Induktiver LadetechnikPorsche Cayenne Electric lädt ohne Kabel

Gute Fahrt

 · 16.11.2025

Fahrzeug abstellen, aufladen – und das kontaktlos. Was von Smartphone und Co. bekannt ist, funktioniert jetzt auch mit Sportwagen. Erstmalig bei Porsche.
Foto: 2025 Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
Der neue Cayenne Electric wird als erstes Porsche-Modell mit induktiver Ladetechnik ausgestattet. Das 11-kW-System besteht aus einer Bodenplatte und Fahrzeugempfänger.

Revolutionäre One-Box-Technologie macht Installation einfach

Der Stuttgarter Hersteller setzt bei seinem neuen elektrischen SUV auf eine wegweisende Lösung für das kontaktlose Laden. Das innovative System besteht aus lediglich zwei Hauptkomponenten: einer kompakten Bodenplatte für Garage oder Stellplatz sowie einem Empfangsteil, das geschützt hinter der Vorderachse des Fahrzeugs montiert wird. "Die Marke ist damit aktuell der einzige Automobilhersteller, der kontaktloses Laden mit einem 11 kW starken, innovativen One-Box-System anbieten wird", erklärt Christian Holler, Sachgebietsleiter im Bereich Ladesysteme.

Die Installation gestaltet sich dabei denkbar unkompliziert. Die sechs Zentimeter hohe, 78 Zentimeter breite und 117 Zentimeter lange Bodenplatte wird zentral vor der Vorderachse des parkenden SUV positioniert. In dem kompakten Gehäuse ist bereits alles untergebracht, was für den Ladevorgang benötigt wird. "Frühere Lösungen benötigten noch zusätzliche Bauteile wie eine Wallbox", erläutert Produktmanager Simon Schulze. Die neue Bodenplatte muss lediglich an das Stromnetz angeschlossen werden und ist sofort einsatzbereit.

Vor der ersten Energieübertragung erfolgt eine einmalige Initialisierung zwischen Fahrzeug und Ladestation. Ähnlich der Kommunikation zwischen Smartphone und dem Infotainmentsystem tauschen beide Komponenten ihre Daten inklusive Passwort aus. Dieser Vorgang dient primär dem Schutz vor Missbrauch wie Stromdiebstahl. Ein integriertes WLAN-Modul in der Bodenplatte ermöglicht die automatische Erkennung des Fahrzeugs bei jeder weiteren Annäherung. Die Empfangseinheit im Fahrzeugunterboden ist optimal vor Steinschlag und Witterungseinflüssen geschützt zwischen den Vorderrädern positioniert.

Präzise Positionierung durch intelligente Rangierhilfe

Die korrekte Ausrichtung des Fahrzeugs über der Ladestation erfolgt mithilfe einer intuitiven visuellen Unterstützung. Auf dem Display des Infotainmentsystems erscheint der SUV in der Parkfunktion Surround View. Ein grün leuchtender Punkt markiert dabei das Empfangsteil im Bereich der Vorderachse, während ein ebenfalls grün leuchtender Kreis die Spule des Ladesystems symbolisiert. Die Botschaft dieser cleveren Rangierhilfe ist eindeutig: Liegt der Punkt im Kreis, steht das Fahrzeug optimal positioniert.

"Wir setzen bei der Positionierung Technologie aus dem Keyless-Go-System ein, das bei der schlüssellosen Fahrzeugentriegelung zum Einsatz kommt", erklärt Entwicklungsingenieur Simon Klein. Zwei Sensoren im Fahrzeug korrespondieren dabei mit vier Einheiten in der Bodenplatte und ermöglichen eine präzise Ausrichtung. Das System zeigt sich dabei erfreulich tolerant: Bis zu zehn Zentimeter Versatz zwischen Bodenplatte und Empfangsmodul im Fahrzeug sind problemlos möglich. "Wir haben da schon absichtlich etwas Toleranz eingebaut", ergänzt Simon Schulze.

Sobald der Fahrer die Parkbremse aktiviert, beginnt automatisch der Ladevorgang. Das Fahrzeug senkt sich dabei selbstständig ab, um den optimalen Abstand zur Bodenplatte zu erreichen. Die berührungslose Energieübertragung erfolgt über eine Distanz von wenigen Zentimetern zwischen beiden Ladeeinheiten. Trotz des Luftspalts von 12 bis 18 Zentimetern, der durch die serienmäßige Bodenfreiheit entsteht, erreicht das System einen beeindruckenden Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent. Ladeleistung und -zeit entsprechen dabei den Werten beim Einsatz einer herkömmlichen Wallbox mit Kabelverbindung.

