Cupra Leon Sportstourer - Cup der guten Hoffnung

Florian Neher

 · 27.06.2023

Cupra Leon Sportstourer - Cup der guten Hoffnung
Den Cupra Leon VZ 2.0 TSI gibt es nun auch mit extraknackigem Cup-Paket – eine gute Investition? Der Test des allradgetriebenen Sportstourer

Cupra Leon Sportstourer
 VZ Cup 2.0 TSI 4DriveFoto: Lena WillgalisCupra Leon Sportstourer VZ Cup 2.0 TSI 4Drive

Bei den Spaniern läuft´s gut: Einst als von „Cup Racing“ abgeleiteter Namenszusatz für besonders rassige Seat-Modelle eingeführt, ist Cupra seit 2018 eine eigenständige Marke unter dem Seat-Dach, die sich stark steigender Beliebtheit erfreut. Ganz nebenbei hat Mutter Seat beim jüngst veröffentlichten Kundenzufriedenheits-Ranking 2023 von YouGov in Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung ein exzellentes Ergebnis eingefahren: Mit einem Wert von 88,9 erhielt der spanische Hersteller nicht nur die beste Bewertung aller beurteilten Automobilmarken, sondern steht damit auch an der Spitze der gesamten Kategorie „Automotive“.

Kein Wunder, dass einem im Straßenbild immer häufiger eines der scharf designten Modelle aus Martorell bei Barcelona begegnet. Meist in der Cupra-typischen Farbkombination aus grauem Lack mit Kupfer-Akzenten, in der auch der Testwagen auf den Redaktionshof rollt: das Leon-Topmodell mit 310 PS. Nur der Sportstourer ist mit dieser Leistung und dann serienmäßigem Allradantrieb zu bekommen. Beim ausschließlich frontgetriebenen Leon Hatchback lässt es Cupra mit 300 PS bewenden, denn damit sind die Reserven des Vorderradantriebs mehr oder we- niger ausgeschöpft, insbesondere bei Nässe. Der Cupra Leon Sportstourer VZ Cup 2.0 TSI 4Drive – so sein etwas sperriger Name – lässt schon von Weitem keine Zweifel an seinem dynamischen Wesen aufkommen, nicht zuletzt, weil auch die optionale Brembo-Bremse (2.570 Euro) mit 370er-Scheiben und Vierkolbensätteln durch die Speichen der schicken 19-Zoll-Vorderräder blitzt.

Bewertung

Doch Cupra wäre nicht Cupra, wenn sich da nicht noch was draufsetzen ließe: Wie wäre es etwa mit einem Cup-Paket? Für 3.845 Euro Aufpreis bündelt es einige extraknusprige Zutaten wie Räder im speziellen Design („Exclusive II Black/Copper“), beheizbare Vollleder-Schalensitze, Armaturentafel in Lederoptik sowie Seitenschweller in „Dark Aluminium“.

Das Infotainmentsystem hält unzählige Menüs bereit – in diesem hier lassen sich die Assistenzsysteme verwalten. Darunter: Der unbeleuchtete „Slider“ für Temperatur und Lautstärke
Foto: Lena Willgalis

