PORSCHE 993 RS CLUBSPORT - GELB SUCHT

Alissa Selge

 · 31.05.2025

PORSCHE 993 RS CLUBSPORT - GELB SUCHT
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Der letzte luftgekühlte RS in der Porsche-Geschichte feiert seinen 30. Geburtstag: der 993 RS. Ganz besonders: die nur 227-mal gebaute Clubsport-Version. Mit der inhaliert Olivier Saint-Jours an der Atlantikküste eine Kurve nach der anderen.
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Foto: Vince Perraud

Manche suchen ihr Leben lang nach dem Paradies. Olivier Saint-Jours hat es gefunden. Auch wenn es – zugegebenermaßen – etwas spartanisch erscheint. Ein harter Schalensitz mit Sechspunkt-Gurten, dahinter statt der Rückbank der geschweißte Überrollkäfig. Saint-Jours dreht den Schlüssel und der luftgekühlte 3,8-Liter-Boxermotor erwacht mit einem rauen Grollen. Eine ziemlich laute Angelegenheit, denn im Innenraum vibriert das Blech – schließlich sparte man beim 993 RS Clubsport zugunsten des Leichtbaus an Komfort. Das macht einen Teil des Charmes aus: „Jeder Tritt aufs Gas ist ein Vergnügen. Das Auto liegt perfekt auf der Straße“, sagt Saint-Jours. Die Sonne taucht die Atlantikküste rund um Les Landes, eine dünn besiedelte Region zwischen Biarritz und Bordeaux, in goldenes Licht. Hier, zwischen Sanddünen und endlosen Alleen, ist der Clubsport ganz in seinem Element – genau wie sein Besitzer. Obwohl das Modell im mittleren sechsstelligen Bereich gehandelt wird, ist der Elfer mit den Rennsportgenen kein Museumsstück – Saint-Jours fährt ihn regelmäßig.

Die Clubsport-Version des 993 RS ist noch kompromissloser

Für das Modelljahr 1996 entstehen zwei Versionen des Carrera RS: Von insgesamt 1.014 produzierten RS-Modellen sind 227 als Clubsport-Version (M003) hergestellt worden. Die ist vor allem für den Breitensport wie etwa das 24-h-Rennen auf dem Nürburgring gedacht und noch kompromissloser, als es der Basis-RS ohnehin ist – selbst da fehlt die Heckscheibenheizung aus Gewichtsgründen. Zum Clubsport gehören ein Überrollkäfig, eine Domstrebe, spezielle Schalensitze auf der Fahrer- und der Beifahrerseite mit Sechspunkt-Gurtanlagen, ein Batterie-Hauptschalter und ein Feuerlöscher. Der komplette Innenraum wird ohne Verkleidungen oder Dämmmaterial, in Wagenfarbe lackiert, ausgeliefert. In der Clubsport-Version ist kein Zweimassenschwungrad, sondern ein leichteres Sportschwungrad verbaut. Der 3,8-Liter-M64/20-Sechszylinder-Boxermotor mit Varioram-Ansaugsystem leistet in Verbindung mit dem G50/32-Sechsgang-Schaltgetriebe wie im Basis-RS offiziell 300 PS bei 6.500 /min. Mit 1.270 Kilogramm Leergewicht, also 100 Kilogramm leichter als der Serien-Carrera, katapultiert er sich in 4,9 Sekunden auf 100 km/h und erreicht bis zu 277 km/h.

Bewertung

Das Juwel seiner Sammlung fand Saint-Jours durch einen Tipp aus seinem engen Netzwerk. Ein seltener RUF Yellow Bird aus erster Hand sollte in Paris verkauft werden. Der Verkäufer, ein passionierter Sammler, besaß seit den 1970er-Jahren eine beeindruckende Kollektion ausschließlich gelber Porsche-Modelle, darunter einen 2.7 RS, den legendären RUF Yellow Bird und ebenjenen 993 RS Clubsport. Als sich der Sammler von einigen seiner Fahrzeuge trennte, konnte Saint-Jours nicht widerstehen.

