Joachim Fischer
, Florian Neher
· 14.01.2023
Reichweitenangst hat eine kalte Hand. Wir geben Tipps für winterliche Extra-Kilometer im E-Auto, die wir beim Intensivtest des Cupra Born eiskalt selbst anwenden ...
Der Angstgegner aller Elektroautofahrer ist wieder da: der Winter. Wie jedes Jahr kommt er völlig überraschend hereingeschneit, auch wenn ihn niemand eingeladen hat. Schon schleicht sich die (k)alte Reichweitenangst wieder von hinten an, denn es hat sich herumgesprochen, dass kühle Temperaturen einerseits die Akkukapazität kompromittieren und andererseits einige elektrische Verbraucher zum Beheizen nötig machen. Die Kerze brennt im Winter also von beiden Seiten.
Dazu kommen dieses Jahr auch noch stark steigende Energiekosten – wenngleich wir beim Strompreis im Prinzip Entwarnung geben können: Mit zirka 40 Cent pro Kilowattstunde (kWh) kosten 100 elektrisch gefahrene Kilometer bei einem realistischen Verbrauch von 20 kWh/100 km aktuell nur rund acht Euro – so günstig fährt kaum ein Verbrenner. Es sei denn, Sie Fuchs haben sich noch eiskalt einen Audi A2 3L TDI oder VW Lupo 3L TDI weggestellt ...
Bleibt die schrumpfende Reichweite, die einen irgendwie unfrei und unentspannt macht. Nun, wir hätten da ein paar Kniffe, mit denen wir aus unserem Intensivtest-Cupra-Born derzeit einige Extra-Kilometer heraus- kitzeln, die freilich für alle Stromer aus dem Volkswagen-Konzern gelten.
Thema Heizung: Warum braucht Heizen so viel Energie und wirkt dadurch reichweitenverkürzend? Nun, anders als bei einem Verbrenner, der wegen seines schlechten Wirkungsgrades jede Menge Abwärme produziert, die man einfach zum Beheizen in den Innenraum pusten kann, fällt beim Elektroauto mit seinem exzellenten Wirkungsgrad kaum Verlustwärme an. Zum Heizen muss also elektrische Energie ver(sch)wendet werden, und der Strom dafür kommt natürlich aus dem Akku. Info am Rande: Die Bioethanol-Heizung für E-Autos ist längst serienreif, hat sich bisher aber leider nicht durchsetzen können.
Oft wird zudem vergessen, dass nicht nur der Innenraum temperiert werden muss, sondern auch die Batterie. Das ist nötig, um sie zu schonen und gleichzeitig ihre volle Leistungsfähigkeit herzustellen. Ein Lithium-Ionen-Akku hat eine Wohlfühltemperatur von gut 20 Grad, kalte Außentemperaturen lassen die Batteriekapazität deutlich schrumpfen. Das gilt insbesondere dann, wenn viele Kurzstrecken mit längeren Stopps dazwischen gefahren werden – bestes Beispiel: mobile Pflegedienste. Hier kühlen Auto und Batterie immer wieder ab und müssen aufs Neue erwärmt werden. Hier hilft oft nur ein Nachladen zwischendurch.
Wer schon eine Wallbox in der heimischen Garage hat, ist da fein raus. Erstens wird es dort nicht so kalt wie beim Laternenparken, und zweitens kann man per App oder Bordcomputer Ladevorgänge sowie das Vorheizen von Innenraum und Batterie starten, steuern und individuell planen. Beim Cupra Born kann die gewünschte Temperatur über die Standklimatisierung schon vor Fahrtbeginn gewählt werden. Das geht dank Cupra Connect-Gen4-Technologie ganz bequem vom Frühstückstisch aus über die My Cupra-App. Der Born bedient sich dann an der Wallbox (oder Ladesäule) und beansprucht nicht die Batterie. So werden Innenraum und Akku bereits auf Wohlfühltemperatur gebracht, solange der Strom noch aus der Wallbox kommt, die Reichweite bleibt erhalten. Das klappt natürlich auch an einer Box im Freien oder an einer öffentlichen Ladesäule.
Hier muss es übrigens kein Schnelllader sein, denn ein kalter Akku lädt ohnehin automatisch nicht mit der maximal möglichen Ladeleistung, da das der Lebensdauer schaden würde. Am schonendsten für den Akku h Immer empfehlenswert ist es, das E-Auto noch beim Laden auf Wohlfühltemperatur zu bringen. So bleibt die Reichweite erhalten isweise schnell, während sich die letzten Prozent für gewöhnlich ein wenig ziehen. Vor der Abfahrt am nächsten Morgen kann man ja noch am Stromnetz vortemperieren – die Batterie muss den Kraftakt der Vollklimatisierung des Innenraums dann nicht mehr leisten, sondern sie nur noch halten. Wer allerdings eine längere Strecke vor sich hat, lädt den Akku freilich komplett voll.
Hat man keine Möglichkeit, das Auto noch an der Steckdose zu konditionieren, kann man dennoch einiges für die Reichweite tun. Sich beispielsweise etwas wärmer anziehen – womit wir freilich nicht die dicke Daunenjacke meinen, mit der man sich am Steuer kaum noch bewegen kann. Nein, nein, wir reden von warmer Unterwäsche, mehrlagiger Kleidung nach dem Zwiebelprinzip und nicht zu dicken Pullis, mit denen man am Steuer uneingeschränkt beweglich ist. Die Klimaanlage indes sollte nur im Einsatz sein, um den Innenraum zu entfeuchten, sprich: wenn die Scheiben innen beschlagen sind. Sind diese frei, kann man auf den Eco-Modus der Heizung umschalten. Ist man warm angezogen, kann die Heizung auch ein paar
Grad kühler eingestellt werden und der Luftstrom nur auf die belegten Sitze ausgerichtet werden. Nach dem „Kaltstart“ darf man sich ruhig die Sitz- und Lenkradheizung gönnen – aber eben nicht länger als nötig, denn hier wird relativ viel Strom „verbraten“. Gleiches gilt natürlich für die Heckscheibenheizung: abschalten, sobald die Sicht nach hinten frei ist! Wer noch mehr Energie sparen will, schaltet die Heizung wenn möglich auf Umluftfunktion.
