60 Jahre Porsche 911 – der neue S/TPur auf Spur

60 Jahre Porsche 911 – der neue S/T: Pur auf SpurFoto: Porsche AG
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Mit einer Historie reich an Legenden ist gut Sondermodelle machen. Der neue Porsche 911 S/T erschöpft sich jedoch nicht in Langweiler-Zitaten des Vorbilds, sondern leistet sich seinen eigenen Charakter.
Held im Rückspiegel: Dieser gelbe Porsche 911 ST 2.5 hat in Le Mans 1972 einen Klassensieg errungen, verewigte sich als Kamerawagen, darbte dann jahrelang als Wrack und wurde schließlich von Porsche Classic hingebungsvoll restauriert.
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Eigentlich müsste es kein einziges Porsche-Sondermodell geben. Denn jeder Porsche für sich hat seine individuelle Geschichte – oder Ausstattungsdetails, die ihn in Kombination mitunter sogar einzigartig machen. Vor allem dann, wenn Porsche Indvidual seine Hände im Spiel hatte. Und doch: Die Sondermodelle von Porsche üben stets eine besondere Anziehungskraft aus, frieren Momente für die Ewigkeit ein. Mal sind es herausragende Produktionsjubiläen, mal Firmenjubiläen oder andere Anlässe in der Geschichte von Porsche. 1 Million 911, 50 Jahre Porsche, Dakar – für jeden ist etwas in jeder Generation des Porsche 911 seit der G-Serie dabei.

Wenn aber die Legenden-Baureihe 901/911 auf 60 Jahre ihres Bestehens zurückblickt, wie muss dann ein Sondermodell aussehen? Was ist die Essenz des Porsche 911? Jeder Fan hat da wahrscheinlich eine ganz eigene Ansicht. Müsste es nicht ein Targa sein, hat doch der 911 diese Form des offen Fahrens begründet. Oder sollte es ein Turbo-Übersportler sein, der vielleicht sogar Hybrid-Technologien bietet, um das Konzept 911 für die Zukunft neu zu definieren. Beides und noch mehr hätte man einem Unternehmen wie Porsche auch zugetraut. Das nun präsentierte Sondermodell geht einen dritten Weg, verbindet ursprüngliche Technik mit beeindruckender Performance und nimmt Anleihen bei einem historischen Vorbild – Anleihen, die der neue Jubiläums-Elfer nicht schuldig bleibt, sondern doppelt und dreifach zurückzahlt.

Bewertung
Fahrspaß für wenige. Die strenge Limitierung und ein Basispreis von 292.187 Euro für den 300-km/h-Sportwagen sorgen für Exklusivität.

Porsche 911 S/T hat Porsche das neue Sondermodell getauft. Dabei handelt es sich um den leichtesten Vertreter der Generation 992 mit einem Leergewicht von 1.380 Kilogramm, 125 Kilogramm weniger als das derzeitige Einstiegsmodell in die Welt des Porsche 911, der Carrera. Der hat stattliche 385 PS, der S/T macht es noch ein bisschen besser und schöpft 525 PS aus vier Liter Hubraum (3.996 cm3). Der Saugmotor stemmt 465 Newtonmeter Drehmoment auf die Kurbelwelle und dreht auf bis zu 9.000 Touren hoch, wenn es verlangt wird. 3,7 Sekunden vergehen von null auf 100 km/h. Die sehr direkte manuelle Schaltung lässt sich aus dem Handgelenk bedienen, was die Schaltzeiten kurz hält. Die spezielle Leichtbaukupplung mit einem um 10,5 Kilogramm erleichterten Schwungrad sorgt dafür, dass die Zugkraftunterbrechung von Gang zu Gang mit spontaner Drehfreudigkeit auf ein Minimum beschränkt wird. Die Spitzengeschwindigkeit gibt Porsche mit 300 km/h an, womit das Jubiläumsmodell in die illustre Runde einer Riege von Automobilen vordringt, die man früher einmal als Supersportwagen bezeichnet hat. Doch dieser Porsche lebt nicht im Gestern, auch wenn es dort ein Vorbild gibt.

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1972 schrieb sich ein Porsche in die Geschichtsbücher ein, ein gelber 911 ST, pilotiert von Michael Keyser und Jürgen Barth. Er bestritt in jenem Jahr alle wichtigen WM-Läufe und errang in Le Mans zudem den Klassensieg. Als wäre das noch nicht genug, fungierte er auch noch als Kamerawagen für den Film »Speed Merchants«.

Die speziell konstruierte Leichtbau-Kupplung mit um 10,5 Kilogramm erleichtertem Schwungrad lässt den neuen S/T spontan hochdrehen.

Nach dem Verkauf in die USA und einem langen Schlaf in dämmriger Scheune erstand er vor einigen Jahren aus Trümmern neu bei Porsche Classic und gehört heute einem Schweizer Sammler. Entstanden ist der ST seinerzeit aus der Idee heraus, einen leichteren 911 anbieten zu können, mit dem man auf der Rundstrecke bestehen kann, denn die Kunden damals wollten ihren Porsche 911 auch rennmäßig bewegen. Der ST hatte bereits den integrierten Bugspoiler, doch der Auftrieb am Heck war noch so groß, dass er in Kurven und bei hohen Geschwindigkeiten heikel werden konnte. Erst der Entenbürzel am RS ab 1973 schaffte da Abhilfe. Doch in die Geschichtsbücher trug sich der aus dem S abgeleitete ST als erster ernst zu nehmender Rennwagen auf Basis des Porsche 911 für die Rund- und Langstrecke ein. Das Bindeglied zwischen den annähernd serienmäßigen Modellen, die schon ab 1965 auf den Rallyes dieser Welt für Aufsehen sorgten, und den auf den Punkt fit gemachten Sportlern der 70er-Jahre, die auf allen Rennstrecken der Welt exakt dort anknüpften, wo 356, 550 oder 718 das Feld bereitet hatten.

Dabei zeigte sich der Rennwagen nach außen noch recht dezent, gab sich mit breiter bauendem Heck und dem Bugspoiler den Wissenden zwar zu erkennen, doch der flüchtige Betrachter nahm ihn mitunter kaum als etwas Besonderes wahr.

Von 1969 an bot Porsche den 911 S, intern 911 ST genannt, in spezieller Wettbewerbsausführung an. Ein Erfolg von Beginn an.

So ist es nun auch mit dem neuen S/T, dessen Bauteile aus kohlefaserverstärktem Kunststoff lackiert sind und deshalb erst dann auffallen, wenn man Haube oder Türen öffnet. Auch das Leichtbauglas sieht man ihm nicht an. Und dass die Räder aus Magnesium sind und nicht aus Aluminium, lässt sich ebenfalls nicht erkennen. Die 20 und 21 Zoll großen Felgen kennt man sonst vom GT3 RS. Wählt man das Heritage-Design-Paket, dann fällt der S/T mit frei wählbarer Startnummer auf den Türen auf, mit goldenen Schriftzügen, silbernem Gitter und weiteren kleinen Details. Wer ihn aber ohne dieses Paket wählt, der gibt nur Kennern dezente Hinweise auf seine Exklusivität. Der Innenraum ist komfortabel, kein Vergleich mit den Entbehrungen, die ein historischer 911 ST aus heutiger Sicht seinen Insassen abverlangt.

Der gelbe ST ist einer von nur 24 speziell für den Rennsport vorbereiteten Wagen. Den neuen 911 S/T gibt es immerhin 1.963-mal. Schon jetzt ein Sammlerstück, ein Klassiker ab Werk.