Mit Beharrlichkeit zum Sieg

Florian Neher

 · 08.04.2023

Mit Beharrlichkeit zum SiegFoto: Porsche
Ferdinand Porsche im Frühjahr 1948 neben dem 356 „Nr. 1“(„Roadster Gmünd“). Der Mittelmotor- Roadster mit Gitterrohrrahmen und 35-PS-VW-Motor wiegt 585 kg und ist 135 km/h schnell

Porsche feiert 75 Jahre Sportwagenbau – Zeit für eine kleine Rückschau über den nicht immer ebenen Weg zur wohl bekanntesten und beliebtesten Sportwagenmarke der Welt

Firmengründer Ferdinand Porsche (1875–1951) mit Sohn Ferry (1909–1998)
Foto: Porsche

Das perfekte Rennauto kreuzt als erstes die Ziellinie und zerfällt anschließend in seine Einzelteile“ – diese Pointe von Ferdinand Porsche bringt seine Mission augenzwinkernd auf den Punkt: Ein Porsche sollte stets der Schnellste sein, immer zuverlässig ans Ziel kommen sowie möglichst leicht und frei von jedwedem Schnickschnack sein. Ein weiteres Bonmot, das dem Firmengründer zugeschrieben wird: „Am Anfang sah ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte nicht finden: einen kleinen, leichten Sportwagen, der die Energie effizient nutzt. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen.“ Das Ergebnis steht schließlich im Frühjahr 1948 auf seinen dürren Reifen: der „Roadster Gmünd“, der Prototyp des Porsche 356 mit Gitterrohrrahmen und auf 35 PS leistungsgesteigertem VW-Boxer in Mittelmotoranordnung. Am 8. Juni 1948 erhält der Wagen mit der Fahrgestellnummer 356-001 die Einzelgenehmigung der Kärntner Landesregierung – nach Österreich war man 1944 wegen schwerer Bombenangriffen auf Stuttgart umgezogen.

Ferry Porsche, einziger Sohn des Käfer-Erfinders Ferdinand (der die Firma Porsche 1931 gründete) hatte den Wagen konstruiert, als sein Vater noch in französischer Kriegsgefangenschaft saß. Als der heimkehrte, lobte er den Sohn: „Keine Schraube hätte ich anders gemacht.“ 1950 zieht die Firma Porsche von Gmünd zurück nach Stuttgart. Ab März werden in Zuffenhausen die ersten Serienmodelle des 356 produziert und zu Preisen ab 10.200 DM angeboten. Der erste deutsche Porsche-Händler ist der Frankfurter Walter Glöckler, der mit eigenen Konstruktionen auf Porsche-Basis erfolgreich Rennen fährt. Ferdinand Porsche verstirbt 1951, Sohn Ferry übernimmt nun immer mehr Management-Aufgaben und zieht sich zunehmend aus der Konstruktionsabteilung zurück. 78.000 Exemplare des Porsche 356 werden schließlich gebaut, ab 1952 tragen sie das Porsche-Emblem, als dessen Initiator der US-Importeur und „Hans Dampf in allen Gassen“ Max Hoffman gilt, der sich ein attraktives Qualitätssiegel auf seiner Importware wünscht. Entworfen wird es Anfang 1952 von Porsche-Konstrukteur Franz Xaver Reimspieß, bis heute ziert es praktisch unverändert alle Porsche-Modelle.

Mit Herbert Kaes am Steuer dreht der Porsche Typ 356 „Nr. 1“ am 11. Juli 1948 beim Stadtrennen in Innsbruck eine schnelle Demorunde. Man beachte den Berlin-Rom-Wagen im Hintergrund
Foto: Porsche

1963: Debüt des 901

Hans Herrmann und Richard Attwood erzielen am 14. Juni 1970 auf einem 917 erstmals einen Le-Mans-Gesamtsieg für Porsche
Foto: Porsche

