Reportage Porsche 924 Carrera GTS RallyeDie Zeitkapsel

Markus Olejniczak

 · 01.09.2021

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Foto: Porsche

Vor vierzig Jahren feierte Rallye-Legende Walter Röhrl auf einem 924 seinen erfolgreichen Einstand als Werksfahrer bei Porsche. Jetzt gab es ein Wiedersehen

Was schenkt man einer Rennsport-Legende zum Geburtstag? Dass man den Puls von Walter Röhrl weder mit einer Designer-Krawatte noch mit einem erlesenen Herren-Duft beschleunigen kann, liegt auf der Hand. Im Frühjahr gratulierte der ehemalige Arbeitgeber Porsche dem Rallye-Ass mit einem ganz besonderen Präsent zum 74sten Geburtstag. Die Stuttgarter Sportwagen-Schmiede hatte nicht weniger als eine Zeitreise im Gepäck.

„I brech nieder!“ – der spontane Ausruf des Beschenkten zeigte allen Beteiligten, dass ein Volltreffer gelandet wurde. Und der kam in Form eines Porsche 924 Carrera GTS Rallye – dem ersten Arbeitsgerät von Walter Röhrl in seiner Zeit als Werksfahrer für Porsche. Die begann genau 40 Jahre vor der denkwürdigen Zusammenkunft der beiden Rallye-Legenden. Röhrl hatte damals einen Europa-Meisterschaftstitel auf Opel und eine WM-Titel auf Fiat in der Tasche, als ihn Porsche unter Vertrag nahm. Die Ambitionen des neu formierten Teams waren 1981 niedrig – „Durchkommen“ lautetet die Devise, insbesondere, da der 924 erstmals Turbo-Technik in den Renn-Zirkus mitbrachte.

Transaxle-Porsche mit Turbo-Technik

„Als Sauger-Fahrer bist Du damals mit der Turbo-Charakteristik verrückt geworden. Das Turboloch war riesig! Um schnell aus der Kurve zu kommen, musstest Du schon kurz vor der Kurve wieder Gas geben, immer die Drehzahl hochhalten“, erinnert sich Walter Röhrl. „Aber der Wagen war auf Anhieb schnell. Am Anfang hatten wir rund 250 PS, später auch mehr – nicht die Leistung, sondern Handling und Traktion waren die Stärken des 924. Und alles hat gehalten.“ Am 15. Mai startete er mit Beifahrer Christian Geistdörfer auf der Rallye Metz in die deutsche Rallye-Meisterschaft, holte auf Anhieb den zweiten Platz. Doch es kam noch besser: Das Team gewann im Laufe der Saison vier weitere Rennen. 1982 trennten sich die Wege bereits wieder – Röhrl zog weiter zu Opel und gewann dort seinen zweiten WM- Titel. Der 924 aber wurde von Jacky Ickx noch einmal auf einer Rallye pilotiert, ehe er als „Versuchswagen 924 GTS“ an das Porsche-Museum übergeben wurde.

Und jetzt hat die historische Renn­sport-Abteilung in Weissach das Rallye-Auto wieder wachgeküsst. Dabei stand der pensionierte Testfahrer, Ingenieur und Rallyefahrer Roland Kussmaul den Spezialisten mit seiner Expertise zur Seite, hatte er doch 1981 das Auto aufgebaut. Der Zwoliter-Turbomotor wurde endoskopisch untersucht und nach positivem Befund nicht geöffnet. Spritleitungen und Antriebsriemen freilich kamen neu, genauso wie einige Verschleißteile an Fahrwerk und Bremsen. Weitere Bauteile in diesem Bereich wurden revidiert, das Getriebe sicherheitshalber zerlegt.

Der 924 Carrera GTS wurde im Frühjahr 1981 nur fünfzig mal gebaut – ausschließlich als Linkslenker und indischrot lackiert. Er war mit 110.000 Euro das bis dato teuerste Serienauto von Porsche. Zusammen mit allen Prototypen, wie dem Röhrl-Auto, entstanden nur 59 Einheiten. Dieses verfügt sicherheitshalber über in GFK laminierte Hinterachslenker und dicke Metall-Platten unter dem Frontmotor und dem Transaxle-Getriebe hinten. Ein Mengenteiler vom 928-V8 sichert in extremen Situationen eine ausreichende Spritzufuhr, eine Trockensumpf-Anlage stets bestmögliche Schmierung. Bei der Wiederinbetriebnahme stand der Erhalt der Patina an oberster Stelle, weshalb die leicht ausgebleichten Sicherheitsgurte nicht ersetzt wurden.

„Ich bin vor 40 Jahren aus dem Auto ausgestiegen und nie mehr wieder drinnen gesessen. Daher war ich unheimlich verwundert, als plötzlich Roland mit diesem Auto angefahren kam“, erzählt Walter Röhrl. „Das ist für mich eine Zeitreise in die Vergangenheit.“ Geburtstagsüberraschung gelungen.