Leise knirscht der Kies unter den Pirelli-Reifen des Porsche 356, als Friedrich Herzog von Württemberg das Cabrio in den Park von Schloss Friedrichshafen steuert. Gefühlvoll spielt er mit dem Gaspedal, was der 1,6-Liter-Boxermotor im Heck mit jenem unvergleichlichen Sound quittiert, wie er nur einem 356 eigen ist. Vorbei an riesigen Platanen und einer alten Trauerbuche lenkt Herzog Friedrich das irischgrüne Cabrio in Richtung Bodensee-Ufer, an das der Park unmittelbar grenzt. Eine leichte Brise weht vom Wasser herüber und streicht sanft durch die Baumwipfel. Vor einer mächtigen Libanon-Zeder bringt er den 356 für den Fotografen in Position. »Die Zeder wurde 1893 zur Geburt meines Großvaters Philipp II. Albrecht gepflanzt«, erklärt der Herzog. Hier ist Geschichte spürbar.
Adel verpflichtet – geht es nach dem Herzog, bleibt der 356 in der Familie: »Er soll mir Spaß machen und auch der nächsten Generation!«
Am 1. Juni 1961 wird Herzog Friedrich als ältester Sohn von Herzog Carl, dem 1936 geborenen Oberhaupt des Hauses Württemberg, im Schloss Friedrichshafen geboren. Seine Mutter Diane ist eine geborene Prinzessin von Frankreich. Er hat noch fünf Geschwister. Im Schloss, das bis Anfang des 19. Jahrhunderts ein Benediktinerkloster beherbergte, ist auch die Hofkammer untergebracht, die den Familienbesitz verwaltet. Seit 1997 sitzt der Finanzfachmann und Bundeswehr-Oberst der Reserve ihrer Direktion vor. Zusammen mit seiner Frau Marie, einer geborenen Prinzessin zu Wied, lebt Herzog Friedrich auch im Schloss. Das Paar hat einen Sohn und zwei Töchter.
Treuer Begleiter: Rund 80.000 Kilometer haben der Herzog und sein 356 bereits zusammen verbracht. »Ich fahre ihn, so oft es geht, vor allem bei schönem Wetter.«
Leise knisternd kühlt der Auspuff des 356 ab. Er ist nicht das erste Auto, das über die kiesbestreuten Wege rollt, die den Park wie feine Adern durchziehen. Denn auf ihnen hat Herzog Friedrich im zarten Alter von zwölf Jahren das Autofahren gelernt – allerdings nicht in einem Porsche, sondern mit dem BMW seiner Mutter. Das war 1973, genau 25 Jahre nachdem der erste Porsche mit der Konstruktionsnummer 356 und der Fahrgestellnummer 356-001 im Jahr 1948 den Ruhm der Marke begründete. »Ich bin allerdings schon seit meinem zehnten Lebensjahr Porsche-Fan«, verrät Herzog Friedrich schmunzelnd. »Ich erinnere mich noch genau an eine Comicfigur von damals. Die hieß Rick Master, war Journalist und Detektiv. Ganz am Anfang fuhr Master ein englisches Auto, danach aber einen 356er Porsche. Das fand ich so cool, dass ich seither Porsche-Anhänger bin.«
Nachdem der Funke übergesprungen ist, beschäftigt sich Herzog Friedrich intensiv mit der Geschichte seiner Lieblingsmarke. »Ich hab schon als Jugendlicher Bücher über Porsche gesammelt und mich auch mit der Biografie von Ferry Porsche beschäftigt«, erinnert er sich. Deshalb war es nur eine Frage der Zeit, bis ein eigener 356 in den herzoglichen Fuhrpark musste – und zwar ein 356 B 1600 Super 90 von 1961, dem Geburtsjahr des Herzogs. Schließlich entdeckt Herzog Friedrich Mitte der 90er-Jahre bei einem deutschen Händler ein passendes Exemplar. Erstzulassungsdatum ist der 1. Juli 1961, also genau vier Wochen nach seiner Geburt.
