Audi Q8 Sportback S-Line 55 E-Tron QuattroKarriere- Gleiter

Florian Neher

 · 26.07.2023

Audi Q8 Sportback S-Line 55 E-Tron Quattro: Karriere- GleiterFoto: Jan Bürgermeister
Audi Q8 Sportback S-Line 55 E-Tron Quattro
Mit der Modellpflege steigt der Audi E-Tron zum Q8 E-Tron auf. Was sich unter dem Blech des großen E-SUV getan hat, klärt unser erster Test der 408 PS starken Sportback-Version
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Foto: Jan Bürgermeister

Mit dem in Brüssel gefertigten E-Tron begann bei Audi 2018 endgültig das Elektrozeitalter. Das erste vollelektrische Serienauto der Ingolstädter trumpfte mit einigen Innovationen auf, unter anderem dem ersten Brake-by-wire-System in einem E-Auto sowie Kamera-Außenspiegeln, die den Luftwiderstand verringern, was wiederum ein paar Kilometer kostbare Extra-Reichweite bringt.

Auch insgesamt hat Audi beim E-Tron eher geklotzt als gekleckert: Reichlich Leistung aus zwei oder gar drei (S-Modell) Asynchronmotoren, großzügige Batteriekapazitäten, vergleichsweise hohe Endgeschwindigkeiten von abgeregelten 190 bis 210 km/h. Und das ganze sehr appetitlich verpackt in einem ausgewachsenen SUV mit Steilheck oder schnittigem Sportback für eine noch bessere Aerodynamik.

Nun stand die Überarbeitung an. Nicht, dass der E-Tron altbacken gewirkt hätte, doch es ist eine schnelllebige Zeit in der Elektromobilität, wo sich Leistungsdaten und Reichweitenversprechen praktisch täglich überbieten. Genau hier hat auch Audi angesetzt: Neue, effizientere Motoren und größere Akkukapazitäten. Im Falle des Testwagens bedeutet das: Der Q8 Sportback 55 E-Tron Quattro verbraucht gegenüber dem Vorgänger, der noch auf den Namen E-Tron 55 Quattro hörte, bei gleicher Leistung zwei Kilowattstunden (kWh) weniger pro 100 Kilometer. Auf der anderen Seite konnte durch eine modernere Batterietechnik die Nettokapazität von 86,5 auf satte 106 kWh gesteigert werden, was nun eine Reichweite von 487 bis 600 Kilometer ermöglichen soll.

Bewertung
Das Virtual Cockpit plus (150 Euro) bietet zahlreiche unterschiedliche Ansichten. Immer zentral im Blick: die Reichweite, die dank des riesigen 106-kWh-Akkus auch in der Praxis stattliche 400 Kilometer beträgt – gut für die Nerven
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Großer Akku, hohe Reichweite

Da dies das Hauptthema bei E-Autos ist, wollen wir es auch nicht weiter spannend machen: Die WLTP-Angabe ist hier sogar einigermaßen brauchbar, denn wir kamen im nicht besonders zurückhaltend gefahrenen Test mit einem Schnittverbrauch von 27,0 kWh auf rund 400 Kilometer zwischen zwei Ladestopps.

