E für Einsteiger

Arne Olerth

 · 06.04.2023

E für EinsteigerFoto: A. Olerth, GF-Archiv, VW (9), T. Pauli (1)
Bei AC/DC denken Sie an Rockgiganten, der Unterschied zwischen kW und kWh ist nebulös? Wann sollte man laden, wie schnell und wie geht das überhaupt? GUTE FAHRT erklärt hier die Basics. Keine Sorge: E-Mobilität macht Spaß!

Bei AC/DC denken Sie an Rockgiganten, der Unterschied zwischen kW und kWh ist nebulös? Wann sollte man laden, wie schnell und wie geht das überhaupt? GUTE FAHRT erklärt hier die Basics. Keine Sorge: E-Mobilität macht Spaß!

Sie interessieren sich für ein E-Auto oder haben bereits eine Bestellung für einen schicken Stromer getätigt? Herzlichen Glückwunsch! Sie werden einen ganz neuen Fahrkomfort erleben und zumindest lokal keine schädlichen Abgase ausstoßen. Gleichzeitig müssen aber liebgewonnene Gewohnheiten über Bord geworfen werden – und es gilt, neue zu erlernen. Sie haben bereits Erfahrung mit dem Laden, konditionieren den Akku entsprechend und nutzen bei der Fernreise den e-Routenplaner? Als fortgeschrittener E-Auto-User können sie die nächsten Seiten getrost überblättern. Diese richten sich gezielt an Einsteiger. Hier soll es ausnahmsweise nicht um Konzeptvergleiche, Beschleunigungswerte oder ähnliches gehen, vielmehr wird die Praxis großgeschrieben, getreu dem Motto: Wie verhalte ich mich richtig?

Laden: Wann, wo, wie schnell – und wie viel?

Verbrenner-Piloten tanken in der Regel wie folgt: Erst beim Aufleuchten der Reservelampe rückt der Gedanke zum Nachfassen ins Bewusstsein, der verbleibende Aktionsradius von etwa 80 Kilometern erlaubt aber immer noch ein Verschieben auf morgen oder die Suche nach einer extra-günstigen Tankstelle. Dort wird randvoll getankt und das Prozedere schnell vergessen – bis zum nächsten Aufleuchten der Lampe. Ganz anders beim Stromer: Hier ist das Thema präsenter – High-

Power-Charging hin, Mega-Kapazität her. Doch keine Sorge, Sie werden sich problemlos an die neuen Umstände gewöhnen. Fernreisen, der größte Unsicherheitsfaktor für Neulinge, machen in der Regel nur einen verschwindend geringen Teil der Fahrten aus und werden später behandelt. Viel bedeutsamer ist das richtige Ladeverhalten im Alltag, kann man damit doch maßgeblich die Lebensdauer des Akkus beeinflussen.

Ein Leerfahren ist dabei genauso schädlich wie ein randvolles Aufladen – das sollten Sie nur auf Fernfahrten nutzen. Experten halten den Bereich von etwa 20–80 Prozent SOC (Stateof-Charge; Akkufüllstand) als optimal im Sinne einer langen Lebensdauer.

Der Akku sitzt unten zwischen den Achsen, der Antrieb hinten. Beim Allrad-GTX kommt noch ein zweiter Motor an der Vorderhand hinzuFoto: A. Olerth, GF-Archiv, VW (9), T. Pauli (1)
Der Akku sitzt unten zwischen den Achsen, der Antrieb hinten. Beim Allrad-GTX kommt noch ein zweiter Motor an der Vorderhand hinzu

