Reife Leistung

Joachim Fischer

 · 31.05.2023

Reife LeistungFoto: Jan Bürgermeister
VW Touareg 3.0 TDI 4Motion Tiptronic (231 PS)
Der Touareg mit V6-TDI, 231 PS und 500 Nm Drehmoment. Reicht der Einstiegs- Diesel für das volle Wohlfühl- Moment in Volkswagens großem Luxus-SUV?

Der Volkswagen Touareg feierte im vergangenen Jahr seinen 20. Geburtstag. Viele mäkelten zu seiner Geburt: „Wer braucht schon einen Luxus-Volkswagen?“ oder „Wer will in Europa ein SUV?“. Alles zu kurz gedacht. Etwa technische Features, die über das Luxus-Segment eingeführt werden, tauchen auch schnell in der Mittelklasse auf und werden dann alsbald über das Kompakt- und sogar Kleinwagensegment demokratisiert. Das Luxus-Segment fördert so den technischen Fortschritt. Beispiele dafür gibt es zuhauf: LED-Licht, Infotainment, Konnektivität, Assistenz. Über das angeblich mangelnde Interesse an SUVs brauchen wir wohl gar nicht mehr zu reden. Man muss nur aus dem Fenster schauen! Also: Volkswagen hat mit dem Touareg alles richtig gemacht.

Und das nicht nur mit dessen Offroad-Konzept. Sein zeitlos-elegantes, weder protzig noch klotzig wirkendes Design, der hohe Fahrkomfort, die feine Ausstattung, bullige Antriebe sowie echte Geländegängigkeit haben ihn zu einem der Topseller im Segment der großen Luxus-SUV werden lassen. Seit 2018 ist die dritte Generation des Touareg auf Basis des MLB (Modularer Längs-Baukasten) am Start, Audi Q7, Porsche Cayenne, Lamborghini Urus und Bentley Bentayga sind somit seine Brüder.

Bewertung
Der Touareg mit V6-TDI, 231 PS und 500 Nm Drehmoment. Reicht der Einstiegs- Diesel für das volle Wohlfühl- Moment in Volkswagens großem Luxus-SUV?

Das Beste zum Schluss?

In nächster Zukunft wird ein moderates Facelift für den Touareg erwartet. Das ist Grund genug für GUTE FAHRT, das aktuelle Modell noch einmal auf Herz und Nieren zu prüfen. Dafür haben wir uns einen Touareg R-Line mit dem kleinen Einstiegs-Diesel ausgesucht. Das V6-Triebwerk mit VTG-Turboaufladung, CR-Direkteinspritzung und knapp drei Litern Hubraum leistet 231 PS und produziert ein maximales Drehmoment von 500 Newtonmetern, die schon bei niedrigen 1.500 bis 3.000/min anliegen. Eine Achtgang-Automatik mit Tiptronic-Funktion und der 4Motion-Allradantrieb sind bei allen Touareg obligatorisch. Zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe war das auch die einzige Antriebsvariante, die im Konfigurator noch in allen Ausstattungsversionen bestellbar war. Doch keine Angst. Nach dem Facelift werden laut VW alle bekannten Motorisierungen wieder sukzessive auftauchen – vom besonders beliebten V6 TDI mit 286 PS über den V6 TSI-Benziner bis hin zum E-Hybrid und dem bullenstarken Touareg R.

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Der bullige Dreiliter-V6-Diesel mit 231 PS und 500 Nm maximalem Drehmoment
Foto: Jan Bürgermeister

Betrachtet man unseren Testwagen, könnte man fast meinen, vor dem Top-Touareg zu stehen. Dank R-Line-Ausstattung, schwarzen 20-Zoll-Rädern „Nevada“ (900 Euro) mit 284/45er-Reifen und dem Paket „Exterieur Black Style“ für 945 Euro mit schwarzem Grill und Fensterrahmen sieht unser Touareg besonders bullig und dynamisch aus. Vorne funkeln die optionalen, herausragenden IQ.Light Matrix-LED-Scheinwerfer (2.050 Euro), am Heck die Topversion der LED-Rückleuchten mit dynamischen Blinkern. Steigen wir ein. Die schweren Türen fallen mit einem satten Plopp ins Schloss. Die elektrisch verstellbaren und beheizbaren, beim R-Line mit Vienna-Leder bezogenen ErgoActive-Sitze – optional mit Belüftung und Memory-Funktion – schmiegen sich an einen. Alles präsentiert sich sehr gediegen und absolut hochwertig, die Verarbeitung liegt auf Manufaktur-Niveau. Die verwendeten Materialien sind optisch wie haptisch erstklassig, Anfassen macht hier richtig Spaß.

