Martin Santoro
· 23.08.2022
Alle vier Jahre verwandelt sich Hessisch Oldendorf zum Mekka für Uralt-Klassiker von Volkswagen. Durch Corona musste die Fangemeinde von Käfer, Bus und Co. jedoch eine Saison länger ausharren, um das größte VW-Veteranen-Treffen der Welt erleben zu können
Es liegt bald 50 Jahre zurück, als GUTE FAHRT erstmals von Rendezvous in heimischen Gefilden berichtete, zu denen nur die ältesten Volkswagen geladen waren. Seinerzeit versammelte sich in Fuldatal bei Kassel eine anfangs kleine Schar von Liebhabern sogenannter „Brillen- Käfer“, für die sich seinerzeit kaum jemand interessierte. Später etablierte sich der Begriff „Brezel-Käfer“, womit jene Volkswagen mit geteilter Heckscheibe gemeint sind, die ab Ende der 1930er- bis Anfang der 1950er-Jahre im Wolfsburger Stammwerk entstanden. Zahlreiche Brezeln überdauerten die Zeit, nicht wenige als schlafende Dornröschen, die in Garagen, Scheunen oder gar in Wäldern schlummerten. Viele zu Oldtimern gereifte Exemplare erwachten in der Obhut von historisch interessierten Sammlern und Schraubern zu neuem Leben. Zum Austausch und auf der Suche nach Ersatzteilen und Zubehör für das liebevoll gehegte Kulturgut formierten sich Cliquen, die über Inserate in Zeitschriften wie GF (3/78) zu gemeinschaftlichen Begegnungen aufriefen. Das war quasi noch die Zeit der Buschtrommel, als Internet und Handy in weiter Ferne lagen und man die ersten VW-Veteranen-Treffen als Marktplatz nutzte.
Eine neue Idee reift heran
Aus einer Handvoll Enthusiasten wuchs rasch eine Community heran, die immer größere Kreise zog und Käfer-Fans aus halb Europa anlockte. Ein erstes international bedeutendes Mekka des Veteranen-Kults wurde das Treffen der Familie Lotter- mann in Bad Camberg. Seit Ende der 1970er-Jahre trifft sich im Ortskern des Taunus-Städtchens die Fangemeinde rund um die älteren VW-Modelle mit luftgekühltem
Boxermotor im Heck. Das Fest für Volkswagen-Klassiker findet turnusmäßig nun alle vier Jahre statt – zuletzt 2019.
Traugott und Christian Grundmann sind dort langjährige Stammgäste. Vater und Sohn begeistert die Atmosphäre vor Ort, sie sind fasziniert von der Vielfalt der angereisten Teilnehmer und Besucher aus aller Herren Länder. Die Grundmanns – selbst Volkswagen-Sammler mit exklusivem Privat-Museum – steuern dem Taunus-Event regelmäßig exponierte Raritäten bei.
Um die vierjährige Abstinenz zu überbrücken, entschließen sich die Grundmanns mit zweijährigem Versatz zu Bad Camberg ein vergleichbares Fest im Heimatort Hessisch Oldendorf zu platzieren. Den Startschuss 1998 verbuchen sie als vollen Erfolg. Mittlerweile genießt der Event in Veteranen-Kreisen Kultstatus, was auch die achte Auflage unterstreicht. Was alles vom 24. bis 26. Juni nach „Hessisch“ pilgerte, ist kaum noch an Internationalität und bei den zur Schau gestellten Preziösen zu toppen.
Weltumspannender Kult
Für ihre weiteste Anreise wurde eine junge Portugiesin prämiert, die ihren Karmann Ghia über 2.400 Kilometer bis an die Weser steuerte. Eine Weltkarte im Infozentrum fordert die Gäste dazu auf, ihren Heimatort mit bunten Nadeln zu markieren: Alaska, Patagonien, Neuseeland, Fidschi und Madagaskar. Von jedem Kontinent sind sie angereist und genießen den Austausch unter Gleichgesinnten. Im Stadtkern versammeln sich rund 800 Fahrzeuge, darunter die berühmten Brezel-Käfer und ihre jüngeren Nachfolger, die „Ovalis“. Sonderkarossen von Hebmüller bis Rometsch, Käfer Cabrios sowie Schwimm- und Kübelwagen parken vor der St.-Marien-
Kirche. Das Gotteshaus beherbergt wiederum die Rekonstruktion eines der ältesten Prototypen (VW 30), die dem Käfer als Ahnen vorangegangen waren.
Auf dem angegliederten Gelände mit 1.200 Quadratmeter großem Festzelt bestaunen mehr als 45.000 Gäste die Parade der VW Transporter aus erster Generation. Ein Großteil der Besucher und Teilnehmer nutzt auch den Gang über den Teilemarkt, der mit Abstand größte analoge Marktplatz seiner Art in Europa.
Wer die Faszination dieser außergewöhnlichen Vergnüglichkeit beim nächsten Mal selbst erleben möchte, merke sich den Termin für HO26 gleich vor: www.uraltkaefer.de