Fein raus sind Eigenheimbesitzer mit einer Wallbox, oder Arbeitnehmer mit entsprechender Lademöglichkeit im Büro. Über Nacht oder während der Arbeitszeit wird hier ohne großen Aufwand der Akku gefüllt. Und: Via Standheizung oder -kühlung lässt sich die gewünschte Innentemperatur vorwählen, ohne dass dabei wertvoller Akkustrom verbraucht würde – ein echter Komfort-Pluspunkt, der zudem den Verbrauch reduziert. Die Volkswagen-Tochter Elli bietet drei Wallboxen an. Abgerechnet wird monatlich etwa über Elli, die aktuell eingespeiste Menge lässt sich praktisch via App abrufen. Sie haben keinen Zugang zu einer Wallbox? Macht nichts, das Netz der öffentlichen Ladesäulen wächst stetig. Unser Tipp: Warten Sie nicht, bis der SOC bedenklich niedrig ist, bauen Sie das Laden besser auch in Ihre Alltagsroutinen mit ein. Der Wocheneinkauf etwa bietet die Möglichkeit von mindestens einer halben Stunde Laden an einer öffentlichen Säule. Sauna- oder Schwimmbadbesucher können hier gleich mehrere Stunden nachfassen, den Füllstand währenddessen um einen beträchtlichen Teil erhöhen.

Kurz: Wo immer sich die Möglichkeit zum Laden bietet, sollten Sie diese auch nutzen. Sorgen, den Akku dabei zu überladen, muss man nicht haben: Der ID. bricht den Ladevorgang bei 80 Prozent automatisch ab – sofern der Nutzer dies eingestellt hat. Mit einem Fingerwisch kann man jederzeit die volle Kapazität des Akkus freigeben. Doch welche Ladesäule nehmen? Je größer die Leistung, desto schneller und meist auch teurer ist der Ladevorgang. Gemessen wird diese in Kilowatt (kW) – nicht zu verwechseln mit Kilowattstunden (kWh), der dieses leistet beim ID.4 GTX maximal 11 kW. Will heißen: Sie können problemlos an einer 44-kW-Säule nachfassen, schneller als an einer 11 kW-Wallbox ist das Laden aber nicht.

Gleiches gilt für den DC-Bereich: Die fabulösen 350- kW-Säulen von Ionity etwa werden von unserem ID nur bis zu einem starken Drittel genutzt: Die technischen Daten weisen hier 135 kW maximale DC-Ladeleistung aus. An dieser arbeiten die VW-Entwickler kontinuierlich, der junge ID. Buzz etwa kann schon mit bis zu 170 kW laden. Gut zu wissen: Updates der Maßeinheit für die Batteriegröße etwa. Und noch etwas gilt es bei der Wahl der Ladesäulen zu beachten: Man unterscheidet zwischen AC- (Wechsel-) und DC- (Gleichstrom-) Ladesäulen, Letztere werden ab 100 kW auch High-Power-Charger (HPC) genannt. DC-Säulen lassen ungleich größere Ladeleistungen zu, die den Akku aber mehr stressen. Das mag für Leasing-Kunden unbedeutend sein, bei einem privaten E-Auto aber sollte man HPC-Laden möglichst auf Fernfahrten beschränken – der Lebensdauer des teuren Akkus zu Liebe. AC-Ladesäulen können bis zu 44 kW Leistung liefern, die etwa unser Foto-ID.4 GTX aber gar nicht nutzen könnte. Warum?

Für schnelles DC-Laden braucht es einen speziellen Stecker (CCS), der den abgeplatteten runden Typ2-Stecker des AC-Ladens um eine ovale Sektion darunter ergänzt. Das CCS-Ladekabel ist stets in die Ladesäule integriert

Bordtechnik limitiert die Ladeleistung

Ein Ausflug in die Technik erhellt – wir halten ihn kurz, versprochen: Das Batteriesystem des E-Autos arbeitet mit Gleichstrom, es könnte mit dem Wechselstrom einer AC-Säule gar nichts anfangen. Daher hat jedes E-Auto ein Ladegerät an Bord, das Wechsel- zu Gleichstrom konvertiert. Und ID-Software haben bereits höhere Ladegeschwindigkeiten möglich gemacht. Und noch etwas gibt es zu beachten: Im Gegensatz zum Tanken in der Verbrennerwelt, wo die Füllgeschwindigkeit von Anfang bis Ende konstant bleibt, beschreibt die Ladeleistung eines E-Autos eine Kurve. Nach dem Beginn steigt sie schnell an und bleibt auf einem Level, um in der zwei ten Hälfte kontinuierlich abzufallen.