Hochfrequente Energieübertragung mit 85 Kilohertz

Das technische Grundprinzip basiert auf der seit über 100 Jahren bekannten induktiven Kopplung. Zwei Spulen aus Kupferdraht liegen sich deckungsgleich gegenüber. Fließt durch eine der Spulen Strom, entsteht ein Magnetfeld, das in der zweiten Spule eine Spannung erzeugt. Während bekannte induktive Ladesysteme für Smartphones mit geringen Leistungen arbeiten, standen die Entwickler vor der Herausforderung, diese Technologie für Elektrofahrzeuge effizient, sicher und wirtschaftlich zu gestalten.

Die Lösung liegt in einem ausgeklügelten Energiewandlungsprozess. Die Wechselspannung des Stromnetzes wird zunächst in der Bodenplatte in Gleichspannung umgewandelt. Anschließend erfolgt die Umwandlung in eine hochfrequente Wechselspannung mit 85 Kilohertz und 2.000 Volt im Schwingkreis. Diese Frequenz entspricht 85.000 Hertz und liegt damit weit über der netzüblichen Frequenz von 50 Hertz in Europa oder 60 Hertz in den USA.

"Mit dieser Auslegung erreichen wir, dass auch dann genug Energie übertragen wird, wenn Sende- und Empfängerspule nicht absolut deckungsgleich übereinanderliegen", erklärt Entwicklungsingenieur Dominik Scherer. Die Software überwacht kontinuierlich den Versatz und passt die Ladeparameter entsprechend an. Diese intelligente Anpassung gewährleistet eine konstant hohe Effizienz auch bei nicht perfekter Ausrichtung. Das System überträgt drahtlos bis zu 11 kW Leistung und erreicht damit die gleichen Werte wie eine kabelgebundene Wallbox.

Umfassende Sicherheitssysteme schützen vor Gefahren

Die hohen Energieströme erfordern ausgeklügelte Sicherheitsvorkehrungen. Die Empfängerplatte ist in ein spezielles Abschirmblech eingebettet, das ein Streuen des Magnetfeldes nach oben verhindert und die Fahrzeugkomponenten schützt. Ferrite der Spule der Bodenplatte und über der Empfängerspule sorgen dafür, dass der magnetische Fluss gezielt geführt wird. Diese Materialien leiten das Magnetfeld optimal und minimieren Streuverluste.

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Eine integrierte Fremdobjekterkennung detektiert metallische Gegenstände wie Schlüssel oder Werkzeuge auf der Ladestation. Zusätzlich schützt eine Lebendobjekterkennung via Bewegungsmelder Menschen und Haustiere, die sich dem Ladebereich nähern könnten. "Ein Metallteil würde sich erhitzen, wie etwa bei einem Induktionsherd", erklärt Simon Schulze. "Das schließen wir durch die Sicherheitsvorkehrungen aus." Beide Systeme warnen den Fahrer bereits bei der Annäherung an die Bodenplatte oder unterbrechen den Ladevorgang sofort bei erkannten Gefahren.

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Die Bodenplatte verfügt über einen integrierten Bewegungsmelder, der kontinuierlich den Bereich zwischen Fahrzeug und Ladestation überwacht. Das kontaktlose Ladesystem unterschreitet alle Grenzwerte für elektromagnetische Verträglichkeit deutlich und stört keine anderen Fahrzeugsysteme. Künftig plant der Hersteller eine Kombination von automatischem Parken und kontaktlosem Laden. Das Zukunftsszenario: Vor der Garage abstellen, Knopf betätigen, fertig. Das Fahrzeug parkt selbstständig ein, startet den Ladevorgang und macht sich vollgeladen für die nächste Ausfahrt bereit.


Im Überblick

  • Modell: Cayenne Electric (E4)
  • Ladesystem: Porsche Wireless Charging
  • Ladeleistung: 11 kW kontaktlos
  • Wirkungsgrad: Über 90 Prozent
  • Arbeitsfrequenz: 85 Kilohertz
  • Systemspannung: 2.000 Volt im Schwingkreis
  • Bodenplattenmaße: 78 x 117 x 6 cm (B x L x H)
  • Positionierungstoleranz: Bis 10 cm Versatz
  • Luftspalt: 12-18 cm zwischen den Spulen
  • Kommunikation: WLAN-Modul integriert
  • Sicherheitssysteme: Fremdkörper- und Lebendobjekterkennung
  • Installation: One-Box-System ohne Wallbox

Stärken und Schwächen

  • Vollständig kontaktloses Laden ohne Kabel oder Stecker
  • Hoher Wirkungsgrad von über 90 Prozent trotz Luftspalt
  • Einfache Installation mit One-Box-System ohne zusätzliche Wallbox
  • Großzügige Positionierungstoleranz von bis zu 10 Zentimetern
  • Umfassende Sicherheitssysteme gegen Fremdkörper und Lebewesen

  • Nur als kostenpflichtige Sonderausstattung verfügbar
  • Begrenzt auf 11 kW Ladeleistung im Vergleich zu Schnellladern
  • Erfordert spezielle Fahrzeugvorrüstung und Bodenplatteninstallation