Exklusive Cup-Ausstattung

Und einen Carbon-Heckspoiler, den allerdings nur der Hatchback tragen darf – verlockend, wir würden uns dennoch für den Sportstourer entscheiden, dessen großes, variables Gepäckabteil mit 620 bis 1.600 Liter (bei umgelegter Rückbanklehne und dachhoher Beladung; Hatchback: 380–1.301 Liter) im Alltag einfach mehr Reserven bietet – falls man auf dem Heimweg doch noch mal wieder spontan am Baumarkt den Blinker rechts setzt. Für diese Fälle würden wir sicherheitshalber auch die elektrisch entriegel- und schwenkbare Anhängerkupplung zu 920 Euro bestellen – wenn etwa der hübsche grüne Gartentraktor mit den gelben Rädern, mit dem man schon immer geliebäugelt hat, nun radikal reduziert wurde. Die AHK tut im Übrigen nicht weh, da sie bei Nichtbedarf unsichtbar hinter dem Heckstoßfänger verschwindet. An den Haken dürfen gebremste Anhänger von bis zu 1.700 Kilo, ungebremste können 750 Kilo wiegen. Die Stützlast beträgt ordentliche 80 Kilo, was selbst für den Transport zweier schwerer E-Bikes auf einem entsprechenden Fahrradträger ausreicht. Und sollte das alles die Transportprobleme immer noch nicht lösen, können weitere 75 Kilo auf der serienmäßigen Dachreling verzurrt werden.

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Wie hoch der exakte Preisvorteil des Cup-Pakets eigentlich ausfällt? Nun, das lässt sich nur schwer beziffern, da vieles davon exklusiv und nicht regulär bestellbar ist – wie beispielsweise die komplett mit Leder bezogenen Schalensitze. Diese sind ein Ge- dicht: Sie duften fein und umschmiegen die Vornsitzenden, spenden dabei jede Menge Seitenhalt, ohne zu zwicken, und offerieren trotz straffer Polsterung einen wirklich erstklassigen Langstreckenkomfort.

Stürmischer Vorwärtsdrang

Und sie stützen gut beim Launch-Control-Start: Der Sportstourer stürmt dann mit 400 Nm, perfekter Allradtraktion und ohne Zugkraftunterbrechung schaltendem Doppelkupplungsgetriebe in gemessenen 5,1 Sekunden auf Landstraßentempo (Werk: 4,9 s) und nach nur 18,2 Sekunden auf 200 km/h – und zwar auf Pirelli-Sottozero-3-Winterpneus, da auch nach Ostern 2023 vom Frühling noch jede Spur fehlte. Der Sprint wird im Cupra-Fahrmodus von einem mäßig überzeugenden, künstlichen Motorsound aus den Lautsprechern flankiert, der im Modus „Sport“ etwas dezenter ausfällt und sich in „Comfort“ zum Glück ganz verflüchtigt.

Kofferraum, wörtlich genommen. Unser Reisegepäck ist übrigens recht stattlich, was das Ladeabteil des Sporttourers kleiner wirken lässt als es tatsächlich ist
Foto: Lena Willgalis

Für „Comfort“ spricht auch das geschmeidigste Stoßdämpfer-Setup, mit dem sich trotz der flachen 19-Zoll-Bereifung ein überraschend guter Federungskomfort einstellt. In „Sport“ und „Cupra“ wird die Dämpfung zwar zunehmend straffer, die Spreizung ist insgesamt jedoch nicht riesig und so bleibt auch im schärfsten Modus noch ein akzeptables Maß an Restkomfort erhalten. Im Umkehrschluss verändert sich auch das Handling in den verschiedenen Dämpfermodi nicht grundlegend. Der schnelle Kombi lenkt einfach immer zackig ein, umrundet Kurven aller Art weitestgehend neutral und bleibt stets gutmütig. Auf provozierte Lastwechsel dreht sich das Heck allenfalls sanft ein, so dass sich das Auto perfekt in die Kurve stellen lässt – schön!

Sportliches, gutmütiges Handling

Etwas gewöhnungsbedürftig ist speziell im „Comfort“-Modus die leicht stumpfe Gaspedalkennlinie sowie das etwas träge reagierende Getriebe. Schon klar, das ist eine beabsichtigte Effizienzmaßnahme, die der Verbrauchssenkung dient und sich auch bei den meisten anderen Modellen des Volkswagen-Konzerns findet. Doch in manchen Situationen wünscht man sich einen fixer reagierenden Antrieb. Abhilfe? Ganz einfach am Wählhebel zupfen: Im S-Modus arbeitet das Doppelkupplungsgetriebe gewohnt aufmerksam und reaktionsschnell, schaltet dann aber freilich erst recht spät hoch.