Wallbox to go: Der ID. Charger Travel (11 kW, 790 Euro) kann mit sieben verfügbaren Anschlusskabeln an fast alle Steckdosen in Europa angeschlossen werden

Und: Nur bei einer Umgebungs- und Batterietemperatur von etwa 23° Celsius und einem Start-SOC von ca. 5 Prozent erreicht das E-Auto seine maximale Ladegeschwindigkeit. Planen Sie den Besuch eines HPC-Chargers, dann sollten Sie den Akku daher in den idealen Temperaturbereich vorkonditionieren. Wie? Ihr Volkswagen nimmt Ihnen die Arbeit ab, sobald Sie mit dem e-Routenplaner zur Säule navigieren. Dieser übernimmt auch die Ladeplanung für die Langstrecke (s. S. 71) – und zwar vollautomatisch. Sie sollten eine entsprechend längere Zeit als mit einem Verbrenner einplanen. Zahlreiche Apps, etwa die Elli-Charging-App oder die VW We Connect ID.-App, bieten einen Überblick über Säulen im Umkreis, ihre Leistung und Belegung. Nicht alle Säulen verfügen über ein Ladekabel, deshalb sollten Sie Ihr Ladekabel zum AC-Laden stets mitführen.

Das Mode-3-Ladekabel (links) gehört zur Serienausstattung, verbindet den ID mit der Ladesäule. Das Notladekabel (rechts, 237 Euro) erlaubt ein (langes) Laden mit 230 V. Praktisch: die VW-Faltbox (62 Euro) für das Ladekabel mit Handschuhen und Reinigungstuch

Laden an einer öffentlichen Ladesäule

Ob AC-, DC-, oder HPC-Ladesäule – das Prozedere des Akkufüllens ist immer gleich. Die meisten Ladesäulen können nur mit einer RFID-Karte eines Stromlieferanten benutzt werden.

Vor dem Laden müssen Sie sich und Ihren Stromlieferanten identifizieren – via RFID-Karte oder Handy.
Foto: A. Olerth, GF-Archiv, VW (9), T. Pauli (1)

Abrechnung am Monatsende

In der Verbrenner-Welt gilt normalerweise der erste Blick den großformatigen Preistafeln – das ist beim E-Laden ganz anders. Ähnlich wie beim heimischen Stromanbieter schließt man in der Regel einen Vertrag mit einem Unternehmen, das je nach Ladeleistung den Strom zu unterschiedlichen Tarifen verkauft. Bezahlt wird meist monatlich, an der Säule selber erhält man maximal noch eine Anzeige der geladenen Strommenge. Unter den zahlreichen Anbietern ist die Volkswagen-Tochter Elli eine klare Empfehlung, gewährt sie doch den Zugang zu aktuell mehr als 400.000 Ladesäulen in ganz Europa.

Drei Tarife, mit und ohne Grundgebühr, kommen jedem Nutzerprofil entgegen. Weiterer Pluspunkt ist die Einbindung der Ionity-HPC-Charger entlang der Autobahn-Fernachsen mit Ökostrom-Garantie – denn nur damit wird E-Autofahren auch wirklich sinnvoll. Sie erhalten eine RFID-Karte, mit der Sie sich nach dem Einstöpseln identifizieren – auch eine Anmeldung via Smartphone ist möglich. Damit startet der Ladevorgang. Sie können nun beruhigt Ihren Erledigungen nachgehen, mit dem Start des Ladevorgangs ist das Ladekabel an Säule und Auto verriegelt. Ihre We Connect ID.-App unterrichtet Sie über den Fortschritt, ganz bequem. Nach Beendigung des Ladevorgangs sollten Sie zeitnah Ihr Auto von der Säule entfernen und diese nicht etwa als günstigen Parkplatz nutzen. Das gebietet nicht nur die Höflichkeit, sondern vermeidet auch etwaige Blockier-Strafgebühren.

