Gute Fahrt
· 05.08.2025
Was vor sieben Jahren als ambitioniertes Projekt begann, hat nun seinen krönenden Abschluss gefunden: Der älteste bekannte VW Käfer der Welt darf wieder auf die Straße. Der Prototyp der legendären W30-Serie aus dem Jahr 1937 hat erfolgreich die technische Abnahme durch den TÜV Nord bestanden und kann nun offiziell für den Straßenverkehr zugelassen werden (Quelle4). Dabei handelt es sich um ein wahres Stück Automobilgeschichte, denn von diesem Vorläufer des späteren Volkswagen Käfer wurden damals nur 30 Exemplare zu Testzwecken gebaut, die nach den Erprobungsfahrten eigentlich alle vernichtet werden sollten (Quelle1).
Das Besondere an diesem Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer 26: Es ist der einzige bekannte Überlebende dieser frühen Prototypenserie. Allerdings war von dem historischen Automobil zunächst nur das Zentralrohrrahmen-Chassis erhalten, das die Familie Grundmann aus Hessisch Oldendorf bei einem Sammler in der Steiermark in Österreich entdeckte und erwarb (Quelle1, Quelle5). Die international für ihre Volkswagen-Sammlung bekannte Familie machte sich daraufhin an die aufwendige Rekonstruktion des kompletten Fahrzeugs – ein Projekt, dessen Umfang sie anfangs selbst unterschätzt hatten.
„Wenn wir gewusst hätten, wie groß das Projekt wirklich wird, hätten wir wahrscheinlich gezögert", erklärt Traugott Grundmann rückblickend. „Am Anfang dachten wir, das kriegen wir mit überschaubarem Aufwand hin – aber je tiefer wir einstiegen, desto komplexer wurde es." Doch aufgeben kam für die passionierten Sammler nie in Frage. Grundmann Senior betont: „Geht nicht, gibt's nicht. Besonders wenn jemand sagt, das klappt nicht – dann will ich es erst recht beweisen" (Quelle5).
Die Rekonstruktion des historischen Fahrzeugs gestaltete sich als wahre Detektivarbeit. Zunächst musste die Bodengruppe aufwendig restauriert werden. Anschließend erfolgte der millimetergenaue Nachbau des Aufbaus anhand alter Baupläne, Werksfotografien und Zeichnungen. Parallel dazu begann die weltweite Suche nach den damals verwendeten Technikkomponenten, die aufgespürt und originalgetreu aufgearbeitet werden mussten.
Die Wiederherstellung des historischen Käfer-Prototyps erforderte nicht nur technisches Know-how, sondern auch eine gehörige Portion Geduld und Durchhaltevermögen. Sieben Jahre dauerten die Suche nach Originalteilen und der anschließende Aufbau des Fahrzeugs (Quelle1). Nicht alles war dabei zu beschaffen – so stammen beispielsweise die Schlösser und Türgriffe von einem alten Mercedes, während die Räder von einem anderen Vorkriegs-Käfer-Modell übernommen wurden.
Die Familie Grundmann verfügt in Hessisch Oldendorf über eine beeindruckende Volkswagen-Sammlung mit mehr als 50 Fahrzeugen (Quelle1). Der nun rekonstruierte Ur-Käfer stellt dabei zweifellos ein besonderes Highlight dar. Er repräsentiert die frühe Entwicklungsphase des später weltberühmten Volkswagens, der in den 1930er Jahren der Leitung von Ferdinand Porsche entstand. Die W30-Prototypen dienten damals dazu, die Zuverlässigkeit des Konzepts realen Bedingungen zu testen, bevor die spätere Serienfertigung beginnen sollte.
Die technische Abnahme des rekonstruierten Fahrzeugs stellte auch für den TÜV Nord eine besondere Herausforderung dar. Thomas Rusch, Oldtimer-Experte beim TÜV Nord, beschreibt den ungewöhnlichen Vorgang: „Ein Mustergutachten dafür habe ich nicht. Meine Abnahme ist, ähnlich wie der Neuaufbau dieses Fahrzeugs, reine Handarbeit. Ich beginne mit einem weißen Blatt" (Quelle1). Dabei musste das Fahrzeug auf Verkehrssicherheit und Vorschriftsmäßigkeit geprüft werden – allerdings nicht nach heutigen Maßstäben, sondern entsprechend den Anforderungen seiner Entstehungszeit.
„Die frühe Erstzulassung findet bei der Beurteilung der Zulassungsfähigkeit an vielen Stellen Berücksichtigung", erläutert Rusch. „Daher ist auch hier viel Recherche und Detailarbeit gefragt" (Quelle5). Der Experte musste sich intensiv mit den historischen Vorschriften auseinandersetzen, um eine fundierte Beurteilung vornehmen zu können.
Mit der erfolgreichen TÜV-Abnahme ist der Weg zur Straßenzulassung für den 88 Jahre alten Käfer-Prototypen nun frei. Für die Familie Grundmann bedeutet dies den emotionalen Höhepunkt eines langjährigen Projekts. „Das ist der Moment, in dem man weiß: Wir haben's richtig gemacht", freut sich Traugott Grundmann. „Der krönende Abschluss nach sieben Jahren voller Suche, Schrauberei und harter Arbeit. Eine echte Belohnung – wir können es kaum erwarten, endlich die offiziellen Dokumente in unseren Händen zu halten" (Quelle5).
Die Bedeutung dieses Fahrzeugs geht weit über seine reine Funktionalität hinaus. Als einziger erhaltener Prototyp der W30-Serie repräsentiert es ein wichtiges Kapitel der deutschen Automobilgeschichte. Der Käfer entwickelte sich später zum meistgebauten Automobil der Welt und prägte über Jahrzehnte hinweg das Straßenbild in Deutschland und vielen anderen Ländern. Der nun restaurierte Ur-Käfer ermöglicht einen faszinierenden Blick auf die Anfänge dieser Erfolgsgeschichte.
Besonders bemerkenswert ist, dass das Fahrzeug nicht als statisches Museumsstück endet, sondern tatsächlich wieder auf öffentlichen Straßen bewegt werden kann. Dies entspricht auch dem ursprünglichen Zweck der Prototypen, die in den 1930er Jahren auf Deutschlands Straßen ihre Zuverlässigkeit Beweis stellen sollten (Quelle1). Der W30-Prototyp mit der Fahrgestellnummer 26 hat somit nicht nur die Zeit überdauert, sondern kehrt nach mehr als acht Jahrzehnten zu seiner eigentlichen Bestimmung zurück.
Für Oldtimer-Enthusiasten und Automobilhistoriker stellt dieser Käfer-Prototyp einen wahren Schatz dar. Er verkörpert die Vision eines "Volkswagens" – eines Autos für das Volk – lange bevor der Käfer zum Sinnbild des deutschen Wirtschaftswunders wurde. Die akribische Rekonstruktionsarbeit der Familie Grundmann hat dafür gesorgt, dass dieses einzigartige Zeitdokument der Nachwelt erhalten bleibt und gleichzeitig seine Funktionalität bewahrt.