Martin Santoro
· 18.12.2020
Gretchenfrage: Ist eine Stufenheck-Limousine noch zeitgemäß? Ja, wenn ein größerer, vom Innenraum abgetrennter Kofferraum gewünscht ist. Auch 15 Zentimeter mehr Länge, gestreckte Proportionen und eine coupéhafte Dachlinie, die zugleich die Eleganz fördern, sprechen dafür. Diese Wahl gewährt Audi seinen Kunden auch bei der neuen, nunmehr vierten A3-Generation. Als zweite Karosserie-Variante hält die Limousine in zweiter Auflage erneut die Stufenheck-Fahne hoch, steht obendrein erwachsener und im Auge vieler Betrachter auch schöner da als der kürzere Sportback. Und das alles für passable 900 Euro Aufpreis bei nur fünf Kilogramm mehr Gewicht.
Korrekt Maß genommen, sind es vom riesigen Singleframe-Grill bis zu den scharf gezeichneten LED-Rückleuchten 4,50 Meter. Klar punktet der Viertürer bei dem Format mit seinem großen Standard-Kofferraum, der mit 425 Liter schon in Reichweite der A4 Limousine (460 Liter) liegt, die immerhin mehr als 6.000 Euro teurer ist. Ein kleiner A4 also, wenn man so will. Immerhin 26 Zentimeter kürzer und kompakter, und sicher nicht weniger schön in der Linienführung. Das macht die neue A3 Limousine ebenso attraktiv, wie die zahlreichen Serien-Features der Topaus- stattung „Edition One“, die unseren ersten Testwagen regelrecht in ein Luxusgefährt verwandeln. Eine Lackierung in Manhattangrau Metallic, spezielle Designelemente in Platinium, abgedunkelte Matrix-LED-Scheinwerfer, dynamisiertes Blinklicht und 18-Zoll-Räder kennzeichnen das Exterieur. Inbegriffen sind auch linienspezifsche Merkmale der Ausstattungen „Advanced“ und „Interieur S-Line“. Wow, das ist allerhand.
Mild-Hybrid zum Einstieg in die E-Mobilität
Zum ersten Test haben wir uns beim Motor gleichfalls ganz oben bedient. Aktuelle Top-Motorisierung ist der 35 TFSI mit 150 PS starkem Vierzylinder-Turbobenziner und Siebengang-S-Tronic als Mild-Hybrid – ein heißer Tipp. An den 1,5-Liter-Benziner koppelt Audi nämlich einen 48-Volt-Riemen-Starter-Generator (RSG), der beim Bremsen bis zu 12 kW Leistung zurückgewinnt. Die Energie speichert eine kompakte 48-Volt-Lithium-Ionen-Batterie, die sie beim Anfahren und Beschleunigen über den RSG mit maximal 9 kW in Vortrieb umwandelt. In solchen Situationen steht bereits bei niedrigen Drehzahlen ein spürbarer Zusatzschub von bis 50 Nm Extra-Drehmoment bereit. Der RSG kann zudem den TSI blitzschnell anreißen, beim Ausrollen vor roten Ampeln unter 22 km/h knipst der A3 den TSI daher einfach aus. Auch auf Landstraße und Autobahn wird gesegelt: Hat das Auto genügend Schwung und der Fahrer geht vom Gas, fällt die Drehzahlnadel auf Null, der Motor schaltet sich komplett aus. Tritt der A3-Pilot erneut aufs Gas, nimmt der Verbrenner seine Arbeit wieder auf – vollkommen ohne Ruckeln bei den jeweiligen Übergängen.
Sehr gut gefallen hat auch das durch die MHEV-Technologie neu abgestimmte Start-Stopp-System, insbesondere wie es an Ampeln oder Kreuzungen agiert. Es wartet nicht erst ab, bis der Fahrer die Fahrstufe einlegt oder den Fuß von der Bremse nimmt. Es startet vorausschauend blitzschnell, sobald sich der Vordermann in Bewegung setzt. Ein schlaues Detail, welches den Verkehrsfluss unterstützt und die Nerven schont.