Caravan-Fans aufgepasst: Der ID.4 GTX bietet 299 PS und 1.400 kg Anhängelast – bei 8 % Steigung. Auf einer 115-km-Tour mit einem aerodynamischen 1,2-Tonnen-Wohnwagen bei Tempo 100 und 9° Celsius lag der Verbrauch bei 33,4 kWh/100 km, die Reichweite bei 230 km
Foto: A. Olerth, GF-Archiv, VW (9), T. Pauli (1)

Laden an der heimischen Wallbox

Eine heimische Wallbox ist die wohl bequemste Möglichkeit, den Stromer mit frischer Energie zu versorgen. Die Elli-Wallbox ist die Ladelösung des Volkswagen-Konzerns für zuhause. Drei Varianten sind verfügbar, alle mit jeweils 11 kW Leistung. Die schont die Batterie, die dennoch über Nacht voll geladen wird. Tipp: Das 7,50-Meter-Ladekabel kostet nur 59 Euro mehr als die 4,50-Meter-Version, erlaubt aber viel mehr Freiheiten beim Laden. Die GF-Redaktion nutzt die Pro-Box mit langem Kabel zur vollen Zufriedenheit.

Die Installation der Wallbox ist nur wenig aufwendig, muss aber von einem Fachbetrieb durchgeführt werden
Foto: A. Olerth, GF-Archiv, VW (9), T. Pauli (1)

Um mit einer Batterieladung möglichst weit zu kommen gibt es verschiedene Hebel. Der wohl wichtigste ist die Wahl der Geschwindigkeit: Kam unser ID.4 GTX bei einer Reisegeschwindigkeit von 150 km/h 237 Kilometer weit, so waren es bei Tempo 100 fast 400 Kilometer. Beim Bremsen holt der ID einen großen Teil der Bewegungsenergie zurück, spült diese in den Akku. Der Fachmann spricht hier von Rekuperation. Geht man im Schiebebetrieb vom Fahrpedal, segelt der VW ohne Strom zu verbrauchen – ideal auf der Autobahn 7,99 € oder über Land. In der Stadt aber ist direktes Rekuperieren bei Gaswegnahme energetisch sinnvoller, dazu schaltet man den Fahrmodus von „D“ auf „B“. Radio und Telefon wirken sich kaum auf die Reichweite aus, wohl aber die Klimatisierung.

Die Volkswagen-Tochter Elli bietet Ökostrom an 
mehr als 400.000 Ladepunkten europaweit –
in drei Tarifen. Je schneller die Ladesäule, 
desto teurer – außer Ionity HPCFoto: A. Olerth, GF-Archiv, VW (9), T. Pauli (1)
Die Volkswagen-Tochter Elli bietet Ökostrom an mehr als 400.000 Ladepunkten europaweit – in drei Tarifen. Je schneller die Ladesäule, desto teurer – außer Ionity HPC

Das Auto sollte zu Fahrbeginn möglichst an der Wallbox vortemperiert werden, das schont die Batterie im Fahrbetrieb mächtig. Zudem spart die 14,99 € optionale Wämepumpe im Winter kräftig Strom beim Heizen – eine sinnvolle Investition. Energiefuchser drehen in der kühlen Jahreszeit zudem die Heizung ein wenig runter, nutzen dafür verstärkt die Sitzheizung. Und wenn trotz aller Bemühungen doch einmal 0 Prozent SOC angezeigt werden? Keine Sorge: Der Akku ist damit noch nicht leer. Die 82-kWh-Variante etwa gibt nur 77 kWh Kapazität für die Nutzung frei. Die restlichen 5 kWh sichern die Rangierfähigkeit des Autos im Notfall, um etwa auf einen Abschleppwagen zu fahren. Volkswagen spricht hier vom „Turtle Mode“ – angezeigt durch eine Schildkröte im Display. Sorgen vor einer Tiefenentladung und damit der Zerstörung der Akkuzellen muss man nicht haben, vorher schaltet das Auto komplett ab. Erfreuliches gibt es bei den Werkstattkosten zu vermelden: Sie fallen viel geringer aus, da der E-Antrieb verschleißfester und weniger wartungsintensiv ist. Auch das aus der Verbrennerwelt bekannte Warmfahren ist hier überflüssig, der Verschleiß auf der Kurzstrecke kaum höher als auf einer Fernreise. Mit dem E-Auto-Laden ist es wie mit dem Smartphone-Laden – der Vorgang wird schnell absolut selbstverständlich. Wenn man sich nur darauf einlässt, lösen sich Sorgen um die Reichweite flott in Luft auf.