Klassik VW Elektrotransporter T2 - Seiner Zeit weit voraus

Arne Olerth

, E. v. Witzleben

 · 22.02.2023

Klassik VW Elektrotransporter T2 - Seiner Zeit weit voraus
Foto: Stephan Repke
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Kaum zu glauben: Der erste Serien-Volkswagen mit Elektroantrieb wurde vor 50 Jahren präsentiert. Besonderes Kennzeichen: der unorthodoxe Ansatz zum Nachfassen von Strom

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Foto: S. Repke; Volkswagen (1)

Der flammneue ID. Buzz läutet in Sachen Antriebstechnolgie für den VW Bus einen Paradigmenwechsel ein – weg vom Verbrenner, hin zur E-Mobilität. Doch der Titel des E-Bulli-Pioniers fällt dem T2 der Siebziger Jahre zu. Und nicht nur das: Der „Elektrotransporter“ mit der internen Bezeichnung „Typ 2150“ war das erste Serien-E-Auto von Volkswagen. Zwar verbindet man heute die zweite Bus-Baureihe eher mit Hippie-Flair und fröhlich schnatterndem Boxer-Motor, doch gab es auch eine kleine Flotte mit Elektro-Antrieb. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h war der E-T2 vor fünf Jahrzehnten etwa halb so schnell wie der ID. Buzz (145 km/h) heute.

Dafür konnte er in Rekordzeit mit frischer Energie versorgt werden, war nach wenigen Minuten wieder einsatzbereit. Glauben Sie nicht? Hier gibt’s die Geschichte dazu: Der Startschuss zu dem E-Mobil-Projekt erfolgte 1970. Volkswagen wollte einen Denkanstoß in Richtung Unabhängigkeit von fossilen Treibstoffen geben. Ferner sollten verstärkt einheimische Energiequellen, wie Erdgas, Kohle und Kernenergie zur Stromerzeugung genutzt werden. Zudem sollte durch den emissionsfreien E-Verkehr die Luftqualität in den Ballungsräumen verbessert werden. Vorrangig dachte Volkswagen dabei an den Einsatz im gewerblichen Transport- und Lieferwesen. Man hatte erkannt, dass die Fahrleistungen der neu entwickelten E-Mobile eher zu den Nutzfahrzeugen passten.

Foto: S. Repke; Volkswagen (1)

75 km/h Spitze, 800 Kilo Nutzlast

Auf der Hannover-Messe 1972 präsentierte Volkswagen den ersten Prototypen: einen E-Pritschenwagen. Kurz darauf begann die Serienfertigung – auch in Form eines geschlossenen Transporters, wie auf diesen Seiten zu sehen, und eines Busses. 1973 befeuerte die einsetzende Ölkrise das Projekt zusätzlich.

Bei Volkswagen entwickelte man in Zusammenarbeit mit Siemens und der Firma Hoppecke ein bisher noch nicht dagewesenes Antriebskonzept. Dabei war die 21,6-kWh-Bleibatterie mit einem Gewicht von 880 Kilo (ID. Buzz: 495 Kilo) für einen schnellen Wechsel ausgelegt, der es ermöglichte, die „Tankzeit“ auf wenige Minuten zu beschränken. Dazu war der Batterietrog mit Aufnahmen für Gabelstaplerkufen ausgerüstet: Man entnahm die leere Batterie, die fahrdynamisch günstig zwischen den Achsen platziert war, und bestückte den E-Bulli unter Zuhilfenahme eines Staplers mit einer frisch geladenen Batterie. In einigen Städten wurden spezielle Tankstellen errichtet. Auch das Laden über Nacht war vorgesehen.

Sobald die Akkus mit Energie gesättigt waren, konnte der E-T2 seine emissionsfreie Fahrt aufnehmen. Der Siemens-Elektromotor leistete anfangs 22 PS mit einem kurzzeitigen Leistungspeak von 44 PS, später 23/45 PS (ID. Buzz: 204 PS). 160 Newtonmeter Drehmoment sorgten für ein Sprintvermögen von 12 Sekunden von Null auf 50 km/h. Die Reichweite des Ur-Stromers lag je nach Fahrweise bei fünfzig bis hundert Kilometern. Die Kraftübertragung erfolgte über ein Getriebe mit fester Übersetzung auf die Hinterräder. Der E-Transporter verzögerte durch die Serienbremsanlage des T2 mit Scheibenbremsen vorne und Bremskraftverstärker sowie einer zusätzlichen elektrischen Bremse, die dafür sorgte, dass ein Teil der Bewegungsenergie in die Batterie zurückfloss – heute Rekuperation genannt. Ein Schalter änderte die Drehrichtung des E-Motors für Rückwärtsfahrten. Das hohe Leergewicht von 2.170 Kilo machte eine umfangreiche Verstärkung von Chassis und Fahrwerk nötig. Damit war eine praxisgerechte Nutzlast von 800 Kilogramm möglich.

Foto: S. Repke; Volkswagen (1)
Ein Denkanstoß sollte der E-T2 sein, zeigte innovative Ansätze. Zudem war der erste Elektro-Volkswagen voll einsatzfähig. Erstaunlich, dass die E-Mobilität nach diesem Startschuss dennoch fast fünf Jahrzehnte brauchte, um richtig Fahrt aufzunehmen

Für den Privatkunden unerschwinglich

Mit etwa 60.000 DM kostete der E-Bulli in etwa das Vierfache eines Verbrenner-T2 – unerschwinglich für private Kunden. Die Verantwortlichen sahen auch, dass die Batterieladungs- und Batteriewartungseinrichtung und die damit verbundenen Serviceleistungen vom gewerblichen Transportgewerbe besser finanziell zu tragen waren. Es gab unterschiedliche Leasingangebote für die Akkus von der Firma Selak, einer Tochter der RWE AG. Auch den E-Transporter selbst konnte der Kunde leasen oder auch kaufen. Eines war bei allen Angeboten gleich: Die Betreuung der Fahrbatterie und der Versorgungskomponenten (Ladegerät, Kabel, Wechselvorrichtung) übernahm die Selak. 1979 war Schluss – nach etwa 200 gebauten E-T2. Nach mehr als vier Jahrzehnten greift der ID. Buzz das Thema heute wieder auf. Seine Verbreitung ist schon jetzt ungleich größer, erweist er sich doch auch für viele Privatkunden als erreichbar. Deutlich alltagspraktischer ist er obendrein. Nur das pfiffige Akku-Wechselsystem, auf das muss er verzichten.