Peter Kluever
· 03.03.2023
Auch im 72. Jahr des Bestehens von GUTE FAHRT geben wir alles – und zeigen die Nachrüstung einer beheizbaren Frontscheibe einschließlich selbst entwickeltem Kabelsatz
Gute Gelegenheit für die Nachrüstung einer Heizscheibe ist, wenn diese ohnehin wegen Glasbruch oder -riss ausgetauscht werden muss. Dann bezahlt das die Versicherung, und der Besitzer muss nur den Aufpreis von etwas über 100 Euro für die Heizfunktion berappen. Plus Kabelsatz, Sicherungen und Einbau.
Allerdings stellt der Kabelstrang eine Herausforderung dar. Wir haben bereits einen für den Passat B6 entwickelt. Und jetzt erneut einen Kabelstrang für den VW Touran 5T. Damit niemand sich der Mühe des Nachbauens unterziehen muss, wird der Kabelsatz unter der Bestellnummer 46804 für rund 80 Euro bei www.kufatec.de angeboten und enthält auch die beiden Relais, nicht aber die Sicherungen. Diese sind unter den Bestellnummern N 017 131 25 (einmal) und N 911 863 03 (zweimal) beim Volkswagen Partner erhältlich. Außerdem gibt es dort beheizbare Scheiben. Diese sind je nach Modell mit Heizdrähten ausgestattet (die man aber auch bei Gegenlicht fast nicht mehr sieht) – oder aber ohne Drähte, sondern mit durchsichtiger Folie namens ClimaCoat-Technik. Für alle Modelle hat Kufatec Verkabelungs-Lösungen. Geschäftsführer Christoph Heinzelmann: „Grundsätzlich bauen wir für alle Nachrüstungen Kabelsätze. Wir haben extra Mitarbeiter, die sich damit beschäftigen. Wenn ein Kunde ab Werk erhältliche Funktionen nachrüsten will und uns dabei unterstützt, erstellen wir den Kabelsatz. Stecker sind kein Problem, auch wenn es diese nicht einzeln gibt; dann konstruieren wir sie und drucken sie 3D.“
Mit dem Kabelsatz ist die halbe Miete für diese Umrüstung schon gewonnen. Vor Beginn aller Arbeiten sollte geprüft werden, ob sich das Body-Control-Modul (BCM) und das Klima-Bedienteil auf heizbare Frontscheibe umcodieren lassen. Dazu im Steuergerät neun (Zentralelektrik = BCM) in Byte drei Bit fünf auf eins setzen und im Steuergerät acht (Klima-Bedienteil) in Byte elf die Bits zwei und drei auf eins. Falls Umcodierung nicht möglich, müssten die Steuergeräte ersetzt werden. Das wird teuer.
Vielfach aber funktioniert die Umcodierung, und der Austausch der Scheibe beim Volkswagen Partner kann beginnen. Dazu die Frontwischer nach Ausschalten der Zündung durch Antippen des Wischerhebels nach unten in Service-Stellung bringen. Lage der Wischerblätter auf der Scheibe mit Krepp-Klebeband markieren. Dann Kappen abhebeln und beide Muttern SW 10 von den Achsen der Wischerarme abdrehen. Die Wischerarme durch sanfte Bewegung von den Achsen lösen; ggf. Abzieher verwenden.
Unter der Motorhaube den quer laufenden Dichtgummi abziehen und darunter die drei Federclips. Dann lässt sich die meist zweiteilige Wasserkasten-Abdeckung ausbauen.
Jetzt setzt der Fachbetrieb den Schneidedraht an und trennt die bisherige Scheibe heraus. Außerdem die Innenleuchte entfernen.
Vorbehandlung der Klebeflächen und Kleberauftag erfordern Fachkenntnis und Erfahrung – schließlich ist die Frontscheibe ein tragendes Karosserieteil.
Wichtig bei beheizbaren Scheiben: Das obere Kapton-Leiterband muss mit Kreppband innerhalb der Scheibe fixiert werden, die beiden unteren dagegen nach außerhalb. Sie dürfen auf keinen Fall in die Kleberraupe gelangen. Wenn doch, muss der Kleberauftrag verworfen und erneuert werden.
Nach dem Einsetzen der neuen Scheibe die Passung rundum kontrollieren. An der Unterseite werden bei vielen Modellen Schiebekeile zum Fixieren verwendet. Nach der Aushärtezeit des Klebers das Kapton-Band innen auf den Massestutzen nahe der Innenleuchte schrauben.
Scheibenausbau beim Fachbetrieb
Im Wasserkasten die beiden Kapton-Anschlüsse mit dem Kabelstrang verbinden und diesen in kurzen Abständen so fixieren, dass er nicht in das Wischergestänge kommt.
