Reportage Audi RS2 – Beziehungskiste

Markus Olejniczak

 · 19.10.2021

 | Fotos Porsche

Aus einem Kooperationsprojekt zweier Auto-Hersteller entsprang einst der schnellste Kombi der Welt – der Audi RS2. Maßgeblichen Anteil an seinem Erfolg hatte Porsche

Gleich zwei neue Technik-Meilensteine prägten den Jahrgang 1993 von Audis kompaktem Mittelklassenkombi Audi 80 Avant: Im Frühjahr wurde der Knauserkönig TDI eingeführt – ultra-sparsam und satte 90 PS stark. Auf deutlich emotionalerer Ebene aber begeisterte die Neuerscheinung des Herbstes: der Audi Avant RS2. Als 315- PS-Dampfhammer im Kombigewand war er seinerzeit nicht nur der stärkste Serien-Audi, sondern zudem auch der schnellste Kombi der Welt. Die Fahrleistungen (Höchstgeschwindigkeit: 262 km/h, Sprint: 5,4 s.) lagen mit damaligen Sportwagen auf Augenhöhe. Der RS2 begründete damit das Segment der Performance-Kombis.

Maßgeblichen Anteil an der Entwick­lung des Super-Kombi hatte die schwäbische Sportwagen-Schmiede Porsche. Neben der Entwicklung und Produktion eigener Sport-Pretiosen ist die Firma seit ihrer Gründung als Konstruktionsbüro durch Ferdinand Porsche 1931 auch in „Kundenentwicklungs-Projekten“ tätig, heute unter dem Namen Porsche Engineering.

Teile von Porsche 964 und 993

Als Basis diente den Schwaben der Audi S2 Avant, der sportliche Kombi mit Quattro-Allradantrieb und 2,3- Liter-Turbomotor (220/230 PS) auf Basis des Audi 80 Avant. Die Porsche-Ingenieure spendierten dem Fünfzylinder einen größeren Turbolader sowie einen King-Size- Ladeluftkühler. Ansaug- und Abgastrakt wurden modifiziert, die Einspritzanlage genauso angepasst wie die Steuerzeiten des DOHC- Triebwerks. Mit weiteren Feinarbeiten erzielten die Ingenieure satte 315 PS bei 6.500 /min und 410 Newtonmeter Drehmoment (Serie Audi S2: 309/350 Nm).

Die Avant-Karosserie wurde mit Porsche 911-Originalteilen veredelt – nicht zuletzt dadurch genießt der Power-Kombi heute Kultstatus. So stammten die Blinker von der Elfer- Baureihe 993, Spiegel und 17-Zoll- Felgen vom 964. Darin blitzten rot lackierte Vierkolben-Sättel der Porsche-Bremsanlage auf. Mit final 322 Millimetern Durchmesser entsprachen sie den Reibeinheiten des 993 Turbo. Diese Elfer-Baureihe war zudem stilprägend für die Gestaltung der RS2-Schürzen mit dem dreigeteilten Lufteinlass vorne und dem durchgehenden Leuchtenband hinten.

Drinnen sorgten Recaro-Ledersitze, weiße Ziffernblätter für Tacho und Drehzahlmesser sowie drei Zusatzinstrumente für Sport­lichkeit. Funktional glänzte der RS2 mit elektrischen Fensterhebern, Ellipsoid-Scheinwerfern und einem auf den Sporteinsatz abgestimmten ABS-System.

Der damalige RS2-Gesamtprojektleiter bei Porsche Michael Hölscher erklärt heute die Kooperation der beiden Automobil-Herstellern: „Wir waren für die Neuteile und Entwicklungsleistung verantwortlich, Audi für die Karosserie- und Übernahmeteile. Eine spannende Zusammenarbeit, die beiden Unternehmen nur Vortei­lebrachte.“ Ralf Friese, Unternehmenshistoriker bei Audi, ergänzt: „Der RS2 ist der erste Audi, der nicht abgeregelt wurde, obwohl er über 250 km/h lief. Der Tacho geht bis 300 km/h.“

Satte 98.900 Mark kostetet der Über-Audi bei seiner Markteinführung 1994. Doch bereits 1996 war Schluss – nach 2.891 gebauten Einheiten. Trotz homöopathischer Stückzahl ist der RS2 heute von der Bedeutung für die Marke her ein ganz Großer. Der TDI aber auch.