Ein beruhigendes Polster, Reichweitenangst kommt bei diesen Reserven so schnell nicht auf. Selbst kurze Ausflüge in den Tempobegrenzer bei 200 km/h haben den Aktionsradius nicht einbrechen lassen – wenngleich wir von längeren Vollgasetappen freilich abraten, da dies bekanntlich der Reichweiten-Killer Nummer eins ist.Doch selbst mit unserem Maximalverbrauch von 33,5 kWh/100 km bei sehr flotter Fahrt wären rechnerisch noch über 300 Kilometer Aktionsradius drin – Respekt! Zu den technischen Eckpfeilern: Die beiden Asynchronmotoren leisten bis zu 309 Nm und 184 PS vorn sowie bis zu 355 Nm und 224 PS an der Hinterachse. Macht in Summe 664 Nm und 408 PS – Peak-Leistung, wohlgemerkt. Was bedeutet, dass diese Maximalleistung nur zeitlich begrenzt, etwa beim vollen Beschleunigen bis zur abgeregelten Höchstgeschwindigkeit, zur Verfügung steht. Ist diese erreicht, wird die Leistung auf 136 PS zurückgenommen – was offensichtlich ausreicht, um dem Luftwiderstand bei 200 km/h noch die Waage zu halten. Damit zählt der Q8 55 E-Tron immerhin zu den schnelleren Elektroautos und es ist ebenso angenehm wie sinnvoll, für zügige Überholvorgänge auf der Autobahn soviel „Luft nach oben“ zu haben. Diese Souveränität kann ein auf, sagen wir mal, 160 km/h limitiertes E-Auto naturgemäß nicht bieten, manch ein Überholvorgang im Tempobegrenzer wird da zur Geduldsprobe.

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Wie ein T-Rex ist der Q8 Sportback E-Tron zwar groß und schwer, aber dennoch sehr behände
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Die Paradedisziplin der Vollzeitelektriker ist generell die Beschleunigung aus dem Stand: Den Wählhebel auf „S“ gezupft, Fahrpedal niedergetreten und schon zoomen die vollen 664 Nm und 408 PS das E-SUV wie am überdimensionalen Gummiband binnen 5,7 Sekunden auf Landstraßentempo. Auch darüber ist immer viel Saft unterm Fahrpedal, insbesondere im Fahrmodus Dynamic, der das Ansprechverhalten anspitzt – hier wird das Drehmoment bei Zwischenspurts geradezu schlagartig freigegeben, was unvorbereiteten Mitfahrern die Häupter gegen die Kopfstützen klatschen lässt.

Präzise Lenkung und sicheres Handling

Geradeaus kann er also. Und Kurven? Auch hier zieht sich das SUV-Coupé achtbar aus der Affäre, obwohl es mehr als 2,5 Tonnen auf die Waage bringt. Die 265er-Bridgestones können eben hohe Kräfte übertragen und kletten den großen Wagen fest an den Asphalt, während die ultrapräzise Lenkung fein rückmeldet. Wer zu optimistisch in die Kurve sticht, erntet mehr oder weniger mildes Untersteuern, bevor die Stabilitätskontrolle sanft regulierend auf den rechten Weg zurückführt. Aufbaubewegungen halten sich dabei in engen Grenzen – ein Verdienst des durch den Akku tief liegenden Schwerpunkts. Unterm Strich ist das Handling vielleicht nicht gerade leichtfüßig-sportlich, doch der Q8 E-Tron lässt sich durchaus schnell und allzeit sicher bewegen.

Coupéhafte Dachlinien sind nicht nur modisch – beim Q8 verbessert das schnittige Heck den cW-Wert deutlichFoto: Jan BürgermeisterCoupéhafte Dachlinien sind nicht nur modisch – beim Q8 verbessert das schnittige Heck den cW-Wert deutlich

Hervorragender Komfort dank Luftfederung

Zudem äußerst komfortabel, denn die in der Ausstattung S-Line serienmäßige Luftfederung mit Niveauregulierung und Adaptivdämpfung ist nichts weniger als ein Gedicht. Sie schluckt sogar gnädig die hohen ungefederten Massen sowie flachen Flanken der optionalen 21-Zöller und verwandelt den Q8 in einen fliegenden Teppich – ohne jedoch das Popometer von der Straße zu entkoppeln. Über die sieben (!) Fahrmodi Offroad, Allroad, Efficiency, Comfort, Auto, Dynamic und Individual ist die Spreizung der Adaptivdämpfung insgesamt relativ gering, selbst im Dynamic-Modus bleibt so noch ein wirklich akzeptabler Restkomfort erhalten. Dass die Bremse elektrohydraulisch (Brake-by-wire) arbeitet, ist uns beim Fahren gar nicht aufgefallen, was als großes Kompliment zu verstehen ist. Pedalgefühl, Dosierbarkeit und Wirkung sind einwandfrei und kein bisschen synthetisch, auch die Staffelübergabe zwischen Rekuperieren und mechanischem Verzögern funktioniert so verschliffen, dass man es kaum wahrnimmt.

