TestAudi Q7 55 TFSI - Über den Wolken

Arne Olerth

 · 15.12.2020

Test: Audi Q7 55 TFSI - Über den WolkenFoto: Jan Bürgermeister
Mild-Hybridisierung und Miller-Brennverfahren
Luxus-SUV sind die neue Königsklasse im Auto­mobilbau. Der Audi Q7 gilt hier als Benchmark. Im Verbund mit dem 340-PS-Benzin­motor entfaltet er ein besonderes Verwöhnaroma.
Die Bedienung ist im Wesentlichen auf zwei Touchscreens verteilt – der untere gibt ein haptisches Feedback
Foto: Jan Bürgermeister

In der heutigen Champions-League des Automobilbaus, der Klasse der Luxus-SUV, spielt der Audi Q7 traditionell eine bedeutsame Rolle. Das war schon bei seinem Erscheinen 2005 so, als die damalige erste Generation ihre direkten Konkurrenten um etwa 30 Zentimeter in der Länge übertrumpfte. Der dadurch besonders üppig ausfallende Innenraum bot Platz für eine optionale, dritte Sitzreihe – ein Alleinstellungsmerkmal. Die gibt es auch in der zehn Jahre später eingeführten zweiten Generation, die letztes Jahr mit einem umfangreichen Update modernisiert wurde.

Traditionell greift das Gros der Kunden zum bärigen Dreiliter-Diesel, der 231 oder 286 PS leistet und gute beziehungsweise souveräne Fahrleistungen bei erstaunlich niedrigem Verbrauch bietet. Ganz oben aber lockt das furios- fahrdynamische Sportmodell SQ7 mit 507 PS. Sein V8-Otto hat unlängst die Wuchtbrumme V8-TDI abgelöst. In dem Segment dazwischen aber gibt es im Aggregateportfolio einen weiteren, reizvollen Charakterdarsteller: den Dreiliter-Otto 55 TFSI, der mit samtenem Lauf noch besser zur Fahrzeugklasse passt, zudem mehr Drehfreude als der TDI bietet. Mit 69.308 Euro kommt er runde 25.000 Euro günstiger als der SQ7. Auch dürfte der Realverbrauch des 340 PS starken V6-Turbo deutlich verträglicher sein, als der des mittels zweier Turbolader aufgeblasene Achtenders des Sportmodels.

Bewertung

Zum Test schickte Audi das Luxus-SUV in der Ausstattungslinie S-Line. Neben einer dynamisch-markanten Optik setzt sich diese Ausstattungslinie mit dem komfortablen adaptivem Luftfahrwerk und 19-Zoll-Felgen gegenüber der Basislinie mit 18-Zöllern und Stahlfederung ab. Der Aufpreis? Rund 4.000 Euro auf deren 73.597. Rechnet man die Felgen und das Luftfahrwerk he­raus, bleiben für die angeschärfte Optik rund 1.300 Euro stehen. Das ist fair. Der Griff zum S-Line-Modell ist daher sicher kein Fehler.

Opulent ausgestattet

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Audi gibt dem Q7 eine wahrlich umfangreiche Serienausstatung mit auf den Weg: So sind Einparkhilfe, Parkpiepser, Spurverlassenswarnung, Sitzheizung, Climatronic, Leder-Teilausstattung, Wärmeschutzverglasung, LED-Scheinwerfer und -Rückleuchten, elektrische Spielgel und vieles mehr aufpreisfrei an Bord. Obendrauf gibt es das umfangreich digitalisierte Cockpit mit Full-HD-Tachoanzeige und zwei weiteren Touchscreens in der Mittel­konsole. Doch sicher wird kaum ein Q7
das Werk ohne zusätzliche Extras verlassen. Schließlich dient dieses Segment auch als Spielwiese der Kom­petenz. Und Audi liefert reichlich: Matrix-Scheinwerfer, wahlweise mit Laserfernlicht, eine Zuziehhilfe für die Türen, ein Nachtsichtassistent mit Infrarotkame­ra oder ein Highend-Soundsystem von Bang & Olufsen – das große SUV lässt sich ganz nach Gusto zum Luxusliner ausbauen. Das opulente Raumangebot, die ex­zellente Verarbeitung und das wertige Design bringt der Q7 ja bereits von Haus aus mit.

Mild-Hybridisierung und Miller-Brennverfahren

Genauso wie einen Riemen-Starter-Generator RSG, der beim Bremsen bis zu 8 kW elektrische Energie zurückgewinnen kann und diese in einer eigenen 48- Volt-Batterie speichert. Im Schiebetrieb knipst der Q7 oft den Motor aus, den der RSG bei Lastanforderung blitzschnell wieder anwirft. Das klappt sogar bei Tempo 160. Auch beim Ausrollen an die Ampel fällt der Tourenzähler diesseits von etwa 20 km/h bereits oft auf 0. Das dient genauso dem sparsamen Umgang mit Kraftstoff wie der Miller-Brennzyklus des TFSI.

Dennoch bietet der Q7 TFSI auf Abruf einen enormen Punch, stürmt in nur 5,7 Sekunden auf Tempo Einhundert (50 TDI: 6,5 s.). Bei der sportlichen Hatz begeistern seine sportliche Drehfreude wie sein agiles Handling.

Aufgewertet mit Hinterrad-Lenkung und aktiver Wankstabilisierung sinkt der Schwerpunkt genauso virtuell, wie sich der Radstand verkürzt. Heißa, der Brummer gibt sich beim dynamischen Ritt im Verbund mit 20- Zöllern auf kurvigem Geläuf in etwa so wie ein viel kleinerer Audi S4: Ansatzlos setzt er Lenkbefehle um, drückt dank 500 Newtonmeter aus jeder Lebenslage. Dabei bleibt die Fuhre enorm fahrstabil, der Grenzbereich ist extrem hoch angesiedelt. Untermalt wird das alles von einem herrlich sonoren V6-Sound, der sich freilich stets vornehm im Hintergrund hält.

Doch liegt die Bestimmung des großen SUV eher in flotten Fernreisen. Hier weiß der Q7 55 TFSI auf ganzer Linie zu verwöhnen: Richtungsstabil schnürt der Audi auf schnellen Reiseetappen ganz entspannt, verwöhnt mit Federungskomfort der Oberklasse. Windgeräusche sind genauso wenig ein Thema wie lästige Enge für die Reisenden. Selbst nach langen Etappen erreichen Q7-Passagiere daher entspannt ihr Ziel.

Damit die komfortable Fahrt nicht von verdrießlichen Tankstopps unterbrochen werden muss, vergrößerte Audi das Tankvolumen gegenüber dem TDI um 10 auf 85 Liter. Runde 800 Kilometer Reichweite sind damit möglich, bei einem Testverbrauch von 10,8 Litern.

Geht es dem Piloten eher ums Reisen als Rasen, pendelt sich der Verbrauch bei rund 9 Litern ein. Der TDI? Nahm 8,7 Liter (GF 07/20). Übrigens: Audi liefert den V6-TFSI auch als Plug-In-Hybrid. Wir freuen uns schon auf den Test des Doppelherz-SUV.


Test kompakt

Der V6-TFSI ist ein Motor für den automobilen Feinschmecker. Er hält gegen die in diesem Segment geltende Diesel-Vorherrschaft einige Trümpfe: Dazu zählen sportliche Drehfreude genauso wie die besseren Fahrleistungen oder der feine Klang. Gelassen bewegt bleibt selbst der Verbrauch im einstelligen Bereich. Wer aber gerne viel und schnell reist, wird mit dem etwa gleich teuren TDI-Allrounder (286 PS) glücklicher.