Florian Neher
· 03.08.2023
Die Automarke Hispano-Suiza ist nur echten Oldtimer-Aficionados geläufig – was damit zusammenhängen mag, dass sie in ihrer wechselvollen Geschichte nur von 1904 bis 1937 Autos herstellte. Vom Schweizer Ingenieur Marc Birkigt in Barcelona gegründet, produzierte Hispano-Suiza ab 1911 auch nahe Paris, wo man mit Beginn des Ersten Weltkriegs zudem Flugmotoren baute. Richtig durchgestartet ist die Edelmarke nach dem Ersten Weltkrieg, was die wunderschöne Kühlerfigur, ein fliegender Storch, perfekt symbolisiert. Sie ist ein Tribut an die französischen Piloten, die im Luftkampf ihr Leben ließen, wie etwa Georges Guynemer, der eben diese „cygogne volante“ auf den Seiten seines SPAD-Doppeldeckers trug. Und was hat das alles mit Skoda zu tun? Nun, tatsächlich startete Mitte der Goldenen Zwanziger in der Tschechoslowakei eine Lizenzproduktion des Hispano-Suiza H6B.
Und das kam so: Laurin & Klement fertigten seit 1905 in Mladà Boleslav Automobile. Als ein Feuer auf dem Werksgelände schwere Schäden angerichtet hatte, war man ab 1924 auf der Suche nach einem Kooperationspartner. Fündig wurde Laurin & Klement anno 1925 beim in Pilsen ansässigen Maschinenbau- und Rüstungskonzern Skoda. Dort hatte man ab 1919 militärische Spezialfahrzeuge produziert und zudem bereits Flugzeugmotoren im Auftrag von Hispano-Suiza gebaut. Schon Ende 1924 hatte sich Karel Loevenstein als Geschäftsführer von Skoda Pilsen für eine Lizenzproduktion des Hispano-Suiza H6B entschieden.
Da das Werk in Pilsen über keine Karosseriefertigung verfügte, konnte nun ein Großteil der insgesamt 100 produzierten Fahrzeuge bei Laurin & Klement in Mladá Boleslav komplettiert werden. Die übrigen Autos wurden von unabhängigen Karosserieschneidern wie Aeor, Brožík, J. O. Jech, Petera (Vorläufer des heutigen Skoda-Standorts in Vrchlabí), Pokorný & Beiwl oder Uhlík finalisiert. Neben dem Export nach ganz Europa ging ein Drittel der Autos in die Türkei und nach Argentinien. Das Auslieferungszertifikat für den allerersten Skoda Hispano-Suiza stammt vom 10. Mai 1926 und gehört zu einer Limousine, die dem Mitbegründer und ersten Staatspräsidenten der Tschechoslowakei, Tomáš Garrigue Masaryk, für rund zehn Jahre treue Dienste leistete.
Rechtslenker waren damals auch in Kontinentaleuropa üblich: So konnte der Fahrer direkt vom Trottoir einsteigen
Der hier gezeigte Skoda Hispano-Suiza 25/100 PS wurde 1928 ausgeliefert und vom Präsidenten der tschechoslowakischen Zuckerraffinerien bis Mitte der 1930er-Jahre genutzt, dann zum Feuerwehrfahrzeug umgebaut, bevor er durch die Hände mehrerer Sammler ging, die den Umbau rückgängig machten. Seit 2010 ist er Teil der Sammlung des Skoda Museums und wurde ab 2019 im Zuge einer aufwendigen Restaurierung in seinen korrekten Auslieferungszustand zurückversetzt.
Kleine Anekdote am Rande: Im September 1926 soll das Management von Hispano-Suiza einen Vergleich zwischen ihrem Fahrzeug und dem Lizenzbau von Skoda durchgeführt haben – mit dem Resultat, dass das Skoda-Produkt insgesamt besser war, unter anderem wegen der präziseren Schaltung und Lenkung ...