Im grünen Bereich: Die Sportlichkeit seines 356 fasziniert Herzog Friedrich besonders: »Man fühlt sich wie in einem kleinen Rennwagen.«
Damals produziert Porsche unter Hochdruck. Im Juni 1961 erreicht die Monatsproduktion 900 Einheiten – Rekord! In der Verkaufsabteilung stapeln sich bereits Bestellungen für zwölf Monatsproduktionen. Schon 1960 war ein Erfolgsjahr: In den USA, wo auch der herzogliche 356 herstammt, kann Porsche mit 2.950 Verkäufen seinen Marktanteil gegenüber 1955 glatt verdoppeln, und die Gesamtproduktion klettert auf einen neuen Rekordstand von 7.600 Autos.
Ein 356 aus geschichtsträchtiger Zeit also. »Es ist ein US-Reimport, und zwar ein Cabrio, das ein Porsche-Händler aus Kalifornien für seine Frau bestellt hatte. Ursprünglich war er ätnablau«, erinnert sich Herzog Friedrich. »Sie fuhr aber offensichtlich nicht besonders viel damit, denn das Auto hatte gerade mal 50.000 Meilen auf dem Tacho.« Bis Ende der 90er-Jahre nutzt Herzog Friedrich den 356, dann ist das Auto reif für eine Restaurierung. »Ein Dreivierteljahr ist das Auto bei Porsche im Werk gewesen«, blickt er zurück. »Dabei hat sich herausgestellt, dass es Matching Numbers hat.« Weil ihm Ferry Porsches Lieblingsfarbe »Irischgrün« besser gefällt, lässt Herzog Friedrich sein Cabrio in diesem Ton neu lackieren. »Darüber gab es Diskussionen wegen der Originalität, aber das war mir egal: Ich sagte, es müsse mir gefallen, denn ich wolle das Auto fahren. Und es soll ohnehin in der Familie bleiben.«
Familienbande: Herzog Friedrichs Vater Carl fuhr einen 356 A – eine Cabrio-Spezialanfertigung namens Pur Sang, gebaut vom Schweizer Karosserieexperten Beutler.
Ob auch der Bezug zu Württemberg eine Rolle gespielt hat? »Ganz am Anfang hat mich nur das Auto als solches fasziniert, vor allem seine Sportlichkeit. Aber wenn man dann das Logo betrachtet, ist der Bezug zur Familie offensichtlich. Die charakteristischen Hirschstangen finden Sie auch in unserem Wappen, die Farben Rot und Schwarz erinnern an die Zeit der Monarchie. Und das Pferdchen ist eben das Stuttgarter Pferdchen«, lacht Herzog Friedrich. Selbst nach rund 80.000 gemeinsamen Kilometern hat der 356 für ihn, nichts von seiner Faszination eingebüßt. »Ich fahre ihn so oft es geht, vor allem bei schönem Wetter. Im November kommt er dann in die Garage und wird winterfest gemacht, nach Ostern hole ich ihn wieder raus.«
Bis nach Österreich, in die Schweiz und nach Italien sind die beiden schon zusammen gereist, auch in die Beneluxstaaten und nach England. »Aber ich fahre gerne auch kürzere Strecken damit, zum Beispiel zu meinen Eltern, die im Schloss Altshausen in der Nähe von Ravensburg leben«, sagt Herzog Friedrich. Dabei gab es bislang nur eine einzige Panne. »Ganz am Anfang ist mir mal der Gaszug gerissen. Aber seitdem das Auto im Werk restauriert worden ist, gab es nie Probleme.« So viel Zuneigung schweißt zusammen. »Ich fahre das Auto zu 90 Prozent selbst. Meine Frau sitzt gerne auf dem Beifahrersitz, meinen 23-jährigen Sohn habe ich allerdings schon ans Steuer gelassen. Und wenn der 356 zur Wartung in die Werkstatt kommt, übernimmt das mein Fahrer.«
Ganz muss Herzog Friedrich auch dann nicht auf das typische Porsche-Feeling verzichten: In seiner Garage parken noch ein 911 Carrera 4S von 2007 – und ein Porsche-Traktor von 1962.