Die R-Line-Ausstattung bietet ein besonders sportliches Exterieur mit eigenständigen Front- und Heckschürzen
Foto: Jan Bürgermeister

Alles ist hochwertig und gediegen

Vor einem thront das imposante Armaturenbrett mit dem Digital-Cockpit, mittig das große, serienmäßige Infotainment-System „Discover Premium“, über das Fahrzeugfunktionen, Assistenten, Musik und vieles mehr gesteuert werden. Das griffige, beheizbare Multifunktions-Lederlenkrad wirkt auf den ersten Blick etwas überfrachtet, doch mit etwas Gewöhnung lassen sich auch von hier viele Funktionen steuern, für die man sonst zum Touchscreen greifen müsste. Die breite Mittelkonsole beherbergt vorne die optionale Handy-Ablage mit Qi-Lader, dahinter einen formschönen, ergonomisch erstklassig geformten Wählhebel für die Achtgang-Tiptronic. Es folgen Startknopf, Warnblinker, Parkbremse, eine große Bedienwalze für die Lautstärkeregelung auf klassische Art und daneben Becherhalter. Alles ist schon nach kürzester Eingewöhnung blickfrei auffind- und bedienbar. Das ist auch im Digital-Zeitalter klasse!

gutefahrt/gfsl_20230421_202305_new-img_39-1-imgFoto: Jan Bürgermeister
Mit dem R-Line „Exterieur Black Style“ für 945 Euro von Volkswagen R kommt der Touareg gleich noch ein ganzes Stück dynamischer daher. Das bringt Überholprestige auf der Autobahn
Elektrisch verstellbare, beheizbare ErgoActive- Sitze mit „Vienna“-Leder und pneumatischer Lendenwirbelstütze sind vorne serienmäßig verbaut
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Dahinter liegt auf der Fahrerseite der große Drehregler für die Serien- Fahrprofile, rechts daneben der Drehregler für die optionale Luftfederung (1.950 Euro) mit Niveauregulierung, Höheneinstellung und elektronischer Dämpferregulierung. Zumindest auf dieses Extra sollte man keinesfalls verzichten. Es hebt den Fahrkomfort im Toureg noch einmal auf ein höheres Niveau. Mehr geht an dieser Stelle indes immer: Die in unserem Test-Touareg noch zusätzlich verbaute Allradlenkung macht das große SUV in allen Fahrsituationen noch handlicher, das ebenfalls extra zu ordernde Adaptivfahrwerk mit aktiver Wankstabilisierung sorgt für die Unterdrückung von Nick- und Wankbewegungen der Karosserie beim Bremsen und in schnellen Kurven. Das Gesamtpaket fürs Fahrwerk gibt es für stolze 5.900 Euro – aber auch die lohnen sich am Ende.

Fürstliches Platzangebot

Das Platzangebot im Touareg ist noch immer fürstlich. Vorne fühlt man sich wie in Abrahams Schoß gebettet. Auf der Rückbank gibt es viel Platz für Knie und Kopf, die Innenbreite reicht sogar für drei Fondpassagiere – ohne dass diese intensiv kuscheln müssen. Der Kofferraum hinter der serienmäßig elektrischen Heckklappe bietet ein Stauvolumen von stattlichen 810 Litern, nach vollständigem Umlegen der asymmetrisch geteilten, neigungsverstellbaren Rücklehne stehen sogar satte 1.800 Liter zur Verfügung. Für noch mehr Flexibilität zwischen Laderaum und Beinfreiheit hinten sorgt zudem die auch einzeln längs verschiebbare Serien-Rückbank. Also alles vom Feinsten!

1.365 Euro kostet die elektrisch klappbare Anhängerkupplung inklusive Trailer-Assist. Der Touareg 3.0 TDI darf bis zu 3.500 Kilo ziehen
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Aber wie fährt sich nun der Große mit dem kleinen Diesel? Der Dreiliter-V6-TDI bietet wie bereits gesagt 321 PS. Das sind bei gleichem Grundmotor 55 PS weniger als etwa unser Dauertest-Touareg (GF- Ausgabe 2/2021) zur Verfügung hatte. Zudem fehlen ihm mit seinen 500 Nm gegenüber der stärkeren Version 100 Nm maximales Drehmoment. Merkt man das?