Alternativ lässt sich natürlich auch über die Schaltpaddel am Lenkrad eingreifen, doch nach einer kurzen „Probierphase“ überlässt man das Schalten meist ohnehin dem Automaten. Jederzeit zackig arbeitet die elektrische Servolenkung: Direkt übersetzt, höchst exakt und mit guter Rückmeldung gesegnet, lässt sie den immerhin 4,65 Meter langen Sportstourer so handlich und leicht wirken wie einen Kleinwagen. Kurvenscheitelpunkte lassen sich mit ihr ebenso präzise treffen wie enge Parktaschen vor dem Supermarkt.

Große Bremse, nicht kleinzukriegen

Und die große Brembo-Bremse? Auf der Straße nicht kleinzukriegen, dazu perfekt dosierbar mit klarem, straffem Druckpunkt. Um ihr Potenzial auszuschöpfen braucht es schon eine Rennstrecke. Apropos: Beim Cup-Modell bespannt Cupra die 19-Zöller gegen 470 Euro mit Bridgestone-Potenza-Race-Semislicks. Die sind zwar wasserscheu und somit nicht alltagstauglich, heben den Grip auf trockenem

Gegen 2.570 Euro nehmen an der Vorderachse Vierkolbensättel 370er-Scheiben in die Zange – auf der Straße kaum kleinzukriegen
Foto: Lena Willgalis

Asphalt allerdings auf ein völlig anderes Niveau – inklusive extrem kurzer Bremswege. Wer also Ambitionen für ein paar schnelle Rennstreckenrunden am Wochenende hat: Im Ladeabteil des Sportstourers ließe sich ein zweiter Radsatz mit Semislicks mitführen, während die An- und Abreise ohne Wetter-Roulette auf Straßenreifen erfolgen könnte. Und selbst mit Kombiheck und immerhin 1,6 Tonnen Lebendgewicht ist der starke Allrad-Cupra immer gut für schnelle Rundenzeiten.

Enorme Ausgewogenheit

Doch kommen wir zu des Pudels Kern: Der Clou am 310-PS-Leon Sporttourer ist, dass seine ausgeprägten Längs- und Querdynamik-Talente keine Nachteile mit sich bringen, vom Preis einmal abgesehen. Seine Alltagstauglichkeit ist also nicht schlechter als die eines Leon Sportstourer mit Basismotor, denn weder beim Platzangebot noch beim Komfort verlangt die VZ-Version (VZ steht übrigens für das spanische „veloz“ und bedeutet „schnell“) Zugeständnisse an den Sportsgeist. Im Gegenteil ist der Federungskomfort unseren Eindrücken nach sogar besser als beim jüngst von uns getesteten Cupra Leon Sportstourer 1.5 e-TSI mit 150 PS. Der Hauptgrund dafür ist schnell erzählt: Bis einschließlich 150 PS fährt der Leon mit einer einfacheren Verbundlenker-Hinterachse vor, darüber – wie im Falle der VZ-Versionen – wird eine aufwendigere Mehrlenker-Hinterachse verbaut, die feiner anspricht und daher komfortabler federt.

Was ferner für den 310-PS-Kombi spricht, ist der Allradantrieb. Er kürt diese Version zum Schneekönig sowie talentiertesten Zugfahrzeug innerhalb der ganzen Leon-Sippe.

Man muss bei diesem enorm ausgewogenen Auto also tatsächlich lange suchen, um ihm überhaupt etwas ankreiden zu können. Okay, da wäre der große Touchscreen mit den vielen ablenkenden Menüs und Untermenüs, doch es gibt glücklicherweise noch echte Tasten und Bedienwalzen, etwa an den Lenkradspeichen. Und ja, der gefürchtete „Slider“ unterhalb des Zentralmonitors ist noch immer unbeleuchtet und reagiert nur mäßig zuverlässig auf Wischbewegungen. Klar, die Übersichtlichkeit nach schräg hinten ist – wie bei den meisten anderen aktuellen Autos auch – durch breite D-Säulen und eine kleine Heckscheibe eingeschränkt. Damit ist die kurze Liste der Nicklichkeiten aber auch schon restlos abgearbeitet.