Die Leidenschaft für Automobile wurde dem Marketing Director von Eastpak und Jansport, der Paris nach 40 Jahren zugunsten der Atlantikküste den Rücken kehrte, in die Wiege gelegt. Seine Eltern lernten sich Ende der 1960er-Jahre bei einem Autorennen kennen, seine Mutter fuhr damals einen weißen Porsche 356 B, später einen 911 SC und einen 928 S. Saint-Jours begleitete seine Eltern und ihren Freundeskreis zu Rennen in ganz Frankreich – bis heute verbindet er den Geruch von Benzin und heißen Bremsen mit seiner Kindheit. Daneben war sein Onkel RUF-Importeur mit eigener Porsche-Werkstatt nahe Paris. Kein Wunder, dass Saint-Jours früh begann, seine eigene Porsche-Sammlung aufzubauen. Nach erfolgreichen Karrieren als Profi-Snowboarder und -Skateboardfahrer, Model und Schauspieler erfüllte er sich 2001 zum ersten Mal seinen lang gehegten Traum und kaufte für rund 10.000 Euro einen Porsche 911 2.0 Targa von 1969. Mit der Zeit verfeinerte er sein Gespür und legte sich zunächst einen 911 2.4 S zu, dann einen 2.7 RS, den er zum 2.8 RSR umbaute. Auch zwei Porsche-Turbo-Modelle fanden den Weg in seine Sammlung: ein Porsche Turbo 3.0 und ein äußerst seltenes Porsche-Turbo-3.3-Flatnose-Modell. „Ich war sicherlich ein Vorreiter, das sagen zumindest meine Freunde“, bemerkt er mit einem Schmunzeln. Der Kauf und Wiederverkauf machte es möglich, die Sammlung zu erweitern.

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Dabei ist sein 993 RS Clubsport, Baujahr 1995, in mehrfacher Hinsicht speziell. Zum einen hat der Elfer in der Farbe Speedyellow (Erstlack!) lediglich 24.000 Kilometer auf dem Tacho. Zum anderen wurde das Thema Leichtbau bei Sonauto, einem französischen Porsche-Importeur, weitergesponnen: Die vorderen Kotflügel, die Motorhaube und die Türen bestehen auf Wunsch des Erstbesitzers aus Karbon. Das Armaturenbrett sorgt im Innenraum mit Karbon ebenfalls für Rennatmosphäre und das Lenkrad entspricht der Supercup-Version. Der Heckflügel ist der RSR-Version nachempfunden. Dank eines werkseitig angepassten Steuergeräts leistet das Exemplar von Saint-Jours sogar 318 PS. Der Vorteil: Der 50-Jährige besitzt alle Originalteile. „Das ist einfach unglaublich! Ich habe fast einen zweiten zerlegten 993 RS in meiner Garage“, sagt er. Bestellschein, Originalrechnung, Werkzeugkoffer und Wagenheber gehören ebenfalls dazu. Verkaufen? Aktuell undenkbar. „Ich habe mir mit diesem Wagen einen großen Traum erfüllt. Er begeistert mich jeden Tag aufs Neue.“

Auch wenn Saint-Jours ab und zu auf Rennstrecken unterwegs ist, genießt er den 993 RS CS am liebsten auf den Küstenstraßen rund um sein Zuhause. Der Gründer des Labels Ride Anyways, das Automobilkultur mit Skate- und Streetwear-Ästhetik verbindet, lebt in einem lichtdurchfluteten Architektenhaus mit direktem Zugang zum Meer. Hier lässt er sich vom Rhythmus der Gezeiten treiben, surft in der Brandung des Atlantiks, angelt Wolfsbarsch und bereitet ihn am offenen Feuer zu. Er hat ein zweites Paradies gefunden.