Arne Olerth
· 05.09.2022
Ein Tuc-Tuc von Audi? Keine Sorge, die E-Rikscha dient der Erprobung einer Second-Life-Idee für ausgemusterte Batteriezellen. Neben der Show- Rikscha entstehen weitere zum Einsatz auf Indiens Straßen
Audi beschreitet auch unorthodoxe Wege, um die Ökobilanz der E-Mobilität weiter zu optimieren. Aktuell etwa wird der Einsatz von ausgedienten Hochvolt-Zellen einer Audi E-Tron-Batterie in E-Rikschas untersucht – ein Second-Life-Anwendungsfall. Das Projekt wurde vom dem gemeinnützigen Start-up Nunam initiiert und von der Audi Umweltstiftung gefördert. Dritter Partner ist die Audi AG. Derzeit entstehen in Indien drei E-Rikschas, die im kommenden Jahr mit Solarstrom fahren sollen. Dem Projekt wohnt auch ein sozialer Ansatz inne: Frauen sollen die Rikschas nutzen, um damit ihre selbstgemachten Produkte auf Märkte zu transportieren – und damit Zwischenhändler zu umgehen. „Wenn sie in den richtigen Anwendungen eingesetzt werden, können Second-Life-Batterien eine große Wirkung haben und Menschen in herausfordernden Lebenssituationen helfen, ein Einkommen und ökonomische Unabhängigkeit zu erzielen – auf eine nachhaltige Art und Weise“, erklärt Prodip Chatterjee, Co-Gründer von Nunam.
Das Ziel des deutsch-indischen Start-ups ist die Entwicklung von Projekten für gebrauchte Batteriezellen als Second-Life-Stromspeicher. Das verlängert die Nutzungsdauer der Lithium/Ionen-Energiespeicher vor ihrem finalen Recycling, hilft bei einer effizienten Nutzung der Ressourcen. „Eine Autobatterie ist auf ein gesamtes Autoleben ausgelegt, doch selbst nach dem Ersteinsatz im Fahrzeug verfügen sie noch über einen großen Teil ihrer Leistung“, führt Chatterjee weiter aus. „Für Fahrzeuge mit geringeren Anforderungen an Reichweite und Leistung sowie geringerem Gesamtgewicht sind sie äußerst vielversprechend. Wir setzen Elektroauto-Batterien in diesem Second-Life-Projekt erneut in Elektrofahrzeugen ein, quasi als eine leichtere Form der Elektromobilität. So möchten wir herausfinden, wie viel Leistung die Batterie in diesem anspruchsvollen Anwendungsfall noch bereitstellen kann.“
Second- und Third-Life-Nutzungen
Elektrisch betriebene Rikschas sind nicht neu auf den Straßen des Subkontinents, doch kommen dort in der Regel kurzlebige Bleibatterien zum Einsatz, die nach ihrer Nutzung nur selten fachgerecht entsorgt werden. Zudem wird mit dreckigem Kohlestrom geladen. Anders die Nunam/Audi-Rikscha: Solarpaneele füllen hier einen Pufferspeicher – ebenfalls bestehend aus ausrangierten E-Tron-Zellen. Über Nacht kann dieser dann die Rikschas wieder mit grüner Energie aufladen.
Auch am Audi-Standort Neckarsulm entstand ein Showfahrzeug: die E-Rikscha „Gaia“. Ein vierzehnköpfiges Team von Auszubildenden investierte rund ein halbes Jahr Arbeit, um das spektakuläre Dreirad zu bauen. Als Speicher dienen auch hier ausgemusterte E-Tron-Zellen, vier an der Zahl wurden unter der Rückbank installiert. In der Bauphase gab es regelmäßige Videocalls mit den in 7.000 Kilometern Entfernung sitzenden Spezialisten von Nunam.
Diese erwägen sogar eine dritten Nutzungsphase, sollte die Zellkapazität irgendwann für den weiteren Einsatz in einer E-Rikscha zu schwach sein. Dann könnten die Batterien immer noch für LED-Beleuchtungen in Häusern, Werkstätten oder Läden genutzt werden. „Wir wollen aus der Batterie alles herausholen, bevor sie ins Recycling geht“, sagt Chatterjee.