Gute Fahrt
· 08.09.2025
Der Volkswagen-Konzern hat auf der IAA die lang erwartete Serienversion seiner Einheitszelle präsentiert. Diese Batterie-Innovation soll einen Meilenstein für die europäische Automobilindustrie markieren und künftig bis zu 80 Prozent aller Elektrofahrzeuge des Konzerns mit Energie versorgen. Das Besondere an diesem Ansatz: Die Einheitszelle ist marken- und regionenübergreifend konzipiert und soll in sämtlichen Fahrzeugsegmenten zum Einsatz kommen – von Kleinwagen bis zu Premiumfahrzeugen und sogar in Motorrädern.
Bei der VW-Einheitszelle handelt es sich um eine prismatische Zelle mit den Abmessungen 320 x 120 x 30 Millimeter. Anders als beispielsweise Tesla, das auf zylindrische Zellen setzt, hat sich Volkswagen für das rechteckige Format entschieden. Diese Bauform bietet entscheidende Vorteile für die Integration in das Batteriegehäuse und ermöglicht die Anwendung der sogenannten "Cell-to-Pack"-Technologie. Dabei werden die Zellen direkt in das Batteriepaket integriert, ohne den Umweg über separate Module zu nehmen. Das spart nicht nur wertvollen Bauraum, sondern reduziert auch die Produktionskosten erheblich – laut Volkswagen um bis zu 50 Prozent.
Mit einer Energiedichte von rund 660 Wattstunden pro Liter zählt die PowerCo-Einheitszelle zu den leistungsfähigsten Batteriezellen im Volumensegment. Im Vergleich zu bisherigen Lösungen entspricht dies einer Steigerung von etwa zehn Prozent. Diese höhere Energiedichte wirkt sich direkt auf die Reichweite der Fahrzeuge aus. So sollen die Kompaktmodelle der Electric Urban Car Family, zu der Modelle von Volkswagen, Škoda und Cupra gehören, Reichweiten von bis zu 450 Kilometern erreichen können. Gleichzeitig verspricht Volkswagen Ladezeiten von unter 25 Minuten, was besonders im preissensiblen Kleinwagensegment neue Maßstäbe setzen würde.
Die Produktion der Einheitszelle soll bereits Ende dieses Jahres in der Gigafabrik Salzgitter anlaufen. Weitere Produktionsstandorte in Valencia (Spanien) und St. Thomas (Kanada) werden folgen. Ein strategisch wichtiger Aspekt: Auch die Vorprodukte, etwa das Kathodenmaterial, sollen weitgehend aus europäischer Fertigung stammen. Damit will der Volkswagen-Konzern die technologische Unabhängigkeit Europas stärken und Lieferketten robuster gestalten.
Die Einheitszelle von Volkswagen ist als konzernweite Technologieplattform konzipiert und zeichnet sich durch ihre außergewöhnliche Flexibilität aus. Sie ist für verschiedene Zellchemien ausgelegt, was eine präzise Anpassung an unterschiedliche Fahrzeugsegmente und Preisklassen ermöglicht. Das Spektrum reicht von kostengünstigen LFP-Batterien (Lithium-Eisenphosphat) über leistungsstärkere NMC-Varianten (Nickel-Mangan-Kobalt) bis hin zu künftigen Technologien wie Feststoff- und Sodium-Ionen-Batterien.
Diese Vielseitigkeit erlaubt es dem Volkswagen-Konzern, die optimale Balance zwischen Kosten, Leistung und Reichweite für jedes Fahrzeugmodell zu finden. Während beispielsweise Einstiegsmodelle mit LFP-Chemie ausgestattet werden könnten, um einen attraktiven Preis zu realisieren, lassen sich Premiumfahrzeuge mit leistungsstärkeren NMC-Varianten bestücken. Die einheitliche Zellgröße und -form bleibt dabei stets gleich, was erhebliche Skaleneffekte in der Produktion ermöglicht.
