Lenkradspeichen lassen sich einwandfrei bedienen
Foto: Jan Bürgermeister

Weitere Gemeinsamkeiten sind die Audi-typisch hohe Verarbeitungs- und Materialqualität: Karosserie und Innenraum sind höchst gewissenhaft montiert und die verwendeten Materialien wirken sehr langlebig. Ebenso verfügen beide in der Advance-Linie über eine vernünftige Serienausstattung mit Zwei-Zonen-Klimaautomatik, 17-Zoll-Alus, DAB-Radio und Tempomat sowie vielen weiteren Goodies. Im Falle einer Reifenpanne ist aber lediglich ein Reparaturset an Bord, das sich schnell als unbrauchbar herausstellen kann.

Nur wenige Extras wirklich nötig

Wir würden daher zum Notrad für 125 Euro sowie dem Wagenheber für weitere 25 Euro raten. Ein Radmutternschlüssel zählt immerhin zum serienmäßigen Bordwerkzeug. Auch LED-Scheinwerfer sind Standard, die optionalen Matrix-LED-Leuchten mit blendfreiem Fernlichtassistent sowie Abbiegeund Kurvenlicht aber immer eine Empfehlung wert. Wir würden auch das Head-up-Display für 980 Euro bestellen sowie natürlich die besprochene Adaptivdämpfung für 1.030 Euro.

Wie aber endet nun dieser unmögliche Vergleich? Nun, das Pendel ist klar in Richtung A4 Avant ausgeschlagen, der gegenüber dem A5 Sportback im Alltag praktisch alles besser macht. Allerdings besteht das Leben nicht nur aus Routine – an den anderen Tagen ist man mit dem A5 Sportback einfach schicker angezogen.


Test kompakt

Das ausgewogenere Auto ist ganz klar der geräumigere, praktischere und auch noch günstigere A4 Avant. Fahrdynamisch kann er mit dem A5 Sportback mithalten, beim Komfort sowieso. Im Umkehrschluss ist der A5 freilich kein schlechtes Auto – er gibt eben dem Design die Priorität, bietet aber dennoch eine ordentliche Alltagstauglichkeit. Wer damit klarkommt, ist im A5 Sportback stilvoller unterwegs.