Ja und nein. Im normalen Alltagsbetrieb kann man keinen nennenswerten Unterschied feststellen. Der Diesel schiebt schon vom Start weg sehr druckvoll an, hat mit den doch knapp 2,2 Tonnen Touareg nicht die geringste Mühe. Dabei läuft er seidenweich und leise. Die Achtgang-Tiptronic wechselt die Gänge kaum spürbar, lässt den Vortrieb nie abreißen. Bei Bedarf schaltet sie blitzschnell herunter, der Touareg drückt sofort mit Macht nach vorne. Fehlende Traktion ist dank 4Motion- Allradantrieb mit Serien-Differenzialsperre ohnehin nie ein Thema.

Souverän im Alltag

Und auf der GF-Messstrecke? Hier treten die Unterschiede deutlicher zu Tage. In 7,6 Sekunden sprintet der 231-PS-Touareg aus dem Stand auf 100 km/h, auf 160 km/h braucht er 20,5 Sekunden, für den Überholsprint von 80 auf 120 km/h haben wir 5,4 Sekunden gemessen. Das sind deutlich zahmere Werte als für die 286-PS-Version (6,3 s, 16,0 s, 4,7 s) – allerdings nur unter Extrembedingungen. Wie gesagt, im Alltag spürt man diese deutlichen Unterschiede kaum. Mit einer Ausnahme: Bei hohen Tempi auf der Autobahn. Ab etwa 180 km/h tut sich der 231- PS-Touareg etwas schwerer, bis zu seiner Topspeed von 224 km/h zu beschleunigen als das 286-PS-SUV. In diesem Punkt fehlt dem kleinen TDI etwas von dieser ungeheuren Souveränität, die der Top-V6 stets ausstrahlt. Wer allerdings auf der Autobahn ohnehin nicht auf Bestzeitenjagd geht, wird nichts vermissen. In Sachen Fahrverhalten gleichen sich die beiden Diesel dagegen wie ein Ei dem anderen – speziell, wenn alle Fahrwerksoptionen gewählt wurden. Es ist eine wahre Freude, wie leichtfüßig der große Touareg auch um enge Kehren geht, wie gut er sich einparken lässt oder wie unbeirrbar er selbst bei Topspeed seine Bahn zieht.

Dazu kommt dank der optionalen Luftfederung und den adaptiven Dämpfern ein samtiger Federungskomfort, der die allermeisten Fahrbahnunebenheiten einfach wegbügelt. Im Sport-Profil zeigt das dann gestraffte Fahrwerk dagegen seine dynamischen Qualitäten – unterstützt durch den Wankausgleich. Und der Verbrauch? Der liegt bei beiden TDI-Versionen nahezu gleichauf, mit leichten Vorteilen für den 231-PS-Diesel. Im Testschnitt benötigten wir 8,8 Liter pro 100 Kilometer.

IQ.Light mit diversen Lichtfunktionen und den famosen Matrix- LED-Scheinwerfern für blendfreies Fernlicht kostet 2.050 Euro extra
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Viel Ausstattung, noch mehr Extras

77.790 Euro kostet der VW Touareg R-Line V6 3.0 TDI 4Motion Tiptronic in seiner schon sehr ordentlichen Grundausstattung – inklusive Navigation, ACC „Stop & Go“, Notbremsassistent, Park-Lenk-Assist, Rückfahrkamera, Lane Assist, Verkehrszeichenerkennung, 2-Zonen-Climatronic, Keyless Start und LED-Licht. Doch nur die Wenigsten, die sich ein solches Automobil leisten, werden sich damit zufriedengeben. Die Extra-Liste ist erwartungsgemäß ellenlang und bietet von der Anhängerkupplung mit Trailer Assist (1.365 Euro, bis 3.500 kg Anhängelast) über alle im VW-Konzern derzeit verfügbaren Assistenten und volle Konnektivität fürs Handy bis hin zum Offroad-Paket (650 Euro) alles, was das Herz begehrt. Letzlich ist auch das ein Grund für den riesigen Erfolg des VW Touareg.


VW
 Touareg
 R-Line
 3.0 TDI 4Motion 
TiptronicFoto: Jan BürgermeisterVW Touareg R-Line 3.0 TDI 4Motion Tiptronic

Test kompakt:

Auch der Touareg mit dem 231 PS starken, „kleinen“ 3.0 TDI ist ein echter Touareg: luxuriös, geräumig, top verarbeitet, kräftig im Antritt – einfach souverän. Allein bei wirklich hohen Tempi über 180 km/h merkt man ihm an, dass gegenüber dem hubraumgleichen, 286 PS starken Brudermodell 55 Pferdestärken fehlen. Wer ohnehin selten so schnell fährt, kann damit prima leben.