Volkswagen und Bosch revolutionieren autonomes Fahren

Gute Fahrt

 · 11.08.2025

Volkswagen und Bosch revolutionieren autonomes FahrenFoto: Volkswagen AG
Volkswagen und Bosch entwickeln gemeinsam KI-basierte Software für autonomes Fahren, die ab 2026 in Serienfahrzeugen eingesetzt werden soll. Die Kooperation zielt darauf ab, diese Technologie erschwinglich für den Massenmarkt zu machen und Europas digitale Souveränität zu stärken.

Deutsche Autoindustrie setzt auf KI-Technologie

Die Zukunft des autonomen Fahrens nimmt in einem unscheinbaren Gewerbegebiet in Ingolstadt konkrete Formen an. Hier arbeiten Volkswagens Software-Sparte Cariad und der Zulieferer Bosch gemeinsam an einer Technologie, die das automatisierte Fahren aus der Nische holen und zu einem Massenprodukt machen soll. Bei einer Probefahrt, über die die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) berichtet, zeigte ein zum Testfahrzeug umgebauter VW ID.Buzz bereits beeindruckende Fähigkeiten: Trotz widriger Wetterbedingungen navigierte das Fahrzeug selbstständig mit 110 Kilometern pro Stunde über die stark befahrene Autobahn A9. Dies demonstriert eindrucksvoll den Fortschritt, den die beiden deutschen Unternehmen in relativ kurzer Zeit erzielt haben.

Die 2022 gegründete Automated Driving Alliance von Cariad und Bosch verfolgt einen ambitionierten Zeitplan. Beide Unternehmen haben gegenüber der FAS angekündigt, dass ihre selbst entwickelte, KI-basierte Software für den Einsatz in Serienfahrzeugen bereits Mitte 2026 bereit sein soll. Derzeit sind 20 Testfahrzeuge in Europa, Japan und den USA unterwegs, um wertvolle Praxisdaten für das Training der künstlichen Intelligenz zu sammeln. Diese Daten sind entscheidend, um die Software auf die vielfältigen Verkehrssituationen und Umgebungsbedingungen vorzubereiten, denen autonome Fahrzeuge im Alltag begegnen werden.

Im Gegensatz zu anderen Projekten im Bereich des autonomen Fahrens konzentrieren sich Volkswagen und Bosch nicht auf Robo-Taxis, wie sie etwa von der VW-Sparte Moia, Waymo oder Lyft in Kooperation mit Baidu entwickelt werden. Stattdessen liegt der Fokus auf dem automatisierten Fahren in Privatfahrzeugen, das nicht auf geografisch begrenzte Gebiete beschränkt sein soll. Diese Strategie zielt darauf ab, die Technologie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und sie in verschiedenen Umgebungen – von der Autobahn bis zur Innenstadt – einsetzen zu können.

Massentauglichkeit als Schlüssel zum Erfolg

"Wir entwickeln kein Nischenprodukt", betont Cariad-Chef Peter Bosch gegenüber der FAS. Diese klare Positionierung unterstreicht den Anspruch des Projekts, autonomes Fahren für den Massenmarkt zu demokratisieren. "Durch die hohen Stückzahlen von VW können wir diese Technik so anbieten, dass viele sie sich leisten können und wir zugleich damit Geld verdienen." Diese Aussage verdeutlicht den wirtschaftlichen Ansatz hinter der Kooperation: Nur wenn die Technologie in großen Stückzahlen produziert wird, können die Kosten pro Einheit sinken und die Technologie für eine breite Kundschaft erschwinglich werden.

Mit dieser Strategie befinden sich die deutschen Kooperationspartner auf einer ähnlichen Linie wie der chinesische Elektroauto-Hersteller BYD. Dieser hatte kürzlich angekündigt, das automatisierte Fahren demokratisieren und auch in preisgünstigen Kleinwagen ohne Aufpreis anbieten zu wollen. Der Wettbewerb in diesem Bereich intensiviert sich also, wobei die deutschen Unternehmen auf ihre Stärken in der Fahrzeugtechnik und Systemintegration setzen.