Die optionalen virtuellen Außenspiegel verkleinern die Stirnfläche und verringern so den LuftwiderstandFoto: Jan BürgermeisterDie optionalen virtuellen Außenspiegel verkleinern die Stirnfläche und verringern so den Luftwiderstand

Verschmerzbarer Laderaumverlust

Gegenüber dem Q8 E-Tron mit steilem Heck verlangt Audi für den Sportback 2.250 Euro Aufpreis. Was man dafür bekommt? Nun, auf den gleichen Grundmaßen von 4,92 m Länge und 1,94 m Breite beschert das früher abfallende Sportback-Dach zwei Zentimeter weniger Kopffreiheit im Fond und einen um 41 bis 70 Liter kleineren Kofferraum – verschmerzbar, da von beidem immer noch genug vorhanden ist, hinten also immer noch 1,90-Meter-Menschen anschlagfrei unterkommen. Auch das Kofferraumvolumen bleibt üppig, große sperrige Dinge schluckt das Steilheck aber natürlich besser. Der rationalere Kauf wäre also der günstigere und praktischere Standard-Q8 E-Tron. Aber klar, der Sportback sieht ganz einfach deutlich schnittiger aus.

Das Bild der Außenspiegelkameras wird auf Monitore in den Türverkleidungen übertragen – die zweidimensionale Darstellung lässt keine Einschätzung von Abständen und Geschwindigkeiten zu – von dieser Option raten wir ab!
Foto: Jan Bürgermeister

Es gibt allerdings auch einen vernünftigen Grund für das Fließheck: die Aerodynamik. Während der Standard-Q8 E-Tron es auf einen cW-Wert von 0,29 bringt, erzielt der Sportback 0,26, was laut WLTP für ein paar Kilometer mehr Reichweite sorgt.

An dieser Stelle kommen die virtuellen Außenspiegel ins Spiel: Sie senken den cW-Wert des Sportback weiter auf 0,25. Zu welchem Preis? Rein monetär für ein Aufgeld von 1.650 Euro. Aber eben auch um den Preis einer seltsamen Sicht nach hinten, denn die Bildschirme in den Türverkleidungen liefern kein dreidimensionales Bild, weshalb sich Entfernungen und Geschwindigeiten nicht zuverlässig einschätzen lassen. Daran gewöhnt man sich auch über Tage und Wochen nicht, weshalb wir von dieser Option klar abraten.

Entspannt reisen statt rasen

Guten Gewissens empfehlen können wir hingegen die Akustikverglasung, die zwar 500 Euro kostet und weiteres Gewicht bringt, aber den ohnehin schon niedrigen Innengeräuschpegel des elektrischen Gleiters noch weiter absenkt. Dazu passt dann ganz hervorragend das Bang & Olufsen-Soundsystem, das den Q8 vollends in einen rollenden Konzertsaal verwandelt. Statt mit röhrendem Auspuff und 200 plus X drängelnd auf der linken Spur also gelassen mit mäßigem Tempo und schöner Musik auf der rechten – so lassen wir uns die Elektromobilität doch gefallen. Es ist tatsächlich so: Ein E-Auto erzieht eindeutig zu einer ruhigeren Fahrweise.

Die digitalen Matrix-LED-Scheinwerfer sind Wunderwerke der Technik und weben im Dunkeln einen dichten Lichtteppich, der andere Verkehrsteilnehmer automatisch ausschneidet, um sie nicht zu blenden. Das Aufgeld von 4.500 Euro ist allerdings stramm. Denn bei einem Grundpreis von 90.200 Euro für den Q8 Sportback 55 E-Tron im S-Line-Trimm nähern wir uns mit großen Schritten der 100.000-Euro-Schallmauer.

