Dino Medic
· 05.06.2025
Ein moderner Bau mit holzverkleideten Wänden. Auf den ersten Blick könnte es auch ein Kunstmuseum sein. Doch hinter den imposanten Spiegeltüren befindet sich eine Werkstatt. Langsam öffnet sich das Tor zwischen den hohen Bauten. Niklas Czerny, ein junger Mann, tritt heraus und grüßt mit Münchner Dialekt. Er hat gleich zwei Ausbildungen. Eine als Lackierer, eine als Kfz-Mechaniker. Im November soll der Meistertitel im Kfz-Handwerk folgen. Die Classic Garage ist ein Familienbetrieb, Inhaber ist sein Vater Christian.
An diesem Tag herrscht reges Treiben in der Werkstatt. Auf der Hebebühne schwebt die Karosse eines Porsche 911 T Targa in Blau Metallic von 1969, daneben ein schwarzer 911 Targa Softwindow, Baujahr 1967. Die aktuellen Restaurierungsobjekte und ein weiterer indischroter 911 Targa (G-Modell, Jahrgang 1986) gehören zum Inventar der Werkstatt. Und das rollt ab und zu auch mal auf der Straße. Den roten Targa lenkte Niklas Czerny bei der Röhrl-Klassik 2023. Man schraubt also nicht nur, sondern legt Wert darauf, die Klassiker regelmäßig zu bewegen.
„Ich verstehe nicht, wie man ein Auto nur als Sammelobjekt sehen kann. Ein Auto ist zum Fahren gemacht“, sagt Czerny. Aber auch für Sammler hat man ein Herz. In dem danebenstehenden Gebäude bietet man auf mehreren Ebenen Garagenplätze für Exoten, Oldtimer und Supersportwagen aller Art an.
In der hell beleuchteten Werkstatt schweift Czernys Blick zum Targa in Blau Metallic. Das Chassis wird auf Schäden überprüft und gegebenenfalls repariert. Motor, Anlasser und Getriebe werden von Partnerwerkstätten rundum restauriert und getestet. Ersetzt werden müssen die Fahrwerkgummis, Motorlager und Getriebelager – sowie in diesem Fall die Stoßdämpfer vorn und hinten.
Korrosionsanfällige Teile wie Schrauben, die erhalten bleiben, werden gelb verzinkt. Die Ersatzteillage für Porsche-Modelle sei sehr gut, das gelte auch für Targa-Modelle. Selbst die Heckscheiben sind selten problematisch. Die Karosserie wird von Grund auf neu aufbereitet. „Rostblasen entstehen oft, wenn nicht richtig grundiert wurde“, erklärt Czerny. Einer neuen Grundierung folgt der Basislack und anschließend der Klarlack. Vergleichsweise einfach ist die Restaurierung des Targa-Bügels: Die ersten Targa-Bügel des Ur-Elfers waren aus Edelstahl – ohne Lackierung oder Polsterung. In der Aufbereitung wird der Bügel wieder matt-glänzend gebürstet. „Die Schrauben am Targa-Bügel neigen durch Schmutz und Feuchtigkeit zur Korrosion.
Dazu kommt das Beziehen: Die kleinste Welle im Dach an der Vorderseite genügt, um Windgeräusche im Inneren hörbar zu machen“, sagt Czerny. Im Inneren bezieht ein Sattler die Ledersitze neu und stattet sie je nach Zustand mit neuen Federn aus. Daneben baut man die Instrumente aus und reinigt sie. In diesem Fall wird der Kabelbaum erneuert. Die Werkstatt setzt auf nachhaltige Restaurierung, bei der so viele Originalteile wie möglich erhalten bleiben. „Es wird zu viel weggeschmissen. Es ist doch viel gescheiter zu reparieren, was reparierbar ist. Was man inhouse machen kann, wird auch hier gemacht“, sagt Czerny. „Für Motorenrevisionen zum Beispiel haben wir einen ausgezeichneten Partner aus der Nähe.“
Aufgaben wie Lackieren übernimmt die Classic Garage gerne. Czerny selbst berät auch in Hinblick auf den Wert in Zusammenhang mit der Originalität des Wagens. „Der blaue Porsche war früher dunkelblau wie ein Ölfass“, sagt Czerny. Die Originalfarbe war Ossiblau. Heute trägt er Blau Metallic – auch eine Farbe, die laut Czerny damals verwendet wurde. Doch die technischen Möglichkeiten der Gegenwart werden je nach Bedarf ebenfalls empfohlen und genutzt. Die Pulverbeschichtung von Teilen setzt Czerny dort ein, wo sie gegenüber einer Lackierung Vorteile bietet. Beim Lackieren der Karosserie aber setzt der Betrieb auf Tradition. Heißt: Konventioneller Basislack wird modernem Wasserbasislack vorgezogen.
Vollrestaurierungen sind eine sehr zeitintensive Arbeit – in einem Fall wie dem des blauen Targa vergeht auch mal ein Jahr oder mehr. Das macht es auch kostenintensiv. Es lohnt sich aber für viele Modelle, speziell von Porsche. Dennoch schütteln manche Kunden erst mal den Kopf. „Wir nehmen uns die Zeit und erklären jeden Schritt, jede Arbeitsstunde. Das erhöht das Verständnis für unsere Arbeit. Die Kunden merken, wie kleinteilig die Arbeit ist. Dabei werden alle Arbeitsschritte mit Bildern dokumentiert. Das ist auch wichtig für das Wertgutachten“, erklärt Czerny. „Wir machen rund 2.000 bis 3.000 Bilder während der Restaurierung. Das hilft uns und zeigt den Kunden genau, was gemacht wurde.“ Das wird er in Zukunft auch für sich selbst machen. Denn er träumt ebenfalls von einem Targa. „Am liebsten ein F-Modell in Irisch Grün mit goldenen Schriftzügen. Den restauriere ich dann von Grund auf“, sagt Czerny.