Traktion? Kann er! Das Hang-on-Allradsystem bindet die Hinterachse per Haldex-Kupplung verzugfrei ins Geschehen ein
Foto: Lena Willgalis
Zugkräftige Argumente: 400 Nm, Automatikgetriebe, Allrad – und für 920 Euro extra eine ausklappbare AnhängerkupplungFoto: Lena WillgalisZugkräftige Argumente: 400 Nm, Automatikgetriebe, Allrad – und für 920 Euro extra eine ausklappbare Anhängerkupplung

Ob man die Cup-Version für 3.845 Euro extra nun wirklich braucht, die im Falle des Topmodells an Habhaftem eigentlich nur die zugegebenermaßen tollen Lederschalensitze mitbringt? Nicht unbedingt, doch das Auto an sich, der Sportstourer mit 310 PS und Allrad ist definitiv das beste und begehrenswerteste Leon-Modell. Und das ist ohne Cup-Paket schon ab 46.655 Euro erhältlich – rund 9.500 Euro günstiger also als ein VW Golf R Variant (ab 56.150 Euro), der nur zehn PS mehr auffährt.

Äußerst reichhaltige Serienausstattung

So betrachtet bliebe noch Spielgeld für ein paar Optionen. Wobei der Leon Sportstourer VZ 4Drive schon ab Werk mit überaus praller Ausstattung antritt: Neben der Adaptivdämpfung DCC, den 19-Zöllern, Multifunktionslenkrad, Leder und Drei-Zonen-Klimaautomatik sind unter anderem auch Navigationssystem und LED-Leuchten rundum serienmäßig. Empfehlenswert sind in jedem Fall die Matrix-LED-Scheinwerfer für 760 Euro, die kamerabasiert vorausfahrende und entgegenkommende Fahrzeuge erkennen und gezielt ausblenden. Reichlich Licht ins Auto lässt das Panorama-Glasschiebdach zu 1.345 Euro Aufpreis, das man per elektrischer Jalousie abdunkeln kann. Die elektrisch betriebene Heckklappe schlägt mit 840 Euro extra zu Buche, wohingegen das Vision-Plus-Paket mit Rückfahrkamera und Parklenkassistent eine Zusatzinvestition von 660 Euro erfordert. Und eine Investition in die Sicherheit ist nie verkehrt: Hintere Seitenairbags kosten im Paket mit einem Fahrerknieairbag 405 Euro extra. Dann gibt es noch so kleine Nettigkeiten wie die drahtlose Smartphone-Integration Wireless Full Link Connectivity inklusive Android Auto sowie Apple CarPlay für 220 Euro oder das wohlklingende Beats Audio System für 660 Euro – immer rein damit! Inklusive all dieser Zutaten kommen wir dann allerdings schon über 55.000 Euro – viel Geld, doch im Grunde erhält man mit dem Leon Sportstourer VZ 4Drive zwei Autos: einen Sportwagen und einen praktischen Alltagskombi.


Test kompakt

Seine Ausgewogenheit macht ihn so wertvoll: Der Cupra Leon Sportstourer VZ Cup 4Drive bietet Top- Fahrleistungen und ein sportliches Handling, ohne dass dies Nachteile mit sich bringen würde. Denn der Fahrkomfort ist (im Comfort-Modus) tadellos und das Platzangebot wirklich üppig. Das Cup-Paket mit den edlen Lederschalensitzen und der nochmals angeschärften Optik rundet das Kraftpaket zusätzlich ab