Die Zusammenarbeit zwischen Volkswagen und Bosch soll zudem die digitale Souveränität Europas stärken und die Abhängigkeit von US-Konzernen wie Nvidia oder Qualcomm verringern. Mit diesen Unternehmen arbeiten andere deutsche Autobauer wie Mercedes und BMW zusammen. Durch die Eigenentwicklung der Software behalten Volkswagen und Bosch die Kontrolle über die Technologie und können sie besser an europäische Anforderungen und Vorschriften anpassen. Dies könnte langfristig ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, insbesondere wenn regulatorische Unterschiede zwischen verschiedenen Märkten bestehen bleiben.

Schrittweise Einführung der Automatisierung

Der "Durchbruch" bei Cariad und Bosch würde nicht in einer völlig neuen Erfindung liegen, sondern in der Fähigkeit, die komplexe und teure Technik zu bündeln und zu optimieren. Durch diesen pragmatischen Ansatz könnte die Technologie für ein breites Kundenspektrum erschwinglich und zuverlässig werden. Bisher waren "Autopiloten" deutscher Hersteller teure Sonderausstattungen, die oft nur in Premium-Fahrzeugen verfügbar waren. Die Kooperation zwischen Volkswagen und Bosch könnte dies grundlegend ändern.

Volkswagen und Bosch planen, ihre Technologie zunächst im kommenden Jahr mit der Automatisierungsstufe 2 auf den Markt zu bringen. Diese Stufe ermöglicht es Fahrern, auf der Autobahn die Hände vom Lenkrad zu nehmen, sie müssen jedoch jederzeit bereit sein, die Kontrolle zu übernehmen. Dies ist ein vorsichtiger, aber realistischer erster Schritt, der die Technologie unter realen Bedingungen erproben lässt, bevor höhere Automatisierungsstufen eingeführt werden.

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Langfristig streben die Partner Level 3 an, auch als "hochautomatisiertes Fahren" bezeichnet. Bei dieser Stufe übernimmt das Auto die volle Verantwortung, und der Hersteller haftet bei einem Unfall. Dies stellt einen bedeutenden Sprung dar, sowohl technologisch als auch rechtlich. Diese höhere Stufe soll auch auf Landstraßen und in Städten funktionieren, sobald die gesetzlichen Rahmenbedingungen dies zulassen. Von komplett autonomem Fahren spricht man erst bei Level 5, was noch in weiterer Ferne liegt und nicht das unmittelbare Ziel der Kooperation ist.

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Um ihre Software zu perfektionieren, setzen Volkswagen und Bosch auf eine massive Datenerfassung. Sie planen laut dem Bericht der FAS, rund 100 weitere Testfahrzeuge auf die Straße zu schicken. Zudem könnten die Entwickler – bei Einwilligung der Besitzer – Fahrdaten von 45 Millionen konventionellen VW-Autos weltweit nutzen, um ihre KI-Modelle zu trainieren. Diese enorme Datenbasis könnte einen entscheidenden Vorteil gegenüber Wettbewerbern darstellen, da die Qualität und Vielfalt der Trainingsdaten direkt die Leistungsfähigkeit der KI-Systeme beeinflusst.


Im Überblick

  • Kooperationspartner: Volkswagen (Cariad) und Bosch
  • Projektname: Automated Driving Alliance
  • Gründungsjahr: 2022
  • Testfahrzeug: VW ID.Buzz
  • Testgeschwindigkeit: 110 km/h
  • Anzahl Testfahrzeuge: 20 (aktuell)
  • Testregionen: Europa, Japan, USA
  • Geplante Markteinführung: Mitte 2026
  • Automatisierungsstufe (Start): Level 2
  • Automatisierungsstufe (Ziel): Level 3
  • Datengrundlage: Potenziell 45 Millionen VW-Fahrzeuge weltweit