Auf die 21-Zoll-Räder, so gut sie aussehen mögen, würden wir beispielsweise verzichten – die serienmäßigen 20-Zoll-Räder sind auch ganz propper und rollen etwas weicher ab. Das Head-up-Display für 1.390 Euro extra wäre eine Überlegung wert, denn so können die Augen beim Reisen immer auf „fern“ gestellt bleiben. Und das durchaus für längere Zeit, an mangelnder Reichweite soll´s nicht liegen ...


gutefahrt/image_2dd2a1c6a3fa67a559c65415884ec68fFoto: Jan Bürgermeister

Test kompakt

Das Wichtigste zuerst: Der neue Q8 Sportback 55 E-Tron bietet dank riesigem Akku eine solide Reichweite, was das elektrische Reisen enorm entspannt. Dazu gesellen sich ein erstklassiger Federungskomfort, sehr geringes Innengeräusch, die superpräzise Lenkung und knackige Fahrleistungen. Das alles hat freilich seinen Preis: Mit ein paar Extras reißt das elektrische SUV-Coupé die 100.000-Euro-Schallmauer ...


Technische Daten

Motor

  • Je eine Asynchronmaschine pro Achse,
  • vorn 135 kW (184 PS),
  • hinten 165 kW (224 PS),
  • wassergekühlter Lithium-Ionen-Akku,
  • Kapazität 106 kWh netto (114 kWh brutto),
  • 432 Zellen,
  • Ladedauer bei 11 kW AC (Wallbox) 0-100 %: 11,5 h,
  • Ladedauer 22 kW AC 0-100 %: 6 h,
  • Ladedauer bei 170 kW DC 10-80 %: 31 min

Karosserie

  • Viertüriges E-SUV,
  • Stahl/Aluminium-Mischbauweise,
  • 5 Sitze,
  • LxBxH 4.915x1.937 (2.189 inkl. Spiegel) x1.619 mm,
  • Radstand 2.928 mm,
  • Spur v/h 1.655/1.655 mm,
  • cW-Wert 0,25,
  • Leergewicht (inkl. Fahrer, 75 kg) 2.585 kg,
  • zul. Gesamtgewicht 3.180 kg,
  • Zuladung 670 kg,
  • Ladekantenhöhe 804 mm,
  • Dachlast/Stützlast 75/80 kg,
  • Kofferraum 528–1.567 l + 62 l (Frunk),
  • Anhängelast (bis 12 %, gebr.) 1.800 kg

Assistenten

Serie:

  • Pre Sense,
  • Multikollisionsbremse,
  • Verkehrszeichenerkennung,
  • Spurverlassenswarnung mit Notfallassistent

Optional (Auswahl):

  • Parkassistent,
  • Rückfahrkamera,
  • Umgebungskameras,
  • Ausstiegswarnung,
  • Spurführungsassistent,
  • Effizienzassistent,
  • Abbiegeassistent,
  • Ausweichassistent,
  • Kreuzungsassistent

Fahrwerk

  • Fünflenker-Vorderachse,
  • Fünflenker-Hinterachse,
  • Stabilisatoren v/h,
  • elektromechanische Progressivlenkung mit geschwindigkeitsabhängiger Servounterstützung,
  • innenbelüftete Scheibenbremsen v/h,
  • Brake by wire, Bremsassistent,
  • Stabilitätskontrolle
  • Serienbereifung: 255/50 R 20 auf 9,0 x 20 Leichtmetallrädern im Design „5-Arm-Aero-Ring“
  • Testwagenbereifung: 265/45 R 21 auf 9,5 x 21 Leichtmetallrädern im Design „5-Arm-Aero-Struktur“