Und nicht zuletzt fängt Energie sparen schon beim Autokauf an: Die optionale Wärmepumpe kostet beim Cupra Born zwar 1.010 Euro Aufgeld, bringt aber entscheidende Kilometer Reichweite, denn sie braucht wesentlich weniger Strom als eine klassische Klimaanlage mit Kompressor. Und so funktioniert es:
Die Wärmepumpe nutzt die Abwärme der Antriebskomponenten und der Hochvolt-Batterie zur Erhitzung eines Kältemittels. Ein elektrischer Kompressor verdichtet dieses, wodurch die Temperatur im Kältemittel stark ansteigt. Die entstandene Wärme wird von einem weiteren Wärmetauscher an die Innenraumluft abgegeben. Das verbraucht unterm Strich wesentlich weniger Strom als eine elektrische Heizung – gerade bei frostigen Temperaturen. Damit wird die Batteriekapazität durch die Fahrgastraum-Temperierung weniger angegriffen, was in einer höheren Reichweite resultiert.
Angst vor dem Erfrieren in einem Mega-Stau muss niemand haben. Die Heizung arbeitet auch im Winter bei Stillstand und Minusgraden viele Stunden. Mit Abstand am meisten Energie verbraucht das E-Auto immer noch beim Fahren, insbesondere bei starkem Beschleunigen und hohem Tempo – der Luftwiderstand steigt quadratisch zur Geschwindigkeit. Hier bietet der Cupra Born Unterstützung in Form des reichweitenoptimierten Fahrmodus „Range“, den man über die Funktionsfläche „Drive Profile“ oder die Fahrzeugeinstellungen anwählen kann. In diesem Fahrmodus hilft der Assistent mittels eingeblendeter Anzeigen im
Digital Cockpit, vorausschauend und mit geringem Energieverbrauch zu fahren. Beim Anfahren an einer Kreuzung oder dem Einfahren in einen Kreisverkehr weist zum Beispiel ein Symbol auf die Verringerung der Geschwindigkeit zusammen mit dem jeweiligen bevorstehenden Ereignis hin. Auch die Navigation hilft beim Sparen: Unter Einbeziehung von Online-Verkehrsdaten und unzähligen weiteren Parametern wird die effizienteste Route mit den günstigst gelegenen Ladestopps berechnet – falls nötig.
Über die reinen Wintertipps hinaus gibt es aber noch ein paar weitere Dinge, die man wissen und auch beherzigen sollte. So ist es zum Beispiel ratsam, die Winterräder möglichst früh wieder gegen die Sommerreifen zu tauschen. Die sind in der Regel bei E-Autos besonders rollwider- standsarm und bieten somit einen Reichweitenvorteil gegenüber den Winter-Pneus mit ihrem höheren Rollwiderstand. Immer exakt eingestellt werden sollte zudem der vom Hersteller vorgegebene Reifendruck. Zu wenig Luftdruck sorgt zwar für ein komfortables Abrollen, aber eben auch für einen erhöhten Verbrauch – ganz abgesehen von der schlechteren Fahrsicherheit.
Ob man in der City die verstärkte Rekuperationsstufe B nutzen sollte, hängt hingegen vom persönlichen Fahrstil ab. Wer vorausschauend und ruhig fährt, zum Vordermann stets genug Abstand hält und vor Ampeln früh vom Strom geht, fährt mit der nur leicht rekuperierenden Stufe D besser. Denn mit „Segeln“ beziehungsweise sanftem Ausrollen kommt man weiter als mit der recht starken Verzögerung per Rekuperation in Stufe B – schließlich holt man über das Rekuperieren ja nur einen Teil der bereits eingesetzten Bewegungsenergie zurück. Der Fahrmodus B hat aber klar seine Berechtigung an Gefällestrecken: Hier speist die E-Maschine, die im Schubbetrieb als Generator fungiert, viel Energie zurück und entlastet gleichzeitig die Bremsen, welche die Bewegungsenergie nur sinnlos in Wärme umwandeln würden.
Einige versierte E-Autofahrer schwören allerdings auf den B-Modus im Alltag – Stichwort: Ein-Pedal-Fahren. Mit etwas Übung am Fahrpedal kommt man so fast ohne mechanisches Bremsen von A nach B. Der Trick ist, zum Rollen oder leichten Verzögern/Rekuperieren eben nicht ganz vom Pedal zu gehen, sondern die passende Pedalstellung zu finden – reine Übungssache. Unterm Strich ist es wie beim Verbrenner: Über den Verbrauch entscheidet vor allem der rechte Fuß, Fahrmodus hin, Rekuperationstufe her. Darüber hinaus gelten auch für E-Mobile alle Energiespartipps, die man auch schon von den Verbrennern kennt: keinen unnötigen Ballast dauerhaft im Kofferraum mitschleppen, Dachboxen und Gepäckträger gleich nach Gebrauch wieder demontieren. Das verbessert den Luftwiderstand und hilft Strom zu sparen – und damit letztlich die Reichweite zu erhöhen.