Jetzt den Luftfilterkasten ausbauen und die Starterbatterie. Das schafft Platz, um eine Leitung durch die große Gummitülle in den Innenraum zu verlegen. Dazu ein 50-Zentimeter-Stück einer Nylon-Zugsonde (aus dem Baumarkt) durch einen freien Anguss der Gummitülle nach innen durchschieben. An deren Ende die durchzuführende Leitung mit Isolierband fixieren. Im Innenraum die untere Knie-, die Fußraum- und die untere A-Säulen-Verkleidung abbauen. Dort Zugsonde so weit durchziehen, bis die Leitung ankommt und das Klebeband entfernt werden kann.
Am mittleren, 26-poligen Stecker des Body-Control-Moduls (BCM) oben die rote Verriegelung lösen, dann weißen Hebel umlegen und Stecker so auswerfen. Kabelbinder am Leitungsausgang entfernen, dann seitliche Rastnasen beiseite drücken und beide Kontaktträger heraus ziehen. In Kammer 26 die Leitung aus dem Motorraum einpinnen.
Im Motorraum geht es weiter mit dem Anschluss der Masse-Öse am Massepunkt hinter der Starterbatterie oder hinter dem rechten Scheinwerfer. Dabei möglichst Handschuhe tragen, damit kein Hautfett auf die Masseanschlüsse kommt und für unangenehme Korrosion sorgt. Jetzt kommt der Anschluss am Motorraum-Sicherungskasten. Dieser muss mit besonderer Sorgfalt erfolgen, weil der Kabelstrang immerhin mit dreimal 30 Ampere abgesichert wird!
Dazu die Leitungen zwischen Motorraum-Sicherungskasten und Starterbatterie nach vorn verlegen. Deckel des Sicherungskastens abnehmen, ebenso die vordere senkrechte Gehäusewand.
Nachdem die Starterbatterie bereits ausgebaut (und damit auch abgeklemmt) ist, können die Schraubsicherungen an der Vorderseite des Motorraum-Sicherungskastens nummeriert und gelöst werden. Außerdem Kabelbinder entfernen.
Dann in alle vier Rastfedern der Sicherungs- und Relaisplatte kleine Schraubendreher einstecken sowie den Halter so nach oben heraus ziehen. Der Kufatec-Kabelstrang wird nun von vorn unten in den Sicherungskasten verlegt. Die Sicherungs- und Relaisplatte am besten nach vorn „auf das Gesicht legen“. Dabei kann es hilfreich sein, den in Fahrtrichtung rechten Frontscheinwerfer auszubauen.
Das Zusatz-Relaisgehäuse das Kufatec-Kabelsatzes einrasten. Die Leitungsenden mit den Pins an den aufgedruckten Sicherungsplätzen einstecken. Ebenso die Zusatzleitung für Steckplatz 14, deren zweites Ende am Plus-Gewinde (unten an der Sicherungs- und Relaisplatte) mit angeschraubt wird.
Motorraum-Sicherungskasten wieder zusammen bauen, an der Oberseite zusätzliche Relais und Sicherungen einstecken.
Wenn auch Batterie und Luftfiltergehäuse wieder an ihren Plätzen sind und die Umcodierung erfolgt ist, kann ein Funktionstest erfolgen. Dazu Motor starten, auf die Taste „Menü“ im mittleren Klima-Regler drücken und dann am unteren Rand des Mittelbildschirms auf das Symbol für heizbare Frontscheibe. Ob die Scheibe heizt, lässt sich mit einem Infrarot-Thermometer überprüfen.
Integration ins Batterie-Management
Mit der Umcodierung erhalten Modelle des Modularen Quer-Baukastens (MQB – z. B. Audi A3/Q3, Seat Leon, Skoda Octavia, VW Golf/Passat/Tiguan/ Touran) im Mitteldisplay weitere Einstellmöglichkeiten wie das automatische Einschalten der Frontscheibenheizung. Da diese Nachrüstung wie ab Werk in das Bordnetz integriert ist, wird sie auch vom Batterie-Management-System erfasst, das die Startfähigkeit sichert – unter anderem durch Erhöhen der Motordrehzahl. Damit die Frontscheibe jederzeit im Handumdrehen eisfrei wird!
Gute Fahrt Info
Kabelsätze für verschiedene Modelle gibt es bei www.kufatec.de
Aufgrund der Variantenvielfalt selbst innerhalb der Modellfamilien muss bei jedem einzelnen Fahrzeug vorab geprüft werden, ob die hier geschilderte Nach-/ Umrüstung so durchführbar ist und ob die genannten Teile verwendbar sind. Für falsch gekaufte oder nicht passende Teile übernimmt GUTE FAHRT keine Haftung.