Pro und Contra CabrioOffen oder geschlossen?

Pro und Contra Cabrio: Offen oder geschlossen?Foto: Illustration: Ryan Gillett; Autorenillustrationen: Danilo Agutoli
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Zu zweit im Auto – es gibt kaum einen besseren Ort für inspirierende Gespräche. Diesmal: Wer fährt pünktlich zur Cabrio-Saison lieber offen und wer geschlossen?
gutefahrt/elmar-2_51db93c2a46eb462d04e9240251d1c02Foto: Illustration: Ryan Gillett; Autorenillustrationen: Danilo Agutoli

Fahrersitz

Autofahrer werden uns Cabrio-Menschen kaum verstehen. Autofahrer haben immer ein Ziel, einen Zweck. Müssen sie wohl auch. Wer sich aber freiwillig an die frische Luft setzt, dem reicht als Richtung schon das Losfahren. Gucken, wo die Welt aufhört – und der Horizont beginnt. Wetterfühlig im positivsten Sinn. Träumer, sagen manche Leute. Durchaus. Aber trotzdem unschuldig im Sinne der Anklage. Den Himmel als Straße zu begreifen, das ist als Kompliment zu betrachten. Jedenfalls für jene, die näher dran sein möchten an Raum und Zeit. Der Cabrio-Mensch ist nichts anderes als ein befreiter Autofahrer.

Offen für alles. Ausbrüche. Auswege. Auszeiten. Unbedachte Momente sind immer auch kleine Fluchten. Man muss sie suchen, finden, leben, fahren, sich ihnen öffnen. Der Herbst ist doch auch bloß der Frühling des Winters! Den Gegenwind herausfordern, das ist genau jenes Spiel mit den Naturgewalten, das Cabrioisten beflügelt. Aber gerade kommt es mit voller Wucht von der Seite, obwohl die Scheiben noch oben sind: Das Dach bleibt drauf!

Bewertung

Hochgeschlossen muss es für sie sein, zumindest im Porsche. Da ist die Dame unerbittlich. Wenn ich sie jetzt als verdeckte Ermittlerin bezeichnen würde, wäre die Fahrt wohl gelaufen. Von wegen Frühlingsgefühle. Komm schon, Beifahrerin. Die Dachentriegelung ist doch der allerbeste Stimmungsaufheller.

Irgendwann wird sie schon verstehen, dass Cabrio-Fahren der beste Kompromiss zwischen Herz und Vernunft ist. Ist das Dach erst offen, wird der Kopf von selbst frei. Auch wenn er sich gerade noch in Serpentinen windet. Über uns die Bergspitzen und der Himmel. Plötzlich werden die Farben echter, Geräusche, Gerüche und Gefühle intensiver. Kragen hoch, Körper und Geist im Cruising-Modus. Mit der Natur als echtem Gefühlsverstärker.

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Intensiver geht es kaum. Schon wieder ein Beweis, dass Cabrio-Menschen nicht dem Knopfdruck gehorchen, sondern ihrer Grundeinstellung: den Dingen einfach freien Lauf lassen. Auch die Historie gibt ihnen recht – denn am Anfang stand das offene Auto.

Bianca Leppert ist als Journalistin an der Rennstrecke zu Hause. Da gibt es mit Prototypen zwar auch offene Autos, aber auf der Straße zählt für sie nur das Coupé.Foto: Illustration: Ryan Gillett; Autorenillustrationen: Danilo AgutoliBianca Leppert ist als Journalistin an der Rennstrecke zu Hause. Da gibt es mit Prototypen zwar auch offene Autos, aber auf der Straße zählt für sie nur das Coupé.

Beifahrersitz

Oben ohne. Kann man machen, muss man aber nicht. So sehe ich das auch bei der Frage Cabrio vs. Coupé. Die ist ohnehin nicht rational zu beantworten, sondern reine Gefühlssache. Meine Emotionen gehen schon beim Anblick eines Elfer-Coupés durch die Decke, pardon, das Dach. Diese Linie ist Eleganz in ihrer schönsten Form. Warum sollte man sie wie eine billige Konserve öffnen?

Gut, da schwärmen die Cabrio-Befürworter wie der Fahrer neben mir, dass der Wind ihre Seele massiert und die Sonne ihre Sorgen dahinschmelzen lässt. Hach, klingt schon poetisch. Aber meine Seele tanzt zu jedem einzelnen Ton des Boxermotors, der nicht vom Windgeräusch zerschnitten wird. Sorgen habe ich erst gar keine, weil ich mir nicht ständig die herumfliegenden Haare aus dem Mund fischen muss.

Im Coupé sitze ich in meiner eigenen kleinen Welt. Abgetrennt von dem Trubel da draußen. Lasse alles um mich herum abprallen, fühle mich eins mit meinem Auto. Wir hier drinnen. Die da draußen. Heute geschlossen. Da kann mich der Kollege auf dem Fahrersitz mit seiner Dachentriegelung als Stimmungsaufheller locken wie mit Ananas auf der Pizza. Gar nicht.

Klar, frische Luft hat was. Aber die schnuppere ich am liebsten beim Wandern in den Bergen. Dafür brauche ich kein Cabrio. Viel lieber inhaliere ich den unverwechselbaren Duft der in die Jahre gekommenen Polster, ein bisschen Benzingeruch und den gealterten Kunststoff. Alles zusammen ist für mich „Eau de Porsche“. Dagegen stinkt selbst im Frühjahr, in dem ich wie alle nach Sommer lechze, kein frisch gemähtes Gras oder der Rauch der Grill-Holzkohle während der Fahrt an.

Im Coupé geht es um die Essenz des Fahrens. Ohne Ablenkung. Purismus. Da neige ich zugegebenermaßen ein bisschen zum Schwarz-Weiß-Denken. Und so gar nicht zur offenen Diskussion – bin ja schließlich keine Cabrio-Fahrerin. Die Spezies Cabrio-Mensch ist mir völlig fremd – als käme sie eben von einem anderen Planeten. Und wer mir einen Targa als Kompromiss vorschlagen will, blitzt sowieso ab. Keine halben Sachen. Sorry, geschlossene Gesellschaft.