1963 dann der ganz große Moment: Auf der IAA in Frankfurt wird der Porsche 901 präsentiert, ein Sportwagen, den Ferry Porsche noch einmal maßgeblich geprägt und der von seinem ältesten Sohn Ferdinand Alexander die bis heute stilbildende Linie erhalten hatte. Nach Einspruch von Peugeot, die sich dreistellige Typenbezeichnungen mit einer Null in der Mitte geschützt hatten, wird aus dem 901 der 911. Mit selbsttragender Karosserie, Schräglenker-Hinterachse und sechs Zylindern ist er seinem Vorgänger 356 technisch weit überlegen, wenngleich immer noch ein Auto für Könner. Auch die Kooperation mit VW, aus der 1969 der VW-Porsche 914 hervorging, war eine Entscheidung Ferry Porsches. Als der Sportwagenbauer am 1. August 1972 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, zog sich Ferry Porsche schließlich aus dem operativen Geschäft zurück und übernahm den Aufsichtsratsvorsitz, den er bis 1990 innehielt. Am 27. März 1998 starb Ferry Porsche. Neben der Fertigung von Sportwagen für die Straße galt das Engagement von Porsche freilich stets dem Rennsport. Angefangen mit dem 550 Sypder, der auch durch James Dean berühmt wurde, über den GFK-Renner 904 Carrera GTS und den unter Federführung von Ferdinand Piëch entwickelten 917 (zu bewundern auch im Film „Le Mans“ mit Steve McQueen und Siegfried Rauch), – hier wurde die Technik erprobt, die später in die Serie einfließen sollte.

Wie etwa das Doppelkupplungsgetriebe PDK, das schon in den 80er-Jahren bei den Gruppe-C-Rennern 956/962 ganz nebenbei zum Einsatz kam. Mit 19 Siegen beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans schrieb Porsche Rennsport-Geschichte – derzeit bereitet man sich mit drei Werks-963 auf den 20. Gesamtsieg vor. Auch in der Formel 1 gelang 1962 ein Sieg, allerdings betätigte man sich hier vornehmlich als Motorenentwickler, wie etwa in der Turbo-Ära der 80er-Jahren mit Triebwerken für TAG/McLaren. Nicht zuletzt bestritt Porsche erfolgreich solche Prestige-Rennen wie die Targa Florio (11 Siege) oder die Rallye Paris-Dakar mit dem als Gruppe-B-Renner geborenen 959, von dem rund 290 Homologationsmodelle mit Straßenzulassung existieren – anno 1986 einer der ersten Supersportwagen mit 450-PS-Biturbo, Allradantrieb und aktivem Fahrwerk. Mit 317 km/h Spitze galt er bei seiner Einführung als das schnellste straßenzugelassenes Auto der Welt. Noch viel mehr Rennkilometer als die Werks-Teams sammelten vermutlich die unzähligen Zuffenhausener Wagen im weltweiten Kundensport. Das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring ohne Porsche? Undenkbar! Und fragen Sie mal einen Walter Röhrl oder Jacky Ickx, was er in seiner Garage stehen hat ...

Der auf dem Pariser Automobilsalon 1974 enthüllte 930 Turbo ist unschwer an seinen dicken Backen und dem Heckflügel zu erkennenFoto: Porsche
Der auf dem Pariser Automobilsalon 1974 enthüllte 930 Turbo ist unschwer an seinen dicken Backen und dem Heckflügel zu erkennen

Dunkle Wolken ziehen auf

Doch es herrschte nicht nur eitel Sonnenschein. Anfang der 90er-Jahre macht Porsche Verluste, auch durch einen stark gesunkenen Dollarkurs. Unter dem Motto „Lean Management“ verschlankt Wendelin Wiedeking 1992 die Produktion mittels Gleichteile-Strategie, Null-Fehler-Prinzip und „Just-intime-Logistik“, auch Entwicklung, Vertrieb und Verwaltung werden umstrukturiert. Die Maßnahmen zeigen Wirkung und ab dem Geschäftsjahr 1994/95 werden wieder Gewinne ausgewiesen. In der Folge entwickelt sich Porsche zum rentabelsten Automobilhersteller der Welt und zum größten Steuerzahler Stuttgarts, noch vor Daimler-Benz. Apropos: Zur Geschichte gehört auch die Kooperation mit Mercedes zur Produktion des 500 E (W 124) in Zuffenhausen, von der die kriselnde Firma Porsche ebenso profitiert wie Mercedes, die die breite Karosserie des 500 E nicht auf der eigenen Fertigungsstraße in Sindelfingen herstellen konnten. Das Produkt einer weiteren legendären Kooperation ist der von 1994 bis 1996 gebaute Audi RS2 Avant (es existieren übrigens auch vier Limousinen) – mit 315 PS und 262 km/h Spitze der erste richtig schnelle Kombi.

