Reportage Batterie der ZukunftE geht voran

Arne Olerth

 · 03.05.2021

Bild NaN
Foto: Volkswagen

Eine deutlich günstigere Batterie, schnelles Laden, Akku-Recycling und die Visison des kostenfreien Ladens – Volkswagen machte auf dem ersten „Power Day“ Appetit auf die Zukunft des elektrischen Fahrens

Europas größter Autobauer will die Abhängigkeit von Zulieferern verringern und hat dazu den Bau von insgesamt sechs Batteriezell-Fabriken angekündigt – teilweise mit Partnern. Bis 2030 sollen diese in der Lage sein, zusammen Zellen mit einer Gesamtkapazität von 240 Gigawattstunden jährlich zu fertigen. Das verkündete Volkswagen auf seinem ersten „Power Day“ – ein Paukenschlag.

Die erste der so genannten „Giga-Fabriken“ „North-volt Ett“ entsteht zusammen dem schwedischen Batterie-Spezialisten Northvolt aktuell in Skellefteå (Schweden). Hier sollen ab 2023 Zellen für Fahrzeuge des Premium-Segment des VW-Konzerns gefertigt werden – in der finalen Ausbaustufe mit einer Kapazität von 40 Gigawattstunden. Giga-Fabrik Nummer 2 steht bereits – in Salzgitter. Hier fertigt Volkswagen aktuell Zellen mit 16 GWh Kapazität. Hier soll das Volumen bis zum Jahre 2025 auf 40 GWh erhöht werden. Zellen aus Niedersachsen sind für die Volumenmodelle des Konzerns bestimmt. Zudem sollen an diesem Standort Innovationen in Prozess, Design und Chemie der Zellen vorangetrieben werden. Beide Produktionsstätten werden mit Grün-Strom betrieben. Weitere vier Giga-Fabriken befinden sich aktuell in der Planung.

„Unser Ziel ist, Kosten und Komplexität der Batterie zu senken und gleichzeitig ihre Reichweite und Performance zu steigern“, erklärt VW-Technik-Vorstand Thomas Schmall. „Damit wird die E-Mobilität endgültig erschwinglich und zur Hauptantriebstechnologie.“

Maßgeblichen Anteil an der angestrebten Kostenreduzierung wird eine neue Einheitszelle haben. Konkret: Um bis zu 50 Prozent soll diese die Batterie-Preise im Einstiegssegment drücken, im Volumensegment immerhin noch um bis zu 30 Prozent. Schmall kündigt eine Kostenreduktion der Batterie auf „deutlich unter 100 Euro pro Kilowattstunde“ an.

18.000 Schell-Ladesäulen bis 2025 in Europa

Schon in zwei Jahren soll sie kommen, die neue prismatische Einheitszelle. Bis 2030 wird sie in 80 Prozent der batterie-elektrischen Autos (BEV) des Konzerns zu finden sein. Kosten sollen in vier Bereichen verringert werden: Zelldesign, Produktionsprozess, Materialien für Kathode und Anode sowie dem Konzept der Batterie. Die Zellen für das Einstiegs- und das Volumen-Segment werden sich nicht im Design, wohl aber in Sachen Zell-Chemie unterscheiden – was sich in den Kosten niederschlagen wird. So kommt bei letzteren bei den Kathoden Mangan anstelle von Eisenphosphat zum Zuge. Jenseits der Einheitszelle werden Nickel, Mangan oder Kobalt eingesetzt, das Format kann hier auch zylindrisch ausfallen. Diese Highend-Zellen werden nur in hochkarätigen Autos zu finden sein. Gegen Mitte des Jahrzehnts wird zudem der Einsatz der Festkörperzelle vorhergesagt, die einen Quantensprung in Sachen Energiedichte und damit Reichweite beziehungsweise Baugröße markiert. Ihr äußeres Format wird sich nicht von der prismatischen Einheitszelle unterscheiden, ihr Einsatz daher leicht umsetzbar sein.

Volkswagen wird weitere Schritte entlang der Wertschöpfungskette integrieren, wie etwa das industrielle Recycling. Dazu werden strategische Partnerschaften geschlossen. Ziel ist eine Recyclingquote von 95 Prozent der eingesetzten Rohstoffe. Der Konzern erwartet auch bei den Themen Speicherkapazität und Schnellladefähigkeit Fortschritte. Gerade im Bereich der Ladeinfrastruktur wird Volkswagen seine Aktivitäten deutlich verstärken. So wird VW bis 2025 in Europa 18.000 Schnellladestationen mit Partnern betreiben – etwa ein Drittel des prognostizierten Gesamtbedarfs. Im Vergleich zu heute entspricht dies einer Verfünffachung des Angebots. Dazu werden mit BP 8.000 150-kW-Ladestationen an etwa 4.000 BP- und Aral-Tankstellen installiert – größtenteils in Deutschland und Großbritannien. Zusätzlich sollen über eine Kooperation mit Iberdrola die spanischen Hauptverkehrsachsen ertüchtigt werden. In Italien sollen zusammen mit Enel Autobahnen sowie städtische Räume erschlossen werden. 400 Millionen Euro plant VW bis 2025 zur Ertüchtigung des Ladenetzes in Europa ein. Der Autobauer wird sich zudem vergleichbar in den USA und China engagieren.

Und noch etwas: Volkswagen sieht im E-Auto mehr Möglichkeiten als seine bloße Nutzung als People-Carrier. Der VW-Konzern möchte es künftig daher in private, geschäftliche und öffentliche Energiesysteme integrieren. Hausbesitzer können so den Strom der heimischen Photovoltaik-Anlage im BEV zwischenspeichern, das ihn bei Bedarf ins Hausnetz zurückspeist. Das sichert dem Kunden Unabhängigkeit, spart Geld und schont die Umwelt. MEB-Autos werden diese Technologie schon nächstes Jahr unterstützen. Volkswagen wird entsprechende Dienste und Module anbieten – von der bi-direktionalen Wallbox bis hin zum kompletten Energiemanagement.

Schmall schloss den Vortrag mit einem beeindruckenden Statement: „Mit Hilfe des richtigen Energie-Managements und intelligenten Speichersystemen wird Akku-Laden eines Tages kostenlos sein.“ Wenn das keine schönen Aussichten sind.