Porsche bringt Schottenkaro zurück ins Cockpit

Gute Fahrt

 · 11.12.2025

John Kinloch Anderson
Foto: Porsche AG
Vom Designer-Einfall zur Legende: Wie Anatole Lapines Tartan-Hose das Karomuster in Porsche-Innenräume brachte und heute im 911 Turbo 50 Jahre wieder auflebt.

Die Geburtsstunde des Karomusters bei Porsche

Die Geschichte des Schottenkaros in Stuttgarter Sportwagen beginnt mit einer modischen Entscheidung: Chefdesigner Anatole Lapine erschien eines Tages in einer Black Watch-Tartan-Hose zur Arbeit. Diese spontane Stilwahl sollte die Innenraumgestaltung der Marke nachhaltig prägen. Erstmals kam das charakteristische Muster 1973 in der Studie 911 Turbo RSR zum Einsatz, wo Sitzmittelbahnen und Seitenwangen im ikonischen Black Watch-Tartan in Schwarz, Blau und Grün gehalten waren.

Besonders bemerkenswert war der allererste Serien-911 Turbo von 1974, der Louise Piëch zu ihrem 70. Geburtstag überreicht wurde. Dieser historische Wagen erhielt eine Ausstattung im auffälligen rot-blauen Maclachlan-Tartan. Ab 1975 konnten Kunden des 911 Turbo zwischen drei verschiedenen Tartan-Polsteroptionen wählen, bevor die Muster im folgenden Modelljahr auch für andere Elfer-Varianten verfügbar wurden.

Dorothea Müller-Goodwyn, die von 1970 bis 1975 und von 1978 bis 2003 Teil des Porsche Style-Teams war, erinnert sich an die praktischen Herausforderungen: Ein schottischer Kollege hatte zwei traditionsbewusste Stoffhersteller aus seiner Heimat empfohlen. Allerdings konnten diese die erforderliche Qualität für Automobilinnenräume nicht liefern – die Materialien mussten lichtecht und abriebfest sein. Daher nutzte der Hersteller die schottischen Stoffe nur für Mustereinbauten und griff bei Serienfahrzeugen auf einen Produzenten aus der Schwäbischen Alb zurück.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Auf den Spuren der Clan-Tradition in Schottland

Castle Leod in den schottischen Highlands gilt als vermutlich ältestes durchgehend bewohntes Gebäude Schottlands und diente als Inspiration für Castle Leoch in der TV-Serie Outlander. Hier residiert der Mackenzie-Clan, dessen Tartan-Muster eine besondere Verbindung zur Stuttgarter Marke aufweist. Colin Mackenzie, Viscount of Tarbat und Erbe des Clanoberhaupts, zeigt sich begeistert vom 911 Turbo 50 Jahre mit Weathered Dress Mackenzie-Tartan-Innenraum: "Ich schätze, das heißt, wir sind jetzt offiziell der schnellste Clan."

Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?

Sein Vater John, der 77-jährige Earl of Cromartie und amtierende Clan-Chef, erklärt die moderne Bedeutung der Traditionen: "Wir können heute nicht mehr einfach mit Schwertern und Musketen die A9 hinuntermarschieren, aber wir können durch unseren Tartan zeigen, dass wir zu einem Clan gehören. Clans verbinden Menschen – unabhängig von Herkunft, Religion oder politischer Überzeugung." Weltweit gibt es rund zwei Millionen Mackenzies, verteilt über Schottland, Kanada, Australien, Neuseeland, aber auch Russland, Argentinien, Deutschland, Frankreich und die Schweiz.

Das Mackenzie-Tartan fand bereits in Ferry Porsches Oak Green Metallic-farbenem 911 Turbo Verwendung. Der Earl arbeitet hauptberuflich als Sprengstoffberater, sieht sich aber als "Diener dieses Schlosses". Das Dach wurde 1990 neu gedeckt – das letzte Mal war 1616. Für Clan-Mitglieder bedeutet das Schloss Heimat und Identität, ähnlich wie ein Fußballtrikot Zugehörigkeit vermittelt.

