Gute Fahrt
· 08.09.2025
Der Volkswagen-Konzern plant einen entscheidenden Schritt in Richtung erschwinglicher Elektromobilität. Nach jahrelangen Ankündigungen soll 2026 die neue "Electric Urban Car Family" auf den Markt kommen. Mit vier Modellen von drei Marken – VW ID.Polo, VW ID.Cross, Skoda Epiq und Cupra Raval – zielt der Konzern auf das wichtige Segment der Elektro-Kleinwagen mit Einstiegspreisen unter 25.000 Euro. Damit reagiert Volkswagen auf die wachsende Nachfrage nach bezahlbaren Elektrofahrzeugen und den zunehmenden Wettbewerbsdruck durch andere Hersteller.
Die Zielsetzung des Wolfsburger Konzerns ist ambitioniert: Man strebt einen Marktanteil von 20 Prozent im europäischen Segment der elektrischen Kleinwagen an. Dies würde mehrere hunderttausend Fahrzeuge pro Jahr bedeuten – in einem Marktsegment, das bereits hart umkämpft ist. Der Stellantis-Konzern mit Marken wie Opel, Peugeot und Fiat, die Allianz aus Renault und Dacia sowie die koreanischen Hersteller Kia und Hyundai haben bereits entsprechende Modelle im Angebot oder in der Pipeline. Hinzu kommen chinesische Marken wie BYD, Leapmotor und MG, die mit aggressiver Preispolitik in den europäischen Markt drängen.
Als technische Basis für die neue Elektro-Familie dient der weiterentwickelte MEB+-Baukasten. Dieser modulare Elektrobaukasten wurde für die Anforderungen kleinerer Fahrzeuge optimiert und ermöglicht trotz kompakter Abmessungen eine beachtliche Reichweite. Laut Volkswagen sollen die Fronttriebler bis zu 450 Kilometer weit kommen. Besonders interessant: Die Fahrzeuge werden mit der neu entwickelten Einheitszelle ausgestattet, die Volkswagen gemeinsam mit dem Partner PowerCo entwickelt hat. Diese Batteriezellen sollen ab Ende 2025 im niedersächsischen Salzgitter in Serie gefertigt werden.
Die Einheitszelle war ursprünglich für den neuen SSP-Baukasten (Scalable Systems Platform) vorgesehen, dessen Einführung sich jedoch verzögert hat. Durch den Einsatz in der "Electric Urban Car Family" kann Volkswagen früher als geplant Skaleneffekte bei der Batterieproduktion realisieren. Je mehr Einheitszellen produziert werden, desto günstiger werden die Batterien und damit auch die Fahrzeuge – ein entscheidender Faktor für die angestrebte Preispositionierung unter 25.000 Euro.
Trotz der günstigen Preispositionierung verspricht Volkswagen eine hochwertige Ausstattung für die elektrischen Kleinwagen. Alle vier Modelle sollen mit modernen Fahrassistenzsystemen ausgestattet werden, darunter der neue Travel Assist mit Spurwechselfunktion und Ampel-Erkennung. Diese Technologien waren bisher höheren Fahrzeugklassen vorbehalten und sollen nun auch im Einstiegssegment verfügbar sein. Damit hebt sich der Konzern deutlich von vielen Wettbewerbern ab, die bei günstigen Elektromodellen oft bei der Assistenztechnik sparen.
Zum Serienumfang gehört zudem die Schnellladefähigkeit, wobei konkrete Angaben zur Ladeleistung noch ausstehen. Die volle Konnektivität inklusive App-Store-Zugang soll ebenfalls Standard sein. Auch bei den Komfortfunktionen will Volkswagen nicht sparen: Massagesitze oder eine App-gesteuerte Vorklimatisierung werden verfügbar sein – Features, die man in dieser Fahrzeugklasse bisher kaum findet.
Besonders erfreulich für viele Nutzer: Der bei aktuellen VW-Modellen oft kritisierte Bedienslider unterhalb des zentralen Bildschirms wird in den neuen Elektro-Kleinwagen nicht zum Einsatz kommen. Stattdessen setzen die Wolfsburger auf echte, haptische Schalter und Taster. Diese Entscheidung dürfte die Bedienung während der Fahrt deutlich vereinfachen und das Ablenkungspotenzial verringern. Damit reagiert der Konzern auf das Feedback vieler Kunden, die sich über die umständliche und nicht immer zielgenaue Bedienung des Sliders beschwert hatten.
Trotz gemeinsamer technischer Basis sollen die vier Modelle unterschiedliche markenspezifische Charaktere erhalten. Während der VW ID.Polo vermutlich auf klassische Tugenden wie Alltagstauglichkeit und Funktionalität setzt, dürfte der ID.Cross als kompaktes SUV positioniert werden. Der Skoda Epiq wird voraussichtlich mit besonders viel Platz und durchdachten "Simply Clever"-Lösungen punkten, während der Cupra Raval einen sportlicheren Auftritt haben wird.
Volkswagen plant bereits zum Marktstart sportliche Topversionen der Elektro-Kleinwagen. So soll es einen elektrischen VW Polo GTI und einen Cupra Raval VZ geben, beide mit einer Leistung von 225 PS. Damit knüpft der Konzern an die Tradition seiner sportlichen Derivate an und zeigt, dass auch elektrische Kleinwagen Fahrspaß bieten können. Die Leistungsdaten liegen auf einem Niveau, das vor wenigen Jahren noch Kompaktsportlern vorbehalten war.
Die Weltpremiere der "Electric Urban Car Family" ist für die IAA Mobility 2025 in München angekündigt. Dort will der Konzern neben den vier Modellen auch weitere Innovationen in den Bereichen Batterietechnik, Künstliche Intelligenz und smarte Mobilität präsentieren. Volkswagen-CEO Oliver Blume bezeichnete die Einführung der Electric Urban Car Family als "Meilenstein der Elektrostrategie" und unterstrich den Anspruch, Elektromobilität in Europa für breite Käuferschichten zugänglich zu machen.
Die Markteinführung im Jahr 2026 fällt in eine Zeit, in der die Elektromobilität in Europa voraussichtlich bereits deutlich an Bedeutung gewonnen haben wird. Durch die strengeren CO2-Vorgaben der EU sind die Hersteller gezwungen, den Anteil elektrischer Fahrzeuge in ihren Flotten zu erhöhen. Gleichzeitig wächst das Angebot an öffentlicher Ladeinfrastruktur kontinuierlich, was die Alltagstauglichkeit von Elektrofahrzeugen verbessert.
Mit der "Electric Urban Car Family" adressiert der Volkswagen-Konzern ein entscheidendes Marktsegment: Während Elektrofahrzeuge in der Mittel- und Oberklasse bereits gut etabliert sind, fehlt es bisher an erschwinglichen Angeboten für preisbewusste Käufer. Die vier neuen Modelle könnten diese Lücke schließen und dazu beitragen, die Elektromobilität in die Breite zu tragen. Ob das ambitionierte Ziel eines Marktanteils von 20 Prozent erreicht werden kann, hängt jedoch nicht nur von den Fahrzeugen selbst ab, sondern auch von der weiteren Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Elektromobilität in Europa.