Der 1976 gestartete 924 mit Transaxle-Antrieb wird in Auftragsarbeit bei der „Audi NSU Auto Union AG“ in Neckarsulm montiert
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Boxster bringt frischen Wind

Dass es in den 90ern wieder bergauf geht, ist nicht zuletzt der Einführung des Mittelmotor-Roadsters Boxster anno 1996 zu verdanken. Nach dem Ende der Transaxle-Ära mit den Modellen 924, 944, 968 und 928 benötigte man dringend wieder einen zweite Baureihe neben dem ewigen 911. Der Typ 986 erschließt, auch dank seines vergleichsweise günstigen Preises neue Käuferschichten und wird ein Riesenerfolg, nicht zuletzt in den USA. Die zweite Baureihe mausert sich spätestens mit dem Cayman ab 2005 zum festen Standbein – nicht wenige halten das schlanke Mittelmotor-Coupé für den besseren Elfer. Porsche bleibt am Puls der Zeit, auch als der Atlantik einen Trend aus den USA anschwemmt: das SUV. Mit dem Cayenne demonstriert Porsche anno 2002 eindrucksvoll, was mit einem hochbeinigen Allradler fahrdynamisch möglich ist. Und trotzdem steht der Cayenne auch im Gelände seinen Mann, die richtigen Reifen einmal vorausgesetzt.

Der 1996 lancierte Mittelmotor-Roadster Boxster (986) wird ein Riesenerfolg. Seit 2005 gesellt sich das Coupé Cayman dazuFoto: Porsche
Der 1996 lancierte Mittelmotor-Roadster Boxster (986) wird ein Riesenerfolg. Seit 2005 gesellt sich das Coupé Cayman dazu

Zwischendurch zeigen die Zuffenhausener auch immer mal wieder, wo in Sachen Supersportwagen der Hammer hängt. So etwa 2003 mit dem irre klingenden 612-PS-V10-Biest Carrera GT mit CFK-Monocoque, an dessen Fahrwerksabstimmung Walter Röhrl tatkräftig mitwirkte. Große Stückzahlen macht Porsche allerdings zunehmend mit Viertürern: Dem erfolgreichen Cayenne tritt ab 2009 die Sport- limousine Panamera zur Seite, die sich fast so schnell und leichtfüßig bewegen lässt wie ein 911. Seit 2014 rundet der Macan das Portfolio nach unten ab – und avanciert zum meistverkauften Modell der Marke. Zum 1. August 2012 übernahm Volkswagen die Porsche AG komplett, was für die Kunden bisher jedoch nicht von Nachteil war.

CFK-Chassis, 612-PS-V10, Kermamikbremsen – Rennsporttechnik pur im Carrera GT von 2003. Verantwortlich für das Fahrwerks-Setup: Walter Röhrl – hier bei der Arbeit
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Die Zeitenwende läutet Porsche 2019 mit dem vollelektrischen Taycan und bis zu 761 PS ein. Zum Abschluss noch ein Zitat von Ferry Porsche: „Das letzte Auto, das gebaut werden wird, wird ein Sportwagen sein.“ Wir hoffen inständig, er möge recht behalten.

Die achte Generation 911 ist seit 2019 wieder der Sportwagen-Maßstab. Den 992 gibt es als Coupé, Targa und Cabrio, mit Allradantrieb, Hinterachslenkung, Aktivfahrwerk und bis zu 650 PS
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