Kinloch Anderson und die Kunst des Webens

In Edinburgh führt John Kinloch Anderson das gleichnamige Familienunternehmen in sechster Generation. Seit 1903 ist Kinloch Anderson offizieller Lieferant der britischen Königsfamilie und gilt als Inbegriff des Schottenmusters. Die historischen Wurzeln reichen weit zurück: "Früher wurden Stoffe mit Pflanzen gefärbt, die in der jeweiligen Region wuchsen. Unterschiedliche Weber nutzten unterschiedliche Farbstoffe – je nachdem, welche Wurzeln oder Baumrinden lokal verfügbar waren." Diese gewebten Muster wurden mit der Zeit mit den Clans der jeweiligen Regionen verbunden.

Nach dem Jakobitenaufstand von 1745 wurden Clan-Tartans verboten, doch im darauffolgenden Jahrhundert machten britische Monarchen sie wieder salonfähig. Heute gibt es mehr als 2.000 kommerziell gewebte Schottenkaros und rund 10.000 registrierte Muster beim Scottish Register of Tartans, einer offiziellen Regierungsstelle. Menschen können sich bewusst einem Clan zuordnen – durch schottische Vorfahren, eine besondere Verbindung nach einem Schottland-Besuch oder sogar durch schottische Freunde.

In den 1970er-Jahren exportierte Kinloch Anderson jährlich etwa 100.000 Karo-Röcke. "Die Muster waren in den Siebzigern extrem angesagt – es ist gut möglich, dass wir die Black Watch-Hose gefertigt haben, die Anatole Lapine an jenem denkwürdigen Morgen im Stuttgarter Designstudio trug. Das war schließlich die Zeit der Bay City Rollers und von Rod Stewart!" Auch die Schwaben sprachen damals mit Kinloch Anderson über die ersten Bezugsstoffe für Automobilinnenräume.

Moderne Individualisierung und historische Authentizität

Das heutige Sonderwunsch-Programm ermöglicht es Kunden, ihre ganz persönliche Vision eines mit Tartan ausgestatteten Fahrzeugs zu verwirklichen. Bei der Gestaltung individueller Sportwagen ist es keineswegs ungewöhnlich, dass Karomuster für Sitzmittelbahnen und Türverkleidungen ausgewählt werden – oft mit Beratung der Archivare des Museums. Die Experten stellen sicher, dass die historische Authentizität gewahrt bleibt und die Muster korrekt interpretiert werden.

Seit kurzem bietet der Hersteller Original-Stoffe für Restaurierungen historischer Modelle an. Als Referenz für den Ur-Zustand dient die sogenannte Auslieferungsbescheinigung, die genau dokumentiert, welche Ausstattung das jeweilige Fahrzeug ursprünglich hatte. Diese Initiative richtet sich an Sammler und Enthusiasten, die ihre klassischen Sportwagen in den originalen Zustand zurückversetzen möchten.

Kinloch Anderson produziert heute Notizbücher in den drei wichtigsten Karomustern für die Stuttgarter Marke und freut sich über diese Verbindung: "Unzählige Designer – von Vivienne Westwood bis Ralph Lauren – haben ihre eigene Interpretation geschaffen. Es ist eines der großen Geschenke Schottlands an die Welt." Die Zusammenarbeit zwischen der schottischen Traditionsmanufaktur und dem deutschen Sportwagenhersteller zeigt, wie kulturelle Traditionen über Grenzen hinweg moderne Gestaltung bereichern können.


Im Überblick

  • Modell: 911 Turbo 50 Jahre
  • Kraftstoffverbrauch kombiniert: 12,5 – 12,3 l/100 km
  • CO₂-Emissionen kombiniert: 283 – 278 g/km
  • CO₂-Klasse: G
  • Innenausstattung: Weathered Dress Mackenzie-Tartan
  • Außenfarbe: Oak Green Metallic (historische Referenz)
  • Sonderausstattung: Tartan-Sitzmittelbahnen und Türverkleidungen
  • Verfügbarkeit: Über Sonderwunsch-Programm
  • Historische Referenz: Ferry Porsche Dienstwagen 1975
  • Stoffhersteller: Kinloch Anderson (Muster)
  • Produktionsstandort Stoff: Schwäbische Alb (Serie)
  • Erstmals verfügbar: 1975 im 911 Turbo