Gute Fahrt
· 30.07.2025
Der Dieselkraftstoff verliert zunehmend seinen traditionellen Preisvorteil gegenüber Benzin. Aktuelle Zahlen des ADAC zeigen, dass der Preisunterschied zwischen Diesel und Super E10 auf durchschnittlich nur noch etwa 5 Cent pro Liter geschrumpft ist (Quelle1). Dies steht in deutlichem Kontrast zu den steuerlichen Rahmenbedingungen: Der Staat erhebt auf Diesel rund 20 Cent weniger Steuern und Abgaben als auf Benzin (Quelle2). Diese Differenz kommt an den Tankstellen jedoch längst nicht mehr vollständig bei den Verbrauchern an.
Betrachtet man die langfristige Entwicklung, wird der Wandel besonders deutlich. In den zehn Jahren vor dem Ukraine-Krieg, also von 2012 bis 2021, lag der durchschnittliche Preisunterschied zwischen Diesel und E10 bei 15,4 Cent pro Liter. Im ersten Halbjahr 2024 betrug die Differenz im Schnitt nur noch 8,8 Cent – das entspricht lediglich etwas mehr als der Hälfte des langjährigen Durchschnitts (Quelle1). Diese Entwicklung hat gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeitsrechnung bei der Anschaffung eines Dieselfahrzeugs.
Die Gründe für diese Verschiebung sind vielschichtig, hängen aber maßgeblich mit der Importabhängigkeit Deutschlands bei Dieselkraftstoff zusammen. Während aus Rohöl etwa gleiche Mengen Benzin und Diesel gewonnen werden können, ist der Dieselverbrauch in Deutschland deutlich höher. Laut Statistik des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wurden 2024 rund 32 Millionen Tonnen Diesel verbraucht, wovon 13 Millionen Tonnen importiert werden mussten. Beim Benzin lag der Verbrauch dagegen nur bei knapp 18 Millionen Tonnen, von denen lediglich gut zwei Millionen Tonnen aus dem Ausland kamen (Quelle1).
Diese Importabhängigkeit macht den Dieselpreis anfälliger für internationale Krisen und Lieferengpässe. Besonders deutlich wurde dies nach Ausbruch des Ukraine-Krieges, als der Dieselpreis den Benzinpreis zeitweise sogar überstieg. Auch wenn sich die Situation inzwischen etwas entspannt hat, bleibt der Preisunterschied weit dem Niveau früherer Jahre.
Die veränderte Preissituation an den Tankstellen wirkt sich unmittelbar auf die Wirtschaftlichkeit von Dieselfahrzeugen aus. Lange Zeit galt die Faustregel, dass sich ein Diesel ab einer jährlichen Fahrleistung von etwa 15.000 Kilometern finanziell lohnt. Bei dieser Kilometerleistung konnten die niedrigeren Kraftstoffkosten den höheren Anschaffungspreis und die höhere Kfz-Steuer ausgleichen. Diese Rechnung geht heute jedoch immer seltener auf.
Der ADAC beobachtet eine deutliche Verschiebung der Wirtschaftlichkeitsschwelle: "In der Tendenz sehen wir, dass immer öfter große Jahresfahrleistungen – teilweise jenseits von 20.000 Kilometern – nötig sind, um einen Diesel günstiger zu fahren als einen Benziner" (Quelle1). Eine pauschale Aussage lässt sich allerdings nicht treffen, da die Wirtschaftlichkeit stark vom Hersteller und Fahrzeugmodell abhängt. Bei einigen Modellen rechnet sich der Diesel bereits ab 10.000 Kilometern jährlich, bei anderen lohnt er sich selbst bei sehr hohen Fahrleistungen nicht mehr.
Um diese Entwicklung zu quantifizieren, hat der ADAC für fünf weit verbreitete Modelle die Situation im Jahr 2019 mit der aktuellen verglichen. Die Ergebnisse sind eindeutig: Während 2019 in 13 von 20 untersuchten Fällen (verschiedene Jahresfahrleistungen bei verschiedenen Modellen) der Diesel günstiger war als der vergleichbare Benziner, ist dies 2025 nur noch in sieben Fällen der Fall. In einem Fall liegen Diesel und Benziner gleichauf, in zwölf Fällen ist der Benziner inzwischen wirtschaftlicher (Quelle1).
Diese Verschiebung ist besonders bemerkenswert, da Dieselfahrzeuge traditionell für ihre Wirtschaftlichkeit bei hohen Fahrleistungen bekannt waren. Der schwindende Preisvorteil an der Tankstelle stellt dieses Geschäftsmodell zunehmend in Frage und könnte langfristig zu einem Rückgang der Nachfrage nach Dieselfahrzeugen führen.
Trotz des geschrumpften Preisabstands zwischen Diesel und Benzin gibt es für Autofahrer weiterhin Möglichkeiten, beim Tanken zu sparen. Laut aktueller ADAC-Auswertung kostet ein Liter Super E10 im bundesweiten Durchschnitt 1,668 Euro, während für einen Liter Diesel im Schnitt 1,615 Euro zu zahlen sind – ein Unterschied von lediglich 5,3 Cent (Quelle2). Angesichts der steuerlichen Differenz von rund 20 Cent bewertet der ADAC den aktuellen Benzinpreis als angemessen, während Diesel weiterhin als "deutlich überteuert" eingestuft wird (Quelle2).
Die Preisentwicklung zeigt sich dabei relativ unabhängig von den Rohölnotierungen. Während die Kraftstoffpreise in der letzten Woche leicht gesunken sind (Super E10 um 0,5 Cent, Diesel um 0,8 Cent), ist der Preis für Rohöl der Sorte Brent im selben Zeitraum um etwa drei Dollar auf rund 72 US-Dollar pro Barrel gestiegen. Gleichzeitig hat der Euro gegenüber dem Dollar etwas an Wert verloren, was tendenziell zu höheren Kraftstoffpreisen führen müsste (Quelle2).
Für Verbraucher lohnt es sich, beim Tanken auf Uhrzeit und Standort zu achten. Der ADAC empfiehlt, abends zur Tankstelle zu fahren, da die Spritpreise dann durchschnittlich rund 13 Cent je Liter niedriger sind als am Morgen. Bei einer 50-Liter-Tankfüllung entspricht dies einer Ersparnis von 6,50 Euro. Zudem sollten Autofahrer möglichst nicht an Autobahntankstellen tanken, wo die Preise im Schnitt mehr als 40 Cent pro Liter höher liegen als abseits der Autobahn (Quelle2).
Für Dieselfahrer bleibt die Situation unbefriedigend. Der einstige Kostenvorteil, der oft ein Hauptargument für den Kauf eines Dieselfahrzeugs war, ist auf ein Minimum geschrumpft. "Lange galten Dieselfahrzeuge als Garant für niedrige Kraftstoffkosten – doch diese Rechnung geht immer seltener auf" (Quelle5). Die wirtschaftliche Rentabilität rückt für viele potenzielle Käufer in weite Ferne, was den Markt für Dieselfahrzeuge nachhaltig verändern könnte.