Auch die bewährte, Sprit sparende Abschaltung von zwei der vier Zylinder im Teillastbereich (COD) kommt zum Einsatz. Wirklich spürbar ist davon kaum etwas. Lediglich ein Hinweis am digitalen Instrumententräger gibt Auskunft, wenn der Abschaltmodus aktiv ist.
Von all diesen kleinen Zaubereien im Antriebsstrang merkt der Fahrer erst wirklich etwas, wenn er an die Tankstelle fährt. Während unserer Testphase brachte es die A3 Limousine auf einen durchschnittlichen Verbrauch von 6,3 Liter auf 100 Kilometer. Angesichts der vielen Stadtkilometer, flott gefahrener Autobahnabschnitte und Überlandkilometer ein ausgezeichneter Wert.
Seine Kraft entfaltet der MHEV im übrigen gleichmäßig und spontan. Ganz besonders, wenn der Motor von den Fesseln des Sparzwangs befreit wird. Das erfordert den Fahrmodus „Sport“ am Drive Select-Schalter. Dann legt der Einsfünfer engagiert los, schwächelt selbst bei höheren Geschwindigkeiten nicht, während das Doppelkupplungsgetriebe schnell und ruckfrei die Fahrstufen wechselt. In allen anderen voreingestellten Fahrprogrammen wählt die Automatik stets schon sehr früh den nächst höheren Gang.
Komfortabel oder doch lieber dynamisch?
Doch bleiben wir vorerst auf Sport-Kurs und ermitteln das Sprintvermögen. Beim Launchcontrol-Start schnellt die Drehzahlnadel im Stand auf 2.600/min. Geht es los, beißen die 18-Zoll-Reifen des Fronttrieblers fest in den Asphalt, schieben die Limo kräftig an. Die S-Tronic schnalzt beim Schaltpunkt von 6.200/min die Gänge durch. Von null auf Tempo 100 geht es in 8,7 Sekunden. Auch der 5,9-Sekunden-Wert beim simulierten Überholvorgang von 80 auf 120 km/h überzeugt. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei beachtlichen 232 Stundenkilometer. Klasse sind auch die Bremsen: Sie sind feinfühlig dosierbar und packen kraftvoll zu.
Wunderbar, wie leichtfüßig sich die Limousine im Handling anfühlt. Wie erwartet sorgt das optional mit Adaptivdämpfern (1.102 Euro) bestückte Fahrwerk zusammen mit der feinfühligen Progressivlenkung (244 Euro) für einen guten Mix aus Komfort, satter Straßenlage und hoher Agilität. Der Audi tänzelt behände durch jede Kurve. In der „Dynamic“-Einstellung wird das Fahrwerk zwar sportlich aber nicht zu hart, gibt sich bei „Comfort“ schön ausgewogen. Gleich ob Querfugen oder Kopfsteinpflaster, der A3 filtert alle Unbill sauber weg.
So viel qualitativ Gutes hat natürlich seinen Preis. 38.670 Euro ruft Audi für die A3 Limousine 35 TFSI S-Tronic als Edition One auf. Mit Extras wie dem Head-Up-Display, 3-Zonen-Klimaautomatik, MMI-Navigation und diversen Assistenzpaketen rückt der kompakte Schönling preislich schnell in die Mittelklasse.
Übrigens, der 35 TFSI mit Handschalter kostet rund 2.000 Euro weniger, ist dann allerdings nicht als Mild-Hybrid verfügbar. Zu Redaktionsschluss war jedoch auch dieser wegen der Homologierung für die neue Abgas-Norm gerade nicht konfigurierbar. Doch Audi versichert, dass die schicke Kompakt-Limo mit dem universellen und sparsamen Antrieb zeitnah wieder geordert werden kann – der Interessent darf sich freuen.
Test kompakt:
Wer Stufe fahren will, bekommt mit der neuen A3 Limousine ein sportlich-elegantes Design, hervorragende Bedienbarkeit, volle Konnektivität und beste Fahreigenschaften. Mit dem hochmodernen 150 PS-Benziner als Mild-Hybrid vereint der 35 TFSI S-Tronic ein hohes Maß an Sparsamkeit mit sportlichem Punch. Und mit der allumfassenden Ausstattung „Edition One“ nippt man einen ordentlichen Schluck Luxus, der allerdings auch seinen Preis hat.