Die Produktion der Einheitszelle erfolgt sowohl bei der konzerneigenen Batteriesparte PowerCo als auch bei externen Partnern. Diese Doppelstrategie sichert nicht nur ausreichende Produktionskapazitäten, sondern reduziert auch Abhängigkeiten und Risiken in der Lieferkette. Für die Herstellung wesentlicher Bauteile des Batteriesystems setzt Volkswagen auf das Großgussverfahren, was zusätzliche Gewichtsvorteile bringt und die Produktionskosten weiter senkt.
Besonders bemerkenswert ist die konsequente Anwendung der Cell-to-Pack-Technologie im neu entwickelten Batteriesystem. Durch den Wegfall separater Modulgehäuse lässt sich der verfügbare Bauraum effizienter nutzen, was zu einer höheren Energiedichte auf Systemebene führt. Gleichzeitig reduziert sich die Anzahl der Komponenten, was nicht nur Kosten spart, sondern auch die Zuverlässigkeit erhöht und das Gewicht reduziert. Diese Effizienzgewinne tragen maßgeblich dazu bei, dass die Kompaktmodelle der Electric Urban Car Family trotz ihrer kompakten Abmessungen Reichweiten von bis zu 450 Kilometern erreichen können.
Parallel zur Einführung der Einheitszelle mit konventioneller Flüssigelektrolyt-Technologie arbeitet der Volkswagen-Konzern bereits intensiv an der nächsten Generation der Batterietechnologie. In Zusammenarbeit mit dem US-Spezialisten QuantumScape entwickelt PowerCo die Integration der Feststofftechnologie in die Einheitszelle. Beide Unternehmen kooperieren seit mehreren Jahren eng und betreiben ein gemeinsames Industrialisierungsteam am QuantumScape-Stammsitz in San Jose, Kalifornien.
Das Ziel dieser Kooperation ist ambitioniert: Bis zum Ende des Jahrzehnts soll eine marktfähige Feststoffbatterie auf Basis der Einheitszelle entwickelt werden. Feststoffbatterien gelten als vielversprechende Zukunftstechnologie, da sie potenziell höhere Energiedichten, schnellere Ladezeiten und eine verbesserte Sicherheit bieten können. Anstelle eines flüssigen Elektrolyten kommt ein fester Elektrolyt zum Einsatz, was das Risiko von Bränden reduziert und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit steigert.
Die Kompatibilität der Einheitszelle mit dieser Zukunftstechnologie unterstreicht die langfristige Ausrichtung des Volkswagen-Konzerns. Durch die Beibehaltung des einheitlichen Formats können bestehende Produktionsanlagen und Fahrzeugarchitekturen mit vergleichsweise geringen Anpassungen weitergenutzt werden, wenn die Feststofftechnologie marktreif ist. Dies reduziert nicht nur die Entwicklungs- und Umrüstungskosten, sondern beschleunigt auch die Markteinführung dieser innovativen Technologie.
Neben Feststoffbatterien arbeitet Volkswagen auch an der Integration von Sodium-Ionen-Batterien in das Einheitszellen-Konzept. Diese Technologie kommt ohne das knappe und teure Lithium aus und könnte besonders für preissensible Anwendungen eine attraktive Alternative darstellen. Die flexible Architektur der Einheitszelle ermöglicht es, diese unterschiedlichen Technologien unter einem gemeinsamen Format zu vereinen und je nach Anwendungsfall die optimale Lösung zu wählen.
Der erste praktische Einsatz der Einheitszelle erfolgt in der Electric Urban Car Family von Volkswagen, Škoda und Cupra. Diese neue elektrische Kleinwagen-Familie wird von der Standardisierung und den Kostenvorteilen der Einheitszelle besonders profitieren. In diesem preissensiblen Segment sind effiziente und kostengünstige Batterielösungen entscheidend, um wettbewerbsfähige Elektrofahrzeuge anbieten zu können. Mit Reichweiten von bis zu 450 Kilometern und Ladezeiten unter 25 Minuten setzt Volkswagen neue Maßstäbe im Kleinwagensegment und macht Elektromobilität für eine breitere Kundenschicht attraktiv.